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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.09.1880
- Strukturtyp
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- Band
- 1880-09-27
- Erscheinungsdatum
- 27.09.1880
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- Deutsch
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224, 27, September, Nichtamtlicher Theil. 3949 Die Seele des Ganzen war Eduard Hallberger — das Muster des vollendeten Wirths, Seine ruhige Freundlichkeit gegen Jedermann, seine stets ausgeglichene Laune und wahr hafte Herzlichkeit bestimmten den Grundton. Für einen jeden seiner Gäste hatte er ein ersreuliches Wort, gegen einen jeden wußte er sich irgendwie ganz besonders artig zu erweisen. Es war mir rälhselhast, wie er nebenbei noch die Zeit fand, sich um andere Dinge als um die Erfüllung der Ausgaben, die er sich als Hausherr stellte, zu bekümmern. Aber vollkommen von der geschäftlichen Karre auszuspannen vermochte der Rastlose freilich nicht. Es war ihm ein Bedürs- niß, sich jeden Vormittag aus einige Stunden in sein Arbeits cabinet zurückzuziehen, Ich erfreute mich der Auszeichnung, von ihm bisweilen eingeladen zu werden, ihm dahin, — in dieses Zimmer, das allein den Gästen nicht offen stand, — zu folgen; und niemals habe ich von einem Manne so den Eindruck des großartigen Geschäftsmannes gewonnen, wie von ihm, wenn ich ihn da controliren, disponiren und decretiren sah und hörte. Sein Kopf arbeitete rastlos; selbst inmitten der geselligen Zerstreuungen, die uns Andere völlig in Anspruch nahmen, gönnte sich die wunderbare Maschine, die man Gehirn nennt, keine Ruhepause, Eine jede, auch die flüchtigste Anregung reagirte bei ihm, und nach Stunden, oft auch erst nach Tagen kam er darauf zurück. Wie oft habe ich beobachtet, daß irgend eine meiner Aeußerungen, die ich, während wir in den schattigen Gängen des Parks auf- und abwandelten, ganz achtlos hin- geworsen hatte, auf fruchtbaren Boden gefallen war und als bald answucherte. Idee drängte sich bei ihm an Idee, Er ge hörte zu jenen bevorzugten Unbefriedigten, die „immer strebend sich bemühn", die in unausgesetztem Kamps sich täglich das Da sein und die Freiheit erobern — zu jenen Auserwählten, denen Goethe's „Faust" die Erlösung zugcsichert hat. Sein geschäftlicher Ehrgeiz war im reinsten Sinne unersätt lich, Es reizte ihn, alles was er sah und woran er Gefallen fand, selbst in die Hand zu nehmen und zu glücklichem Gelingen zu führen, Ueber ein Dutzend Sachen haben wir gemeinsam gesprochen, und eine jede erregte seine wärmste Theilnahme und entfachte in ihm die Lust, sich ernsthaft mit ihr zu befassen. Er hätte gern ein Blatt wie die „Gegenwart" herausgegcben; als wir den Prospect von „Nord und Süd" veröffentlicht hatten, sagte er mir bei unserer letzten Begegnung in Stuttgart, zwar mit feiner gewohnten Herzlichkeit aber doch auch mit einem leisen Vorwurf: „weshalb haben Sie mit mir nicht vorher davon ge sprochen? Ich habe ja längst eine solche Idee mit mir herum getragen!" Aber freilich — auch das muß gesagt werden — zwischen der Conception der Idee und deren Ausreisen zur That lag bei ihm zuweilen ein gut Stück Weges, So Manches, für das er sich zunächst erwärmt hatte, ließ er bald fallen. Nahm er aber einmal etwas in Angriff, so ging er auch, unterstützt von seinem Bruder Carl, energisch auf das Ziel los, und er ruhte und rastete nicht eher, bis er es erreicht hatte, Carl's Natur war die glücklichste Ergänzung der seinigen, Carl war weniger empfindlich, weniger sanguinisch, stetiger und ruhiger. Zwischen den beiden ausgezeichneten Geschäftsmäuneru herrschte in allen großen Fragen völlige Eintracht, Dabei be stand zwischen den Brüdern die herzlichste verwandtschaftliche Innigkeit, Den Norddeutschen berührte das trauliche und zärt liche ,,mei' Eduard" und,,mei' Carl", in dem die Brüder nach süddeutscher Art von einander sprachen, sehr anmuthend, Carl Hallberger ist ganz der Mann, um das großartige Geschäft, dessen Verwaltung er für die Hinterbliebenen ange treten hat, aus der hohen Stufe zu erhalten, auf die es durch die vereinten Anstrengungen der beiden Brüder gehoben worden ist. Aber wenn auch, wie wir Alle hoffen wollen, das Dahin- scheiden des Begründers der Firma den von ihm im Verein mit seinem Bruder geschaffenen Werken einen wahrnehmbaren geschäftlichen Schaden nicht zufügt, der Verlust, den die Familie, die Freunde zu beklagen haben, wird dadurch nicht vermindert. Der Tod, der den immer Denkenden und Schaffenden tückischer Weise am Gehirn getroffen, hat uns einen genialen, edlen und guten Mann geraubt, einen bedeutenden und liebenswerthen Mann, der durch die Vornehmheit seiner Gesinnungen und Hand lungen den Neid und die Verleumdung entwaffnet und Schätze angesammelt hat, die nieuials durch einen unsaubern Hauch be sudelt worden sind, „Das nächste Jahr in Tutzing!" hieß es in dem letzten Briefe, den ich vor kaum drei Wochen von dort empfing. Das nächste Jahr! Kämen wir da znm Stelldichein, der Beste würde doch fehlen. Paul Lindau, Unsere Weihnachtskataloge. Entgegnung, Wenn der „alte Sortimentshändler, der über 25 Jahre lang hinterm Ladentisch gestanden hat" und von dort aus seinen jüngeren Collegen eine gute Lehre geben zu müssen glaubt, nur ein einziges Mal im Jahre seinen stillen Posten verlassen hätte und in die laute Welt getreten wäre, so würde er sicherlich Zeit, Tinte und Drucker schwärze gespart und die Entdeckung gemacht haben, daß sein weiser Rath längst, ja schon vor Erfindung der Weihnachtskataloge, von einer stattlichen Anzahl strebsamer Collegen in ausgiebiger Weise befolgt wird. Ja er würde zu der ihn gewiß überraschenden Be obachtung gelangt sein, daß diese fortschrittlich gesinnten Collegen keineswegs einen so gründlichen Widerwillen gegen den Jnseraten- ballast empfinden, wie er, daß sie vielmehr sehr eifrig bemüht sind, den Verlegern die Vortheile der Publicität ihrer Local- und Special- vertriebsmittel (zu denen sich neuerdings auch die Journalzirkel- Pappdeckel gesellt haben) plausibel zu machen, und durchaus keine Furcht hegen, daß irgend einem capriciösen Kunden der böse Ein fall kommen könne, ein Werk zu bestellen, welches nicht die Ehre hat, zu der privilegirten Schaar der Lagerartikel zu gehören. Da, wer als öffentlicher Rathgeber auftritt, gewiß auch gern öffentlichen Rath anzuuehmen geneigt ist, so glaube ich nichts Unge bührliches zu thun, wenn ich dem ungenannten Herrn Collegen, dem ich noch weitere 25 Jahre hinter dem Ladentische von Herzen gönne, hiermit sreundlichst anempsehle, künftighin, ehe er öffentlich über eine Sache aburtheilt, sich das Object seines Urtheils doch etwas genauer anzusehen und dasselbe nicht bloß auf den Namen, sondern auch auf das Wesen hin zu prüfen. Er würde dann z, B, finden, daß der von mir seit nunmehr 10 Jahren herausgegebene sog, Weihnachtskatalog denn doch etwas Anderes ist, als eine beliebige Zusammenstellung von Büchertiteln mit einem daran gehängten Jnseratentheile; er würde vielmehr in dem 60—70 enggedruckte Petitspalten (ca, 8 Bogen kl, 8, Corpus) füllenden „Literarischen Jahresberichte" etwas entdecken, was zwar Leute, „denen eigenes Urtheil und eigene Kenntnisse abgehen", sehr wenig rühren kann, aber ernsten Literaturfreuuden und vielleicht selbst erfahrenen Sor timentern zu Nutz und Frommen dient. Möglich sogar, daß ihm bei weiterer Anstrengung seines Scharfsinnes der Preis von 16—20 Pfennig, den der Sortimenter in manchen Fällen mit Gewinn wieder einhcimst, als ein Spottgeld erscheint, dessen Ausgabe auch dem strengsten Haushalter kaum jemals ernste Gewissensbisse zu verursachen geeignet ist, Leipzig, 14, September 1880. E, A, Seemann.
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