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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.11.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-11-11
- Erscheinungsdatum
- 11.11.1920
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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Tagesstreiferoien die Wirkung des reichlichen Obstgenusses. Der Ort der Reinigung war so beschaffen, daß er vorzog, den Sitz als Trittbrett zu benutzen; plötzlich legt sich eine kalte Hand auf den entblößten Körperteil und die Stimme des Ge setzes ertönt: „dloasleur, <;a eoüto trois kraaes". In dem vornehm gehaltenen Raum des Kunstantiquariats von Amsler L Ruthardt in der Behrenstraße habe ich manches Rambergblatt, manche Chodowieckt- und Menzel- Zeichnung, manchen Vorzugsdruck Klingers, englische Farb stiche, französische Stiche des 18. Jahrhunderts und sonstige alte und neueste Graphik versteigern sehen. Ab und zu tauschte der Letter und Seniorchef des Hauses, Herr Louis Meder, eine satirische Bemerkung mit den bietenden Kollegen aus oder ein Witzwort flog von seinen Lippen, den Ernst des Geschäftes unterbrechend und erfrischend wirkend; abends nach getaner Arbeit wurde das lebhaft fortgesetzt gegenüber in Trarbachs Weinrestaurant. — In der Markgrasenstraße wurden die Perlschen Bücher-, Autographen-und Stichauktionen abge- haltcn; früher in qualvoll fürchterlicher Enge, erfreut man sich seit Jahren nun eines schönen Hellen Auktionssaales. Und last not l"Lst, zu dem Requisit einer Henrici-Auktion in der Kurfürsten-ijetzt Lützow-jStratze gehörte ich unbedingt; ich habe mit besonderem Interesse das rasche Emporkommen dieses Kunstauklionz-Jnstiluls verfolgt, und mit Freude und Erfolg «ine Reihe von Aufträgen während der Jahre Henrici zufllhren können für seine Spezialitäten: Alt-Berlin, Goethe-Kreis, Schweizer Ansichten, Autographen, Porträts, Chodowiecki, Farbstiche. Daneben wurde Lepkes monumentales Auktion?- Haus in der Potsdamer Straße besucht, soweit die einschlägige» Richtungen meiner Tätigkeit auf den großen Unternehmungen dieses Hauses in Betracht kamen; die gehaltvollen Bücher- und Autographenverstetgerungen bei Leo Liepmannssohn, I. A. Stargardt, Martin Breslauer, Paul Graupe, die so wertvolle Sammlungen wie Biltz, Cohen, Schüddekopf usw. der Öffentlichkeit übergaben, seien hier nur summarisch berührt, ebenso die beiden großen Graphik-Auktionen bei Paul Cassirer, deren eine Vinc. Mayers umfangreiche Dürer-Sammlung zum Verkauf brachte. Durch A. Voigtländers Initiative hat sich die schon im 18. Jahrhundert gegründete Kunsthandlung Prestel in Frankfurt wieder als Auktionsinstitut. feit zirka zehn Jahren erhoben, und der rührige Inhaber hat eine Reihe von sehr erfolgreichen Versteigerungen nacheinander folgen lassen. Die Sammlungen Noll, Gutekunst, Boehle, Kaufmann und andere Kollektionen, alte und neueste Graphik, Handzeichnungen und Gemälde umfassend, geben Zeugnis hiervon. Streng ge nommen gehört Prestel gar nicht in einen Artikel, der sich Auktionsreifen betitelt, denn die Reise von der Hochstraße nach der Bethmannstraße ist nicht dazu angetan, den Oberarm zu brechen, wie es mir vor Jahren in Leipzig passierte. Und doch ist es den Fernerstehcndcn vielleicht von Interesse, hervor gehoben zn wissen, wie die Prestelschen Auktionen sich außer ordentlich günstig in vornehmer Weise bewegen in den schönen Rokokoräumen eines Flügels des Bethmannschen Bankhauses, den Voigtländer, jetzt drei Stockwerke hindurch, für seine Auktionen zu benutzen in der Lage ist, und worin er in liebenswürdiger Weise die Honneurs zu machen weiß. Da die Reise zu Baer L Comp, als Auktionsinstitut noch weniger gefahrvoll und noch kürzer ist als bis zum Paulsplatz, so fasse ich mich dementsprechend kurz und weise auf die Samm lungen Denecke und ähnliche Auktionen hin, die unter M. Sond- heims sachgemäßer und kundiger Leitung glänzend verliefen. Nicht minder leicht zu erreichen und bequem lagen die Auktions- räume von Rudolf Bangel, namentlich nachdem das Haus in die Neue Börse übergesiedelt war. Dieses Frankfurter Auktionsinstitut hat soeben eine Jubiläumsschrift zum fünf- zigsten Bestehen herausgegeben und kürzlich seinen tausendsten Versteigerungskatalog versandt. Welche Mühe und Arbeit stecken in solcher jahrzehntelangen andauernden Tätigkeit! Auch den Gebrüdern Bangel bin ich treulich nachgefolgt und habe manche Stunden aus den vier Stationen der Bangel-Auktionen: 1SS4 Alte Rothhofstraße, Neue Mainzer Straße, Kaiserstratze, Börsen platz abgesessen. Das was ich hier zu schildern versucht habe, dürfte das Bild der Auktionen der letzten fünfzehn bis zwanzig Jahre in Deutschland sein, von meinem Standpunkt als Besucher aus betrachtet, bis der Krieg ausbrach und den Versteigerungen ein Ende bereitete, wenn auch einzelne Firmen den Mut be hielten, unentwegt'weiter zu verauktionieren. Jetzt, 1919/20, hat sich das Bild wieder geändert, und mit bisher nicht erzielten Preisen haben die großen Versteigerungen: Sammlung Vinc. Mayer (Cassirer—Rosenthal, Berlin), Sammlung David- sohn (Boerner, Leipzig) und andere eingesetzt. Dürer« und Rcmbrandt-Blätter, wie alte Graphik überhaupt, haben das Drei- und Zehnfache gebracht, gegenüber gleichwertigen Kollek tionen vor zehn Jahren, wie die Sammlung Lanna, wobei allerdings die Entwertung des Geldes mitspielt. Da man gern, selbst bei eigner trüber Stimmung, mit einem harmonischen Rückblick schließt, so sei mir noch eine Erinnerung an Holland gestaltet, um so mehr, da ich nach diesem Lande meine ersten Auktionsreisen für eigene Rechnung begann. Die Versteigerungsfirma für das Buch- und Kunst- Antiquariat par «xc klwooö für Holland habe ich noch un erwähnt gelassen: Frederik Müller in Amsterdam. In der Doelenstraat steht das Geschäftshaus der Firma mit dem einfach-edel erbauten Auktionshaus, das vorn nach der Straße Bureaus und Empfangssaal hat; dahinter liegen ebenerdig Packräume, aus denen gleich Verladungen für Aus- und Ein fuhr auf Kähnen und Dampfern bewerkstelligt werden können, die auf dem vorbeifließenden Kanal anlegen. Der erste Stock umfaßt den stilvollen Auktionssaal, durch zwei Geschosse gehend, mit Galerie, Vorsaal und Glaskuppeldach; hier finden die Ver steigerungen statt. Ganz neu war mir bei diesen Mullerschen Auktionen, die gewöhnlich von zehn bis zwölf vormittags und abends von sechs bis elf Uhr dauerten, das überspringen des Auktionators in die Währung der verschiedenen Länder; bald wurde in holländischen Gulden, bald in Franken, bald in englischen Pfunden ansgeboten, abwechselnd springend je nach dem bietenden Publikum, so daß man sehr auspassen mußte, um keine Dummheiten zu machen, wobei mit gleicher Behendig keit die holländische, deutsche, französische und englische Sprache vom Auktionator gehandhabt wurde. Herr Mensing leitete die Auktionen. Da bisweilen nur des Abends versteigert wurde, hatte man tagsüber Zeit, die Schätze des Ryks- museums und das höchst malerische kanaldurchkjuerte große Amsterdam zu betrachten, oder man fuhr nach Haarlem mit seinen wundervollen Zwiebeln- und Tulpenpflanzungcn, an die See nach Zandvoort, lag im Strandsand und sah der Ebbe und Flut der Meereswogen zu oder besuchte das vornehme Haag. Nach Beendigung der Arbeit setzte die großzügige holländische Gastfreundschaft ein. Zwei kleine Dampfer legten am Geschäftshaus an, die Auk tionsteilnehmer stiegen ein, und durch ein Labyrinth von Ka nälen glitt die Gesellschaft weit hinaus auf Wasserwegen durchs grüne flache Land nach einem Wasserschloß, wo eine mit Sorg falt bereitete Abendtasel stand, an der man sich, tüchtig zu langend, stärkte. Nach gewechselten Toasten wurden die Tasel ausgehoben und die Gäste in Automobilen saußend im Abend dunkel nach Amsterdam zurückgeführt, so daß man in später Stunde durch die zwar noch immer sehr belebten Straßen der Hauptstadt wandelnd,^ endlich etwas wirr seinen Kops in die Federn drückte, während das Glockenspiel vom nahen Kirch turm einen sanft in Träume wiegte, die so verschieden sein mochten wie etwa die vielen Menschen, mit denen man stun denlang am Tage verkehrt hatte. Heim kam man mit nicht billigen -Rembrandt-Prenten« und »Osiades Tekentngen,, Herr Mensing lebe! Nun bin ich, Ende der Sechzig, abgeschieden von all diesen geschäftlichen und freundschaftlichen Beziehungen, — sie sind für mich Erinnerung geworden, und mit Resignation folge ich der Weiterentwicklung des Auktions-Antiquariats, ihm im gedrückten Deutschland guten Fortgang wünschend. Wie rasch und unaufhaltsam die geschäftliche Tätigkeit sich wieder
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