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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.09.1921
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- 1921-09-29
- Erscheinungsdatum
- 29.09.1921
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- Deutsch
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A- 228, 29. September 1921. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Wenn wir erst hier der Anteils gedenken, den der Verlags- buchhandel an der Entwicklung des deutschen Erziehringswesens in den letzten 50 Jahren zu nehmen berufen war, so geschieht dies, weil wir meinen, daß ein Rückblick mit einem Blick in die Zu kunft nicht nur nicht zu vermeiden war, sondern geradezu ge boten ist. Die deutschen Schulbücher haben ihren Weltruf nicht zuletzt der an ihnen geleisteten buchtechnischen Arbeit zu verdan ken, der hier aufgewendeten Sorgfalt insbesondere hinsichtlich des Satzes und der Fehlerfreiheit. Und welch eine Frille gerade päda gogischer und methodischer Bücher und Zeitschriften ist aus den Anregungen jener schon erwähnten wagemutigen und selbstlosen Verleger entstanden, die unter allen großdenkenden Kaufleuten wohl mit dem meisten Recht als »königlich« angesprochen werden dürfen, weil sie zu geistigen Führern ihres Volkes geworden sind! Wenn einst der Satz geprägt wurde, der preußische Schulmeister habe den Krieg von 1866 gewonnen, so kann man Wohl mit glei chem Rechte behorchten, daß die im Weltkriege vom deutschen Volke bewiesenen Tugenden, der Mannesmut, die Energie, die Disziplin, durch die es dem deutschen Heere und Volke gelang, 411 Jahre einer Welt von Feinden zu trotzen, nicht zuletzt eine Frucht jener mustergültigen deutschen Erziehungsarbeit gewesen sind. Wenn dann schließlich ein Zusammenbruch eintrat, so ist dieser auf einem anderen Gebiete zu suchen. Im kaiserlichen Deutschland wurde aber auch die Aufgabe der Volkserziehung auf breitester Grundlage mit sittlichem Ernste von berufenen Erziehern in Anlehnung an die Humanitären Er ziehungsgedanken des deutschen Klassizismus und an die Herbart- schen und Diesterwegschen Lehren in einer noch für ferne Zukunft vorbildlichen Art gelöst. Wir gedenken in Achtung und Liebe der edlen Persönlichkeit Friedrich Paulsens, ohne der Verdienste anderer zu vergessen. Das beste Erziehungsinstitut des alten Deutschland ist die allgemeine Wehrpflicht gewesen, deren wir zu unserem Schmerze nun enthoben sind. Wir leben aber der freudigen Hoffnung, daß die machtvolle deutsche Armee nicht für immer zu bestehen aufge hört hat, jenes Heer, dessen geistige Führung, der Große General stab, die Furcht und die Bewunderung unserer Gegner gewesen ist. Mit Genugtuung führen wir hier einen Ausspruch eines der angesehensten literarischen Kritiker Frankreichs, Paul Bourgets, an, der einmal gesagt hat, daß es heute inmitten der anbrandcn- den Flut der Hordenbarbarei nur noch vier Säulen edler Gesin nung gäbe: den Vatikan, das englische Oberhaus, die französische Akademie und — den preußischen Generalstab! 15. März 1921. Zwei Glas Zitronenlimonade. Von Heinrich Minden (Dresden). Zu Zelten, in denen man sür wenig Geld die herrlichsten Dinge bekommen und die weitesten Reisen unternehmen konnte, bin ich ein mal in Italien gewesen. Da gab's eine Fülle des Schönen zu sehen, mancherlei Neues kenne» zu lernen. In den Frcmdenhösen jedoch — den weltbürgerlichcn Sammelplätzen von Berufs- und Vergnügungs- reisendeu — bot sich nichts Aufsallendes. Nur in X bemerkte ich eine Eigenheit ungewohnter Art: obwohl ich die Kerze des Leuchters kaum zehn Minuten zu benutzen pflegte, ward sie regelmäßig durch eine neue ersetzt. Ich lächelte über soviel Vornehmheit und achtete nicht weiter daraus. Erst als ich, nach sechstägigem Bleiben, zur Abfahrt rüstete und meine Rechnung erbeten hatte, löste sich bas Rätsel: »8 Kerzen ü Lire L.— ^ Lire 12.—« stand da zu lesen. — Lästige Auseinander setzungen beeinträchtigen die Erholung. Also zahlte ich lächelnd und bat nur, mir die Lichter frcnndlichft zu überlassen. Gesagt, geschehen. — »Hier haben Sie vier Lire, hier Sie, hier Sie.« Stubenmäd chen, Kellner und Pförtner bekamen je zwei Kerzen in die Hand ge drückt. Noch heute — in der Erinnerung — freue ich mich meiner Sclbsthtlse und Trinkgcldablösung. Dieses Vorganges mußte ich jüngst — mit einem kleinen Unterschied — in einem Stettiner Kaffeehaus gedenken. Ein heißer Sommcrabend ließ mich clntreten und Zitronenlimonadc bestellen. Das Glas war schnell geleert, ein zweites desglei chen. Kostenpunkt: 10 .11. Ich reichte den geforderten Schein. Dabei dachte ich: eigentlich müßtest dn dir de» Inhalt zweier weiterer Gläser abfüllen lassen und morgen damit in einen Buchladen gehen. Dort solltest du dir ein halbes Dutzend Reclam- bändchcn anssttchen und dann die Nasche an Zahlungsstatt hinreichcn. »Hier sind zehn Mark, bitte.» Und die Kassensührertn hätte dir neben den sechs Bücher» noch eine Mark in die Hand z» drücken. Oder umgekehrt: du solltest den betreffenden Sortimenter einladc», sechs Reclamnummern zu sich zu stecken und dich ins Kaffeehaus zu be gleiten. Dort müßte er nichtsahnend zwei Gläser Zitroncnwasser ver langen und dann den Herrn Ober fragen, wieviel von den mitgc- brachten Heften er als Entgelt beanspruche. »Alle», würde die Ant wort lauten, »und den Rest bezahlen Sic wohl in bar!» Ja, Bücher sind unverhältnismäßig, sic sind in viele» Fällen so gar verletzend billig. Trotzdem muß man sich heute säst scheuen, auf die Erschwinglichkeit hinzuwcise». »Seht ihr», heißt es sonst stracks, »wie angebracht eine .Kulturabgabe' ist?» Ach, liebe Väter und Verfechter dieses Gedankens, grabt doch ein wenig tiefer! Setzt euch recht scharfe Brillen aus, durch die ihralles seht — nicht nur, was euch genehm ist! Ahnt ihr denn nichts von dem schweren Daseinskämpfe, den gerade der Buchhandel siihrt?! Seid ihr verblendet genug, solchen noch steigern zu wollen?! Belegt alle Zitronenlimonaden, die sür 5 »/k verschenkt werden, und alle Zigarren, die 20 .11 kosten, und alle Siißigkeitenpackungen, die für 100 Mark Käufer finden, mit IVA Kulturabgabe. Und verbraucht den so erzielten Erlös nicht sür den eigenen Verwaltungsaufwand, sondern laßt ihn der Welt des Buches zngutckommen. Tann wollen wir uns wieder sprechen. Einstweilen übrigens, damit ich's nicht vergesse, noch eines: man müßte von fabelhaftem Glück reden, wenn der erwähnte Herr Ober dir Bändchen überhaupt in Zahlung nähme. Denn als Handelswert läßt sie eigentlich nur der Altpapierhändlcr gelten, der sic dem Gewicht »ach abschätzt. Von der hohen Stufe zweier Glas Zitronenlimonade sind sie durch manche Leitersprosse getrennt. Bücher, Rauchwolken und Volk. Von Ludwig Kinckh, Gaienhofen. Vor kurzem verschlug mich mein Weg nach D o n a u e s ch i n g e n. Dort hat in der fürstl. Fllrstenberg. Hosbtbliothek der Bibliothekar vr. Johne eine Ausstellung von alten Handschriften und Büchern ver anstaltet, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Sparsam und doch er schöpfend übersichtlich liegen in den köstlichen Schränken aus seltenen Hölzern geschriebene, gedruckte und gemalte Wunder vom 8. Jahr hundert bis aus heute, und in der Reihenfolge der Jahrhunderte wird das ursprünglich Deutsche mit den Einflüssen aus England, Holland, Frankreich deutlich. Die Zeit höchster Buchkultur mit handgemaltsn Miniaturen — eine Nibelungenhanbschrist, der Parzival, Roswitha, die Chronik der Herren von Zimmer» liegen da, — dünne Pcrgament- blätter aus der Haut ungeborener Kälber, mit Mönchs- und Laien- knnstiverken, bis herunter auf den tiefsten, plattesten Geschmack der vergangenen Jahrzehnte, mit dem trostreichen Ausstieg der jüngsten Tage. Da dachte ich: Warum hebt nun nicht ein Ptlgerzng, sine Völkerwanderung an aller Buchbinder, Drucker, Verleger, Buchhändler, Papierfabrikanten, Kunstgewerbler, Maler und Schriftsteller in ganz Deutschland zu diesem Buchheiligtum? Eine G e bur ts st ä t te könnte es werden, von Tausenden von neuen Gedanken, von Tausenden »euer Bücherfreunde. Und es käme dann wohl ein fruchtbarer kleiner Regen schauer über uns, wie neulich, da ich von der erstaunlichen Billig keit des heutigen Buches gesprochen hatte, gegenüber den doppelt so teure» Gegenständen des täglichen Lebens (siehe unten). Ich hatte gezeigt, daß mancher, der unbefangen ein Glas Wein trinkt und eine Zigarre raucht, dabei in dem Wahne befangen ist, er könne keine Bücher mehr kaufe», weil sie zu teuer seien; und ich hatte erzählt, wie glänzend mir dieser Beweis gelungen war. — Da kam Post auf Post eine Geld anweisung nach der andern an mich, bezeichnet als »Beitrag zu der ersten Million zum Ankauf von Büchern und Schriften für Deutsche Im Ausland». Und einer hatte darauf geschrieben: »SO Zigarren zu 2 Mark -- 180 Mark». Da wußte ich, daß das deutsche Volk noch Einsicht und O p fe r m ll t i g k e i t hat, sobald man ihm unter der Oberfläche die liefere Linie aufwcist. Wer fähig ist, sich ein paar Zigarren und ein Glas Wein am Munde abzufparc» — oder auch Zigaretten und ein paar Glas Bier —, der hat eine sittliche Kraft, die ihn freut und wieder auf ihn zurückfällt in Gestalt von schönen Büchern, mit einem Inhalt, der Wein und Rauchwolken lange überlebt. Der Verfasser bezieht sich hier ans eine frühere Veröffentlichung, in der er für eine Bücherspendc zum Besten des Auslanddeutschtnms und der Propaganda für das Deutschtum im Anslanbc ln der »Täg- I1ZS
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