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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.06.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-06-05
- Erscheinungsdatum
- 05.06.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1920
- Monat1920-06
- Tag1920-06-05
- Monat1920-06
- Jahr1920
- Titel
- Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.06.1920
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- No.
- [4] - 566
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VSrsenVlatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. X- 121, 5. Juni 192«. ständige Stelle aber, die Außenhandelsnebenstelle für das Buch, gewerbe, ist in der Angelegenheit nie befragt worden. Wohl aber soll angeblich eine Bewilligung des Reichskommissars für den Außenhandel in Karlsruhe borgelegen haben, weshalb auch die Zollbehörde, die ebenfalls von Basel aus direkt benachrichtig! worden war, die zunächst aufgenommene Verfolgung wieder eingestellt hat. Der Fall gibt, wie schon erwähnt, zur ernstesten Beschwerde Anlatz und bedarf unbedingt der restlosen Aufklärung. Eine derartige Überschreitung der staatlichen Ausfuhrbestimmungen, anscheinend sogar unter Beteiligung einer mit der Aussuhrkon- trolle betrauten Stelle, ist geeignet, das deutsche Ansehen aufs schwerste zu schädigen, und droht, die Maßnahmen der deutschen Regierung geradezu der Lächerlichkeit preiszugeben. An der Abstellung solcher Mißstände hat deshalb auch die gesamte öf- fentlichkeit das größte Interesse. Gedanken über die Lohnfroge und derenLösung. Von vr. Rudolf Maul, Leipzig. Die Betrachtungen, die vr. Alfred Giesecke in Nr. 6 der Deut schen Verlegerzeitung über den Wahnsinn der heutigen Lohn- Politik anstelll, sind sicher jedem mit Verständnis für die Wirt- schastlichen Zusammenhänge ausgerüsteten Unternehmer und — ich stehe nicht an zu sagen — auch jedem solchen Arbeiterführer und Arbeiter selbst aus der Seele gesprochen, vr. Giesecke hat vollkommen recht: erreicht ist durch die ganze Politik der Teue rungszulagen gar nichts Weiler, als daß der Stoß Papierzettel, der jede Woche an die Arbeiterschaft eines Betriebes verteilt wird — anders kann man die Lohnzahlung wahrlich nicht mehr charakterisieren —, ständig größer geworden ist, ohne daß sich die wirtschaftliche Lage der Arbeiter damit irgendwie gebessert hätte, im Gegenteil. Es ist, als wäre die ganze Teuerungszulagen- Politik eigens dazu erfunden, zu zeigen, wie klug doch der alte Adam Smith war. Schon er sagt, das Einkommen bestehe nicht etwa in dem Gelbe, das der Wirtschaftende etnnimmt, sondern in den wirtschaftlichen Gütern, die er sich dafür kaufen könne. Und gemessen an dieser alten Weisheit muß die Arbeiterschaft sich heute gestehen: die Lohnbewegung hat völlig Fiasko er- litten. I. Den geistigen Vätern dieser Lohnbewegung würde man aber wohl bitter Unrecht tun, wollte man bei ihnen so wenig Einsicht in den wirtschaftlichen Zusammenhang voraussetzen, daß sie das nicht ganz genau wüßten. Die Lohnbewegung ist — und das übersieht man in Arbeitgeberkrcisen leider immer und immer wieder — doch nur eine Teilbewegung der ganzen großen Ar beiterbewegung, die in der »Revolution», diesem Versuche, das Endziel, den Sozialismus, praktisch hcrbeizufllhren, jetzt in ein akutes Stadium getreten ist. Wenn die Arbeiterschaft mit be- sonderer Intensität und Einseitigkeit auf diese Teilaktion ein- gegangen ist und darüber den anderen Teil fast vergißt, so ist das vom Standpunkt der geistigen Leiter der Revolution eine höchst blamable Verspietzerung und Versumpfung. Das Ziel der Arbeiterbewegung ist — darüber ist sich der echte Revo lutionär durchaus klar —, eine Einkommenssteigerung der Ar« beiterschaft ganz im Sinne des alten Smith als eines größeren Anteils am Ertrage der volkswirtschaftlichen Arbeit, also eine andere Glllcrvcrleilung zu erkämpfen. Die Lohnbewegung, der gewerkschaftliche Kampf allein führen aber nicht zum Ziel. So lange nämlich an der bestehenden Wirtschaftsordnung, d. h. an dem Prinzip des Jndividual-Eigentums an den Produktions mitteln, besonders noch an der heutigen Eigentumsvertcilung (Monopol einer verhältnismäßig kleinen Zahl von Menschen) und an dem Prinzip der absolutistischen Leitung des Produk tionsprozesses nichts geändert ist, oder aus volkswirt schaftlicher Fachsprache in praktisches Deutsch über setzt: solange es einen Unternehmer gibt, der jede Lohnerhöhung sofort abwälzen kann durch Heraufsetzen der Verkaufspreise, solange kann eben nur Folge der isolierten Lohnbewegung sein, was bisher auch ihre Folge war: Ver- größerung des Papierstoßes bei sinkender Kaufkraft seiner Teile. Soll aber die Kaufkraft des einzelnen Papierchens im großen Stoße nicht sinken, der Stoß daher auch an Kaufkraft zunehmen, dann muß eben die Vcrfügungsmacht des Unternehmers Uber die Produktionsmittel und den Produktionsprozeß in irgendeiner Form beseitigt oder wenigstens beschnitten werden, muß die Ar- beiterschast selbst die Verfügung über beides an sich bringen, um es zu verhindern, daß aus die Lohnerhöhung die Verteue rung des Produktes folgt. Dann geht die Lohnerhöhung eben zu Lasten der Unternehmer- und Kapitalsrenle, und eine Ver schiebung der Einkommensverteilung zugunsten des Arbeiters ist erreicht. Das weiß der echte Revolutionär alles ganz genau. Und ebenso klug tote der alte Adam Smith ist das Erfurter Pro gramm, wenn es sagt: der Kampf des Proletariats muß not wendigerweise zugleich auch ein politischer sein. Denn nur durch Erringung der politischen Macht kommt die Arbeiterschaft in die Lage, die Eigentumsordnung so abzuändern, daß die Ver fügungsgewalt über Produktionsmittel und Produktionsprozeß aus die Arbeiterschaft übergeht. Es ist zu banal, noch besonders zu erwähnen, daß der politische Kampf von den Vätern der Re volution auch emsig weiter betrieben wird. Alle sozialistischen Parteien, von der SPD bis zu den radikalsten Bolschewisten, setzen ihn unentwegt fort, gar nicht wesentlich unterschieden im Endziel, unterschieden nur in Taktik und Tempo, dem Ziele zu- zustreben. Und nicht der leiseste Zweifel, daß auch die freien Gewerkschaften das gleiche Ziel verfolgen wie die Parteien, wenigstens was die Zcntralleitung anlangt. Die freien Gewerk schaften stehen ja auf dem Boden des Sozialismus. Ihnen liegt nur die eine Seite des proletarischen Kampfes ob, eben die Lohn bewegung. Die politische Seite führen die Parteien, und beide, Gewerkschaften wie Parteien, sollen nach der Idee Hand in Hand arbeiten, je nach der taktischen Lage bald diese, bald jene dem verhaßten Gegner ein Stück Boden nach dem anderen entreißen, bis das Ziel erreicht ist: Herrschaft der Arbeiterschaft über Produktionsmittel und Produktionsprozeß. Vergegenwärtigt man sich — leider geschieht das in Un- ternehmerkreiscn viel zu wenig —, was eigentlich Zweck und Ziel der Lohnbewegung ist, erkennt man in ihr eine Teilbewegung der großen, unter dem Schlagwort »die Revolution» zusammen- gefatzten proletarischen Bewegung, so mag es vielleicht schon als gefährlicher Optimismus scheinen, von einem Fiasko der Lohn bewegung zu sprechen. Sicherlich läßt sich die Sache auch mit sehr anderen Augen ansehcn, und was I. F. Lehmann in seinem Artikel »Dem Abgrunde zu» <Rr. l«5 des Börsenblattes) von dem belauschten Eisenbahngespräch zweier Bolschewisten berichtet, gibt doch einiges zu denken. Es würde indes viel zu weit führen, auf diese Dinge hier einzugehen. So sehr es nottut, daß man auf Unternehmerseite endlich einmal eiusehen lernt, ans welch ungeheuer verantwortungsvollem und bedeutsamem Posten im großen Kampf zwischen Individualismus und Sozialismus der Arbeitgeber steht, so sehr wir heute mit den zielbewussten Revolutionären nicht nur als guaiitits asgligeavte zu rechnen Ur sache haben, es mutz hier der Hinweis genügen. Denn wir im Buchgewerbe können davon ausgehen: die breite Masse unserer buchgewerblichen Arbeiter, wie sicher auch die Mehrzahl ihrer Führer in den Gewerkschaften haben sich der Revolution nicht aus purer Prinzipientreue und Glaubenssanatismus angcschlossen. Sie wollten Frieden und Brot. Sobald die politisch« Seite der Revolution die Weiterführung des Krieges unmöglich gemacht hatte, blieb für sie nur noch die Lohnbewegung übrig als Mittel, sich mehr Lohn und damit nach ihrer Meinung das zum Kaufen des teuren Brotes nötige erhöhte Einkommen zu verschaffen. Und sie alle wissen heute, die Lohnbewegung hat sie nicht zum Ziele geführt, in ihren Augen hat die Lohnpolitik ein Fiasko erlebt. Wenn sie dennoch weiter den Irrweg gehen, so geschieht es in der Stimmung des Wanderers, der sich in einsamer Ge gend verirrt hat und nun immer geradeaus geht, der Nase nach, mit Bangigkeit hoffend, irgendwann und irgendwo doch einmal Menschen anzutreffen. Es ist dieselbe Stimmung, aus der heraus das Unternehmertum, trotzdem es die Verkehrtheit seines Tuns im Grunde genommen längst eingesehen hat, doch jedesmal wieder neue Teuerungszulagen zahlt, bei uns unter ständigem Voran, tritt der Buchdrucker: es ist Ratlosigkeit.
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