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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.09.1921
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- 1921-09-10
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- 10.09.1921
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Redaktioneller Teil. ,K- 212, 10. September 1921. leitete, nun sich sogleich in den Dessins oder den Dessous einer Teepuppe verliert. Wir haben in Deutschland außer einem Kriege auch noch einiges andere verloren. Man mache sich ein mal den Ernst und die Gründlichkeit, mit denen früher politische Probleme diskutiert wurden (etwa an den von Paul Hcrre vortrefflich herausgegebcnen Politischen Briefen und Aufsätzen 1848—1856 des KSnigsberger Professors Karl Rosenkranz. Dieterichsche Verlagsbuchhand lung, Leipzig, 1919), klar, um die Verflachung ähnlicher moderner Diskussionen bedauernd zu empfinden. Aber zurück zum Büchertisch, der so sehr inVergessenheit geraten zu sein scheint, daß nicht einmal die Buchhändlcrschausenstcr, die doch neuerdings Raum- und Werbekunst zu vereinen streben, ihn in ihren Dienst stellen mögen, obschon gerade er eine bequeme Mög lichkeit gibt, nachdrücklich auf einen berechtigten Platz des Buches in der sogenannten »Wohnungskullur» hinzuwcisen und den größ ten übclstand eines Buchhändlerschaufensters, seine ständige Überfüllung, zu vermeiden. Wäre nicht der Band Venedig. Verse oonRodertHa in erlin g. Drciundzwanzig Radierungen von Hermann Struck, Euphorion- V e r l a g, B e r l i n 1920, ein ebenso edler Zimmerschmuck wie ein anderes bedeutendes Stück kunstgewerblicher Arbeit? Was hätte Goethe mit Eckermann nicht alles, genießend, lehrend, lernend, über ein Buch wie dieses gesprochen! Gewiß, man kann cs rasch durchlesen, und es ist trotz seiner Eleganz schon etwas zu groß für das durchschnittliche Bücherfach. Aber die Leute, die ihre Bücher rasch durchlesen und dann in ihren einen und einzigen Bücherschrank wegstellcn, glücklich in dem Bewußtsein, ein Buch zu haben und es durchgelcsen zu haben, sind eigentlich nicht die jenigen Buchfreunde und Bücherkenner, die wir uns wünschen müssen. Ihr Bedürfnis des Büchergebrauchs wird immer ein sehr gemäßigtes, verständiges, wie sie zu sagen lieben, sein, sie werden es nie begreifen, weshalb der Bücherliebhaber, der doch gewiß schon eine Bibel hat, sich an der Ausgabe der »Klage- l i e d e r J> r e m i a s« erfreut, die Lazarus Gold sch midi aus dem masoretischen Text neu übersetzte und mit Holzschnitte» von Wilhelm Schocken, die mit dem Textdruck von Otto o. Holten zusammenwuchsen, 1921 im Euphorion - Ver lage veröffentlichte. Alle die Einzelheiten, die ästhetisch-tech nisch hier das Ganze gestalteten, die äußere aus der inneren Form bildend, bleiben ihnen unverständlich und erscheinen ihnen ver ächtlich, obschon sie die Feinheiten eines Glases Bier »voll und ganz- zu würdigen wünschen. Man hat nun zwar des öfteren gesagt, der Buchhändler solle ein Erzieher zum Buchgeschmack werden, aber man hat bisher noch nicht verraten, mit welchen Gewaltmitteln er die Unwilligen und Unwissenden zwingen soll. Was er tun kann, ist werben, die richtigen Bücher und die rich tigen Leute zusammenführen. Es gibt ja auch noch heimliche Bücherliebhaber, die als solche erst entdeckt sein, die den Umgang mit Büchern lernen wollen. Ein Übermensch sondergleichen müßte aber der Buchhändler sein, der alle Bücher, die er empfiehlt und verkauft, gelesen hat. Allein nach dem Wöchentlichen Verzeich nis läßt es sich leicht ausrechnen, wieviele Stunden die Woche für den Leser haben müßte, der die neuerschienencn deutschen Bücher durchsieht. Es ist deshalb kein Vorwurf, wenn man sagt, den meisten Lesern des Börsenblatts werde der alte Geliert nicht viel mehr als ein halbverstaubter Name aus der Literatur geschichte sein. Aber er verdiente doch eine Wiedererweckung in der anmutigen Art, die man an diesem Buche studieren kann: Christian Fürchtegolt Gelleit, Briefe nebst einer praktischen Abhandlung von dem guten Geschmacks in Briefen. Euphorion-Verlag, Ber lin 1921. Ohne Altertümelei ist hier die Eleganz von Klein- Paris, die Gelehrsamkeit von Pleiße-Athen neu erweckt worden für den klassischen Briefsteller der deutschen Zopfzeit. Ein an sehnlicher, doch noch sich gefällig in die Hand schmiegender Band, die klare schöne Ungerschrift auf dem kräftigen Weißen Zanders hadernpapier, der ausgezeichnete Druck und Satz von Poeschcl L Trcptc, die vorangestelltc Porträtradicrung des würdigen Herrn Verfassers von Klaus Richter, das alles ergibt ein erlesenes Buchvergnügen, das Zug um Zug genossen sein will. Und diese Verbindung von Gemüt, wie wir sagen, von Herzens« Idüy güte und Wcltmannsgelassenheit, auf die sich der weiland be rühmteste Leipziger Professor versteht. Sie hat ihre frische volle Wirkung doch erst in einer solchen Einzelausgabe, die ohne die Last seines literarischen Ruhmes ist. Man begreift, das kluge Nachwort von K. Blanck berichtet darüber ausführlicher, daß Geliert zu den populärsten Autoren seiner Epoche gehörte und man verwundert sich ein wenig über die rasche Vergessenheit die ses im schönsten Sinne volkstümlichen Schriftstellers. Ein Mcister- werksruhm, der über die Persönlichkeit des Verfassers in den Weltruhm hinauswächst, pslegt seinen anderen Büchern nachträg lich zu sein, die weniger gelesen als gelobt werden. In Don Quixotes unsterblichem Schatten verschwanden seines Vaters ge sammelte Werke, mit ihnen auch die Novellen, die der andere Gipfel der Erzählungskunst sind, die der große Spanier erreichte, epische und psychologische Kabinettstücke aus dem Lande, das der letzte fahrende Ritter durchzog. Eines von ihnen, dieRovelle von der Macht des Blutes, in einer Übersetzung von Karl Federn, die das Gespinst des Originals mit nicht ge ringer Knnstsertigkeit durchschimmern läßt, bietet die 1 9 2 0 er schienene Liebhaberausgabe des E u p h o r i o n - V e r l a g S, die 7 Radierungen von Klaus Richter zieren. Wenn die Gel- lertausgabe, freilich mit einem erheblich verfeinerten Geschmack, an die ersten Klassikereditioncn erinnert, mit denen der Pariser Verleger Jouaust in den sechziger Jahren des neunzehnten Jahr hunderts die französische Liebhaberausgabe ncubelebte, so erinnert der Cervantes-Band, unter dem gleichen Vorbehalt einer bedach teren Kunst im Buchdruck, an die in den achtziger Jahren hervor- trctenden Conquet-Publikationen, von denen der Aufschwung des modernen französischen Buchbildes ausging. Es ist ein gewisses Qualitäts-Soliditätsgefühl, das solche Vergleiche weckt. Der Papierreiz, den wir heute leider oft ungern vermissen, spielt dabei nicht unwichtig mit, dieser Reiz, der von allem dem Buche eigenen Wohl die meisten Sinne beschäftigt, das Gesicht, das Gefühl der die Blätter wendenden Finger, das Gehör mit den eigenartigen dem Buchfreunde musikalisch tönenden Geräuschen, die das Blät terknistern hervorruft und schließlich auch den Geruch, der für manche Edelpapiere von eigenartiger Abtönung ist. Eine Er scheinung, auf die nebenbei einmal hingewiesen werden sollte, weil man neuerdings allerlei Experimente mit parfümierten Ein bänden gemacht hat. Die alten und die neuen Bücher haben schon ein eigenes Aroma, das jedem, der in ihrer Atmosphäre lebt, bald vertraut wird, und man brauchte es nicht noch künstlich zu ver ändern. Trotzdem, bisweilen ist für eine Buchstimmung auch der Geruch nicht zu verachten. Puschkins Eugen Onägin in Juchten und das Tagebuch eines armen Fräuleins von Marie Nathusius in lavendelduftender lavendelfarbencr Seide sind so ein paar Bei spiele, nach denen sich die »bibliographischen Feinschmecker- ihre Geruchssymphonien im Huysmansstil weiterausdenken mögen. Aber ein Körnchen Wahrheit steckt auch in dergleichen Spielereien. -Gefühl ist alles . . .« Im Übermaß zur Überschwänglichkeit werdend, wirkt es jedoch jenem Formensinn und jener Formen- strenge entgegen, die für die Erfassung mancher Schrifttums- gebiete, so des der romanischen Dichtung, unentbehrlich sind, weil dort das Verständnis einer Wortkunst allgemeiner ist. Wir haben im Deutschen den Klang des gesprochenen Wortes allzusehr aus dem Ohre verloren, unsere Literatur ist vielfach viel zu sehr Papier geworden. Woran deshalb hier erinnert sein soll, um den Hinweis auf ein seiner formalen Schönheiten wegen hochgeschätz tes französisches Buch nicht mit dem Gemeinplatz verwechseln zu lassen, dergleichen Wohllaut gäbe cs im Deutschen nicht. Nur der Franzose ist geschickter, gewöhnter, ihn herauszuhören. Die Soun sts äs üovirs I. ave llionuoirs, die nach der 1556 erschienenen Ausgabe letzter Hand ihrer bewunderten und geprie senen Verfasserin der Euphorion-Verlag 1920 in einer Liebhaberausgabe neu drucken und mit Radierungen von Bob Bell schmücken ließ, die glücklich den Preziosen Stil des Origi nals treffen, sind von RainerMariaNilkcin das Deutsche übertragen worden und seine kunstvolle Übertragung, bequem in der Reihe der Insel- Bücher zugänglich, gibt die erwünschteste Möglichkeit, formale Schönheiten zu vergleichen. Auch um in die Buchkunstfeinheitcn cinzudringen, sind solche Vergleichungen sehr zweckmäßig, sie erläutern die Beziehungen zwischen Bnchge-
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