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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.01.1922
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- 1922-01-07
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- 07.01.1922
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Redaktioneller Teil. X- 6, 7. Januar 1922. schäfte mit freibleibenden Preisen von der Durchschnittspreis berechnung ausgeschlossen wären, und es müsse der Nachweis einer solchen Berechnung erbracht werden können, was aber bei unklaren Geschäften bon Amts wegen nicht möglich ist. Gegen eine Berücksichtigung der Geldentwertung bei Bemessung des Unternehmerlohns und Unter nehmergewinns, die von der Rechtsprechung be reits anerkannt ist, bestünden keine Bedenken, ebensowenig wie gegen die Zulässigkeit von Valutaaufschlägen im Einzelhandel bei Verkäufen von Waren, die ersichtlich zur Verbringung in das Ausland bestimmt sind. Die Preistreibereiverordnung findet auf Verkäufe, die an im Ausland ansässige Ausländer getätigt werden, dann keine An- Wendung, wenn die Ware durch den Käufer selbst ins Ausland verbracht werden soll. Diese Stellungnahme des Reichswirt schaftsministeriums ist insofern von besonderer Bedeutung, weil dem Einzelhandel dadurch die Möglichkeit gegeben wird, bei der Bildung bon Durchschnittspreisen nicht nur die vorrätigen Lager bestände zu berücksichtigen, sondern auch die bereits zu festen Preisen gekauften oder bestellten, aber noch nicht gelieferten Waren in die Durchschnittspreisberechnung einzubeziehen. Da durch kann in Zeiten aufsteigender Preisentwicklung, wie jetzt, der unvermittelte Übergang vom niedrigen zum ungleich höheren Preise vermieden und ein allmählicher Über gang und eine Angleichung der Preisgestaltung an die veränderten Verhältnisse erzielt werden. Zugleich ist der Einzelhandel der Gefahr, beim Ausverkauftwcrden seiner billigen Bestände die notwendigen Ergänzungen seines Lagers infolge des sinkenden Geldwertes nicht in dem nötigen Umfange vornehmen zu können, nicht mehr in dem Matze wie bis her ausgesetzt. Das Letzte ist der eigentliche Kern des ganzen Problems. Die Preistreibereiverordnung, in ihrer alten Fassung wörtlich angewendet, verhindert den Einzelkaufmann, seine Verkaufs preise so zu bemessen, daß er in dem Erlös nicht so sehr allein den üblichen Unternehmergewinn, sondern vor allem die Mittel zur Wiederanschafsung der verkauften und immer nur wieder zu wesentlich höheren Preisen neu zu beschaffenden Ware erhält. Das Letzte wäre ihm möglich, wenn er dem sich jeweilig in der freien Wirtschaft bildenden Marktpreis folgen und bei jedem Verkauf so viel fordern dürfte, wie er im gleichen Augenblick zur Ergänzung seines Lagers selber anzuwenden hat. Da die Ge stehungskosten, nach denen er kalkulieren soll, unter den heutigen Verhältnissen fast ausnahmslos in kürzester Frist immer wieder um Hunderte bon Prozenten emporschnellen, kann der Einzel händler bei solchem Verfahren die Neuanschaffung der verkauf ten Ware in gleicher Güte und in gleichem Umfang nicht mehr vornehmen. Je häufiger sich seine Umsätze vollziehen und je schneller die Preissteigerung bei seinen Einkäufen vor sich geht, desto rascher, aber auch desto unfehlbarer trocknet sein Betriebs kapital aus. Die Rechtsprechung des Reichsgerichts wie die oben angeführte Stellungnahme des Reichswirtschaftsministeriums haben sich diesen bedrohlichen Tatsachen nicht verschließen kön nen. Zu einer uneingeschränkten Anerkennung, daß jeder Kauf mann, um sein Geschäft fortbetreiben zu können, im Verkaufs preis der abgesetzten Ware mindestens die Mittel zur Wieder anschafsung derselben Ware bei den gestiegenen Einkaufspreisen des gleichen Zeitpunktes erhalten müßte, ist es jedoch auch damit immer noch nicht gekommen. Der Kleinhandels-Ausschuß des Industrie- und Handelstages und der Ausschuß der Haupt- gemeinschast des deutschen Einzelhandels hatten in der Eingabe, die den oben angeführten Entscheid des Reichswirtschaftsmini- steriums herbeigesührt hat, ihre Forderung in diesem Punkte in folgendem Satz zusammengefatzt: »Soweit mangels eines ein wandfreien Marktpreises an der Preisprüfung auf der Grundlage der individuellen Gestehungskosten festgehalten werden muß, ist im Sinne des österreichischen Preistreibereigesetzes vom 9. März 192l auf eine inzwischen etwa eingetretene Änderung in den Herstellungs- oder Anschasfungsbcdingnngcn billige Rücksicht zu nehmen.« Da, wie gesagt, dieser Anschauung noch nicht völlig Genüge getan ist, werden die Bemühungen, dieses Ziel dennoch zu erreichen, fortgesetzt werden. 2« An welchem Punkte der Einzelhandel einzusetzen bemüht ist, geht aus den Ausführungen hervor, die vor einiger Zeit A. Elfen bein im Handelsteil der »Münchener Neuesten Nachrichten« machte. Er führte aus: »Alle zur Bekämpfung des Kriegs wuchers erlassenen Gesetze und Verordnungen gingen davon aus, die normale Versorgung der Bevölkerung mit den notwendigen Bedarfsgegenständen sicherzustellen und insbesondere über mäßig hohe Preise, die in der Natur der Verhältnisse nicht be gründet waren, zu verhindern. Dieses Ziel glaubte die Preis treiberei-Verordnung dadurch erreichen zu können, datz sie dem Gewinn des Kaufmanns bestimmte Grenzen zog. Dieses Ver fahren konnte solange als zweckmäßig angesehen werden, als es einen wenigstens im allgemeinen festen Maßstab gab, an dem der Gewinn des Kaufmanns gemessen werden konnte. Dieser Maß- stab war in der Kriegswirtschaft durch Festsetzung von Höchst preisen gegeben, die bekanntlich sofort bei Beginn des Krieges durch Gesetz vom 4. August 1914 eingeführt und in der folgenden Zeit durch eine Reihe bon Bundesratsberordnungen ausgebaut wurden. Sodann wurde die freie Wirtschaft immer mehr und mehr in die Zwangswirtschaft übergeführt, sodatz innerhalb die ser staatlich geleiteten und kontrollierten Wirtschaft Preistrei bereien sehr Wohl beim Vertrieb bon Waren, also beim Kaufmann erfaßt werden konnten. Diese beiden Voraussetzungen für die Durchführung der Preistreiberei-Verordnung sind nun heute nicht mehr vorhanden. Die Höchstpreise sind für die weitaus größte Zahl der Gegenstände des täglichen Bedarfs gefallen, und die staatliche Bewirtschaftung hat dem freien Marktverkehr Platz gemacht. Die Preistreiberei-Verordnung, die die Höhe des kaufmännischen Gewinns als Kriterium dafür nahm, ob der Bevölkerung zu hohe Preise abverlangt würden, ist ihres im Jahre 1918 noch als brauchbar anzusehenden Matzstabes be- raubt. Sie ist wie jenes berühmte Messer, dem Klinge und Heft fehlen. Dazu kommt noch ein anderes sehr wichtiges Mo ment: zur Zeit des Erlasses der Preistreiberei-Verordnung hatte die Mark noch einen verhältnismäßig stabilen Wert, so daß auch an ihr gemessen werden konnte, ob der tatsächliche Gewinn des Kaufmanns so hoch war, datz er die Neuanschaffung der ver kauften Ware gestattete, darüber hinaus ging oder dahinter zurückblieb. Mit dem rapiden Herabgleiten der Mark und ihren jeder Kalkulation spottenden Sprüngen ist auch dieser Maßstab unbrauchbar geworden. Es ist heute nicht mehr möglich, den Nominalgewinn des Kaufmanns, nur weil er in Mark gerechnet eine bestimmte Höhe erreicht hat, auch als Realgewinn anzu sprechen, d. h. als einen Gewinn, der dem Kaufmann den Ersatz seines Lagers und dis Fortführung seines Betriebes gestattet. Man wird diesen Gesichtspunkt ohne weiteres verstehen, wenn man sich vergegenwärtigt, daß er ganz allgemein in unserem wirtschaftlichen Leben Anwendung findet. Die Erhöhung der Löhne z. B. erfolgt ja auch ausschließlich unter dem Gesichts punkt, um Arbeitern und Angestellten einen Rcallohn zu ge währen, der es ihnen ermöglicht, den durch die Markentwertung gestiegenen Preisen für alle Lebensbedürfnisse folgen zu können. Der Tatbestand des Preiswuchers müßte also auf das Fordern übermäßiger Preise, nicht auf das Fordern bon Preisen, die einen übermäßigen Gewinn enthalten, abgestellt werden. Eine Handhabung der Preistreiberei-Verordnung nach dieser Richt linie würde sich nur der tatsächlichen Entwicklung unserer ver änderten Wirtschaftslage anpassen und ganz von selbst dazu füh ren, daß der einwandfrei festgestellte und unter normalen Vor aussetzungen erzielte Marktpreis die Orientierungstafel für die Preistreiberei-Verordnung wird.« Man wird diesen Ausführungen, die sich mit unwiderleg lichen Gründen gegen das unleidliche System der Gewinn- beschnüffelung wenden und das Kennzeichen des Wuchers in der Forderung übermäßiger Preise festzustellen suchen, durchaus zu- stimmen können. Man wird sich aber ebensowenig verhehlen dürfen, daß auch in dieser Richtung mancherlei Steine des An stoßes im Wege liegen. Je weniger sich gerade auch die Vertei diger des bisherigen Systems der Einsicht verschließen können, daß dem eifrigsten Polizisten und Staatsanwalt eine nachhaltige Einwirkung auf die Preisbildung schwerlich verstattet sein wird, desto mehr ist zn befürchten, daß sie ans andere Maßnahmen sin-
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