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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.09.1880
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1880-09-29
- Erscheinungsdatum
- 29.09.1880
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- Deutsch
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3990 Nichtamtlicher Theil. 226, 29. September. er stiehlt zuerst in der auf dem Hosraum, in einem besonderen! Häuschen liegenden, getrennten Wohnung des Verwalters und j dann in dem Herrenhause. Der Diebstahl ist ein einziger, un geachtet der räumlichen Trennung der Oertlichkeit, ungeachtet mehrere Bestohlene vorhanden und ungeachtet mehrere Werth sachen gestohlen sind. Der Thäter wird also nur ein einziges Mal gestraft, woran in der Praxis Niemand zweifelt. Aehnlich verhält es sich bei Injurien, wenn dieselbe Kundgebung mehrere Personen oder eine ganze Reihe von ehrenrührigen Aeußerungen eine Person verletzt. Hören wir darüber Gustav Freudenstein, System des Rechts der Ehrenkränknngcn S. 19: Die Frage, ob eine oder mehrere Beleidigungen vollendet wer den, wenn der Thatbestand sich ans einer Kette von Willensäußerungen znsammensetzt, z. B. fortgesetztes Schimpfen, welche räumlich oder zeitlich auseinandersallen, entscheidet sich wie folgt: Ist Einheit der Thathand- lungen mit Einheit des Entschlusses verknüpft, so liegt auch nur ei» Vergehen vor. Die Continuität (der Zusammenhang) in erster Richtung hört noch nicht dadurch aus, daß Ort und Zeit der Handlung ver schieden sind. Wenn dagegen eine lange Dauer des inmitten liegenden Zeitraumes die einzelnen Kundgebungen trennt und dadurch die sachliche Einheit zerreißt, so wird man auch eine Mehrheit der Entschließungen, folglich der Strasthaten annehmen, es ist also, wenn dasselbe Strafgesetz mehrmals übertreten ist. Reaiconcurrenz vorhanden. Wenn dieselbe Aeußerung mehrere Personen beleidigt, so ist nur eine Injurie vollendet. Dies ist sreilich nicht unbestritten, indem nicht wenige Juristen eine Mehrheit von Delicten und damit die Nothweil- digkeit wiederholter Bestrafung behaupten. Doch kann man wohl der herrschenden Meinung beipslichten; die Sache verhält sich nicht anders, als wenn ein Dieb gleichzeitig mehreren Eigenthümern gehörige Gegen stände entwendet, der Diebstahl ist nur einer. Zieht man aus vorstehender Deduktion für den zur Frage stehenden Fall, ob der Redacteur, Verleger re., der an mehreren Filialen und Bertriebscentren seine Zeitung erscheinen läßt, wegen der darin enthaltenen Preßvergehen auch mehrmals zu bestrafen ist, das Prinzip heraus, so ergibt sich, daß die bloße Verschieden heit des Ortes niemals hinrcicht, um eine Doppelbestrasung zu rechtfertigen. Aber selbst die Verschiedenheit der Zeit kann an sich nicht genügen, um aus den mehrere» zeitlich auseinander liegenden Hand lungen mehrere Thaten, die also dann öfters zu strasen wären, zu machen. Mit Recht bemerkt Schwarze in seinem Kommentar zum Strafgesetzbuch zu Z. 74., S. 274 (vierte Aust.): „Es würde irrig sein, wenn man das Wort »selbständig« nur als das Kennzeichen der äußeren Erscheinung, der zeitlichen Trennung der verschie denen Handlung ausfassen wollte; in dieser zeitlichen Tren nung ist ein ausschließliches Merkmal der Realconcur- renz nicht zu finden." So darf, wenn L. undL. fünfzig Mal und zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten die Ehe ge brochen haben, doch nicht fünfzig Mal die Ehebruchsstrase verhängt werden, sondern die That ist, wie das preußische Obcrtrihunal wiederholt ausgesprochen hat, als eine einzige zu betrachten und nur einmal zu bestrafen. Das preußische Obertribunal hat ferner durch Urtheil vom 17. Februar 1875 ausgesprochen, daß so oft der Inhalt einer Schrift an mehreren getrennten Stellen dasselbe Gesetz Übertritt, z. B. mehrere beleidigende Aeußerungen enthält, doch nur ein Strassall vorliegt, sobald nur die Verbreitung des Preß- erzeugnisses eine einheitliche war. Diese Einheit geht aber dadurch nicht verloren, daß eine Zeitung mehrere Filialen hat. Die gegentheilige Auffassung der Resolution des Juristentages würde dahin führen, auch alle Postanstalten im Reiche, welche im Aufträge der Redaction eine Mehrheit von Exemplaren tagtäglich ausgeben, als solche Verbreitungscentrcn zu betrachten, was dann die (unrich tige) Folge hätte, daß die in der Zeitschrift verübte Missethat so oft begangen würde, als Postanstalten vorhanden sind. Das Resultat ist: Die Einheit des Verbreitungs-Entschlusses salvirt auch die Einheit der That, der gleichzeitige Vertrieb von mehreren Sam melstellen aus verhält sich nur als mehrere Aussührungshand- lungcn desselben Vergehens, gerade so wie die Ausgabe vieler Zeitungen von einer Centralstelle aus trotz dieser Vielheit nur ein einziges Delikt bewirkt, oder wie nur einmal versuchter Betrug vor liegt, wenn an zwei aufeinander folgenden, an mehreren Orten stattfindenden Märkten ein Roßtäuscher verschiedene Kausliebhaber mit einem schlechten Pserde zu betrügen versucht. Nur auf den Gerichtsstand kann die Mehrheit der Ver- triebscentren Einfluß üben, aber doch nicht so leicht und schlechthin, wie die Resolution anzunehmen scheint. Die Reichstagscommission hatte bei Berathung des ß. 7. der Reichsstrafprozeßordnung fol gende Bestimmungen ausgenommen: „Begründet der Inhalt einer Druckschrift den Thatbestand einer strafbaren Handlung, so gilt, soweit die Verantwortlichkeit des Verfassers, Herausgebers, Redak teurs, Verlegers und Druckers in Frage steht, die Handlung nur an dem Orte begangen, an welchem die Druckschrift erschienen ist." Die Commission, welcher der Reichstag und auch die National- liberalen in zweiter Lesung mit großerMajorität beitraten, beries sich auf die Anschauungen einer stimmeneinhelligen Wissenschaft, welcher sich sogardieRechtsprechung des preußischen Ober-Tribunals nicht hatte entziehen können. Die Regierungs-Commissarien dagegen wehrten sich energisch gegen diese Bestimmung, sie wollten mehrfache Gerichtsstände haben, damit man die Presse überall fasse» könnte, namentlich damit Prcßerzeugnisse, welche in anderen Bundesstaaten oder im Auslande erschienen, von preußischen Staats anwälten oder Gerichten abgeurtheilt werden könnten. Zur „wissenschaftlichen Begründung" ihrer Anschauung brachten die Rcgicrungs-Commissaricn im Reichstag cine Menge von falschen Beispielen und Fehlschlüssen vor, deren Unzutreffendhcit aber, wie Schwarze bemerkt, „bereits in den Reichstagsverhandlungen zur Genüge nachgewiesen worden". Da griff man denn, um das Volks- und Rechtshewußtsein, um eine geläuterte und stimmenein hellige Wissenschaft, sowie eine sogar von dem doch gewiß zur Staatstreue inclinirenden preußischen Ober-Tribunal befolgte Praxis aus de» Angeln zu heben, von Seiten der verbündeten Re gierungen zu dem bewährten Druckmittel, daß man den fraglichen Punkt als unbedingt unannehmbar erklärte. Sofort waren die Compromißmacher an Ort und Stelle; denn es galt hier einen freiheitlichen Gedanken und seine gesetzliche Sanctionirung preis zugeben und in dritter Lesung verschafften die national- liberalen Compromißfaxe der Regierung eine er drückende Majorität, wodurch der von ihnen in zweiter Lesung gutgeheißene Commissionsbeschluß abgelehnt worden ist. Freilich ist der Schaden nicht so groß, wie er vielleicht gedacht wurde und wie. er aussieht. Denn an dem in obigem Commissions- beschlusse niedergelegten Rechtssatzc hält trotzdem, daß eine aus drückliche Gesetzesbestimmung ihn nicht ausspricht, die Rechtstheorie und Praxis nach wie vor fest. Es gilt noch immer, wie das Ober- Tribunal wiederholt erkannte: „daß die Strafbarkeit aller Ver brechen und Vergehen, welche durch die Presse begangen werden, mit dem Zeitpunkt der Veröffentlichung, mithin an dem Orte be ginnt, wo die Veröffentlichung stattfindet, und daß die Verbrechen und Vergehen an anderen Orten, wohin das Preßerzcugniß später gelangt, weder fortgesetzt noch wiederholt werden, sondern nur Wirkungen, welche nicht mehr zum Thatbestande des Preßver- gehens gehören, äußern können." Dieser Ort der Veröffentlichung ist nun nach der richtigen und von uns vertretenen Ansicht nur einer, nämlich der Sitz derjenigen
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