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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.11.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-11-11
- Erscheinungsdatum
- 11.11.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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woeniver le :r hoser L Ranschdurg, spezifisch österreichisch, so daß ich weniger Veranlassung fand, mich dar! persönlich als Käufer beteiligen zu können. Häufig führte mich auch mein Weg »ach Köln, wo man in früheren Jahren wenigstens bei I. M, Heberle sLempcry) und Staufs L Comp, gute Erwerbungen machen konnte; es war ein Gcnutz, an den verträumten Rhein burgen vorüber dem grünen Rhein entlang nach dem heiligen Köln zu fahren, eine halbe Stunde andächtig im Dom zu weilen und sich darauf in der «Ewigen Lampe« des Irdischen Wohlsein zu lassen. Nebenbei lockte der Auktionsdrang auch Wohl nach der Universitätsstadt Bonn zu Haustein, nach Aachen zu Creutzer, nach Slraßburg zu Noiriel, Wie schön war das alte, deutsche Strahlung mit seinem im Abendlichte rötlich strahlenden Dom, — Dauerbesucher wie in Stuttgart war ich auch in Leipzig; ich glaube, daß ich kaum eine der Bocrnerschen Versteigerungen während der letzten zwanzig Jahre nicht besucht hätte, mochten es nun Kupferstich-, Auio- graphen- oder Buchauktionen sein. Alle waren meist von hervorragendem Interesse; die Sluttgarter Besucher, handelte es sich um Graphik, fand man dort wieder, vielleicht war das Ausland weniger vertreten. Für mich hatte Leipzig immer etwas Heimatliches, Jugendertnnerungcn hingen an der Stadt, im Casö Felsche träumte ich gern von vergangener Zeit, der Leipziger Lehrzeit, dem Eilcnburger Elternhause, — Herr Hans Boerner leitete alle Versteigerungen der verschiedenen Branchen selbst, da sein Sozius Nebehah, jetzt in Wien geschäftlich tätig, von der Idee befangen war, er sei dazu nicht geeignet — aber siehe da, während einer Auktion mutzte der Leiter verreisen, und so entdeckte Herr Nebehah auch seine Befähigung zur Abhaltung von Ver steigerungen und leitete seitdem die Bücher- und Autographen- Auktionen selbst. Es ist eigentümlich, wie verschieden sich das Persönliche in der Haltung der Versteigerungen widerspiegelt. Der alte Gutekunst versteigerte mit einem persönlichen Ein schlag, mit dem Blick des Liebhabers, der die Blätter in anderen Besitz schwinden sieht; Wilh, Kaiser verauktionierte dagegen fast unpersönlich, sachlich; wenn er selbst etwas er warb, ertönte regelmässig der Ausruf »Ich had'sl« Herr Boerner ist vielleicht der gewandteste und geschickteste Auktionator, den ich kenne; seine Persönlichkeit schimmert durch, und doch bleibt er mit seinen Anmerkungen bei der Sache, treffend kurz, auch einem Scherz nicht abgeneigt, Nebehah ist ganz Tempera ment, unterdrückt weder seine Freude an überraschendem Er folge eines ausgeworfenen Stückes, wie er es auch fertig bringt, wenn eine Abteilung nicht geht, sic in kürzester Frist zu erledigen, unbekümmert um das Resultat, über die Ner vosität hinwcgznkommen suchend. Zur weiteren Charakterisierung des Anteils der Persönlichkeit an der Versteigerungskunst möchte ich noch hinzufügen, daß der jetzt nur noch ausnahmsweise tätige Seniorchef von Amsler L Ruthardt, Herr LouisMeder, neben natürlich umsichtiger und sachgemätzer Leitung der Auktion dieselbe doch mit einem Zusatz von darüberstehender Ironie behandelte, die bisweilen drastisch in Erscheinung trat, wenn Gebote laut wurden, die jenseits von Gut und Böse lagen. Auch nach dieser Richtung hin hat sein Nachfolger und Nesse, Herr Karl Me hier, sein Erbe angetreten. Bei Herrn A. Voigtländer tritt meiner Beobachtung nach wieder ein gegensätzliches Gefühl auf bei der Abhaltung einer von ihm geleiteten Auktion, näm lich die mehr naive, fragefreudige Empfindung: wie wird die und die Nummer gehen, wobei der Auktionator wohlbedacht auf inniges Zusammenarbeiten zwischen sich und den Bietern aus- geht, Herr Henrici versteigert, seine Schwerhörigkeit durch große Aufmerksamkeit ersetzend, rasch und großzügig vorwärts gehend, energisch zum Ziele drängend. Am temperamentvollsten war allerdings Madame V, in Gent, welche Dame bei dem vorher erwähnten Caxton-Druck-Verkauf neben dem versteigernden Gatten stehend, in die Hände klatschte und mit französischer Lebhaftigkeit ihm einen schallenden Kuß vor der versammelten Corona verabreichte, als das Resultat ihre Erwartungen so bedeutend übertroffen hatte. Auch auf den Boernerschen Ver steigerungen gab es nicht selten Erfolgs - Überraschungen, ich erinnere nur an den Autographen-Verkauf Sammlung Geibel, l, Abteilung; in dieser Sammlung, die überhaupt reich an Seltenheiten war, kam ein vier Seiten umfassender eigen händiger Brief Martin Luthers vor, lateinisch in Quartformat,, den der Reformator auf der Rückreise von Worms in Friedberg in Hessen geschrieben halte, an Kaiser Karl V, gerichtet. Dieses seltene Stück war auf 5000 Mark geschätzt, aber da es von mehrfacher Seite begehrt wurde, glaubte man bei der Ver steigerung, die Nummer werde 30 000 Mark bringen. Die Sache kam jedoch anders. Der Amerikaner Morgan hatte die Nummer doppelt beauftragt, außer einem Berliner Herrn, dev bis Ino OnO Mark bieten sollte, noch dem Florentiner Antiquar Marinis, der die Weisung erholten hatte, den Berliner zu überbieten; so erzielte der Brief 110 000 Mark, wozu dann noch Aufgeld und Provision kamen, Morgan hat das kostbare Lutherstllck Kaiser Wilhelm II, geschenkt, der Kaiser wiederum stiftete den Brief dem Luther-Museum in Wittenberg, — Auf einer ganz vereinzelt dastehenden Auktion bei Karl W, Hierscmann in Leipzig — eine Napoleon-Sammlung kam unter den Hammer — kaufte ich unter anderem zwei Etsenreifen mit der Umschrift »Gold gab ich für Eisen«, nicht ahnend, daß wir selbst Gleiches erleben würden und Eisenringe sür dar- gcbrachic Opfer gießen würden. Ein fleißiger Besucher der Berliner Versteigerungen bin ich auch gewesen. Selbst wenn man aus Großstädten wie Frankfurt, München kommt, empfindet man beim Betreten des Berliner Bodens das Getriebe der Weltstadt, das ununter brochen Hastende des Riefenverkchrs. Wie oft habe ich im Cafe Josti gesessen und das flutende Leben am Potsdamer Platz betrachtet, das von früh bis nach Mitternacht sich dort abspielt! Goethe nennt die Berliner gelegentlich eine »ver wegene Nation«. Gewissen Eventualitäten ist man leichter dort ausgesetzt als anderswo; ich möchte beispielsweise nur zweier Vorkommnisse gedenken! Ich kam als Dritter-Klasse- Fahrgast mit Reisetasche und eingedrücktem Ftlzhut aus dem Anhaltcr Bahnhof an und nahm, da ich noch Handgepäck hatte, einen Träger zur Droschke. Beim Einsteigen fragt der Kutscher den Dicnsimann, wohin er fahren solle; ich sage dem Träger: Hotel Windsor. Dieses verflossene kleine Hotel lag in dem ruhigen Teil der Behrenstraße, war für mich bei Amsler L Ruthardtschen Auktionen sehr bequem gelegen; es wurde vor wiegend, dieses zur Erläuterung des Folgenden, vom branden- burgischen und Hommerschen Adel benutzt, der nicht die Luxus hotels frequentierte, — hatte daher etwas entschieden Exklusives. »Wohin?« srug mich der Träger nochmals, erstaunt mich von Kopf bis zu Fuß musternd, »Hotel Windsor«, wiederhole ich, Ant wort: «Det hätte ich och nicht gcglobt«, — Unvergessen ist mir auch eine gestörte Nachtruhe in einem Familienhotel der König- grätzer Straße, Trotz Anmeldung waren alle Zimmer besetzt, als ich gegen II Uhr abends bei schneeigem Wetter ankam. Der Hotelier jedoch schaffte Rat, ich erhielt ein Zimmer im ersten Stock, das ein Obristen-Ehcpaar inne hatte, das auf zwei Tage verreist war und erst nächste Nacht zurückkehren sollte. Ein Bett wird frisch überzogen, sonst wird von den im Zimmer hernmliegenden Sachen des Offizierspaaces nichts be rührt, Um zwei Uhr nachts wird an die Tür geklopft; der Hausknecht bittet ängstlich, ich möge gleich ansstchen, die Herr schaften seien zurückgekoinmcn, und schon höre ich eine Baß stimme ertönen: »Da stehen ja ein Paar Männersttesel vor dem Zimmer meiner Frau!«, und nun prasselte ein militärisches Donnerwetter auf mein schuldig, schuldloses Haupt hernieder, der ich in Unterkleidern mit Reisetasche und den verräterischen Stiefeln in den Händen den Rückzug antrat und das Ver gnügen hatte, nachts zwischen zwei und drei Uhr im Schnee wetter in einem andern Hotel ein Unterkommen suchen zu müssen. Wer hat nicht seine Erfahrungen gemacht! So erzählte mir Georg Gutekunst, bet seiner ersten Auktionsreise »ach Paris habe er in einem eleganten Restaurant gespeist und als Nach tisch eine wundervolle Birne bekommen. Auf Wunsch ließ sich Meister Georg noch mehr von dem köstlichen Obst geben, mutzte 25 Franken dafür bezahlen und spürte bei seinen werteren I3S3
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