Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.10.1921
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- 1921-10-29
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254, 29. Oktober 1921. zu denjenigen Gegenständen gehören, die durch das bisherige System besonders geschädigt sind und die keiner Luxusbesteuerung im Klein handel mehr unterworfen werden dürfen. Nachdem durch die Neichs- vcrordnung vom 18. August 1920 die Originalkunstwerke lebender deutscher Künstler von der Luxussteuer befreit wurden, wenn sie un mittelbar vom Künstler vertrieben wurden und durch die Verordnung vom 1. Juli 1921 diese Steuerfreiheit ausgedehnt wurde auf die Verkäufe in Ausstellungen der Künstlerverbände, Kunst- und Mu- seumsvereine, ja sogar auch auf die Verkäufe in Kunsthandlungen, die in ihren Geschäftsräumen geordnete Ausstellungen veranstalten, gibt es kein System mehr, welches die Beibehaltung der Luxussteuer- .pflicht für den übrigen Kleinhandel erträglich machen und recht- fertigen könnte. Wir können heute zu unserer Genugtuung fcststellen, - daß die maßgebenden Stellen der Regierung, der Künstlerschaft und «'»ihrer Wirtschaftsverbände nunmehr der von unserer Vereinigung be reits in unserer Eingabe an den Reichstag erhobenen Grundforderung ..auf Streichung des § 21/2 keinen Widerstand mehr entgegenstellen. . Obwohl »Prophezeien« eine mißliche Sache ist, so scheint am Horizont unseres reich besternten Steucrhimmels jetzt ein Hoffnungslicht auf zutauchen, welches die Möglichkeit der Beseitigung des § 21/2 ver- cheißt. Die Entscheidung liegt beim Reichstag, und es wird noch aller Anspannung bedürfen, um die Widerstände der um die Gunst oer Straße buhlenden Politiker im Reichstage zu überwinden. Inzwischen begutachtet ein vom Reichswirtschaftsrat eingesetzter Sachverständigenausschuß die dem Reichstage in dieser Frage zu > machenden Vorschläge, und es ist uns zugesagt worden, daß vor Erlaß bindender Bestimmungen die Sachverständigen aller Zweige des Ver lags gehört werden sollen. Es wird deren Aufgabe sein, nicht nur die Beseitigung des 8 21/2 zu betreiben, sondern auch durch den genannten Ausschuß beim Neichsrat, der die Ermächtigung hierzu nach 8 16 besitzt, die Herabsetzung der Luxussteuer auch auf die nach 8 15 des N.G. beim Hersteller steuerpflichtigen Bilder zu erwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, bedarf es aber noch unausgesetzter Aufklärungsarbeit, und wir rufen alle Kreise des Kunstverlags und -Handels zur tätigen Mitwirkung und zur Abwehr heran. Möge ein jeder, der persönliche Beziehungen zu Abgeordneten, Künstlern oder Behörden hat, diese unserer guten Sache nutzbar machen. Wenn wir die kulturellen Aufgaben unseres Berufsstandes, dem deutschen Volke das Beste an künstlerischem Bilderschmuck so wohlfeil als irgend mög lich zu vermitteln, erfüllen wollen, so werden wir es nur können, wenn mir dem Grundsatz: »Das Bild ist Kulturträger und darf keiner Prohibitiv-Luxussteuer unterliegen, zum Siege verhelfen! Bereinigung der Kunst Verleger E. B. 1. Vorsitzender: Ernst Schul tze. Der alte Buchhandlungsgehilfe. Eine Reisebekanntschaft. Von Max Z i e g e r t. Einige Monate hatte ich mich in Pest aufgehalten, um die Privat bibliothek eines ungarischen Sammlers zu katalogisieren, und reiste nun nach beendeter Arbeit zurück nach Wien; ich war ganz fremd in der ungarischen Hauptstadt gewesen, hatte ziemlich intensiv gearbeitet und gesellschaftlich gar keinen Umgang gehabt, soöaß ich meinen Ge danken nachhängen konnte, wenn ich des Abends im Herbst, anfangs der achtziger Jahre, in einem der großen Cafes, die sich an den breiten Donaukais hinzichcn, saß lind mich dem eigenen Reiz der Zigeuner musik hingab, die Abend für Abend hier geboten wurde. So, etwas losgelöst von der deutschen Heimat, empfänglich für Betrachtungen, gedachte ich der Eindrücke, die der Aufenthalt in Pest mir hinterlassen hatte, während der Schnellzug Wien zusauste und ich des Abends im »Erzherzog Karl« in der Kärntnerstraße ein bescheidenes Zimmer im vierten Stock nach dem inneren Hofe bezog. Tagsüber saß ich in einem Auktionslokale, um meine Aufträge für eine Bttcherauktion aus- zufllhren; es blieben mir nur die Abendstunden, um meine Erinne rungen an Wien wieder aufzufrischen. Die reizvolle Weltstadt war mir nicht unbekannt; gewöhnlich nach einem Spaziergange am Ring besuchte ich ein Caf4 am Graben, um die »Neue Freie Presse« zu lesen. Der Zufall fügte es, daß ich einige Abende hintereinander neben einem Herrn zu sitzen kam, der das gleiche Blatt begehrte; wir tauschten die Zeitung, wechselten Grüße, und da mein Nachbar den Auktions- katalog bemerkte und mich daraufhin ansprach, ergab es sich, daß wir beide Buchhändler waren. Nachdem das Eis gebrochen, dehnten sich unsere gemeinschaftlichen Sitzungen meist bis nach Mitternacht aus. Der Kollege war eine über das Mittelmaß hinausragendc, hagere Ge stalt. von etwas gebückter -Haltung, ein graumelierter Vollbart um schloß sein längliches, bleiches Gesicht mit leicht eingefallenen Wangen, grauweiße Locken fielen spärlich über Stirn und Ohren; die Augen, wenn er die Brille abnahm, was häufig geschah, hatten einen matten blauen Glanz; um den Mund lag ein schmerzlicher Zug. Diesem Äußern des Melancholikers entsprach die Stimme, die leise, ver schleiert klang. Aloys Sauerteig hieß er, ein Pastorssohn aus Thüringen war er gewesen, jetzt ein Junggeselle wohl Mitte der Sechzig, etwas verwienert, mit Anklängen des Wiener Dialekts. Zweifellos lebte er in der geselligen Stadt ziemlich einsam, denn seine Mitteilungen flössen anfangs spärlich; es war, als müßte er sich erst an das Herausgchen aus sich gewöhnen, als habe er lange nie mand gehabt, der ihn veranlaßt hätte, in die Erinnerungen der ver flossenen Jahrzehnte zurückzugrcifen und Vergangenes zu beschwören. Vielleicht tat ihm meine Gabe des Zuhvrens wohl, vielleicht fühlte er Verständnis und Teilnahme für ihn bei mir heraus — genug, er erzählte anfangs zögernd, später zutraulich sein einsames Leben; was er mir sagte, trug das Gepräge der Wahrheit, und zugleich war es eine so charakteristische Zeichnung der sozialen Lage der Buchhand- lungsgehilfen um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, daß es mir bemerkenswert schien, diese Mitteilungen sestzuhalten. Waren diese auch durch ein zu weiches, nachgebendes Naturell des Er zählers, das für den Lebenskampf nur passiv ausgerüstet war, hier leicht individuell getönt, so gaben sie doch das Zeitbild wieder. »Kom men Sie«, pflegte er zu sagen, wenn wir eine Zeitlang den lebhaften Verkehr beobachtet hatten, »hier kann man nicht plauschen!«, und wir suchten ein stilles Cafe in der Notethurmstraßc auf, mit Zeitungs lesern und Schachspielern. Joseph begrüßte den Herrn von Sauerteig, brachte den »Schwarzen« und die Melange, und dann, dann fiel der Vorhang über Wien, und ein junges Buchhändlerleben spielte sich ab, anfangs hoffend, heiter, dann ernster werdend und bescheidener in den Ansprüchen, schließlich verzichtend, sich ergebend. In dem kleinen thüringischen Ackerbaustädtchen war der Vater Pastor gewesen, einer von den Pastoren, die sich trefflich mit ihrer Gemeinde standen, den richtigen Umgangston mit allen fanden, hilf reich, besserer Seelenhirt als Prediger, nebenher ein Mann, der eine reichbcsetzte Tafel und ein gutes Glas Wein zu würdigen wußte, des sen Pfarrhaus mit zahlreicher Familie den Mittelpunkt des Verkehrs bildete. War der Vater lebhaft und tätig, betriebsam, so war Aloys, der Älteste, nach der stillen Mutter, leise und träumerisch, und wurde es noch mehr, als nach dem Tode der seinen eine zweite, muntere Mut ter ins Haus kam und die Familie noch größer wurde. Auf der Schule wurden ihm die alten Sprachen schwer; er kam nicht so vorwärts, wie es der Vater wünschte, und da der Junge trotzdem die Bücher liebte, so kamen die Eltern auf die Idee, den Jüngling Buchhändler werden zu lassen; das koste kein Studium, und er komme bald ins Brot; so ungefähr war der Gedankengang der guten Eltern. Leicht wurde mir, erzählte Aloys, die Trennung vom Elternhause nicht; ich hing an dem andersgearteten Vater, an den Geschwistern, an der Heimatscholle, und während der Lehrzeit im Leipziger Sortiment hat mich das Heimweh oft stürmisch gepackt. Ein zu Hause verlebter schöner Wintertag mit Jugendgenossen auf dem Eise, danach ein geselliger Abend im großen Familienkreise mit Punsch und Krapfen, durch das Erzählungstalcnt des Vaters belebt, an solchen Eindrücken zehrte ich lange. In einem alten Kaufmannsgewölbe der Petersstraße in Leipzig befand sich das Sortiment von Th. . . . L. . . ., dessen Inhaber ich zur Ausbil dung im Beruf übergeben worden war; leider kümmerte sich der Chef, von anderen Interessen voll in Anspruch genommen, wenig nm mich. Da auch kein irgendwie hervorragender Gehilfe vorhanden war, so mußten wir Lehrlinge uns selbst helfen und taten es auch nach Kräf ten; der Verkehr mit mehr oder minder veranlagten Genossen förderte ja manches, aber der Hauptsache, der regelrecht fachgemäßen Aus bildung, fehlte die leitende Hand, und mühsam mußte das Versäumte später nachgeholt werden. Leipzig war damals bereits die arbeits freudige, geschäftlich und geistig regsame Großstadt, die Buchhändler- und Universitätsstadt. Es gab noch die alte Pleißenburg und das ein stöckige alte Rathaus am Markt ; auf dem Augustusplatz standen die Meß buden, und während der Messe zog man sich im Ladengewölbe nach hinten zurück, während der Vorderteil an Kleiderhändler vermietet wurde, die ihr Publikum von der Straße hereinnötigten. Grimmaische- und Petersstraße bildeten die Hauptverkehrsadern; die Konzerte im alten Gewandhause und das Konservatorium, an dem noch Konzert meister Ferdinand David lehrte, hatten die Führung in der Musik, und im Nosentale duftete es wie wohl heute noch. Die Lehrzeit ging in dem zurückgehendcn Geschäft zu Ende, und ich fand eine Stellung als jüngster Gehilfe in einem großen österreichischen Sortiment in Graz, das jetzt Leuschner L Lubensky firmiert. Es war ein Geschäft mit zahlreichem, trefflichem Personal, einem weitblickenden, fleißigen Chef an der Spitze. Ein ununterbrochen lebhafter Kundenvcrkehr aus den besten Kreisen der Stadt, ein äußerst lebhafter Betrieb in das ausge- IS9I
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