Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.07.1921
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1921-07-08
- Erscheinungsdatum
- 08.07.1921
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19210708
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192107081
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19210708
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1921
- Monat1921-07
- Tag1921-07-08
- Monat1921-07
- Jahr1921
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
>>: 157, 8. Juli 1921. Redaktioneller Teil. vörsenblatt f. d. Dtschu. vuchhaudet. Nicht minder gefährlich für die Republik oder den Staat angesehen und mit dem gleichen Rechte durch Arbeitsverweigerung der Buchdrucker an der Drucklegung verhindert werden. Die Buchdrucker seien aber Gegner einer solchen Berantwortlichkeit für ihre Berufsarbeit und müßten aus wirtschaftlichen wie ideellen Gründen gegen jeden Versuch protestieren, der sie zum Büttel des Staatsanwalts, zur Unterdrückung der Preß freiheit stempeln will. Dieser durchaus vernünftigen Beurteilung wird man beipflichten müssen, denn es ist ein Unding, Arbeiter, die nur technisch tätig sind, mit dem Richteramt darüber zu betrauen, ob das, was sie setzen oder drucken, auch gesetzlich erlaubt ist oder nicht, und ihnen in Kon sequenz dieses Richteramtes die Befugnis zuzusprechen, von ihnen be anstandete oder als zweifelhaft bezeichnet Stellen im Manuskript etwa zu streichen oder zu ändern, kurz und gut, zu zensurieren und gegebe nenfalls die Arbeit zu verweigern, wenn Redaktion und Verlag die Zensuranmaßungen verbieten würden. Gegen den vorhin gekennzeichneten Widerstand der Breslauer Buch druckergehilfen nahm nun der Neichsjustizminister Stellung, indem er an die Gehilfen folgendes Schreiben richtete: Der Neichsminister der Justiz. Nr. Ill) 1188 Li. Berlin W. 9, den 8. Juni 1921. Voßstraße 4. Auf das Schreiben vom 13. 5. erwidere ich folgendes: Die Verantwortlichkeit für strafbare Handlungen, die durch den Inhalt einer Druckschrift begangen werden, richtet sich nach den all gemeinen strafrechtlichen Vorschriften (zu vergl. § 20 Abs. 1 des Ge setzes über die Presse vom 7. Mai 1874). Durch die Bestimmung, daß bei periodischen Druckschriften der verantwortliche Redakteur als vermutlicher Täter zu bestrafen ist (zu vergl. § 20 Abs. 2 des Gesetzes), wird die strafrechtliche Haftung der bei der Herstellung der Druckschrift beteiligten Personen nicht ausgeschlossen, sofern die Haf tung dieser Personen nach allgemeinen Nechtsgrundsätzen gegeben ist. Als allgemeiner strafrechtlicher Grundsatz, der eine solche Haf tung begründen kann, kommt die Vorschrift über die Bestrafung des Gehilfen in Betracht. Gehilfe ist nach 8 49 des Strafgesetzbuches, wer dem Täter zur Begehung des Verbrechens oder Vergehens durch Rat und Tat vorsätzlich Hilfe geleistet hat. Daß in dem Setzen oder Drucken eines Presseerzeugnisses, das den Tatbestand einer straf baren Handlung, z. B. einer Aufforderung zum Hochverrat, ent hält, objektiv eine Hilfeleistung zu der durch das Presseerzeugnis be gangenen Straftat liegt, wird für die Regel angenommen werden müssen. Ob der Setzer oder der Drucker wegen dieser Hilfeleistung zu bestrafen ist, hängt davon ab, ob er vorsätzlich gehandelt hat. Da bei kommt es darauf an, ob der Setzer oder der Drucker den Inhalt des gesetzten oder gedruckten Artikels gekannt hat. Der Umstand, daß der Setzer oder der Drucker auf Grund des Arbeitsvertrages verpflichtet ist, jede aufgetragene Druckarbeit zu verrichten, schließt seine strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht aus. Die vorstehend geschilderte Rechtslage entspricht der Auslegung, die das Gesetz für die Presse in dem Schrifttum und der Recht sprechung (zu vergl. die Entscheidungen des Reichsgerichts vom 7. Januar 1908, Entsch. in Strass. Bd. 41, S. 49 ff., und vom 29. April 1904, »Juristische Wochenschrift« Bd. 33, S. 479) gefunden hat. Ich vermag daher die Auffassung des Vertreters der Anklage behörde bei dem außerordentlichen Gericht in Breslau nicht zu be anstanden. Schiffer. An den Breslauer Buchdruckergehilfenverein, Breslau. Diesem Schreiben widmete,UKndaSiGehilfenorgan, der »Korrespon dent«, eine längere Kritik, in der es zunächst heißt, daß der Neichs- justizministcr anscheinend ganz merkwürdige Juristen um sich haben müsse, aber keine Köpfe, die sich völlig darüber klar seien, was ihre Paragraphenreiterei in der Praxis des täglichen Lebens für Unheil anrichte. Wolle ein Buchdruckergehilfe sich nicht strafbar machen, dann müsse er von vornherein wissen, was irgendein findiger Staatsanwalt nach dem Pressegesetz in Hinsicht auf irgendeine Drucksache heraus tüfteln könne. Wenn der Gehilfe mit Strafen wegen Verstoßes gegen das Preßgesetz zu rechnen habe, so müsse er wohl oder übel für sich das Recht und die P f l i ch t in Anspruch nehmen, alle Arbeiten, die ihm im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses zur Ausführung überwiesen werden, daraufhin zu prüfen, ob er sich bei deren Herstellung eines Verstoßes gegen das Preßgesetz mitschuldig macht. Die Antwort des Reichsjustizministcrs wird schließlich als ein Fehlschuß bezeichnet, der nur den größten Wirrwarr anrichte und sobald wie möglich vom Reichstag einer Korrektur unterzogen werden müsse. Inzwischen hatte sich aber auch das Tarifamt der Deut schen Buchdrucker dieser hochwichtigen Angelegenheit angenommen und an den Neichsjustizminister eine ausführlich begründete Eingabe gerichtet, die vom Tarisausschuß und dem Tarifamt der Deutschen Buch drucker, dem Verein Deutscher Zeitungsoerleger, der Vereinigung Groß städtischer Zcitungsverleger, dem Deutschen Buchdrucker-Verein (Prin zipalsorganisation), dem Verband der Deutschen Buchdrucker (frcige- werkschastliche Gehilfenorganisation), dem Gutenberg-Bund (christlich- nationale Gehilsenorganisation) und dem Zentralverband der graphi schen Hilfsarbeiter und -arbeiterinncn Deutschlands unterzeichnet wurde. In dieser Eingabe kommt zum Ausdruck, daß man sich verpflich tet halte, gegen den Bescheid des Neichsjustizministers aufs schärfste zu protestieren, da die Beachtung dieses Bescheides das Ende der Preßfreiheit bedeuten würde. TeS weiteren wird in der Eingabe ausgeführt: Nicht der Redakteur hätte zu befinden, ob irgendein Artikel einer Zeitung oder der Inhalt eines Werkes oder eines Flugblattes oder überhaupt irgendeiner Drucksache wegen seines Inhalts strafbar ist, sondern der Bescheid verpflichtet jeden Setzer und Drucker, ja sogar jeden Buchdruckerlehrling, die ihm über wiesene Arbeit vor der Ausführung zu überprüfen, ob etwa in dem Inhalte derselben etwas Strafbares enthalten ist. Woher sollen diese Personen die Kenntnis für die richtige Beurteilung eines solchen Druck erzeugnisses nehmen- Soll jeder Setzer oder Drucker einen ihm zur Herstellung übergebenen Artikel oder ein ganzes Werk erst lesen, auf seinen Inhalt prüfen und sich dann entschließen, ob er die ihm über gebene Arbeit zu leisten hat? Und wenn an einer solchen Arbeit Dutzende von Setzern oder Druckern beteiligt sind, der eine Setzer diesen Teil, die anderen Setzer sonudsoviel andere Teile des Artikels setzen, wer von den Setzern soll oann für den Inhalt des Artikels verantwortlich gemacht werden? Der eine Drucker bekommt diesen Teil, der andere wieder einen ande ren Teil der Arbeit zum Druck; wer von diesen verschiedenen Druckern soll die Verantwortung für den Inhalt der Drucksache tragen? Hält man es in Wirklichkeit für durchführbar, daß Setzer und Drucker die ihnen überwiesenen Arbeiten vorher zu lesen haben? Wann soll denn dann eine Zeitung erscheinen und wann ein umfangreiches Werk? Wer bezahlt die dadurch versäumte produktive Arbeitsleistung? Vor allem aber: Hält man es überhaupt für möglich, daß die Entscheidung über das Vorhandensein einer strafbaren Handlung beim technischen Arbei ter im Buchdruckgewerbe liegen soll? Es ist doch völlig ausgeschlossen, daß dies von einem Buchdrucker- gehilfcn verlangt werden kann. Welche unglaublichen Zustände wür den sich dadurch im Buchdruckgewerbe entwickeln! Der Redakteur schreibt einen Artikel, für den er die Verantwortung zu tragen hat. Nun kommt der Setzer und erklärt dem Redakteur, daß er diesen Ar tikel nicht setze, weil er nach seiner Auffassung Strafbares ent halte. Ebensogut kann dies natürlich auch ein Lehrling sein. Wer soll nun entscheiden, ob der Artikel zu setzen und zu drucken ist? Steht diese Entscheidung dem Buchdruckergehilfen oder dem Redakteur oder dem Verleger zu? Und wie soll festgestellt werden, ob der Setzer oder der Drucker vorsätzlich gehandelt, also sich vorsätzlich strafbar gemacht hat? Gewiß kann der Setzer oder der Drucker den Inhalt eines Artikels kennen. Das kann aber doch unmöglich für die Bestrafung eines Setzers oder Druckers ausreichen, wenn dieser Artikel nach Auffassung des Staats anwalts Strafbares enthält. Der dem Breslauer Buchdruckergehilsen- verein erteilte Bescheid stellt in seiner Wirkung im Buchdruckgewcrbe und insbesondere im Zeitungsgewerbe alles auf den Kopf und schafft Zustände, die als absolut unhaltbar bezeichnet werden müssen. Die Herstellung und Fertigstellung aller möglichen Druckerzeug nisse wird dadurch geradezu zur Unmöglichkeit gemacht. Der erteilte Bescheid ist deshalb nicht aufrechtzuerhaltcn, und die Vertreter des deut schen Buchdruckgcwcrbes richten deshalb an den Herrn Justizminister das dringende Ersuchen, diesen Bescheid auszuheben und die technischen Hersteller eines Druckerzeugnisses von der Verantwortung für den In halt zu entbinden. Ist das nicht möglich, dann wird es Aufgabe des Buch druckgewerbes sein, hierüber mit größter Beschleunigung eine Entschei dung des Reichstags herbcizusühren, damit unabsehbares Unheil im deutschen Buchdruckgewcrbe noch rechtzeitig verhütet wird. Es wäre zu wünschen, daß der Reichstag schleunigst Klarheit schas sen würde, damit die Verleger von Werken, Zeitschriften und Zeitungen und sonstigen Druckschriften, sowie die Redakteure keine plötzlichen Überraschungen in dieser ohnehin so aufgeregten Zeit erleben. Denn cs ist durchaus nicht ausgeschlossen, daß heute oder morgen in irgendeiner Druckerei das Setzer- oder Truckcrpersonal glaubt, auf Grund der Ent scheidung des Herrn Justizministers berechtigt zu sein, die Herstellung einer Druckarbeit zu verweigern, wie es ja auch schon früher in Aachen, Berlin und Elberfeld (vgl. Bbl. 1921, Nr. 63, 71 u. 76) vor gekommen ist, daß die Preßfreiheit durch die Buchdruckergehilfen ge fährdet worden ist. Die schnellste Erledigung dieser Angelegenheit ist von ganz erheblicher Bedeutung flir das gesamte Buch- und graphische Gewerbe. 6. 97»
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder