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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.02.1921
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- 1921-02-09
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- 09.02.1921
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33, 9. Februar I92l, Redaktioneller Teil. Um eine von den Vertretern des Kaisers befürchtete persön liche oder materielle Schädigung desselben abzuwenden, erklärte sich der Verlag, obwohl er derartige Befürchtungen nicht zu teilen vermochte, hinsichtlich des Zeitpunktes der Veröffentlichung zu weitem Entgegenkommen bereit. Er fand aber kein Ver ständnis für seine Darlegungen, daß aus die Dauer eine Unter drückung des bei seiner Herstellung durch so viele Hände gegan genen und in so vielen Exemplaren gedruckten Buches doch un- möglich sein werde, daß unbefugte, sensationell ausgemachte und tendenziös gefärbte Teilverösfentlichungcn im In- oder Auslände nicht verhindert werden könnten und daß durch solche dem Kaiser ein schwerer Schaden erwachsen würde, nicht aber durch eine Veröffentlichung des ganzen Werkes, die vielmehr allein geeignet sei, den weitverbreiteten, durch die Unterdrückung nur noch gesteigerten irrigen Vorstellungen über den Inhalt des Bandes im Interesse der Kaisers ein Ende zu machen. Die Gegenpartei verschloß sich allen diesen hier nur kurz angedeuteten Gründen mit unerschütterlicher Hartnäckigkeit und beanspruchte ihrerseits, allein einen späteren Zeitpunkt der Veröffentlichung zu bestimmen, ohne sich auf einen solchen schon jetzt festlegen zu wollen. So kam der Prozeß am 7. April l920 zur weiteren Verhandlung vor dem Oberlandesgericht in Stuttgart, dessen Ur teil den Spruch des Landgerichts bestätigte. Abermals wurde das literarische Urheberrecht des ehemaligen Kaisers an seinen und seines Vaters Briefen anerkannt, es wurde damit in zweiter Instanz Bismarck mit seinen letzten Worten an das deutsche Volk zum Schweigen verurteilt, und das Reichsgericht konnte nicht angerufen werden, da nach der Zivilprozeßordnung für den vor liegenden Fall einer einstweiligen Verfügung, eines sogenannten Arrestes das Oberlandesgericht die höchste Instanz bildet. Bei diesem Stande der Ding« blieb für die Cottasche Buch handlung nur die Möglichkeit einer gerichtlichen Klärung der Krage bestehen, ob der ehemalige Kaiser überhaupt berechtigt sei, für die in das Bismarcksche Werk verflochtenen Briefe einen ur heberrechtlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Sie erhob daher beim Landgericht I in Berlin gegen den ehemaligen Kaiser eine Feststellungsklage dahin, daß sie berechtigt sei, die umstrittenen Briefe als Bestandteile des dritten Bandes der -Gedanken und Er innerungen« zu veröffentlichen und zu vertreiben. Zugleich stellte sie den Antrag auf Aufhebung der vom Landgericht Stuttgart erlassenen einstweiligen Verfügung. In juristischer Hinsicht sollte hierdurch eine Stellungnahme des Gerichts zu den folgenden Fragen erreicht werden: 1. Sind die von dem Altreichskanzler in sein letztes Werk ver flochtenen Briefe, die Kaiser Wilhelm II. als Prinz Wil helm und als Kronprinz und die Kaiser Friedrich III. als Kronprinz Friedrich Wilhelm an Bismarck gerichtet haben, Schriftwerke im Sinne des Urheberrechtsgesetzes, sodaß deren Verfasser den Schutz des Gesetzes mit Recht beanspruchen können? 2. Steht dem Kaiser das Urheberrecht an den Briefen auch dann zu, wenn nicht die Unterzeichner, sondern etwa dritte Personen die Briefe verfaßt haben? 3. Besteht, wenn die Frage des Urheberrechtes verneint wird, irgendein anderer Rechtsschutz gegenüber der von Cotta erstrebten Veröffentlichung der Briefe? Zu Beginn der am 16. Dezember 1920 erfolgten Verhand lung, in der das Rechtsmaterial zur Beurteilung dieser Fragen seitens beider Parteien eingehend erörtert wurde, trat der Vor sitzende des Gerichts mit einem Vergleichsvorschlag an die Par teien heran. Er regte an: der Kaiser möge freiwillig von seinem Anspruch auf den urheberrechtlichen Schutz der in das Bis- marcksche Werk verflochtenen Briefe zurücktreten, und der Cottasche Verlag möge den Erlös, der sich aus dem buchhändle rischen Vertriebe des Werkes ergebe, einem wohltätigen Zwecke zuführen. Zu dieser Anregung erklärten die Rechtsvertreter beider Parteien, daß sie zunächst mangels eines dahingehenden Man dats ihrer Klienten nicht in der Lage seien, in Vsrgleichsverhand- lungen solcher Art einzutreten. Als Herr Robert Krönei im Anschluß an die Verhandlungen von dem Vorschläge des Vor sitzenden erfuhr, entschloß er sich, den von dem Vorsitzenden ange regten Weg eines Vergleichs, unbeschadet der Fortführung des Prozesses, jedenfalls zu beschreiten, damit nicht etwa das Odium auf ihm lasten bleibe, er habe durch einen Mangel an Entgegen kommen die Möglichkeit eines gütlichen Vergleichs ungenutzt vorübergehcn lassen. Er schlug daher Herrn Justizrat Löwen feld als dem Vertreter des Kaisers sogleich, also noch vor der Verkündung des gerichtlichen Urteils, vor, «inen Vergleich zu schließen und so unter Umständen den gerichtlichen Spruch über flüssig zu machen, und zwar erklärte er sich bereit, für den Fall, daß der ehemalige Kaiser seinen Anspruch aus urheberrecht lichen Schutz der Briefe fallen lasse, außer den durch Vertrag vom Juli 19l9 für wohltätige Zwecke bestimmten 200 000 noch weitere 100 000 -K als freiwillige Spende für die deutsche Kinderhilse zu stiften. Er hat, als Herr Justizrat Löwenfcld hierauf erklärte, daß er grundsätzlich nicht in der Lage sei, auf dieser Basis zu verhandeln, und daß er es nicht für erforderlich gehalten habe, über die Frage eines gütlichen Ausgleichs auf dieser Basis nach Haus Doorn zu berichten, einen noch weitcr- gehenden Vorschlag gemacht, indem er den Betrag, den er für den Fall eines raschen friedlichen Ausgleichs freiwillig zur Milderung der Ernährungsnot der deutschen Kinder stiften wollte, verdreifachte und damit die durch die Veröffentlichung für wohl tätige Zwecke zu gewinnende Summe auf eine halbe Million Mark erhöhte. Auch diesem Angebot gegenüber erklärte Herr Justizrat Löwenfeld mit wenigen Worten, daß er -aus prinzipiellen Grün den« nicht in der Lage sei, auf einen Vergleich einzugehen. Ob er auch jetzt wieder, trotzdem Herr Kröner cs ausdrücklich ver langt hatte, eine unmittelbare Befragung des Kaisers nicht für erforderlich gehalten hat, ist aus seiner lakonischen Ablehnung nicht ersichtlich, doch mutz es, zumal da diese unverzüglich erfolgte, zum mindesten sehr wahrscheinlich genannt werden. Es ist also anzunehmsn, daß nicht der Kaiser selbst durch starres Festhalten an seinen urheberrechtlichen Ansprüchen bedürftigen Deutschen die Unterstützung von einer halben Million Mark vorenihält, sondern daß seine Vertreter sich für berechtigt halten, ihn in einem solchen Lichte erscheinen zu lassen. Mit dieser Ablehnung scheint die Möglichkeit einer Verständi gung auf dem Vergleichswege leider erschöpft zu sein. — Das Berliner Landgericht hat, unter Verneinung eines Per- sönlichkcitsrechtes, das Urheberrecht des Kaisers an den in Frage stehenden Briefen abermals anerkannt, ist aber mit der »Begrün dung« seines am 23. Dezember vorigen Jahres gefällten Urteils heute noch im Rückstand. Es muß sich nun ergeben, ob es möglich sein wird, durch das Berliner Kammergericht als die nächste, gegebenenfalls durch das Reichsgericht als die letzte Instanz der Stimme Bismarcks Gehör zu verschaffen gegenüber einem offen kundig nur zum Zwecke eines Vorwandes beanspruchten, aber auch an sich fraglichen Urheberrechte. Was der Cottasche Verlag tun kann, um durch Veröffent lichung des dritten Bandes seine Pflicht gegenüber dem Verfasser und gegen das deutsche Volk zu erfüllen, das wird er mit allen durch Recht und Gesetz ihm gegebenen Mitteln anstreben. Stuttgart, den 3. Februar 192l. I. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachf. Vor der Lösung? In einigen Tagen soll sich nun alles, alles wenden. Wirt lich? »Die Botschaft hör' ich Wohl, allein mir fehlt der Glaube«. Eine Tatsache ist zwar als sicher zu verbuchen: In beiden Lagern — Verlag und Sortiment — ersehnt man sich den festen Ladenpreis, wie ihn die Vorkriegszeit so schön gestattete, zurück. Jedoch — ganz abgesehen von der tiefen Kluft der Meinungen und Gegenmeinungen — bietet auch nur einer der bisher ge machten Vorschläge dafür Gewähr? Durch Majorisierung von Hauptversammlungen, durch Sondernbkommen einzelner Gruppen ist doch noch keine einheitliche und absolute Grundlage ge schaffen, die auch nur annähernd den Wünschen aller Beteiligten entspricht. Leider muß auch hier die Wahrnehmung gemacht werden, daß die Revolutionszeit nur zu leicht gute Einrichtungen schon zerschlägt, ehe bessere erprobt und dafür eingesetzt werden können.
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