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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.09.1927
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- 1927-09-08
- Erscheinungsdatum
- 08.09.1927
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. 210, 8. September 1927. wiedergegeben werden kann, der sich vorher verpflichtet, an eine Staatskasse 6 Prozent -des Ladenpreises*) bzw. der Aufsührun-gs- einnahme zu zahlen. Die Kasse führt ein Drittel dieses Betrages an die Nachkommen des Urhebers bis zum dritten Grade ab**). Den Rest behält sie. Sind somit 100 Jahre seit dem Tode des Autors verflossen, so beträgt für alle Zukunft die Abgabe, die der Verleger oder Aufsührer zu leisten hat, 3 Prozent des Brutto preises oder ein Viertel dessen, was zu der jeweiligen Zeit den lebenden Schriftstellern von den Verlegern gezahlt zu werden pflegt. Diese Erträgnisse der Werke, deren Urheber mehr als 100 Jahre tot sind, fallen ganz der nationalen Kasse zu. 3. Auch alle Abbildungen unter das Urheberrecht fallender Werke in Zeitschriften oder dergleichen werden für alle Zeiten mit einer Abgabe belegt. Da man hier nicht von einem Laden preis für die einzelne Abbildung ausgehen kann, wird die Ver waltung der Kasse jeweils Normen für die Abgabe aufstellen. 4. Die Kasse hat zum Ziel, Autoren, Künstler und Gelehrte zu unterstützen. 5. Die Verwaltung der Kasse wird vom Staat den Lei tungen der Autorenverbänd« übertragen werden. Der Ver waltung der Kasse sollen auch die Befugnisse, Beschlagnahme und Bestrafung einzuleiten, erteilt werden. Strafbußen fallen 'der Kasse zu. 6. Alle hier genannten Abgaben werden nicht erhoben für Werke, die ins Ausland exportiert werden. Umgekehrt soll aber jedes dem französischen Urheberrecht unterliegende Werk, wenn es vom Ausland nach Frankreich importiert wird, nur dann zu gelassen werden, wenn es durch eine aufzuklebende Zahlungs marke den Beweis erbringt, daß es der Kasse den Tribut ent richtet hat. Entsprechend soll auch bei importierten Zeitschriften verfahren werden"**). Steht einem nicht der Verstand still, wenn man das liest? Auch die französischen Verleger sind, wie ich in Paris gehört habe, starr vor Staunen. Aber da in Frankreich von einem Volksinteress« an Urheberfragen bisher gar keine Rede gewesen ist und die Bedeutung solcher Probleme für die öffentliche Wohl fahrt und geistige Ernährung überhaupt noch nicht ins Volk gedrungen ist, so stehen die Verleger zunächst ziemlich allein da und sind auch bei Herrn Herriot,, bei dem sie schon vorstellig geworden sind, glatt abgefallen. Denn er wird so umfchwärmt und umjubelt von den Autorensyndilaten; die Schriftsteller be glückwünschen ihn von allen Seiten zu seiner unsterblichen Tat derart (vor mir liegt gerade eine französische Zeitung mit der fetten Überschrift: »I/sntboustasts approbation «tu grösst Uerriot gar tu SociötL äss 6sns äs bsttrss«), daß die Stimme von »Ge schäftsleuten« nur Widerwillen erregt. Bemerkenswert ist auch noch, daß den Verwaltern der eingehenden Fonds das Recht ge geben ist, in Fällen, wo sie es im Interesse der öffentlichen Wohl fahrt für richtig erachten, die Lizenzgebühren zu erlassen. Es bedarf keiner Phantasie, um sich vorzustellen, welche Korruption aus dieser Ausnahmebestimmung ins Kraut schießen wird. Herr Herriot hat in einer Ansprache bei Überreichung des Gesetzes ausgerusen, daß mit diesem Gesetz Frankreich *) Es ist aus dem Text nicht mit absoluter Sicherheit zu sagen, ob 8^ der Brutto-Berlagseinnahme oder des Ladenpreises gemeint sind. Die Stelle lautet: »uns reäsvancs äs six paar csnt sur Is proänit drut äs I'sxpioitation«. **> Hübsche Perspektiven eröffnen sich da, ganze Kino-Romane: Aufsuchen oder Austauchen anspruchberechtigter Erben eines vor hundert Jahren Verstorbenen! Und welche Kontenstihrung über jedes je gedruckte Werk! Und welche Ergebnisquoten! ***> Um keinen Irrtum zu begehen, gebe ich diesen Paragraphen hiermit wörtlich im Urtext: »He sont sckmises en Francs gus sur proäuetion ä'un timdrs-vlgnstts sustikiant äs I'aequittemsut äs ßtrs tntsräits, sur la äsmanäs äs 1a Osisss nationale äss Lrts, äss bsttrss st äss Lcisnsss, I'enträs en krancs äs sournaux st autrss publioalions pärioäiquss äont Iss propriätairss ou äirso- tsnrs n' auront gas aeguittä la rsäsvanee prövus au paragrgpbs II 1090 den Völkern ein Beispiel geben will! Daß es das Geschenk sein soll, das Frankreich auf dem römischen Kongreß der Welt machen wird! Seine Rede, oder» wie sie im Zeitungsabdruck genannt wivd: sein sloqusllt exposö, schwelgt in Perspektiven. Bei allem Respekt, den ich vor den in der hohen Politik bekundeten sehr sympathischen Charakterzügen des Herrn Herriot habe: hier in dieser Materie erweist er sich als Dilettant, der sich an einer Idee berauscht. * . * Ich habe die heilige Überzeugung, daß Deutschland in der Frage des Urheberrechts an einem Scheidewege steht. Ent weder wir bleiben jetzt bei unseren 30 Jahren, bei unserer angestammten und erprobten Schutzfrist (was nicht hindert, unsere Gesetzgebung innerhalb dieser Grenzen zu entwickeln und zu ver feinern); wenn wir das tun, geben wir in einem niemals wieder- kchrenden Moment eine Probe von Widerstandskraft, die tiefgrei fende Wirkungen auf die internationale Gestaltung »des Urheber rechts in der Zukunft haben wird. Oder wir lassen uns jetzt dumm machen, folgen den Lockungen von innen und außen; dann ist es nur noch eine Frage kurzer Zeit, daß man von uns auch die weitere »Rechtsvereinheitlichung« fordern wird, daß auch wir die ewige Zwangsbewirtschaftung des Geistes mit den aller- übelsten Folgen des entsetzlichsten Fiskalismus so bekommen wer den, wie fie den Franzosen durch die I-sx Üsrriot droht. Mögen meine Worte nicht in den Wind gesprochen sein. Mögen sie Wurzel fassen bei denjenigen von uns abgesallenen Verlegern, die sich noch Geistessreiheit 'bewahrt haben und weiten Blick für die Forderungen der Zeit und des Volksgeistes. Ein abgedroschener Buchhändlervers lautet: »Wer dem Buche -dient, der dient der Welt». Man kann aber auch sagen: »Wer der Welt dient, der dient dem Buche». Gustav Kirstein. Nachsatz. Soeben sendet man mir aus der Schweiz die würdig und vornehm gefaßte Eingabe, die -der Berner Verein zur Verbrei tung guter Schriften an den Eidgenössischen Bundesrat gerichtet hat. Darin heißt es: »Die Festsetzung der Schutzfrist ist eine Frag« des Er messens; sie beruht auf einem Ausgleich zwischen den Inter essen des Schriftstellers und denjenigen der Leser. Daß den Autor das Bestreben leitet, den wirtschaftlichen Ertrag seines Lebenswerkes seinen Erben zu sichern, ist Wohl verständlich, und daß er hierfür den Schutz des Staates anruft, gewiß be rechtigt. Allein der Staat hat auch die Pflicht, die Wohlfahrt und -die geistigen Bedürfnisse sämtlicher Bürger wrhrzunehmcn und den kulturellen Stand der Gesamtheit zu fördern und zu heben. Er würde dieser seiner Aufgabe Abbruch tun, wenn er* di« literarischen Werke, die geistigen Güter der Nation, länger als strikte notwendig vor allgemeiner Verbreitung schützen', sie durch monopolartige Hochhaltung des Preises den weniger kaufkräftigen Volksschichten vorenthalten wollte. Man hört etwa von den Befürwortern der fünfzigjährigen Schutzfrist das Anbringen, daß durch den billigen Preis der nicht mehr geschützten Literatur den Werken -der lebenden Schriftsteller auf dem Büchermärkte eine unerträgliche Kon kurrenz erwachs«, indem das Publikum, statt diese aktuellen Bücher zu kaufen, sich an die Alteren, billigeren Werke halte. Die Vertreter dieses Standpunktes möchten also die Leserschaft von Staates wegen zwingen, teurere Bücher zu kaufen, ohne Rücksicht daraus, ob die neuere Literatur an innerem Gehalt und Wert den Wettbewerb mit den ungeschützten älteren Wer ken überhaupt aufzunehmen vermag. Die Schaffung eines solchen Monopols zugunsten der lebenden Autoren würde eine obrigkeitliche Beeinflussung der Lektüre und damit einen ver hängnisvollen Eingriff des Staates in die individuelle Frei heit bedeuten . . . Es -liegt uns ferne, die Frage der Schutzfrist lediglich aus dem Gesichtswinkel unserer Tätigkeit zu beurteilen. Wir sind uns voll bewußt, daß es sich hier um eine Frage von allge-
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