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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.10.1921
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- 1921-10-27
- Erscheinungsdatum
- 27.10.1921
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Redaktioneller Teil. 252, 27. Oktober IS2l. -Händler zu denken, besonders in zentralgelegenen Grotzstadt- stratzen! Zur ernsthaften Prüfung der vielleicht hinter der Sozialistc- rungsidce steckenden brauchbaren Gedanken ist bekanntlich die Sozialisierungskommission berufen, die aus Politikern, Prakti kern und Gelehrten besteht und nach Bedarf Sachverständige her anzieht. Auch dieVerstadt lichungspläne wurden dort beraten. Es war dazu ein »Kommunalisierungsausschuß« eingesetzt, und seine und der Sozialisierungskommission Beratungen haben ihren Niederschlag gefunden in einem Gegenentwurf zum Regie- rungsentwurf eines Gesetzes über die Kommunalisierung von Wirtschaftsbetrieben. (Dieser Entwurf sowie die Verhandlungen der Kommission darüber sind bei Robert Engelmann in Berlin erschienen.) Zunächst wäre zu fragen, was »Kommunalisierung« im Sinne des genannten Gesetzentwurfs bedeutet. Es kann (nach K 6) darunter verstanden werden: 1. Überführung von Unternehmungen in das Eigentum der Gemeinde; 2. Zusammenschluß von Unternehmungen zu Zwangsverbän- den und Stellung ihres Geschäftsbetriebs unter öffentliche Aufsicht; 3. Untersagung von privatwirtschaftlichen Unternehmungen, um eine Monopolstellung für ein gemeindliches Unterneh men zu schaffen. Das Recht zu solchem Vorgehen soll nun den Gemeinden für ge wisse Wirtschaftszweige ohne besondere Genehmigung gegeben werden, so für Unternehmungen zur Personenbeförderung, zur Gas«, Wasser- und Elektrizitätsversorgung, zum Lebensmittel und Vrennstoffvertrieb usw. Für andere Unternehmungen soll die Befugnis zur Kommunalisierung von der Reichsregierung erteilt werden dürfen. Dagegen lautet aber der hier vorzugsweise inter essierende K 5: »Unternehmungen zur Herstellung und zum Vertrieb von Druckschriften, sowie zur Veranstaltung von schauspielerischen und musikalischen Aufführungen und von Ausstellungen künstlerischen und wissenschaftlichen Charakters dürfen nicht kommunalisiert werde n«. Die Verstadtlichung von Sortiment und Verlag wird also strikte verboten, ebenso wie diejenige von künstlerisch wertvollen Schaustellungen (nur solche sind gemeint!). über diesen begrüßenswerten Vorschlag hat keine längere Debatte stattgefunden. Im allgemeinen waren sich die Mitglie der der Sozialisierungskommission darüber einig, daß eine Stel lung von kulturell bedeutsamen Einrichtungen unter die Aufsicht und den Befehl eines Magistrats in keiner Weise wünschenswert sein kann. Es wird mit diesem Kommunalisierungsverbot natür lich keiner Stadtgemeinde das Recht aus Errichtung eines städti schen Theaters genommen; es wird ihr nur verboten, sich auf den genannten Gebieten, zu denen der Buchhandel gehört, eine Mo nopolstellung zu schaffen. Der Grund für diese Stellungnahme ist die richtige Erkenntnis, daß eine Monopolstellung in den für das Kultur leben wichtigsten Wirtschaftszweigen einer Zensur glcichzu- achten sei. Die jeweilige Mehrheit im Stadtparlament würbe entscheiden, welche Bücher feilzubieten und welche Theaterstücke auszuführen sind. Der Wunsch Goethes, »frei zu sein im Denken und im Dichten«, wie jeder geistig Regsame ihn nachempfindet, würde unerfüllbar. Diesem Gedanken trägt also der Entwurf voll Rechnung, wenn er die Kommunalisierung derartiger Betriebe generell ver bietet. Aus Einwendungen, die hiergegen von einer Seite er hoben wurden, antwortete ein Mitglied, daß in einem Kommu- nalisterungsgcsetz nicht Kulturpolitik getrieben werden könne — eine Äußerung, der nur zugestimmt werden kann. Es mag erwähnt werden, daß sich für die Kommunalisie rung von Theatern einige Stimmen erhoben, und zwar mit folgender, immerhin beachtenswerter Begründung: unter heuti gen Verhältnissen seien die guten Theater aus Konkurrenzrück- stchten zur Aufführung mancher minderwertigen Stücke gezwun gen; habe man aber alle Theater einer Stadt in einer Hand ver einigt, so könne keines dem anderen eine Konkurrenz durch seichte IS82 Stücke bereiten, und diese könnten ganz vom Spielplan verschwin den. Die Frage, die hiernach den Mitgliedern der Kommission vorgelegt wurde, lautete also: »ob sie die Gefahr, daß eine Ge meinde aus unvernünftigen Gründen einen wirklichen Kuustbe- trieb schädigt, für größer halten, oder ob der Nutzen, der aus der Übernahme des Theaterbetriebs seitens einer Gemeinde und der Möglichkeit, dann schädliche Konkurrenztheater zu verbieten, ent springen. kann, größer ist« (Seite 228 der »Verhandlungen ). Wie gesagt, wurde letzteres verneint, elfteres bejaht. Es liegt die Frage nahe, ob die Gründe, die gegen eine Kommunalisierung von Buchhandlungen, Theatern usw. sprechen, von der S Immission auch als stichhaltig anerkannt wur den, um eine Sozialisierung (Verstaatlichung) dieser Betriebe untunlich erscheinen zu lassen. Zu einer prinzipiellen Stellungnahme hierüber ist es nicht gekommen, auch war eine solche bei den Verhandlungen über die Kommunalisierung ja nicht nötig. Während von einer Seite diese Frage ausdrücklich späteren Beratungen zugewiesen wurde, äußerte ein anderes Mitglied klipp und klar: »Druckschriften und schauspielerische Darbietungen usw. sollen überhaupt nicht sozialisiert werden. Dagegen wird man sich auch als Sozialist wenden« (S. 34k). Aber dies ist nur eine private Äußerung eines einzelnen, die nicht von allen Sozialisterungsfreunden geteilt wird. Man wird die weiteren Verhandlungsobjekte der Sozialisierungskommission im Auge behalten müssen, damit der Buchhandel sich Gehör verschos sen kann, falls doch noch einmal Pläne zur Sozialisierung uus- tauchen sollten. Daß eine Kommunalisierung des Ver lags schon aus technischen Gründen gar nicht in Betracht kom men kann, wurde anerkannt, da der Absatzkreis eines Verlags nicht örtlich gebunden ist. Es wurde jedoch der Vorschlag gemacht — aber verworfen —, den Verlag von Schulbüchern zu kommunalisieren, um der Schuljugend billige Schulbücher zugänglich zu machen (S. !63 u. sf.>. Wie weit dieses Ziel in Wirklichkeit erreicht werden könnte, wurde allerdings nicht untersucht! In Verbindung damit wurde die Frage aufgeworfen nach Kommunalisierung, d. h. Bstricbs- untersagung, bzw. Übernahme in Stadtregie von bestehenden Buchhandlungen zwecks Bekämpfung der Schundliteratur. Aber auch hier regten sich sofort schwerste Bedenken, die sich vor allein aus der bei jeder Kommunalisierung drohenden Gefahr der Zen- surierung ergaben. Nicht nur die Gefahr der Bekämpfung politi scher Gegner durch Verbot ihrer Schriften liegt vor, sondcrn cs droht auch die Unterdrückung von Autoren, die — bei nicht zu leugnender Gefährdung der Jugend — doch von größter Be deutung sind (Strindberg, Heine, Nietzsche usw.!). Somit kam denn auch ein sehr linksgerichtetes Mitglied der Kommission zu dem Schluß, daß diese Frage bei der Schulpolitik, nicht aber in den Beratungen über Kommunalisierung durchzusprechen sei. Alles in allem zeigen also diese Verhandlungen, aus denen die wichtigsten den Buchhandel betreffenden Punkte hier kurz skiz ziert wurden, daß in der Kommission weitgehendes Verständnis für die Wichtigkeit der Freiheit des Kulturlebens und der damit verbundenen Wirtschaftszweige besteht. Der Buchhandel wird dies zu würdigen wissen, aber doch ausmerksam bleiben müssen aus Projekte, die ihn mit einer Abhängigkeit von behördlichen Eingriffen bedrohen könnten. Schlechte Zeiten für qute Bücher. Ein Al arm ruf aus der englischen Wochenschrift Auf einer kürzlich stattgefundenen Konferenz der eng lischen Bibliothekarvereinigung besprach der Historiker Sir Charles Oman eine Erscheinung, die fast allen ernsten Schriftstellern Sorge macht. Seit einiger Zeit wird es diesen immer unmöglicher, ihre Schriften zu veröffentlichen. Fast keiner von ihnen ist reich. Nicht einmal vor dem Kriege konnten sic das Risiko, ans eigene Kosten zu verlegen, auf sich nehmen. Der Krieg hat sie noch ärmer gemacht, da manche auf Stellungen angewie sen sind, deren Erträgnisse nicht gleichen Schritt mit der Aufwärtsbe- wegung der Kriegsgewinne und Kriegslöhne hielten. Fhre Verleger nahmen das finanzielle Risiko auf sich, oft mutig und edelmütig. Sie Übernahmen die Drucklegung dieser besonderen Klasse von Büchern so wohl aus ehrendem beruflichen Ehrgeiz, gute Bücher zu verlegen, als
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