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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.11.1881
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- 1881-11-30
- Erscheinungsdatum
- 30.11.1881
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6474 Mchiamtlicher Theil. 276, 36. stiovemieb. Unbrauchbarmachung der bei den Interessenten Leo und Linderer mit Beschlag belegten Exemplare abgelehnt. Indem cs davon ausgeht, daß der unzüchtige Charakter der Schrift durch das oben erwähnte Urtheil des Stadtgerichts vom 1l. Juli 187g rechtskräftig fcstgestcllt sei, erachtet das Gericht den Antrag der königl. Staatsanwaltschaft an sich für unbedenklich zulässig. Die Ablehnung des Antrags, soweit derselbe sich aus die bei Leo und Linderer in Beschlag genommenen Exemplare bezieht, inoti- virt der erste Richter in folgender Weise: Beide Personen seien im Jahre 1874 wegen Verbreitung unzüchtiger Schriften, darunter auch der „Memoiren August des Starken" unter Anklage gestellt. In dem daraus ergangenen Urtheil des vormaligen Stadtgerichts zu B. vom 27. October 1874 sei der Inhalt der Druckschrift „Memoiren August des Starken" nicht als ein unzüchtiger erachtet und seien demgemäß die in Beschlag genommenen Exemplare dieser Druckschrift wieder sreigegeben. Allerdings stehe diese Entscheidung in direktem Widerspruch mit dem Erkenntniß des Stadtgerichts vom 11. Juli 1879 gegen W. Allein auch angenommen, daß die Entscheidung vom 27. October 1874 eine irrige gewesen sei, so müsse die selbe doch nach dem Grundsätze no bis in ickem den Buchhänd lern Leo und Linderer gegenüber aufrecht erhalten werden und folge aus diesem Grundsätze, daß die Unbrauchbarmachung auf die in Folge des früheren Urtheils srcigegebcnen, neuerdings aus- gelegten und in Beschlag genommenen Exemplare nicht ausge dehnt werden könne. Die Identität der jetzt in Beschlag ge nommenen Exemplare mit denjenigen, welche in der früheren Untersuchung Vorlagen, unterliege keinem Zweifel. Mit Recht wird diese Begründung von der königl. Staats anwaltschaft als rechtsirrthümlich angesochten. Sieht man zunächst von dem hier vorliegenden Fall des sogenannten objektiven Verfahrens ab und unterstellt man, daß Leo und Linderer, nachdem sie durch Urtheil vom 27. October 1874 wegen Verbreitung der unzüchtigen Schrift „Memoiren August des Starken" deshalb sreigesprochen waren, weil das Ge richt die fragliche Schrift nicht für eine unzüchtige gehalten, nach ergangenem Urtheil wiederum dieselbe Schrift verbreitet hätten, so würde eine wegen dieser späteren Handlung gegen sie er hobene Anklage zweifellos nicht deshalb zurückgewiesen werden dürfen, weil eine früher begangene, wenn auch völlig gleich artige Handlung derselben Personen durch rechtskräftiges Urtheil für straflos erklärt ist. Gegenstand der Strafklage und des Strafurtheils bildet immer nur eine concrcte, d. h. eine zeitlich und örtlich näher bezeichnete Handlung einer bestimmten Person. Daraus ergibt sich, daß die Rechtskraft des Strafurtheils bezw. die Consumtion der Strasklage als Folge des Strafurtheils nur bezüglich derjenigen concreten Handlung eintritt, welche die thatsächlichc Unterlage des Urtheils gebildet hat. Nach A. 184. des Strafgesetzbuchs macht sich Derjenige strafbar, wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen verkauft, vertheilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem Publicum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt. Die strafbare Handlung besteht demnach in dem Verkaufen, Vertheilen u. s. w. einer unzüchtigen Schrift, Abbildung oder Darstellung. Soll daher eine Anklage wegen Vergehens aus Z. 184. des Strafgesetzbuchs erhoben werden, so ist erforderlich, daß eine be stimmte Person des Vcrkaufens u. s. w. einer unzüchtigen Schrift in einem nach Zeit und Ort näher bezeichneten Falle beschuldigt wird. Nur in Bezug aus diesen Fall ergeht das Urtheil. Er- solgt die Freisprechung deshalb, weil das Gericht die verkaufte Schrift nicht für unzüchtig erachtet, so ist damit keineswegs rechts kräftig seftgestellt, daß die Schrift nicht unzüchtigen Inhaltes sei,! sondern nur, daß der Angeklagte sich nicht der in der Anklage nach Zeit und Ort bestimmten Handlung schuldig geinacht habe. Der Grundsatz no bis in iäein führt nur dahin, daß der Ange klagte wegen derjenigen Handlung, wegen welcher seine Frei sprechung (bezw. Vcrurtheilung) erfolgte, nicht noch einmal vor Gericht gestellt werden darf, nicht aber dahin, daß nun für alle Zeiten eine Anklage gegen ihn wegen späterer gleichartiger Handlungen ausgeschlossen wäre. Soweit die Tragweite der Rechtskraft der Strasurtheile und der Grundsatz no bis iu ickom in Frage steht, treffen die vorstehenden Ausführungen auch in den Fällen des Hß. 41., 42. des Strafgesetzbuches zu. Der K. 41. setzt die Vcrurtheilung einer bestimmten Person voraus und zwar wegen einer strafbaren Handlung, deren ob jektiver Thatbestand sich ganz oder theilweise in einer Schrift, Abbildung oder Darstellung fixirt. Für diesen Fall bestimmt der Z. 41, daß im Urtheil auszusprechen sei, daß alle Exemplare, sowie die zu ihrer Herstellung bestimmten Platten und Formen unbrauchbar zu machen sind. Soweit durch diese Maßregel der Angeklagte betroffen wird, hat dieselbe wenigstens zugleich den Charakter einer Nebenstrafe; soweit die Wirkungen dieses Aus spruches sich auf dritte, in tz. 41. Absatz 2. bezeichnete Personen erstrecken, ist dieselbe als eine lediglich präventive Maßregel aus zufassen, welche im Anschluß an die erfolgte Verurtheilung einer bestimmten Person von den Gerichten zu treffen ist. Die Grund sätze über die Rechtskraft des Urtheils und der Consumtion der Strasklage werden aber durch diese Vorschrift in keiner Weise berührt. Wegen derjenigen concreten Handlungen, welche die Veranlassung zur Bestrafung oder Freisprechung eines Angeklagten gegeben haben, kann derselbe nicht noch einmal strafrechtlich ver folgt werden; dagegen wird er unbedenklich wegen einer spä teren gleichen Handlung unter Anklage gestellt werden können und das Gericht wird alsdann, ohne an die srühere Entschei dung gebunden zu sein, auss neue zu prüfen haben, ob die unter Anklage gestellten Handlungen den Thatbestand einer strafbaren Handlung erfüllen. Da nun der erste Richter feststellt, daß die Angeklagten neuerdings, also jedenfalls nach ihrer im Jahre 1874 er folgten Freisprechung, die in der früheren Untersuchung sreige- gebcnen Exemplare der unzüchtigen Schrift wieder öffentlich aus gelegt haben, so folgt ans den vorstehend erörterten Grundsätzen, daß die srühere rechtskräftige Entscheidung gegen die Angeklagten Leo und Linderer sogar einer neuen Anklage gegen die Person des Angeklagten wegen Ausstellung unzüchtiger Schriften nicht entgegengcstanden hätte, vorausgesetzt, daß auch in subjectiver Beziehung die Erfordernisse des Z. 184. des Strafgesetzbuchs Vorlagen. Daraus ergibt sich aber auch mit Nothwendigkeit, daß, wenn eine Verfolgung der Person der Angeklagten nicht ausführbar ist, die frühere freisprechende Entscheidung auch nicht entgcgenstehen kann, in Gemäßheit des ß. 42. der Strafproceß- ordnung wenigstens die Unbrauchbarmachung der Exemplare aus zusprechen, welche zwar infolge der früheren Entscheidung srei gegeben wurden, mit denen aber hinterher eine objektiv strafbare Handlung vorgenommen worden ist. Denn der ß. 42. unter scheidet sich von dem Falle des ß. 41. nur dadurch, daß hier die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar ist. Wäre in dem am 11. Juli 1879 gegen W. ergangenen Urtheil erkannt worden, wie dies nach Z. 41. Abs. I. des Straf gesetzbuchs correcterweise hätte geschehen müssen, daß alle Exem- ! plare der hier in Rede stehenden Schrift unbrauchbar zu machen I seien, so würde es des jetzigen sogenannten objektiven Versah-
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