Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.04.1886
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1886-04-14
- Erscheinungsdatum
- 14.04.1886
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18860414
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188604144
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18860414
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1886
- Monat1886-04
- Tag1886-04-14
- Monat1886-04
- Jahr1886
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
langt, — andernfalls die Genehmigung des Verzeichnisses versagt wird. — Wenn auch nach dem Wortlaut des Gesetzes die Vorlage von Werken nicht ausdrücklich vom Gesetzgeber zur Pflicht gemacht ist, so kommt diese Praxis jetzt so allgemein zur Anwendung, daß schon hiermit erwiesen ist, welchen Belästigungen und Maß regelungen ohne Zahl der deutsche Kolportagebuchhandcl ausgesetzt ist. Die weiteren Bestimmungen besagen sodann, daß die Genehmigung von Druckschriften laut eingereichtem Ver zeichnis nur zu versagen ist, wenn die an anderer Stelle erwähnten Voraussetzungen zutreffen. Schwerwiegende Bedenken sind es, die sich auch hiergegen geltend machen lassen; denn es ist einleuchtend und klar, daß dadurch dem mit Prüfung des Verzeichnisses beauftragten Beamten unum schränkte Macht an die Hand gegeben ist, vielleicht allein auf den Wortlaut des Titels hin, die Zulassung irgend eines Werkes zu beanstanden, ohne daß er sich der Mühe unterzieht, den Inhalt der Druckschrift objektiv zu Prüfen. Wenn man erwägt, wie oft der Titel eines Buches, einer Gelegenheitsschrift u. a. m. mit Vor bedacht oder aus charakteristischen Gründen nicht im Einklang steht mit seinem Inhalt, dann wird man auch hinsichtlich dieser gesetzlichen Bestimmung sagen müssen, daß dieselbe in der Praxis unter allen Umständen zu Resultaten führen muß, welche der Absicht des Gesetz gebers direkt zuwiderlaufen. Meist sind die in Frage kommenden Beamten, z. B. die Amtsvorsteher im Königreich Preußen, von ihrer sonstigen Thätigkeit derart in Anspruch genommen, daß eine eingehende Prüfung der Druckschriften beim besten Willen nicht möglich ist. Nicht minder bemerkenswert sind die folgenden Bestimmungen, daß der Gewerbetreibende nur die in dem genehmigten Verzeich nisse enthaltenen Druckschriften, andere Schriften oder Bildwerke bei sich führen darf und verpflichtet ist, das Verzeichnis während der Ausübung des Gewerbebetriebes zur Stelle zu haben und auf Erfordern den zuständigen Behörden oder Beamten vorzuzeigen. — So harmlos auch diese Bestimmung klingt, so folgenschwer ist sie in der Wirklichkeit; ja, wir behaupten, daß sie streng genommen überhaupt ganz undurchführbar und von einer Härte gegen den Kolportagebuchhandel zeugt, die ja freilich bei dem ganzen Gesetz unverkennbar zu Tage tritt. Die Anforderung an den Gewerbe treibenden, nur solche Schriften bei sich zu führen, deren Vertrieb ihm auf Grund seiner Liste genehmigt worden, ist in der Wirklich keit, falls nicht der Kolportagebuchhändler seine ganze Thätigkeit lahm legen will, vollständig unausführbar; denn um hier dem Buchstaben des Gesetzes gerecht zu werden, müßte der selbe täglich vor Beginn seiner Thätigkeit zum Amts vorsteher eilen und sich sein Verzeichnis berichtigen lassen; denn täglich erscheinen Fortsetzungshefte von bis dahin zur Ausgabe gelangten und im Erscheinen begrif fenen Werken; an so und soviel Tagen jeder Woche ge langen neu erschienene Nummern von Journalen und Zeitschriften zur Ausgabe, die, weil zum Teil quarta liter abonniert, den Abonnenten auf Tag und Stunde zu liefern sind; das kann der Besteller mit Fug und Recht verlangen; zur besonderen pünktlichen Lieferung dieser Sachen aber treibt uns schon die leidige Konkur renz an, die unausgesetzt bemüht ist, uns bei den erwor benen Abonnenten um einige Pferdelängen zuvorzukom men; — endlich erhält der Kolportagebuchhändler oder sein Expedient bei den täglichen Rundgängen irgend ein Buch oder eine Zeitschrift bestellt, die, an und für sich harmlosen Inhalts, schwerlich unter das Gesetz fallen kann, auch sofort dem Besteller zu liefern ist. Der Kolportagebuchhändler, nun gezwungen, sich seine Abonnenten zu erhalten, führt nächsten Tages solche bestellte Schrift wit sich, um dieselbe dem Besteller abzuliefern; Zeit, um solche nachträglich von der Behörde genehmigen zu lassen, bleibt ihm nicht, weil er womöglich erst im letzten Augenblick selbst das Oorxus äelieti erhält, — unrettbar ist er dem Gesetz verfallen, wenn es ihm passieren sollte, daß ein Diener der heiligen Her- mandad, in Gestalt eines Gendarmen oder sonstigen Beamten, auf ihn zutritt und eine Revision seiner Waren an der Hand des Druckschriftenverzeichnisses vornimmt. Welche unendlichen Scherereien das Druckschriftenverzeichnis mit sich bringt, kann nur der ermessen, der sich seiner bedienen muß, ganz abgesehen davon, daß es aus den angeführten Gründen zwecklos ist und nicht entfernt den Erwartungen entsprochen hat, die man daran knüpfte. Ganz unerfindlich ist es aber zudem, welchen logischen Intentionen der Gesetzgeber gefolgt ist, als er dte Kolportagebuchhändler, als die Vertriebsorgane von Druckschriften, zur Führung des gefürchteten Verzeichnisses verpflichtete, wozu unserer innigsten Überzeugung nach niemals der Kolportagebuch händler angehalten werden könnte und dürfte, — sondern nur, wenn man den Standpunkt des Gesetzes betreffs der Prüfung der Schriften auf ihre Sittlichkeit und Religiosität hin an sich aner kennen will — einzig und allein der Verleger. Werden die letzteren ohne alle Ausnahme verpflichtet, alle Er scheinungen ihres Verlags der Ortspolizeibehörde am Sitze ihrer gewerblichen Niederlassung zur Genehmi gung vorzulegen, dann würde auf sehr einfache Weise erreicht und bezweckt, was das Gesetz nach seinem heu tigen Wortlaut zu fordern berechtigt ist. Es würde dann der jetzige Übelstand beseitigt, daß eine Schrift an einem Ort verboten ist, während sie am anderen kolpor tiert werden darf. Wir bemerken ausdrücklich, um allen Mißverständnissen vor zubeugen, daß wir nicht etwa mit diesen Ausführungen der Wieder einführung der Censur das Wort reden wollen; wir sind der be stimmten Ansicht, daß die bis zum Erlaß der Gesetzes-Novelle bestehenden Gesetze eine genügende Handhabe boten, um der Ver breitung unsittlicher und irreligiöser Schriften entgegenzutreten; wenn aber einmal eine derartige Maßnahme getroffen wurde, dann mußte dieselbe sich gegen den Produzenten richten, dann mußte die Sache an der Wurzel angefaßt werden und eine einmal vom Kol portagevertrieb ausgeschlossene Schrift mußte für alle Bundes staaten gleichmäßig verboten sein. — Wer dann eine solche Schrift führte, hätte es sich selbst zuzuschreiben, wenn ihn die Schärfe des Gesetzes trifft; aber wir hätten dann wenigstens eine »Rechts einheit« und nicht einen Zustand, welcher das Rechtsbewußtsein im Volke aufs tiefste erschüttern muß. Andererseits müßte die Zu lassung von Druckschriften zur Kolportage auf Antrag des Ver legers geschehen; welche Behörde darüber endgiltig zu befinden hätte, wäre vom Bundesrat im Wege der Verordnung festzustellen. — Derartige Gesuche müßten schnellste Erledigung finden und er forderlichen Falles der Verleger verpflichtet sein, die bezügliche Druckschrift mit einem auffälligen Vermerk zu versehen, woraus ersichtlich, daß deren Vertrieb durch die Kolportage behördlicher seits genehmigt ist. Wir glauben mit vorstehenden Ausführungen die völlige Un durchführbarkeit und Ungerechtigkeit jedes einzelnen Teiles des Gesetzes dargethan zu haben, wie wir sicher auch den Beweis dafür erbrachten, daß das Gesetz in dieser Form niemals seine Aufgabe erfüllen kann, wie auf Schritt und Tritt Praxis und Theorie hierin in unlöslichem Widerspruch liegen. Die deutschen Kolportagebuch händler in ihrer Gesamtheit bieten unzweifelhaft gern die Hand zu einer Reorganisation des Kolportagewesens, aber nur auf dem
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder