Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 28.02.1921
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1921-02-28
- Erscheinungsdatum
- 28.02.1921
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19210228
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192102289
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19210228
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1921
- Monat1921-02
- Tag1921-02-28
- Monat1921-02
- Jahr1921
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
..»rsenvlatt f. d. Dtschn. Buchhandel Redaktioneller Teil. 49, 28. Februar l92l. überragend, aber — wie sein Bruder Feldprediger damals sagte — ein Held mit einem guten Herzen. Am li. August 1870 ging'L mit Hurra über die französische Grenze, am 14. August ritt er als Flügelmann seine erste Attacke gegen den Feind. In späten Tagen noch hat er die Wonne jenes Angriffs dich terisch besungen, wie er ohne Beben und Bangen in den sau senden Geschwadern den Gefahren entgegengejagt sei. Als Erster des Regiments trug er das Eiserne Kreuz auf der Brust, ein Sieger auch im Wafsenkleid, und nur in tiefer Wehmut nahm er, einem Zwang gehorchend, Abschied von seiner kriege rischen Laufbahn. Bezeichnend für seine Edelart ist sein Schluß« bekcnntnis: «Mir ist das Glück geworden, daß ich in Frankreich kein Haus verlassen habe, ohne daß mir der Besitzer herzlich die Hand geschüttelt hätte«. Er war als ritterlicher Kriegs mann auch ein victoi über die Herzen gewesen. Der 1. Mai 1871 bringt die entscheidende Wendung seines Lebens; mit seinem Eintritt in das Haus Breilkopf L Härtel Wird ihm der Wirkungskreis der künftigen Jahre zugewiesen. Schon nach zwei Jahren war er Prokurist und wieder nach zwei Jahren Teilhaber der Weltfirma, nachdem er sich im Jahre 1873 mit Johanna Zarncke vermählt hatte, der feinsin nigen Tochter des damals volkstümlichsten Professors der Leip ziger Universität, mit der er bis zu ihrem Tode im Jahre 1911 eine rcichgesegnete, glückbegnadet« Ehe geführt hat. Sein beruflicher Wirken im einzelnen zu schildern, ist nicht meines Amtes. Das werden nach mir Berufenere tun. Ich habe nur von dem Geist zu reden, von dem sein ganzes Schaf, fcn getrieben und getragen war. Und dieser Geist bekundet sich vielleicht am stärksten in dem ersten großen Unternehmen, das seine Eigentliche Schöpfung war, in der Herausgabe der »Volksausgabe von Breilkops L .Härtel«. Der leitende Gedanke war: Die Kunst dem Volke! Kunst ist ihm nicht Leckerbissen für Feinschmecker, Zeitvertreib für müßige Ge nießer, sondern Bedürfnis und Notwendigkeit für alle, die Menschen im Vollsinn des Wortes sein wollen. Darum mache man sie der Gesamtheit zugänglich, freilich nicht als Schund, der auf den Markt geworfen wird, sondern als wohlfeiles, aber gediegenes Ergebnis strengster Wissenschaftlichkeit! Den Gedanken zu verwirklichen, war er der gegebene Mann. Sah er sich doch nach seiner ganzen Vorbildung nicht als den bloßen Geldgeber und Geschäftsmann an, der dann das Übrige den wissenschaftlichen Fachleuten überlassen muß, er stand vielmehr selbst als Wissenschaftler in und über der Materie. Mil sicherem Urteil wählte er für jedes Gebiet die bedeutendsten Autoren aus und wußte sic für seine Pläne zu gewinnen. Bei solcher Wertschätzung der geistigen Seite seiner Unternehmungen konnte es nicht ausbleiben, daß auch der victor gelegentlich seine geschäftlichen Nackenschläge empfing, die ihn jedoch in seinem Idealismus nicht beirren konnten. — Der zweite Grundgedanke seiner Lebensarbeit war die Schaffung eines einheitlichen Buch gewerbes unter Führung des Buchhandels. Unter Wahrung der Selbständigkeit der einzelnen Glieder sollte doch ein ver ständnisvolles Zusammen- und Jneinander-Arbeiten erstrebt werden, damit das Buchgewerbe mit der geschäftlichen auch die künstlerische Höhe erreiche. Mittelpunkt dieser Einheilsbestrc- bungcn sollte Leipzig bleiben, das nun einmal geschichtlich die Stadt des Buches geworden war. Gleichsam als Symbole dieser Zusammenfassung, als äußere Darstellung des Einheits gedankens erstanden das Buchhändlerhaus und das Buchge werbehaus, die beide Schöpfungen seines Geistes sind und deren Weihetage, ausgezeichnet durch die Gegenwart des Königs von Sachsen, ihm Feiertage seines Lebens geblieben sind. Sie sind Symbole der Sammlung und sind Symbole einer eisernen Menschcnkraft, die siegreich überwindet, was ihren Zielen sich in den Weg stellt. Für Oskar v. Hase waren Widerstände in der Tat nur dazu da, um überwunden zu werden. Ein viowr läßt sich wohl aufhallen, aber nicht festhalten. Das macht, daß er von Furcht nichts weiß. Wahrlich, in dieses Mannes Seele war für so etwas wie banges Fürchten kein Raum. Wie er jauchzend in Jugcndtagen in den Feind hineinsprengte, Freude statt Grauen fühlend, so ging er aufrecht auch den feindlichen Schick, rio salen entgegen und ruhte nicht eher, alz bis er sieghafter denn zuvor aus dem Zweikampf hervorgcgangen war. Und da« Schicksal hat ihm bisweilen hart zugesetzt. Umsonst der Ver- such, ihn zu zermürben, zu verbittern, zu zerbrecheir. Ein Un gebrochener schritt seine Sicgerbahn, stark bis zuletzt, jung bi« ans Ende; ein prachtvolles Schauspiel, diese reckenhafte, straffe Germanenfigur mit den strahlenden blauen Augen, mit der üp pigen Fülle des blonden und dann schneeweißen Haupthaare«, mit dem immer sprühenden Geist und der lebendigen Begeiste rung für alles Große und Schöne. Der 74jährigs nimmt mit dem vierjährigen Bärbel« mir die Wette den Jenzig im Sturm, und am Tage seines Todes spricht er zu seinem ihn umsorgen- den Sohne: -Ich glaube, heute schreite ich über die Schwelle des Greiscualters I« Man lächelt füll in Wehmut und bekennt: Beneidenswerter Mann, der seiner Jugend Kraft bis t» die hohen Tage trug, der um ein Leben-fest, die Dürfe seine« jüngsten Enkelkindes zu feiern kam, den, er den Dichtergrub noch milgebracht, und dann, von aller Qual verschont, die Hellen Augen schloß. Dir hat der Himmel die Bitte des Sängers erfüllt: Nicht des Alters Last, Natur, sollst du deinem Freund ersparen — eine Gunst gewähr' ihm nur, wenn er wert, sie zu erfahren: Sorge, daß ein Liedertraum bis zuletzt sein Haupt umflieget, wann im Mai der Fliederbaum sich verjüngt in Blüten wieget. Und selbst der Tod noch hat dich beschenkt. Sagte mir doch einer, der Oskar b. Hase auf dem Totenbett gesehen: der stumme Künstler habe das kraftvolle Antlitz erst zu ganzer Schönheit vollendet, zur Siegerhoheit. — Naturen wie Oskar v. Hase sind Anreger über die Grenzen der beruflichen Tätigkeit hinaus. Wo immer große Fragen, Gegenwartsfragen auftauchen, wissen sie sich zur Mitarbeit aus gerufen. So ist auch er in mannigfachen Ehrenämtern bis zuletzt tätig gewesen. Sein höchstes Amt aber war ihm in all seinen Tagen das Amt des Patrioten. Man tat Recht daran, an seiner Bahre die Farben schwarz-weiß-rot niedcrzulegen, in denen sich ihm das Größte verkörperte, das er aus Erden kannte. Er, der auf beruflichem Gebiete über die Grenzen de« Vaterlandes weit hinausgriff und internationale Organ!- sationen zu schaffen suchte, war doch ein Deutscher von echtem Schrot und Korn. Mt Bismarck nächtens über die Jenaer Berge gewandert zu sein, war «ine seiner stolzesten Erinnerungen. Und als der Grundstein zum Buchhändler hause gelegt wurde, versenkte er in den ersten Quader samt einer selbstvcrfaßten Urkunde sein Eisernes Kreuz, um damit den letzten Zweck des Baues anzudeuten: dem Vaterlande soll er dienen! Wie unsäglich ein solcher Patriot unter dem Nieder gang des stolzen Reiches Hai leiden müssen, das er «inst be gründen half, das läßt sich nicht auSsprechen, das läßt sich nui ahnen. ES ist überaus anziehend, zu beobachten, wie dieser in« Große wirkende Mann mit der sieghaften Kraft des Wissens und Wollsns doch zugleich Augen und Herz auch für das Kleinste und die Kleinsten hatte. Hochmut war ihm fremd. Einer, der ihn vom Alltag her kennt, hat mir erzählt, wie Oskar v. Hase vor dem einfachsten Druckermädchen, das ihn grüßte, seinen Schlapphut so tief gezogen habe, als ob Fürsten und Kaiser vorllbergingen. Das ist die wunderbare Verbindung großer Gedanken mit einem reinen Herzen, die Goethe als das Höchste preist, was Menschen von Gott erbitten und empfangen können. Als den Monn des reinen, reichen, goldenen Herzens haben Sie ihn besonders gekannt, die Sie um ihn als um da« Haupt der Familie trauern. Immer hatte er aus der unver- siechlichcn Fülle seines feinen Innenlebens zu schenken, Liede und Güte und nicht zuletzt seine unwiderstehliche strahlende Heiterkeit. An ihm offenbarte sich so recht die Wahrheit des großen Lcbensgesetzes, daß der echte Frohsinn nicht das Vor recht der seichten, sondern ganz im Gegenteil der tiefen, wert vollen, gehaltvollen Naturen ist. Mit dieser Gabe vermochte
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder