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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.01.1921
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- 1921-01-06
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- 06.01.1921
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Redaktioneller Teil. ^ 4, 6. Januar 1921. Der Büchernarr. Von Gustave Flauberl. Deutsch von Johann Frerking. Mit Lithographien von Alfred Kubin. (Band 101—106 der Sammlung Die Silbergäule.) Hannover, Paul Steegemann. 34 S. 8°. Kart. 12 Aus öem Neuen Pitaval kennt man die Geschichte des Pfarrers und Ndagisters Tinius, eines Raubmörders aus Bttchersammelwut, die Ernst Arnold 1915 in neuer Bearbeitung hevausgegeben hat. Wer die Geschichte von Flaubert »Bibliomanie« liest, die im November 1836 entstanden ist und zum erstenmal in seinen »Oeuvrss de jeuvesZe iuedites« (Paris 1910, 1. Band) veröffentlicht wurde, kommt unwill kürlich auf die Vermutung, das; es sich hier um eine freie Bearbeitung eines wirklichen Vorfalls handelt. Da die deutsche Ausgabe keinerlei Angabe darüber enthält und mir die Geschichte bekannt vorkam, habe ich durch meine Nachforschungen festgestellt, das; der erst fünfzehn jährige Flaubert offenbar durch einen kurzen Zeitungsbericht zu der Erzählung angeregt wurde. In Barcelona hatte nämlich ein Buch händler und Antiquar, Don Vincente, der früher Mönch in dem auf gelösten Zisterzienserkloster Pöblet in der Provinz Tarragonien ge wesen war, eine Brandstiftung und mehrere Morde begangen, um sich in den Besitz alter, seltener Bücher zu setzen. Er wurde 1836 vor Ge richt gestellt, zum Tode durch den Strang verurteilt und hingerichtet. Die Nachricht ging natürlich durch alle Zeitungen der Welt. Sie inter essierte den jungen Flaubert hauptsächlich deshalb, weil sie etwas von dem dämonischen Zauber der Geschichten Hoffmanns an sich hatte, auf die er sich ja auch gleich im Anfang bezieht, und er hat seine Novelle jedenfalls unter öem frischen Eindruck eines Zeitungsberichts geschrie ben. Ein ausführlicher Bericht erschien in der »Oarette des Iribunaux« vom 23. Oktober 1836, der auch in der Unterhaltungszeitschrift »Ke Voleur« vom 31. Oktober desselben Jahres (Äite 955 bis 957) ab gedruckt wurde. Dieser Bericht kam Flaubert aber offenbar nicht zu Gesicht, denn wenn er auch die Namen der Beteiligten vielleicht ab sichtlich verändert hat, so hat er doch, um die Erzählung auszubauen, manches erfinden müssen, was er aus jener Quelle mühelos und rich tiger hätte entnehmen können, namentlich die Titel der Bücher, um die sich die ganze Geschichte dreht. Da Flauberl in jenem Alter von Biblio graphie natürlich keine Ahnung hatte, ist er in der Erfindung fingier ter Titel nicht sonderlich glücklich gewesen. Im übrigen hätte er aus dem ausführliche« Prozcßbericht manche psychologische Feinheit ent nehmen können. Zum Schluß hat er eine Pointe erfunden, um nach echt französischer Manier der traurigen Geschichte einen witzigen Ab schluß zu gebcu. Der Verteidiger Vincentes hatte vor Gericht ange führt, daß der erste spanische Druck von 1482 durchaus nicht bloß in einem Exemplar erhalten sei, und zum Beweis dafür den Katalog eines Pariser Antiquars vorgezcigt, in dem ein Exemplar angeboten war. Flaubert läßt den Advokaten das Exemplar selbst aus seiner Toga hervorziehcn: der Angeklagte besichtigt es, zerreißt es und wirft dem Verteidiger die Fetzen an den Kopf, indem er ausruft: »Sie haben gelogen, Herr Advokat! Ich habe es Ihnen ja gesagt: es gibt nur ein Exemplar in Spanien«. Wer sich für die Geschichte weiter interessiert, lese nicht bloß die Novelle Flauberts, sondern auch den oben erwähnten Bericht, der auch in dem außerordentlich merkwürdigen, aber leider nur in kleiner Auf lage (325 numerierte Exemplare) gedruckten Buche von Albert Cim »Amateurs et voleurs de livres« (Paris, Henri Daragon, 1903, S. 28 bis 50) wiedergegebcn ist. Eine Ncbeneinanderstellung des Berichtes, der übrigens, wie es in der »Oarette des Irlbuuaux« häufig der Fall war, etwas novellistisch ausgestaltet ist, und der Flaubertschen Novelle wäre außerordentlich interessant, und ein angehender Literaturforscher könnte im Anschluß daran eine Doktordissertation über die ersten Spuren der Erzählungskunst bei dem später so berühmt gewordenen Romandichter schreiben. Namentlich könnte man daraus ersehen, wie der Verfasser der »Madame Bovary« sich schon damals an tatsächliche Ereignisse hielt, nur das; ihm bei seiner Novelle nicht bloß eigene Be obachtungen, sondern auch ausreichende Angaben noch fehlten. Die deutsche Übersetzung ist vornehm ausgestattet und enthält drei Lithographien von Alfred Kubin, die seinen Anhängern wohl aus nehmend gefallen werden, mährend andere Kunstfreunde vielleicht weniger begeistert dafür sein werden. Neu erscheint mir das Ver fahren des Verlags, das Büchlein als Band 101—106 zu bezeichnen. Wenn das Büchlein von 34 Seiten 6 Nummern der »Silbergäule« bil det, wie stark ist dann eine Nummer? Man sollte nicht bloß den in ländischen Bücherkäufern, sondern auch dem Ausland, das sich neuer dings immer mehr über deutsche Geschäftsmethoden beschwert, nicht durch solche Numerierungen, die immerhin zu Mißverständnissen führen können, Anlaß zu Klagen geben. Im übrigen halte ich das Verfahren des Verlages, kleine Werke in selbständigen Bändchen zu veröffentlichen, 14 für sehr zeitgemäß. Nachdem die Zeit der großen billigen Gesamtaus gaben vorbei ist, kann es dem Bücherfreund nur erwünscht sein, kleine Einzelausgaben, die er nach seinem Belieben auswählen mag, erwerben zu können. TonyKellen. Kleine Mitteilungen. Zur Wiederaufnahme literarischer Beziehungen zwischen Deutsch land und Frankreich schreibt Otto Grautoff in einem Feuilleton- Artikel der »Vossischen Zeitung« (In der Closerie des Lilas, Nr. v. 21. XII.1920) folgendes: .... Immerhin, es bahnt sich allerhand an. Die französische Zeitschrift »k'^ellou« hat in ihrem Oktoberheft eine Anthologie deutscher Dichter veröffentlicht: Verse und Prosa stücke von Adler, Becher, Däutler, Einstein, Adolf Loos, Karl Otten, Nubiuer, Schickele usw. Der gute Wille ist erfreulich. Allein, die Übersetzungen sind unzulänglich. Bedauerlich ist, daß diejenigen Deut schen, die der französischen Sprache mächtig sind, die Übertragungen nicht durchgesehen haben. In öem vorliegenden Französisch kann man die Qualität der deutschen Arbeiten nicht erkennen. Der in Paris ansässige russische Verleger Jacques Povolozky, dessen literarischer Verlagsdircktor der brüderlich gesinnte Alexandre Mercereau ist, hat den Wunsch, mit deutschen Autoren und deutschen Verlegern zusammcn- zuarbeilcu. Der Verleger Cresalie steht bereits mit deutschen Ver- lagshäuseru in Beziehung. »ka nouvelle revue krau^aise« hat im November den ersten Aufsatz über deutsche Literatur von dem Berliner Privatdozenten Bernard Grothuysen veröffentlicht. Ter gleiche Verlag bereitet französische Ausgaben der Bücher von Ernst Robert Curtius und Waldemar Bonsels vor. »ka revue Aermauique« hat in ihrer letzten Nummer einen 40 Seiten langen Aufsatz über die deutsche Kriegslyrik von Dehmel bis Stramm veröffentlicht, in dem sich nicht ein Mißton findet. Pierre du Colombier spricht sachlich und ruhig in revue eritiyue« über das deutsche Theater. Muret hat im »Journal des vedats« Clara Viebigs »Rotes Meer« ohne Einschränkung gelobt. Was man nie für möglich gehalten hätte, ist geschehen: Der fran zösische Buchhandel entfaltet Zeitverständnis, Aktivität und durch greifende Energie. Was der junge Gaston Gallimand in den wenigen Friedensmonaten nicht nur in Angriff genommen, sondern auch durch geführt hat, ist erstaunlich. Er hat nicht nur Gides Zeitschrift: »1^ nouvelle revue kranyaise« zu der führenden Monatsschrift seines Landes gemacht, nicht nur herrliche Luxusdrucke und die besten Autoren Frankreichs herausgegeben, sondern nun auch noch mit Millionen kapital ein mustergültiges Lesekabinett mit Sortimentsbuchhandlung ins Leben gerufen. Wenn alle seine Ideen sich in diesem Tempo weiter verwirklichen, wird er bald als der größte Buchhändler seines Landes dastehen. Nicht nur die französischen Auslandsmissionen ziehen wissen schaftliche, künstlerische und literarische Kräfte zur Mitarbeit heran, sondern auch der Buchhandel sucht Intellektuelle für sich zu gewinnen. In den sogenannten neutralen Ländern ist mehrfach die Leitung von Sortimentsbuchhandlungen Literaten übertragen, die gleichzeitig die Veranstaltung von Vorträgen, Konzerten und Gastspielen besorgen. Wie übermäßig hohe Papierpreise zustande kommen, ist aus einen. »Papierwucher und Kettenhandel« überschriebenen Anfsatz in der »Zeit schrift für Deutschlands Buchdrucker« Nr. 53 zu ersehen, den das Wirt- -schaftsanvt des Deutschen Buchdrucker-VereinS als Verfasser zeichnet. In einem Fälle handelt es sich um 1312 kg: feinstes Schreiibmaschinen- post, das iN einer Rheinischen Papierfabrik her gestellt worden war und van einer Papiergroßhandlung für 18 per kg: gekauft wurde, die es mit einem Aufschläge von 21,6°/» an eine Dresdner Firma weiter veräußerte. Diese verkaufte das Papier mit einem Aufschläge von 40"/, an eine Chemnitzer Firma, die diesen Preis uni 37,7erhöhte Und es ziu ^ 43.— per kg den Verbrauchern anibot. Der Preis der Papierfabrik hatte sich demnach um 139"/, erhöht. Ein anderer Fall 'betraf 75 000 Nagen weißes Feiupostpapier von 20,22 und 24 kg: Schwere. Dieses Papier wurde zum Ginheitskilopreise von .// 9.— an eine Chemnitzer Firma abgegeben, die cs mit einem Auf schilage von 33^"/, einer Kasseler Firma anbot. Mit einem Aufschläge von 44"/, kam das Papier dann in den Besitz einer- Helmstädter Firma, die es mit 16,7°/, Nutzen an eine Magdeburger Firma verkaufte. Mit einem weiteren Aufschlage von 23,8°/, ge langte das Papier wieder in den Besitz einer Chemnitzer Firma, die es mit einem Zuschlag« von 38,5"/, den Verbrauchern zum Preise von 36.— per k^ anbot. Die.ge samte Bertenernng gegenüber dem Fabrikpreis betrug rund 300 "ch Das Wirtschaftsamt hat leider vo'ii einer Anzeige dieser Fälle beim Wucheramt Abstand genommen, >es bemerkt aber, daß diese Rücksicht nahme keineswegs eine generelle sei. Das Wirtschaftsaint werde sich nicht scheuen, Firmen, denen ein ähnlich wucherisches Gebaren uachgc- wiesen werden könne, in der »Zeitschrift für Deutschlands Buchdrucker namentlich aufznfiihren und gegebenenfalls eine Strafverfolgung zu veranlassen.
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