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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.09.1927
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- 1927-09-29
- Erscheinungsdatum
- 29.09.1927
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sd5 228, 29, September 1827, Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. ist mehr oder weniger genötigt, dem Geschmack einer möglichst breiten Käuferschicht z-u folgen. So bietet die Mehrzahl der Sor timente in fast allen Städten notwendigerweise die gleichen jeweils erfolgreichen Neuigkeiten an, und ihre Schaufenster unter scheiden sich hinsichtlich dessen, was darin ausgestellt liegt, nur wenig voneinander. Das sind Verhältnisse, die man in den 80cr Jahren bei weiten, nicht in diesem Maße gekannt hat; sie sind eine Folge der Kartellierung. Dabei gibt cs sicherlich kaum in einer anderen Branche so glänzende Einkaufsmöglichkeitrn wie gegenwärtig im Buchhandel, wo der Verlag infolge jahrelanger Überproduktion und erheb licher Geldschwierigkeiten zu jedem nur möglichen Preise seine übervollen Lager mit nicht mehr aktueller, aber wertvoller Lite ratur vergeblich zu räumen sucht. Würden bei freier Preisge staltung für den tüchtigen Sortimenter hier nicht beachtliche Ver dienstmöglichleiten liegen? Könnte er alsdann nicht wirtlich »konkurrenzlos« verkaufen und sein Geschäft über den bisherigen Rau», hinaus erheblich erweitern?! Ich bin überzeugt, daß er als freier Kaufmann besser und zweckmäßiger ohne Vorschriften handeln wird, als wenn man seine Selbständigkeit, wie es in dem Börsenblattartikel vorgeschlagen wurde, dadurch einengt, daß man Mongenpreisrabatte einführt und die Verkanfsordnung durch eine Differenzierung der Lodenpreisgeltung noch kompliziert. Da die Absatzverhältnisse nicht nur für die verschiedenen Literatur gattungen, sondern auch für das einzelne Werk sehr unterschied lich sind, so ist zu bezweifeln, ob sich eine derartige Differenzie rung praktisch überhaupt durchführen ließe, — Es ist ein gar nicht zu überschätzender schwerer Mißstand, daß das Sortiment als wichtigster und größter buchhändlerischer Vertriebsapparat für die so dringliche Verwertung der riesig angeschwollenen Lager vorräte des deutschen Verlags zwangsläufig fast ganz ausscheidet. Hier liegt eine wesentlich« Ursache der schweren Krisis, und der gesamte Buchhandel hat ein dringendes Interesse daran, das Sor timent für diese seine Aufgabe durch die Beseitigung der be stehenden Hemmnisse erstarken zu lassen. Will man die Zweckmäßigkeit des Systems der festen Laden preise für das Sortiment beurteilen, so erscheinen mir demnach folgende Fragen von Wichtigkeit: Ist es richtig, wie di« Sorti menter behaupteten, die in den 80er Jahren sich gegen eine Kar tellierung erklärten, daß die Weiterentwicklung der damals auf- kommenden großen Spezialgeschäfte, die von einzelnen wissen schaftlichen Werken nicht selten ein Zehntel und ein Fünftel der jeweiligen Gesamtauflage obsetzten und bei einem tatsächlichen Aufschlag von nur etwa 25 Prozent auf den Einkaufspreis ihr Geschäft wesentlich erweitern und zu Wohlstand gelangen konnten, durch di« Einführung fester Ladenpreise unterdrückt worden ist? Ist ihr Umsatz und damit auch ihr Jahresverdienst tatsächlich stark zurückgegangen, obwohl der Bruttogewinn sich seitdem mehr als verdoppelt hat? Trifft es zu, daß das System der festen Laden preise die Aktivität des Sortimenters unterbunden und seine kaufmännischen Fähigkeiten untergraben hat, und ist dadurch ein Gegensatz zum Verlag entstanden, der dem gesamten Gewerbe zum Schaden gereicht? Von seiten des Verlegers Hai das Sortiment bei einer Aus hebung der Ladenpreise keine Konkurrenz zu befürchten. Eine ständig weitergehend« Arbeitsteilung kennzeichnet wie kaum ein anderes Prinzip den Entwicklungsgang der modernen Wirtschaft, Allein die künstliche Schwächung und das, wie an gedeutet, zwangs läufig erfolgte »Versagen des Sortiments« als Vertriebsapparat hat den Verlag zur Angliederung von Versandabteilungen ver anlaßt, Ebensowenig wie ein wissenschaftlicher Verleger vor fünfzig Jahren cs gewagt hätte, den Händler, der ihm ein Zehn tel der Auflage abnahm, durch eine kleinliche Konkurrenz zu schädigen, so würde das meiner Überzeugung auch in Ankunft nicht geschehen. Die Einmischung des Verlags in den Einzelhandel ist ein Krankheitssymptom, nicht aber ein Problem für einen gesunden Buchhandel, den wir alle für die Zukunft wünschen. Aus der natürlichen Interessengemeinschaft des Produzenten und Händ lers heraus werden zudem einige von meinem Kritiker gesehene Vorfragen für die Praxis gegenstandslos. Ich möchte das Gegen teil von dem glauben, was er annimmt: Nicht -der Verlag kann nach einer Aufhebung der Ladenpreisverpflichinng zu einer Ge fahr für die Preisbildung des Sortiments werden, sondern eher umgekehrt das alsdann mögliche Entstehen von Sortimenter- Großbetrieben für den Verlag, Freilich würden sich bald, wie der Börsenblattartikel vor aussieht, ähnlich wie im Antiquariat, Normalpreise hcr-ausbildcn. Das Entscheidende liegt aber darin, daß diese nun beweglich den Schwankungen der Konjunktur folgen und so verhindern könnten, daß der Konjunkturabstieg zu einer chronischen Krise ausartet. Und außerdem kann der einzelne Händler nun die Preisgestaltung in den Dienst feiner Vertriebspo-litik stellen. Gegenüber den herrschenden Verhältnissen ist -das ein außerordentlicher und grundlegender Unterschied. Nachdem der deutsche Buchhandel 350 Jahre lang bis 1887 ohne festes Ladenpreissystem ausgekommen ist, und da auch das Antiquariat offensichtlich sehr wohl ohne dieses auskommt, so vermag ich nicht zu sehen, welche technischen Schwierigkeiten sich nach Aufhebung des Lmdenpreiszlvanges ergeben könnten, die sich nicht leicht aus -der Praxis heraus selber lösen würden oder sich nicht zwanglos mit bloßem gesunden Menschenverstand beseitigen ließen. Im allgemeinen wird doch kaum jemand das Empfinden haben, »womöglich den Dummen zu spielen« und dem Verkäufer »nicht genug abgehandelt- zu haben, wenn er edlva eine Krawatte kauft, für die der Fabrikant dem Händler keinen festen Verlaufs preis vorgeschrieben hat. Denn das Feilschen ist zwar im Orient üblich, aber in deutschen Geschäften pflegt man -das meines Wissens nicht zu tun. Schwerer als das Sortiment leidet unter dem Druck der gegenwärtigen Krisis -der Verlagsbuchhandel, und zwar besonders stark die sogenannten kulturellen Verleger schön-geistiger, und wissenschaftlicher Literatur. Auch bei sehr angesehenen und gro ßen Häusern und gerade bei ihnen sind die Verhältnisse äußerst schwierig geworden. Als wesentliche Ursache -dafür ist auch -schon von anderer Seite häufiger aus die Überproduktion hinge wiesen worden. Von Außenstehenden wird die Tatsache, daß Deutschland mit jährlich über 36 OVO Druckerzeugnissen — wobei die zahlreichen Publikationen von Behörden und Universitäten sowie andere nicht vom Buchhandel vertriebenen Druckschriften nicht mitgezählt find — alle anderen Staaten weit hinter sich läßt, gern als äußeres Zeichen -der Blüte und des glänzenden Erfolges -betrachtet. Der Praktiker aber spürt nur allzu deutlich an -der niedrigen durchschnittlichen Auflagenhöhe besonders der wissenschaftlichen Literatur und an den Schwierigkeiten des Ab satzes. dir durch zahlreiche Kon-kurrenzausgaben verursacht wer den — bei Scheffels »Ekkehard« waren es nicht weniger als drei unddreißig —, daß hier das Kardinalü-bel liegt, das wie kein anderes die Prvduktions- und Absatzbedingungen des deutschen Vevlagsbuchhand-els erschivert. Me Vereinigten Staaten ver öffentlichen bei einer Bevölkerung von über 120 Millionen weniger als jährlich zehntausend Druckschriften, England hat den großen Vorteil, in einer Weltsprache zu drucken und zu seinem engeren Absatzgebiet die Dominions und die Vereinigten Staaten zu zählen. Trotzdem ediert es -weniger als dreizehn- tau-send Neuerscheinungen im Jahr, Das Mißverhältnis Deutsch lands zu -dieser Produktion ist um so auffälliger, als die Ver mehrung einseitig zugunsten einer leichten Tagesliteratur und überflüssiger KonkurrenzauSgabsn von Lehrbüchern und anderen Nutzwerten geht, während gleichzeitig die Verluste des Verlags bei der Drucklegung wissenschaftlich wertvoller Monographien um so häufiger werden, sodaß diese ohne Zuschüsse der Autoren oder Dritter häufig gar nicht veröffentlicht werden können. Es ist zweifellos kein normaler Zustand, wenn -der Verlag die Druck legung ivenigstens der unbestritten wichtigen wissenschaftlichen Werke der Mt-ion nicht aus eigener -Kraft und nicht mit aus reichendem Verdienst zu bewerkstelligen vermag. Ich habe in meiner Arbeit nachzuweifen versucht und bis her leinen Widerspruch gefunden, daß der Bedingtverkehr und später das Ladenpreissystem diese Lage ursächlich hcrbeigeführt haben. Bereits der Buchhändler Emil Strauß hat vor 25 Jah ren auf diese Zusammenhänge hingewiescn. Er erkannte richtig, daß durch di« »schiere Unmöglichkeit des Sortiments, für di« vor- 1171
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