Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.04.1921
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1921-04-19
- Erscheinungsdatum
- 19.04.1921
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19210419
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192104196
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19210419
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1921
- Monat1921-04
- Tag1921-04-19
- Monat1921-04
- Jahr1921
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
>5 9V, 19. April 1921. Redallioneller Teil. Das Sortiment als „verteuernder Zwischenhandel" und die Kulturabgabe. Von eanck, rsr. pol. G. A. De! banco. kBergl. Bbl. Rr. 4«, «7, 73, 79 u. 89.) Wir leben im Zeitalter des Schlagworts. Unser gesamtes öffentliches Leben leidet an dieser Krankheit. Statt mit sach lichen Argumenten den Gegner zu bekämpfen oder Anhänger zu gewinnen, wirft man ihm Schlagworte entgegen, das heißt: schönklingende Phrasen, unter denen sich jeder etwas anderes (und mancher auch gar nichts!) vorstellen kann. Dieses System ist so weit ausgebudet, daß vor kurzem ein Wahlkandiii-at einen bestimmten Punkt seines Parteiprogramms nicht erklären konnte, da weder er noch seine Freunde eine Ahnung hatten, was sie sich unter dem dort geprägten Schlagwoct denken sollten. Aber sie verwendeten die betreffende Redensart tapfer im Wahlkampf, und sie zog. Fürwahr ein trauriges Zeichen der Zeit! Jede Sachlichkeit geht damit verloren, und damit jede Aussicht, der Wirklichkeit und Wahrheit näher zu kommen. Donquichotterie und Vogel-Strauß-Politik wirken harmonisch zusammen — und die Ergebnisse sind darnach I Auch die geplante Kulturabgabe hat — vorsichtig ausgedrückt — einen stark schlagwort-ähnlichen Charakter, vr. A. Elster hat das im Börsenblatt Nr. 79 treffend dargelegt. Der Name »Reichs kulturabgabe» Wendel sich mehr an das Gemüt als an den Ver stand, obwohl sich darunter nicht mehr oder we niger als eine Sondersteuer aus den Buchhandel zu gunsten eines besonderen Standes, nämlich der Autoren, verbirgt. In Geld- und Steuersachen Pflegt aber, nach einem alten Wort, die »Gemütlichkeit» aufzuhören. Darum wird es Zeit, daß der verstandesmäßige Hintergedanke, der dem Plan der Reichskulturabgab« zugrunde liegt, endlich klar in die Erscheinung tritt. Die Debatte über diese Abgabe, wozu die Förderer derselben, die Autoren, wiederholt in der »Täg lichen Rundschau- das Wort ergriffen, hat uns dem gewünschten Ziele einen bedeutenden Schritt nähergebracht. Es ergibt sich nämlich daraus, daß der Kern dieses edlen Planes folgender maßen aussieht: die Autoren glauben, der Buchhandel, speziell das Sortiment, verdiene zu viel und sie selbst zu wenig. Natürlich muß dieser einfachen Ansicht in ihrer unschönen Nacktheit, die stark materialistisch anmutet, wiederum ein schönes Mäntelchen umgcworfen werden, und ein solches bietet sich in Gestalt eines weiteren Schlagworts: das Sortiment wird als »verteuernder Zwischenhandel» hingestellt. Man versucht, dies durch Zahlen über den prozentualen Anteil des Sortiments am einzelnen Buche zu beweisen; das klingt dem Publikum gut in die Ohren und hat den Vorzug, bei der großen Masse keine be brütende Gedankenarbeit zu erfordern, denn: dies Schlagwort ist nicht neu! Die Phrase vom »unproduktiven, verteuernden, nicht wert-erzeugenden Zwischenhandel» ist alt, und sic ist im politischen Meinungskampfe der letzten Jahre den Leuten bis zur Er müdung ins Hirn gehämmert. Ein jeder wird sich erinnern, diese Redensart schon oft gehört zu haben. Sie ist ein zug kräftiger Artikel. Ihre gegenwärtige Verwendung war ursprüng lich auf das Schieberlum gemünzt und wurde von Rednern und Rednerchen der begeisterten Menge immer wieder vorgesetzt, wo bei sehr schnell der Wandel eintrat, daß man sie auf den ge samten Handel bezog. Warum sollten die Autoren nicht von dieser so Mt vorbe reiteten Gelegenheit profitieren und dieses Schlagwort auf das Sortiment anwenden? I Sie könnten sich sogar auf große Vor gänger berufen und z. B. Aristoteles zitieren, der das reine Kaufmannsgeschäft für verwerflich hielt; oder sie könnten an die mittelalterliche, zünftlerisch-städtischc Wirtschaftspolitik er innern, deren oberstes Prinzip war, daß sich kein Vermittler (Händler) zwischen Produzent und Konsument einschicben dürfe, um die Waren nicht zu verteuern. Beim Zitieren solcher Autori- täten sowie bei der ganzen Verwendung des Schlagworts vom verteuernden Zwischenhandel» fehlt den betreffenden Herren nur eins, was allerdings erste Voraussetzung sein sollte: nämlich das Verständnis für die Erfordernisse des modernen Wirtschaftslebens! Seit Aristoteles' Zeiten und seit dem Mitielalter haben sich die wirtschaftlichen Verhältnisse so gründlich verändert, daß man endlich beginnen sollte, die Argumente jener Epochen zum alten Eisen zu werfen. Man hat die ganze neuere Entwicklung sehr gut mit den Worten bezeichnet: der Weg vom Produzenten zum Konsumenten wird immer länger. Die örtliche und technische Konzentration großer Industrien an einzelnen Stellen weniger Kulturländer, von denen aus die ganze Welt versorgt wird, ist das beste Beispiel dafür. Die naturnotwendige Folgerung daraus ist, daß die Riesen-Unternehmungen nicht jeden einzelnen Ver braucher versorgen können, wie der mittelalterliche Handwerker es tat, sondern daß diese Aufgabe der Vermittlung des Groß- und Kleinhandels überlassen wird. Im Buchhandel, der seit seiner Entstehung mit einem örtlich-weiten Absatzkreis rechnen mutzte, hat die Notwendigkeit einer ausgedehnten Händlerzahi von vornherein bestanden. Diese Organisation ist dann mit zu nehmendem Kultur-, Verkehrs- und Wirtschaftsleben erweitert, aber nicht mehr prinzipiell geändert worden, denn das Buch als individuelles Erzeugnis, das an einem Orte produziert wird, verlangt stets an allen in Frage kommenden Orten Händler, die für seinen Absatz, für die Verteilung der Auflage an die letzten Konsumenten sorgen. Wer die Notwendigkeit dieser vielen Einzelhändler bestreitet, der mag Vorschläge für eine bessere und billigere Adsatzorgani- sation Vorbringen. Mir sind keine solchen Vorschläge bekannt, außer den sehr vagen sozialistischen Utopien. Wer aber nichts Besseres vorzuschlagen weiß, der ziehe endlich die Konsequenz aus dem Studium der realen Verhältnisse und erkläre: das Sortiment ist notwendig, darum muß es auch leben können; die Phrase vom »unproduktiven Zwischenhandel« ist unhaltbar. Das Sortiment ist, wie jeder Handel, produktiv, denn der wirtschaft liche Begriff der Produktivität eines Erwerbszweiges wird daran bestimmt, ob dessen Mitwirkung bei dem Wege vom Produzenten zum Abnehmer nötig ist, nicht aber etwa an der nur technisch- wesentlichen Tatsache der Materialveränderung! Wenn aber der Sortimentsbuchhandel unentbehrlich ist, dann mutz er auch soviel verdienen, daß er existieren kann. Das läßt sich aber nicht, wie die Autoren es tun, durch einfache Ermittlung des prozentualen Rohgewinns am einzelnen Buche feststellen- Um diesen Punkt dreht sich ja der ganze Meinungsstreit, der jetzt innerhalb des Gesamtbuchhandels ausgesuchten wird. Ich glaube, die Autoren sollten den Buchhändlern als zuständiger Instanz die Entscheidung in diesem Kampfe überlassen und weder sich als Oberkontrollbehörde über Buchhändlergewinne aufwerfen, noch das gänzlich unorientierte Publikum zu einer derartigen Stel lring drängen. Wenn sich jedoch die Schriftsteller zu einer Beurteilung der Sortimentergewinne berufen fühlen, so sollten sie nicht einfach die Zahl des prozentualen Anteils am einzelnen Buche in die Welt htnausrufcn, sondern mindestens dieser Zahl auch die Sorti menter-Unkosten gegenüberstellen. Denn da sie die obigen Dar legungen von der Notwendigkeit des Sortiments Wohl nicht widerlegen werden, so müssen sie auch dem Sortimenter einen ausreichenden Gewinn gönnen und ihm erlauben, seine erheb-- lichen Spesen zu decken. Miete für ein gutgelegenes und gut-, eingerichtetes Lokal; Gehalt für gebildetes, zum Verkauf ge eignetes Personal; Boten und sonstige Kosten, besonders auch für Ansichts- und Probesendungen; Risikoausgleich für das be deutende Lager, ohne das kein Vorzeigen und Verkauf von Bü chern möglich ist, das aber zum Teil liegen bleibt und unter Wert oder gar als Makulatur verkauft werden muß; Zinsen für eigenes und fremdes Kapital zur Erhaltung des Lagers und zur Gewährung von Kredit (bei einem Bankdebitoren-Zinsfuß von ca. 87» I); dazu Steuern und eigene Lebenshaltung des Sorti menters — das und manches andere sind die Ausgaben, die von dem »hohen Prozentualen Anteil am einzelnen Buche« abzuziehetr sind, ohne die aber ein Verkauf von Büchern nicht möglich wäre. Es sind notwendige Spesen des Bllcherabsatzes, mögen sie auch höher sein als der Autorenverdienst, aber eben weil sie notwendig sind, darum sind sie auch durch kein Geschrei aus der Welt zu schaffen. Sie werden im Interesse des Bücherverkaufs und darum auch im Interesse der Autoren verauslagt. Man
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder