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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.03.1921
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- 1921-03-18
- Erscheinungsdatum
- 18.03.1921
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»redaktioneller Teil. ^ 65, 18. März 1921. abgingen. Dort fanden die Menschen Trost und Vergessen heit. . Doch sie brauchten auch ein Refugium, wohin sie aus dem Elend der Gegenwart zu den ewigen Quellen der Dichtung fläch ten wollten. Deshalb hatten die Bücher von innerem Werte großen Absatz. Der große Dichter großer Zeit Maurus Jökai, in den letzten zehn Jahren immer mehr und mehr vernachlässigt, wurde nun in diesen wahrhaft großen Tagen aufs neue hcrvorgehvlt. Es gab in diesen Jahren keinen Schriftsteller, der stärker gelesen wurde als er. Die jüngere Generation entdeckte ihn sozusagen erst jetzt. Seine volks tümlicheren Werke wurden alsbald zu Seltenheiten. Für die Biblio philen konnten infolge des Papiermangels leider keine neuen Auflagen hergestellt werden. Jetzt hätten sie erst ihre richtige Verbreitung und große Wirkung gehabt. Als die besseren Bücher ausgcgangcn und nicht mehr zn haben waren, entstand ans dem noch zur Verfügung stehenden schlechten Papier eine Art leichter Belletristik, und sie war cs, die von nun an den Markt beherrschte. Die kürzeste Lebensdauer war der sogenannten Kriegsliteratur be schießen. Von allem, was sich, sei es ans politischem, sei cs aus mili tärischem Gesichtspunkte, mit dem Kriege beschäftigte, von allen Aktuali täten, mochten sie nun historisch gefaßt, in Form von Memoiren darge stellt, ans Ehrgeiz geschrieben, für längere Dauer berechnet oder nur für den Augenblick geboren sein: .von allen diesen Erscheinungen wandte sich das Publikum rasch ab, da es über einen gewissen Zeit punkt hinaus vom Kriege nichts mehr hören wollte. Die allgemeine Stimmung begrub schließlich alle diese Werke, obgleich sich unter ihnen wertvolle Arbeiten befanden, namentlich von ausländischen Autoren, die es zu Weltruf gebracht hatten. Das Publikum wurde von einem solchen Ekel erfaßt, daß es die sogenannte Kriegslitcratnr nicht einmal mehr sehen wollte. Trotzdem gab es aber eine Sorte Kriegsliteratur. für die sich sehr großes Interesse an zuständiger Stelle zeigte — beim Militär. Das waren die Gedenkbücher der einzelnen Regimenter. Jedes solche Al- k'nm verewigte die Kriegstaten des Regiments, das Andenken gefal lener Kameraden und enthielt die Bilder aller Schauplätze der Ge schehnisse, die jeder einzelne mit erlebt hatte. Als erst einige dieser Negimentsgeschichten, geschickt redigiert und in würdiger Ausstattung, erschienen waren, regte das die andern Regimenter zur Nachahmung an. Dieser Wunsch wurde durch die in jedem einzelnen wurzelnde Überzeu gung genährt, daß wir den Krieg glücklich zu Ende führen würden. Schließlich sah sich die Heeresleitung veranlaßt, die Sache zn einheit licher Leitung und Richtung in die Hand zn nehmen. Der Plan war von so großem Zuschnitt, daß bei seiner Verwirklichung das größt- angclcgte und umfangreichste Werk der Weltliteratur hätte zustandc- kommen müssen. Handelte es sich doch um mehr als zweihundert große Quartbände, die unter der Leitung ebenso vieler Redakteure von mehreren tausend Mitarbeitern geschrieben und von vielen hundert Zeichnern illustriert worden wären. Doch gerade weil der Plan so grandios war, sah die Heeresleitung, bzw. das Kriegs- und das Hon- vödministcrium ein, daß er ohne einen großangelegten Organismus von Verlag und Technik nicht verwirklicht werden konnte, und an diesem Punkte trat unsere Anstalt in Aktion. Wir. die wir bisher in dieser Sache nur eine beratende Nolle gehabt hatten, wurden mit der Ausarbeitung der Einzelheiten betraut. Das Weitere geschah dann schon im Einvernehmen mit den Leitern der großen ungarischen Ver- lagsttnternehmnngen, denn es war geplant, sämtliche in Betracht kom menden Faktoren, ungarische und österreichische Verleger, alle großen Druckereien, Papierfabriken, Bnchbindereibetriebe und Neproduktions- anstalten der Monarchie in den Dienst der Sache zn stellen. Schon hatte sich in Ungarn wie in Österreich je eine große Verlagsaktien- gcscllschaft mit entsprechendem Kapital gebildet, um sofort ans Werk zn gehen. Nach zahlreichen Vorkonferenzen schlossen wir dann den endgültigen Vertrag mit dem Kriegsministerium; einige Tage darauf erließ Kaiser Karl I. von Österreich sein Manifest, das zum Zusam menbruch des österreichischen Staates führte. Kurz darauf erfolgte der Zerfall Österreichs in seine Teile, die Lostrennung Ungarns, das voll ständige Debäcle des Heeres — und mit dem ganzen großangelegteu Plane war cs aus. Auch er fiel der nun cintrctendcn Situation zum Opfer. Vom ungarischen Gesichtspunkte ans ist das ewig zn bedauern, denn das wäre die einzige Gelegenheit gewesen, die ganze Welt in gerechter und getreuer Weise mit der Nolle des Ungartnms im Kriege bekannt zu machen, da nach dem Plane dafür Sorge getragen worden wäre, das große Werk auch in einer der Weltsprachen in die Büchereien der ganzen Welt gelangen zu lassen. Ans militärischem Gebiete war es vielleicht der einzige Fall, wo ungarische Initiative und ungarische Sachkenntnis den ungarischen Faktoren die leitende und richtung gebende Nolle gesichert hätten. Im Buche des Schicksals war es anders beschlossen. Wenn man sich inmitten der Schrecknisse des Krieges überhaupt über etwas freuen konnte, so war jedenfalls der zweifellose Triumph des Buches eine erfreuliche Erscheinung. Eine Nation, die Jahre hin- 342 durch mit Recht als wahrhaft buchslabenscheu verschrieen war, griff plötzlich mit fast fieberhafter Gier nach dem Buche. Lesen, Lernen, Selbstbildung, Kultur waren ihr mit einem Male zur Leidenschaft ge worden. Wird wohl nach dem Kriege dieses neue Publikum dem Buche erhalten bleiben? Stehen wir da nicht einer vorül>ergel)cnden Mode, einer vergänglichen Strömung gegenüber? Wird der Soldat, der sich im Schützengraben an das Lesen gewöhnt hatte, auch bei regelmäßiger Beschäftigung das Buch in Mußestunden aufsuchen? Wird sich der Kriegsmillionär nicht damit begnügen, seinen Bücherschrank ein für allemal vollgepfropft zu haben? Wird die Unmenge von Zeitungen, wird das furchtbare Politisieren nicht die Leser edleren literarischen Genüssen entziehen? Man müßte ein Prophet sein, um darauf zu antworten. Ich kann es nicht. Doch eins ist sicher: In der kritischsten Epoche der Geschichte, in den schicksalsschwersten Tagen des Lebens jedes einzelnen Menschen haben wir uns an das Buch um Rat, Trost, Bc- , ruhignng, Erquickung gewendet; das Buch war unser einziger treuer und ausdauernder Freund auf dem Krankenbett, auf dem Schlacht felde, iu der Gefangenschaft, in der Verbannung, in der Verzweiflung. Und wenn die Hoffnung ans bessere Tage in uns aufsproßte, haben wir auch das nur dem Buche, dem guten und menschlichen Buche zu danken. Und eben deshalb erwächst dem Verleger von Beruf jetzt nach dem Kriege eine gesteigerte Ausgabe dem Buche und dem Publikum gegen über. Das Buch ist das Einzige, was uns dem Elend der Gegen wart entrücken kann. Für die Bücher, die heute noch nicht da sind, die noch geschrieben werden müssen, die die Wege iveisen werden, die wir zu gehen haben: für diese Bücher werden diese Verleger zu sorgen haben, und sie werde n es. Und die Verleger werden weiter die Aufgabe haben, dem Publikum die Liebe zum Buche, den Kultus ^ des Buches zu erhalten. Wenn wir aus eigener Kraft und infolge der Gestaltung der Verhältnisse dem Buche das feindlichste, weil indolente Publikum zu erobern gewußt haben, müssen wir die Mittel finden, es ihm auch zu erhalten. Das ist jetzt sehr notwendig, denn der Krieg hat die Menschheit geistig, moralisch, wirtschaftlich, ja selbst in der gewöhnlichen Lebensführung mindestens um ein Jahrhundert znrlick- geworfen — das Buch wird berufen sein, sie auf die Pfade der Er neuerung der Kultur, der Wiedergeburt der Menschlichkeit, der Renais sance des geistigen Lebens zurückzuführen. Kleine Mitteilungen. Eintragung in die Warcnzeichenrolle. — Das nebenstehende Warenzeichen der Firma ist unter Klasse 28, laufende Nr. 255514 (Akten zeichen O 21261) am 10. November 1920 für Bücher. Broschüren und Zeitschriften in die Rolle der geschützten Zeichen des Reichs patentamts eingetragen worden. Die Frist für die Einreichung der Gehalts- und Lohnmitteilungen an die Finanzämter ist allgemein bis zum 31. März verlängert worden. Bei einer großen Zahl von Arbeitern und Angestellten soll nach Ber liner Meldungen die Frist mit Rücksicht auf die in solchen Fällen den Arbeitgebern erwachsende ArbeiWlast bis 15. April erstreckt werden. Verein Deutscher Bibliothekare. — Der diesjährige Biblio thekartag findet am Mittwoch, dem 18., und Donnerstag, dem 19. Mai in Wernigerode statt. Das genaue Programm mit der Tagesordnung für die Mitgliederversammlung wird den Mitgliedern zugehen. Anmeldungen mit Angabe der Wohnung werden bis zum 9. Mai erbeten an die Fürst!. Stolbcrgische Bibliothek in Wernigerode. Zum Luxussteuergesetz. — Der vom Neichswirtschaftsrat eingesetzte Ausschuß zur Förderung der geistigen Arbeit hat nach einem Referat von Or. Gönner, dem Vertreter des Münchener wirtschaftlichen Ver bandes bildender Künstler, eine Entschließung gefaßt, die der Meinung Ausdruck gibt, daß die Kunst kein Luxus im Sinne des Umsatzstcucr- gesetzes vom 24. 12. 1919 sei, und beantragt, daß insbesondere die bil dende Kunst, wenigstens soweit es sich um Werke lebender Künstler han delt, in allen ihren Lcbcnsäußerungcn von der Luxusstcucr von 15 v. H. zu befreien sei. — In Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse im Kunstgewerbe wurde weiter eine Entschließung angenommen, die aus führt, das Umsatzstcuergesctz enthalte Vorschriften, die zum Ruin wich tiger künstlerischer und kunstgewerblicher Berufe führen müssen. Sie sind volkswirtschaftlich überaus gefährlich. — Der Neichswtrtschaftsver- band bildender Künstler hat sich für die Befreiung der Aus stellungen von der Luxusstcucr eingesetzt und von der zu ständigen Stelle die Versicherung erhalten, daß im Verordnungswege die notwendigen Erleichterungen flir die Künstlerschaft bewirkt werden sollen.
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