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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.05.1922
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- 1922-05-04
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- 04.05.1922
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Das Filmdrama als Buch. Von Paul Eller. Im Januar erließ die Harry Piel-Filmgesellschaft ein Preis ausschreiben »zur Erlangung guter Filmmanuskripte«. Der erste Preis betrug IVO 000 die andern Preise zusammen SO 000 Wenige Wochen darauf veröffentlichte die Richard Oswald-Film-A.-G. ein Ausschreiben, das einen Preis von 200 000 .« für die beste Filmdramenhandschrift aussetzte. In der letzten Woche des verflossenen Jahres fand in Berlin eine von Stefan Großmann einberufene Versammlung von Filmfachleuten statt, in der die Frage erörtert wurde: »Wie kommt die deutsche Filmindustrie zu guten Filmmanuskripten?-- Die Versammlung ist, das sei nebenbei bemerkt, ohne das gewünschte Ergebnis ge wesen. Das sind einige wenige Tatsachen, die aber deutlich den von der Filmindustrie empfundenen Mangel kennzeichnen. Viel leicht versteht die Filmindustrie unter »guten- Dramenhandschrif- ten häufig solche, die noch nicht dagewesene »Sensationen« bie ten. Aber ein Teil der Filmfabriken hat es gewiß auch auf Hand schriften abgesehen, die vom ästhetischen und vom allgemein menschlichen Standpunkt aus Wertvolles geben. Ist es nun nicht eine auffällige Erscheinung, daß bei der Schaffensfreudigkeit der deutschen Schriftsteller die Filmindustrie unter solchem Mangel leidet? Woran liegt das? Die Filmindustrie trägt selbst die Schuld daran, daß ihr gute Dramenhandschriften nicht oder doch nicht in ausreichender Menge zugehen, daß sich die Schriftsteller mit klangvollem litera rischen Namen und solche, die echte Kunstwerke schaffen wollen, von der Filmindustrie fernhalten. Um die Schuld zu erkennen, ist nur ein Blick auf die Art und Weise nötig, wie da heute die Dramenhandschristen behandelt werden. Heute werden die Dramenhandschriften seitens der Verfas ser nur im Telegrammstil hergestellt. Die Filmindustrie will gar nicht mehr haben, ja es ist ihr sogar erwünscht, noch weniger, nämlich nur die Fabel -des Stückes zu bekommen. , Die Fabel bauen dann die Regisseure nach ihrem Ermessen aus, und an den im Telegrammstil hergcstellten Handschriften nehmen sie Ände rungen, Streichungen, Zusätze vor und bestimmen ganz nach ihrem Gutdünken das Drum und Dran. Ein solches Drama, das durch die Hände eines Regisseurs gegangen ist, hat mit dem Werk des Verfassers oft nur noch geringe Ähnlichkeit, manchmal sogar gar keine mehr. Welcher Schriftsteller, dem es nicht bloß aufs Geld- verdicuen ankommt, sondern der ein echtes Kunstwerk schaffen will, kann sich auf derartiges einlassen? Wer ein Kunstwerk schafft, schafft aus innerem Drang heraus und will, daß das Werk so vor die Öffentlichkeit tritt, wie er es geschaffen hat. Muß da das von den Regisseuren angewandte Verfahren dem Schrist- steller nicht wie eine Verschandelung seines Werkes Vorkommen? Wird mit dem Verfahren den echten Dichtern nicht jede Schaf fensfreude genommen? Hindert mit dem Verfahren die Film industrie nicht selbst die Mitarbeit echter Dichter am Film? — Die Regisseure werden bei ihrem Verfahren von der Über zeugung getragen, daß die Verfasser der Filmdramenhandschrif ten, die nicht gleichzeitig auch Regisseure sind, das so äußerst wich tige rein Optische an den Dramen nicht beherrschen. Das trifft gewiß in den meisten Fällen zu. Aber das rein Optische macht «in Filmdrama noch nicht zum Kunstwerk, dazu gehört auch, daß die Handlung nach den Regeln der Kunst gestaltet ist und daß Handlung und rein Optisches harmonieren. In beiden Richtungen hapert es bet den meisten Filmdramen. Die Regisseure, die mit beiden Füßen im hastenden, nach Gewinn ausspähendcn Geschäfts- leben stehen, können das Filmdrama nach diesen beiden Richtun gen hin nicht den Anforderungen der wahren Kunst gemäß aus- gestaltcn. Die Tatsachen der letzten Jahre beweisen das klar. Da zu bedarf es der Mitarbeit wirklicher Dichter, die in stiller Abge schiedenheit sich in ihren Gegenstand versenken und schaffen. Soll dem Mangel an guten Filmdramenhandschriften abgc- Holsen und das Filmdrama auf die Stufe des echten Kunstwerkes gehoben werden, dann mutz man ein Mittel finden, das sowohl den Dichtern wie auch dcu Regisseuren gerecht wird. Das Mit ! tel ist die Drucklegung der Dramenhandschriften und ihre Ver öffentlichung in Buchform. Das Mittel würde aber nicht bloß den angedeuteten Vorteil haben, es würde auch sonst noch der Filmindustrie zu einem bedeutsamen Aufschwung verhelfen. Die Drucklegung müßte in der,Form geschehen, die sie vom Dichter erhalten hat. Das Drama dürfte dann natürlich nicht mehr im Telegrammstil abgefaßt sein, es müßte die Gedanken in bester Prosa geben und alle Einzelheiten sorgfältig malen, sodaß jedermann das Ganze auch ohne Laufbild genießen könnte. Mit der Veröffentlichung in Buchform gibt man den Dichtern die Gewähr, daß ihre Werke so vor die Öffentlichkeit treten, wie sie sie geschaffen haben, freilich aber nur gedruckt, das reicht jedoch hin, dem berechtigten Verlangen der Dichter Genüge zu tun. Wie die Sprechbllhne bei der Aufführung von Dramen oft sehr einschneidende Abänderungen vornimmt, so müßte auch den Regisseuren bei der Herstellung der Filmdramen die Vornahnie von Abänderungen gestattet sein. So ausgesührt, wirkt die Veröffentlichung der Dramenhand schriften in Buchform ganz von selbst auf eine Veredelung des Filmdramas hin. Beim Filmdrama sind heute eigentlich nur die das rein Optische betreffenden Kunstregeln ausgebildel. Die Kunstregeln der Handlung und die Kunstregeln für die Harmonie zwischen Handlung und rein Optischem sind noch recht unent wickelt. Denen, die die Regeln schaffen könnten, fehlte eben bis heute die Möglichkeit der Mitarbeit. Liegen erst einige Film dramen in Buchform vor, dann kann jeder Dichter in seiner stillen Klause an den Dramen die Regeln der Kunst studieren und kann sie weiter ausgestalten. Beim Besuch von Vorführungen in den Lichtspieltheatern kann er das nicht, weil da das Verweilen bei einer Einzelheit und das Sich-Versenken in sie nicht möglich ist: der Film zieht zu rasch am Auge vorüber. Ferner fordern die zwischen dem gedruckten Drama und dem Filmdrama etwa vor handenen Unterschiede die Kritik geradezu heraus: Sachkundige (Ästhetiker, Literarhistoriker u. a.) werden Erörterungen darüber anstellen, ob der Dichter, ob der Regisseur das bessere Kunstgefühl gehabt hat, und wie die Sache etwa besser zu machen gewesen wäre. Auch werde» die Dozenten an Akademien und Univer sitäten nicht verfehlen, die neue Kunstgattung als Arbeitsfeld zu betrachten. So werden mit der Veröffentlichung des Film dramas in Buchform dem Filmdrama eine Menge kundiger Kräfte gelvonnen, die alle auf das Ziel seiner Veredelung zustreben. Mit der Ausgestaltung des Filmdramas zu einer neuen Gat tung echter Kunst gibt man dem heutigen breiten Unterbau der Durchschnittsdramen, die für die breite Masse der Bevölkerung berechnet sind und die immer nötig sein werden, einen Aufbau, eine Spitze. Dadurch wird das Filmdrama dem Sprechdrama ebenbürtig. Der Markt für das Filmdrama wird erweitert, in dem ihm die ästhetisch gebildeten Schichten der Bevölkerung ge wonnen werden. Der ästhetisch Gebildete vermeidet es heute im allgemeinen, die Lichtspieltheater aufzusuchen. Bei der Selten heit von Filmdramen, die vom allgemein menschlichen und vom ästhetischen Standpunkt aus gut sind, fühlt er sich durch die Vor führungen nur zu oft abgestoßen. Schasst man aber gute Dramen in größerer Menge, so werden ganz von selbst in jeder größeren Stadt ein oder zwei Theater sich nur auf gute Filmdramen ein- stellen, und sie werden aus den Schichten der ästhetisch Gebilde ten ihre ständigen Besucher heranziehen. 'Der Filmmarkt fände so in örtlicher Richtung eine Ausdehnung. Der Filmdramenmarkt würde aber auch in zeitlicher Richtung erweitert, und zugleich würden die Lichtspiellhcaterbssitzer von den Verleihern unabhängiger gemacht. Um beides zu erkennen, ist es nötig, einen Blick auf die Organisation des Filmdramen- vertriebes zu werfen: Die Filmfabrik verkauft die hergestellten Positive an Filmverleiher. Deutschland ist in eine Anzahl von Verleihbezirken geteilt (Ost-, Nord-, Mittel-, West- und Süd deutschland). Der Verleiher, der ein Filmpositiv kauft, erwirbt damit für seinen Bezirk das Monopol der Filmvorführung. Um aus dem Verleihgeschäft einen Gewinn herauszuschlagen, ist der Verleiher bestrebt, den Film in möglichst kurzer Zeit an möglichst viele Lichtspieltheater zu vermieten. Am liebsten ist es ihm, wenin der Film von ihm aus an ein Theater und dann von Theater zuk Theater läuft, ohne zwischendurch zu ihm zurückzukommen. Ist das Positiv abgespielt (durch die häufigen Vorführungen verreg-
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