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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.06.1920
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- 1920-06-05
- Erscheinungsdatum
- 05.06.1920
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- Deutsch
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Aber Rat mutz geschafft werden. Denn ohne Ende ist die Schraube der Lohnbewegung, namentlich im Buchgewerbe, denn doch nicht. Seit vr. Giesecke seine Warnungen niederschrieb, haben mittlerweile Wohl auch minder weit Schauende es sehen gelernt. Und an den von vr. Giesecke vorausgesagtcn Bücherkrach glauben heute auch quietistische Optimisten. Rat muß geschaffr werden vor allen Dingen um der Wirkungen willen, die der grohe Bllcherkrach und der große allgemeine Krach auf die Ar beiterschaft unausbleiblich ausüben wird. Wenn die Lohn schraube einmal wirklich endgültig überdreht sein wird, dann wird auch unsere Arbeiterschaft, die doch nun einmal an den Sozialismus als Ideal glaubt und durch das Fehlschlagen der Lohnbewegung allein an diesem Ideal auch bei weitem nicht irre geworden ist, unweigerlich den politischen Teil des Kampfes mit aller Wucht wieder ausnehmen. Dann ist die Stunde der oppositionellen Sozialisten gekommen, deren Lehre bekanntlich dahin geht, daß der politische Kampf nicht im Parlament, son dern aus der Straße ausgefochten werden muß. Und es ist doch wahrlich kein Geheimnis mehr, daß aus diesen Kampf hin bereits nicht bloß eisrig gerüstet, sondern höchst ungeniert und intensiv exerziert wird, mit Maschinengewehren und vcritablem militä rischen -Bims». Wer es nicht glaubt, dem empfehle ich einen Spaziergang in unsere Vororte und Vorstädte. Dort wird er sich mit eigenen Augen überzeugen. II. Es hieße tausendmal Gesagtes nur wiederholen, wollte man de» Ursachen der Teuerung nachgehen und mit der Sentenz enden, daß die Warenknappheit nur durch gesteigerte Produktion behoben werden könne. So richtig dieser Satz ist, und so not wendig es sein mag, daß ihn endlich ein jeder beherzige, er allein beseitigt das übel noch nicht, ebensowenig wie Predigen zur Vernunft. Gewiß hat vr. Giesecke recht, wenn er den Ge werkschaftsführern nachsagt, sie leisteten unsinnigen Lohnforde rungen ihrer Mitgliedschaft nicht genügend Widerstand. Es ist in der Tat ein beschämendes Kapitel, wie wenig gerade in der Gewerkschaftsbewegung die Führer ihren Namen verdienen, wie sie öfter durch unklare Masseninstinkte sich, oft gegen bessere Ein sicht, in ihren Entschlüssen beeinflussen lassen, als daß sie wirk lich« Führer des Volkes sind. Ganz ohne Frage können und müssen hier in den zahllosen Unterhandlungen die Unternehmer immer und immer wieder einsetzen, indem sie unablässig auf die Verfehltheit der bisherigen Lohnpolitik Hinweisen und mit Energie, auch durch die Tat, den Standpunkt ihrer besseren Ein sicht vertreten. I)r. Giesecke hat recht: das ist volkswirtschaftlich unendlich viel richtiger als die mit dem Mäntelchen sozialen Ver ständnisses für die Notlage der Arbeiter sich dürftig heraus- pntzcnde molluskeichaste Weichheit, Energielosigkeit und Ideen losigkeit. Dringend nötig ist es, der Arbeiterschaft unablässig vor Augen zu sichren, die fühlbarste Errungenschaft der Revo lution sei für uns Deutsche die Notwendigkeit, mindestens ^ bis r/» unserer Arbeitskrast und -zeit der Aufgabe zu widmen, die Mittel aufzubringen, um die zahllosen Ententekommissionen, Besatzungstruppen, Pensionäre, Staatsgläubiger und Gott weiß was noch mit dicken Gehältern zu versehen. Der Arbeiter muß einsehen lernen, daß selbst eine Lohnerhöhung, deren Abwälzung auf die Verbraucher durch den Besitz der Verfllgungsmacht über Produktionsmittel und Produktionsprozeß vom Arbeiter verhin dert werden kann, nur solange möglich ist, bis die Rente des Unternehmers und des Kapitals ganz in die Hände des Ar beiters fließt. Alsdann geht das anmutige Spiel vom Wachsen des Papierstoffes bei sinkender Kaufkraft seiner Teile wieder los. Und das wird unter der Knute von Versailles mit verblüffender Schnelligkeit cintresfen, da wir eben einen empfindlichen Teil unseres Nationaleinkommens abgeben müssen. Was nützt dem Arbeiter die vorteilhafteste Güterverteilung, wenn nicht genug zu verteilen da ist! Zugegeben, daß die volkswirtschaftliche Ein sicht des Arbeiters und seiner Führer, besonders im Punkte des Verständnisses für Deutschlands gegenwärtige Lage, von einer unablässig aufklärenden Unternehmerschaft gebessert werden muß und kann, — zugegeben werden muß gerechterweise auch, die Unternehmerschaft selbst bedürfe noch sehr der Aufklärung über die volkswirtschaftliche Richtigkeit ihres Tuns. Gar nicht zu leugnen ist die Tatsache, daß ein gut Teil der Preissteigerungen der ersten Monate dieses Jahres die Unternehmer selbst ver schuldet haben. Wer mit angesehen hat, wie man, ergriffen von einer direkt krankhaften und lindischen Kauswut, auch im Buch, gewerbe, sich Lager zugelegl hat von einer Größe, daß nicht nur die Betriebsmittel, sondern — was für das Übermaß schlechter dings beweiskräftig ist — die bisherigen Lagerräume zu klein waren, wie man besinnungslos von jedem Schieber zu jedem Preise kaufte, der muß zugebeu, das Unternehmertum ist wahr lich nicht frei von Schuld und Fehle, wenn unsinnige Preise die Folge einer unsinnigen Nachfrage waren, um so mehr als nicht jeder so harmlos ist zu glauben, die Triebfeder sei immer nur der Wunsch gewesen, die Arbeiter vor einer Betriebsein, stellung infolge Mangels an Rohstoffen zu schützen, niemals aber steuerliche Hintergedanken. Ich bin ganz mit l>r. Giesecke der Meinung: wir haben viel Stoss für recht beachtliche Lehren, und sehr viel Leute gibt es, die sie sich gesagt sein lassen könnten. Aber ich fürchte, viel ausrichten werden wir damit nicht. Man wird zuhören, vielleicht, um sich nicht zu ändern — beiderseits. Man wird daher neben dem Wort ein Mittel suchen müssen, das auf dem Gebiete der Tat liegt; denn immer bleibt's wahr: III. Ein Mittel, das uns aus dem Wettlauf zwischen Lohn und Preis herausbringt, darf einerseits dem Unternehmertum nicht Unmögliches zumuten, mutz aber andererseits so geartet sein, daß sich die Arbeiterschaft, wenigstens in ihrem besonnenen und nicht grundsätzlich umstllrzlerischen, numerisch gerade im Buchgewerbe sicherlich auch weitaus überwiegenden Teile, dafür gewinnen läßt. Es muß also aus der Gedankenwelt der Arbeiter schaft heraus sich entwickeln lassen, ohne doch für das Unter nehmertum eine Aufgabe seiner selbst zu bedeuten. Wer nun einigermaßen Einblick gewonnen hat in die Gedan kenwelt des Arbeiters, der wird mir bestätigen, daß trotz aller sozialistischen Ideen, trotz aller zum Dogma gehörigen Phrasen von der Entbehrlichkeit, ja Schädlichkeit des Unternehmers der Arbeiter doch noch einen fast naiven Glauben an das wirt schaftliche Können und Vermögen des Unternehmers hat. Immer und immer wieder kann man aus den Äußerungen der Arbeiter heraushören den Glauben, wenn der Unternehmer nur ernstlich wolle, so könne das Wirtschaftsleben sehr bald ein anderes An sehen haben und könne insbesondere dem Arbeiter wirksam ge holfen werden. Freilich treten die Gedanken in der Regel in einer vom Standpunkt des Volkswirtschaftlers so vollkommen abstrusen Form auf, daß man nichts damit anzusangen weiß. Etwa so: Der Unternehmer brauche nur einmal seinen Geld schrank, in dem doch das viele Geld stecke, auszumachen und der Arbeiterschaft eine Zulage zu geben, groß genug zur Auffüllung des leeren Magens und der zusammengeschmolzcnen Bestände an den notwendigsten Bedarfsgegenständen des Arbeiters selbst und seiner Familie. Dann werde von selbst die Arbeit wieder so flott und gut geleistet werden wie einstmals. Der Unternehmer dürfe nur nicht gleich alles teurer werden lassen, sondern müsse eben einmal aus eigener Tasche bezahlen in der Hoffnung, später bei besserem Geschäftsgang in besserem Verdienst einen Ausgleich zu finden; ja man wolle das Geld auch gar nicht geschenkt haben, und könnte es, wenn es nicht anders sein sollte, in besseren Tagen auch schließlich wieder zurllckzahlen. Die Entgegnung hierauf ist gewöhnlich, man habe eben nicht soviel Geld im Schranke und könne beim besten Willen seinem Betriebe nicht so viel Geld entziehen, als zu einer wirklich durchgreifenden Hilfe nötig sei. Gebe man dem guten Herzen zuviel nach, so sei nur der Ruin des Geschäfts die Folge, und damit sei doch auch dem Arbeiter nicht geholfen. Man wird zugeben müssen, die Entgegnung steht volkswirtschaftlich auf keiner höheren Stufe der Einsicht als das Mm ckssickerlum, worauf sie gegeben wird. Muß man wirklich mehr Geld im Schranke haben, als man hat, ja muß man über haupt Geld haben, um den volkswirtschaftlich wesentlichen Ge- halt dessen in die Tat umzusetzen, was hinter den Worten des Arbeiters zu suchen ist? Das volkswirtschaftlich Wesentlich« an diesen in Arbeiterkreisen gehegten Wünschen ist offensichtlich der Gedanke eines Vorschusses zur Beschaffung der zur Wiederkehr der Arbeitsfreude und Arbeitsenergie fehlenden Nahrung und Kleidung, geleistet vom Unternehmer auf spätere Arbeitsleistung bk7
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