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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 11.04.1899
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1899-04-11
- Erscheinungsdatum
- 11.04.1899
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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82, 11. April 1899. Nichtamtlicher Teil. 2685 Nichtamtlicher Teil. Beiträge zur Kulturgeschichte von Berlin. (Bgl. Börsenblatt Nr. 26, 88, 63.) IV. L Aus der unter vorstehendem Titel ausgegebenen Berliner Buchhändler-Festschrift ist noch eine Reihe von Beiträgen hier zu besprechen, die, wie die bereits besprochenen, dem Buchhändler manches Interessante bieten. Ein Kapitel, das sich einer ungewöhnlich lebhaften Epoche in der Litteratur Berlins zuwendet, ist ein Beitrag des vr. Hans Brendicke: »Zur Flugschriften-Litteratur des Jahres 1848 «. Es ist ja bekannt, welch kräftigen Anstoß die schriftstellerische und verlegerische Thätigkeit durch die Ereig nisse des stürmischen Jahres empfing, wie namentlich manches heute hochstchende Zeitungsunternehmen in jenem Jahre seinen Ursprung nahm, und ebenso bekannt, daß die damals eben errungene Freiheit der Presse nirgend wohl in so lebhafter und zum Teil ungeberdiger Weise ausgenutzt worden ist, wie gerade in der preußischen Hauptstadt, wo man für eine Weile des Sieges der Märztage völlig und dauernd sicher zu sein glaubte. Politische Verlagsunternehmungen von bleibender Bedeutung brachte außer einigen Zeitungen jene kurze Periode der Zügellosigkeit in Berlin nicht, wohl aber eine unendliche Fülle von ephemeren Erscheinungen, von An sätzen zu Zeitungen, von Broschüren, Flugschriften und Zeit bildern, die ebenso schnell verweht waren, wie sie gekommen waren, und sich der bibliographischen Aufzeichnung und dem regelrechten buchhändlerischen Vertriebe fast völlig entzogen haben. Darum ist es von Wert, daß die Berliner Festschrift dieser Litteratur einen Platz gegönnt hat und von einem wohl informierten Berichterstatter ein ziemlich umfangreiches Ver zeichnis dieser Erscheinungen bringt, das wenigstens einen großen Teil davon festlegt und mit biographischen und kritischen Bemerkungen erläutert, so daß wir auch über die Art der Entstehung dieser litterarischen Unternehmungen, ihren Fortgang, ihr Ende und ihre Verfasser unterrichtet werden. Auch mit Proben des leidenschaftlich erregten Stiles und derber, jetzt meist unverständlicher Witze wird in reich lichen Anmerkungen aufgewartet. Die Leser empfangen ein anschauliches Bild der Aufregung, die jene Monate nach dem Straßenkampf des März bis zur Wiederherstellung der Ordnung im November beherrscht hat, dürften es aber in ihrer Mehrzahl nicht ohne Kopfschütteln betrachten, da den meisten das Verständnis für die mit der jungen und kurzen Freiheit erwachte Urwüchsigkeit des Ausdrucks und für die häufige Dürftigkeit des Witzes abgehen wird. Nur wenige Autoren, deren Namen noch heute guten Klang haben, wie Robert Prutz, Adolf Glaßbrenner, Ernst Kossak, Kalisch, Dohm, Löwenstein und einige andere, von Zeichnern Theodor Hosemann und Wilhelm Scholz, stehen als rühmliche Aus nahmen inmitten dieses allgemeinen litterarischen Tumults. Alle diese Erscheinungen sind eben aus der Zeit und für die Zeit geboren; ihr Inhalt kann nur aus der Stimmung des Tages heraus beurteilt werden. — »lieber Spottschriften und Karikaturen mit be sonderer Beziehung auf das Jahr 1870« ist der Bei trag überschrieben, den der Herausgeber der Festschrift, Herr Otto Mühlbrecht, in dieser dem Leser als persönliche Gabe darbringt. Die Anregung zu seinem Stoff empfing er aus Erinnerungen an einen geschäftlichen Auftrag im Jahre 1870, der ihn mit Sammlung aller damaligen Erscheinungen dieser Art bettaut hatte. Im gewohnten Geleise der buchhändle rischen Bestellung ließ sich dieser Auftrag natürlich nicht er ledigen. Mühlbrecht mußte sich eben selbst auf die Wande rung begeben und das Berliner Straßenpflaster nach Schätzen S«chSu»djrä,,>gji«r Jahrgang. absuchen. Wiederholt traf er auf Leute, die die zum Kaufe ausgebotenen Schriften selbst verfaßt, gedichtet, illustriert hatten, oft in jammervoller Art, aber fast immer mit vollkommenstem Hausier - Erfolge, so zwar, daß ein gestern erschienenes Pamphlet oft schon heute völlig vergriffen war und nur noch mit unverhältnismäßigen Kosten beschafft werden konnte. Im allgemeinen dürfte Mühlbrechts Zeugnis, das diese Sammlung ein Chaos des höheren Blödsinns nennt, zutreffen, denn gewiß ist außerordentlich wenig Geist und noch weniger gute Sitte in neun Zehnteln aller dieser Druck sachen zu finden. Der cynische Witz vergriff sich in abstoßender Form an den Besiegten, und namentlich war es der gefangene und entthronte Kaiser, der mit der Kaiserin und dem unglück lichen »Lulu« für pöbelhafte Witze herhalten mußte. Die Menge der Erscheinungen dieser Art ist ungeheuer und unkontrollier bar. Aber unter dem Wust fand sich auch einiges Wertvolle, sangbare Lieder im Volkston, das Kutschkelied, das Chassepot lied, das Erbswurstlied und manches andere »neue schöne Lied«, daneben gute zeichnerische Leistungen, die der Ver ehrung für unsere volkstümlichen Helden gewidmet waren. Der Friedensschluß beendete natürlich diese aufgeregte Periode dilettierenden Litteratentums, und die veränderten politischen Verhältnisse zogen auch manchem seit länger be standenen und scheinbar gefestigten Witzblatte den Boden unter den Füßen weg. Dem Stück Berliner Spezial-Litteratur, das Mühlbrecht schildert, schickt er eine allgemeine Betrachtung über Spott schriften und Karikaturen vorauf, die mit den ältesten Zeilen anhebt, Mittelalter und Neuzeit behandelt, und aus vielen Perioden vorherrschende Richtung und ihre namhaftesten Ver treter hervorhebt. Seine Ausführungen zeugen von guter Beobachtung und der Gabe, einen schwierigen und umfassen den Stoff kurz, anschaulich und unterhaltend zur Darstellung zu bringen. — Mit seinem sich anschließenden Beittag »Zur Geschichte des Kladderadatsch« bleibt der Verfasser, Herr Fedor von Zobeltitz, auf dem Stoffgebiete der beiden vorher gehenden Beiträge. Der Leser wird sich erinnern, daß der Kladderadatsch im Mai 1898 das Jubelfest seines fünfzig jährigen Bestehens feiern konnte. Zu diesem Gedenktage erschien bei A. Hofmann L Co., dem Verlage des Kladde radatsch, ein Schriftchen: »Der Kladderadatsch und seine Leute 1848—1898; ein Kulturbild«, worin u. a. der Olden burger Verlagsbuchhändler Herr A. Schwartz manches bisher nicht bekannt Gewesene zur Geschichte des Witzblattes mit teilt. Herr von Zobeltitz beklagt es, daß dieses Jubiläum nicht einige Zeit früher hat fallen können, da er sich dann die mühevolle Arbeit des Zusammentragens und Forschens zum großen Teil hätte ersparen können. Er bescheidet sich nun damit, dieses Jubiläumsbuch nach Möglichkeit zu ergänzen, »insonderheit nach jenen Seiten hin, auf denen der Kladde radatsch seine Bedeutung erlangt hat: des Litterarischen und Karikaturistischen«. Politische Spottbilder-Schriften hat es auch vor 1848 schon manche in Deutschland gegeben; aber freilich immer nur Gelegenheitsblätter, die schnell wieder verschwanden. Erst 1847 wurde in Berlin ein Anlauf mit politisch-satirischen Zeitschriften genommen; es erschienen damals der »Berliner Charivari« und der »Eulenspiegel«; aber beide Unternehmungen schlugen fehl. Der März 1848 beseitigte das Hindernis für ein regelmäßig auszugebendes politisch-satirisches Blatt, dessen Lebensbedingung ein gewisses Maß von Preßfreiheit ist. Mit deren Eintritt erschienen neben den vielen vorher er wähnten politischen Gelegenheitsschriftett und -Bildern schnell 360
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