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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 17.10.1881
- Strukturtyp
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- 1881-10-17
- Erscheinungsdatum
- 17.10.1881
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- Deutsch
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r40, 17. October. Nichtamtlicher Theil. 4547 Arnold Böcklin illustrirt würde. Das gäbe Sphärenmusik nach meinem Sinn, und alles was darunter oder darüber ist, das ist von Uebel." — Nun, es ist thöricht, so scharf ins Gericht zu gehen! Wir haben illustrirte Werke, die sich sehen lassen können, und als das beste nach jeder Richtung hin ist ohne Zweifel Kaulbach's Reineke Fuchs zu bezeichnen, wenn auch die Kaul- bach'schen Gestalten zuweilen in allzu menschlicher Gestalt uns gegenübcrstche». Die Fabel indessen, welche den Thieren die menschliche Sprache verleiht, gestattet auch dem Zeichner den größtmöglichen Spielraum und Kaulbach's ganze jugendliche Frische ist in diesem Werke niedergelegt, eine Liebe zur Sache, wie sic in keinem seiner späteren Werke, am wenigsten in „Goethe's Fraucngestalten" zu suchen ist. Hat man das bcstillustrirte Werk genannt, so muß man auch das schlechteste nennen, und das ist nach meiner unmaß geblichen Meinung der bekannte Ekkehard-Cyklus verschiedener Künstler, der den gefeierten Scheffel so verstimmt hat, daß er die Lust zu einen, neuen Roman verloren haben soll. Bei diesem Cyklus ist der unbegreifliche, ja mau darf sagen unverzeihliche Vandalismus begangen worden, die einzelnen Blätter von ver schiedenen, in ihrer Richtung zum Theil gar nicht verwandten Künstlern Herstellen zu lassen. Ein Werk, das so aus einem Guß geschrieben, hätte auch aus einem Guß von einem einzigen Künstler illustrirt werden müssen. Wenn die Herzogin Hadewig und die muntere Praxedis auf dem einen Blatte von Liezenmayer, aus dem andern von Schraudolph, auf dem dritten von Flüggen, Herterich rc. dargestcllt werden, so macht das ungesähr den Ein druck, als wenn man bei einer Faustaussührung das Gleichen im ersten Act von einer Heroine, im zweiten von einer Lieb haberin, im dritten von einer Soubrette darstellcn ließe. Obrig keit und Publicum haben natürlich bei solchen Kunstscandalen nichts einzuwenden. Unsere Zeit ist arm an guten Illustratoren, das heißt an solchen, die sich dem Geiste des Autors geschickt anzupassen verstehen. Liezenmayer's Faust, ein mit so eminenter Opfersreudigkeit des Verlegers hergestelltes wahres Prachtwerk, krankt an der mangelnde» Einheitlichkeit der Gestalten und an der schwankenden Charakteristik der Hauptpersonen, dennoch ist er dein, Publicum beliebter als der Kreling'sche Faust, welchem von Künstlern wiederum der Vorzug eingeräumt wird. Beiden zusammengenommen aber fehlt jene liebevolle Anlehnung an Goethe, welche seiner Zeit Engelbert Seibertz, obschon mit großen Mängeln in der Zeichnung, bekundet hat. Kaulbach's Faust rcsp. dessen sämmtliche Frauengestalten sind eine Convenienzmalerei, bei der der große Meister mehr an seine Modelle und an das Publicum als an Goethe gedacht hat, sein Faust ist ein Helden tenor, sein Gleichen so wenig ein deutsches Bürgermädchen, wie es seine Dorothee ist, welche letztere Ramberg, der Meister der Idylle, in wahrhaft mustergültiger Weise hingestellt und über flügelt hat. Als fünfter Faustillustrator erscheint Gabriel Max, dessen Zeichnungen als solche sehr geistreich, aber keine Faust illustrationen sind. Sein Gleichen vor der Mater dolorosa, das mit seinen Worten „O neige du Schmerzensreiche" unsere ganze Sympathie, unser Mitleid und Rührung erwecken soll, gleicht eher einem Mädchen, das einem Pariser Casv-chantant entlaufen ist, als jener kindlich rührenden Erscheinung. Die übrigen Dar stellungen erschrecken durch den diesem Künstler eigenen Hang zur Melancholie, Gebilde, deren Vorbilder in Krankenhäusern und Leichenhalle» ihre letzte Zuflucht gefunden. Der Engländer hat für diese Art der Darstellung, so geistreich die Technik auch sein mag, einen Ausdruck, der uns Deutschen nicht immer und nicht zur rechten Zeit geläufig ist: sdocüinz!— Mit Schwind, Ramberg und dem ergrauten Ludwig Richter ist ein gut Theil Jlluftrationslust schlasen gegangen, das kommt hauptsächlich daher, weil die neuere Kunst überhaupt lieber mit dem Farbentopf arbeitet und nur dem Drängen der Verleger nachgibt; es wird dann aber auch meistens danach. Geradezu unbegreiflich sind die Künstler mit ihren Arbeiten, welche sich in neuerer Zeit über Lessing hergemacht haben. Bendemann's Nathan der Weise mag ja noch eben passircn, aber Watter's Minna von Barnhelm und die Benstnger'sche illustrirte Lessing-Ausgabc geben uns manches zu denken, und man sieht ihnen „die bestellte Arbeit" so recht aus den ersten Blick an; ebenso bedenklich in seiner phantasie lose« und unkünstlerischen Auffassung ist Bode's Wintermärchen. Bestellte Illustrationen fördern selten etwas Gutes zu Tage, weil sie nicht aus der freien Initiative des Künstlers selbst her vorgegangen sind. Moritz von Schwiud's reizende und entzückende Illustration zu Ritter Curt's Brautsahrt »ach Goethe enthält deshalb auch mehr Seele und Leben, wie der ganze neuere Wust von sonstigen Goethe-Illustrationen zusammengenommen, doch ist diese Jllustrationssabrik sür gegebene Motive ja noch nicht so gefährlich, als wenn das Gegentheil eintritt, nämlich nach einem vorhandenen Bilde einen Stoff zu schreiben, wie es ja auch schon in neuerer Zeit vorgekommeu ist. Es ist nicht zu leugnen, daß der Verleger oft viel bessere Ideen hat, als der Künstler; der Verleger ist von Hause aus viel belesener und hat einen größeren Gesichtskreis, was und wie es dem Publicum zusagt. Wenn nur der Künstler immer so wollte, wie es aus der Verlegerphantasie herauskommt! Die Freytag-Gallerie zum Beispiel zeigt uns in ihrer ganzen Durchführung den Kamps des Verlegers mit seinen Mitarbeiter», bei ihm war gewiß der beste Wille vorhanden, aber das Werk in seinem Zusammenhänge zeugt von einer ge wissen Zerfahrenheit, einer wenig einheitlichen Gestaltung, die man in Anbetracht des guten Gedankens nur beklagen muß. Auch die Reuter-Gallerie von Conrad Beckmann, obschon sie wenigstens in allen Blättern eine Handschrift zeigt und aus einem sür die Sache selbst sehr cnflammirten und gemüthvollen Künstlerherzen entsprungen, steht nicht aus der Höhe, wie man sic nach dem Leben in Reuter'schen Schilderungen erwarten kann. Beckmann ist kein Landsmann Rcuter's, das kennzeichnet die Situation. Reuter, obschou in allen deutschen Landen gelesen, in den plattdeutschen Provinzen vergöttert, kann in seinen ge- müthstiesen und humorvollen Partien nur von einem Mecklen burger oder einem Vorpommerancr richtig erfaßt und verstanden werden, denn das plattdeutsche Idiom der engeren Heimath Rcuter's hat besonders in seinem Gefühlsleben Wendungen, Ausdrücke und Culturmomente, die ein Holsteiner, Hamburger oder ein Han noveraner wie Beckmann nicht mehr richtig erfaßt. Beckmann's Darstellung in der Charakteristik ist deshalb »»vollkommen, es fehlt vor allem der seelische Typus und der mit der Schilderung so eng verwobene Habitus altmccklcnburgischer Gestalten. Künstler wie Schwind oder Vauticr und neuerdings Thumann würden sich niemals an eine Ausgabe gewagt haben, deren Lösung sie nicht durch vorheriges gründliches Studium gesichert wüßten. Vautier hat uns das in seinem „Oberhos" und „Barfüßele", Thumann in seinem „Enoch Arden" gezeigt. Letzterer ist überhaupt mit seiner ganzen Seele bei der Sache, es ist nicht die kalte Be rechnung, sondern das warme Mitempfinden mit dem Autor, was seinen Zcichenstist führt. Wir werden aus illustrativem Gebiete noch viel Gutes von diesem Künstler zu erwarten haben, und es ist nur zu wünschen, daß all die Anniuth, Geschicklichkeit und Liebenswürdigkeit dieses Nachfolgers eines Schwind und Richter nicht zu sehr unter dem Marterinstrument der Holz schneider leide. Das Capitel von der Xylographie ist überhaupt nicht das erquicklichste. Derselbe Künstler, welcher mir lieber ein Paar Stiesel angemessen, als eine Zeichnung machen wollte, brauchte auch eines Tages das geflügelte Wort: „Vom Erhabenen «28*
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