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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 10.11.1927
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- 1927-11-10
- Erscheinungsdatum
- 10.11.1927
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- Deutsch
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X- 262, 10. November 1927, Redaktioneller Teil. nchmern und Leitern gefördert werden muß, hat für mein Ge fühl am besten Herr Kurtz in seinem Referat über die -Organi sation des Verlags« als These 4 formuliert. Diese Formulie rung sollte der Leitstern sein, unter dem weitere Kurse — mit Hilfe des Bönsenvereins — stattsindcn. Denn diese Formu lierung schließt alles in sich, was heute an Erfahrungssätzcn be reits gesagt werden kann: -Die Arbeit ist unser, nicht wir sind der Arbeit«, Theodor Marcus, Das Beispiel und die Bedeutung einer Duchwoche. Bon Hanns Marlin Elster. Wir wissen, das; das gute Buch seit Jahren in einem schweren Existenzkampf steht. Das Buch, das sich den Wünschen und Trieben eines kinobegcistcrtcn, scnsationsgierigen Publikums unterwirst, das der Ausländer«:!, einer äußerlichen Abentcuersuchl, kriminellen Instinkten, erotischen Vorstellungen Vorschub leistet, be herrscht heute gewisse Teile des Buchmarkts. Dazu kommt, daß eine unübersehbare Überproduktion es dem Publikum immer uumöglicher macht, sich zu orientieren. Der Erfolg der Qualitätsproduktion wird dadurch ebenfalls gehemmt, denn nun muß das Publikum sich wie vielfach sogar bereits der Buchhändler selbst an äußerliche Merkmale halten: dies bedeutet aber ein weiteres Sinken des Niveaus. Je stärker aber das seichte Buch vorherrscht, desto katastrophaler sinkt auch die Achtung vor dem Buche, die Liebe zum Buch; immer mehr Meuschcu entfremden sich so dem Buche als Lebenswerte: damit wird die Krisis auf dem Buchmarkt immer stärker, sodaß die Gefahr heraufzieht, das werthaltige Buch werde schließlich so gut wie völlig aus dem Gesichtskreis des Volkes ver schwinden und nur wenigen ausevwählten Schichten Vorbehalten bleiben. Alle einsichtigen Kreise arbeiten hier ja bereits mit allen möglichen Einfällen und Mitteln, um Abhilfe zu schaffen, aber immer wieder stellt es sich heraus, daß gerade das gute Buch seine Freunde nicht durch laute Reklame zu finden vermag, Laß viele alte Mittel, wie z. B. die Vorleseabcnde der Dichter, das gesamte Vortragswesen, infolge des Radios nicht mehr durchgreifen, daß neue Wege ge gangen werden müssen. Einen solchen neuen Weg scheint mir die nun schon über hunderl- undfünfzig Jahre alte Verlags- und Sortimentsfirma G. D. Bae deker in Essen mit ihrer »B a e d e k e r w o ch e« anläßlich der Einweihung ihres wundervollen, großen Geschäftshauses im Zentrum des Judustriebezirks gefunden zu haben, sodaß eine genaue Erörte rung im Interesse des deutschen Geisteslebens überall geboten sein dürfte. Das Buchproblem unserer Tage trat hier besonders klar in Erscheinung: im rheinisch-westfälischen Kohlen- und Eisenland ist die Macht des Materiellen eine natürliche Selbstverständlichkeit. Wie sollte gegen dieses wirtschaftliche Übergewicht der materiellen Welt das Geistige aufkommen? Dies war die Frage, die beantwortet werden mußte, lind Alfred Baedeker, der jetzige Chef des Hanfes, fand die Antwort mit Führerinstinkt: das Geistige mußte wirken durch die Menschen, die sich dem geistigen Schöpfertum ver schrieben haben. Baedeker veranstaltete also zur Einweihung und eine Woche hindurch im Anschluß daran eine B u ch w o ch e, aber nun nicht nach materialistischem, mechanischem Prinzip, indem er uns Aus stellungen, Tabellen, volkswirtschaftliche Tafeln usw. vorsetzte, sondern indem er die Schöpfer des Buches, die Menschen des Buches, das blutvollstc Buchleben, wenn ich so sagen darf, mitten unter die Jndnstriemcnschen stellte. Er ries die rheinisch-westfäli schen Dichter und Gelehrten zur Feier und für eine Buchwochc zu sammen: es kamen Josef Ponten, Josef Winckler, Alfons Paquet, D. H. Sarnetzki, Prof. I. Hashagen, Prof. Eugen Lüthgen, A. v. Hatz feld u. a. m., und aus der Buchwochc wurde somit plötzlich eine Tagung des lebendigen rheinisch-westfälischen Geistes, eine Repräsen tation des heutigen Dichter- und Gelehrtentums im Rheinland. Dabei war nicht das Prinzip der Vollzähligkeit, kein irgendwie materielles Moment ausschlaggebend, sondern allein das Gewicht der schöpfe rischen Persönlichkeit, die sich in die Gegenwart stellt und zur Qualität der Kunst, der Wissenschaft um des Geistigen willen bejahend, kämpfend steht. Die Dichter, die Gelehrten, die Schriftsteller traten daun, mit voller Redefreiheit, als Vorkämpfer, als Zeugen für das gute Buch auf: sie setzten ihr Menschentum am Eiuweihungstage wie au den folgenden Vorlesungsabenden so- 1324 wie bei den immer neuen geselligen Zusammenkünften voll ein, weckten dadurch den Menschen im Zuhörer, im Freunde des Buches und gewannen menschliche Beziehungen zum Buch und seinen Schöpfern. Der Erfolg war so stark, daß das, was allen Werbungen meist versagt ist, hier erreicht wurde: eine innere Verantwortlichkeit, ein warmes Gefühl, ein menschliches Sicheinsetzcn des Publikums für das gute Buch. Hier wurden nicht etwa nur Leser, Käufer, sondern vor allem Menschen mit ihrem inneren, seelischen, persönlichen Leben dem Buche gewonnen, hier wurde das Herz wieder für das Buch erobert. Somit scheint mir denn die Baedckcrwochc in Essen, zumal da Alfred Baedeker beschlossen hat, solche lebencrsüllten Buchwochen von Zeit zu Zeit zu wiederholen (natürlich mit wechselnden Dichter gruppen, mit immer neuen Wegweisungen nnd Geistwirkungcn), ein bedeutungsvolles Beispiel dafür zu sein, wie mau im heutigen ameri kanisierten Leben der Zeit dem guten Buche wieder Menschen erobern kann. Ich kann mir denken, daß in jedem Zentrum deutschen Lebens Buchhandlungen kräftig und gcgenwartsfrisch genug sind, solche Buchwochen einmal im Jahre als Tagungen des guten Buches, des im Buche offenbarten Menschentums zu veranstalten. Ich kann mir denken, daß jedes Zentrum zuerst einmal, wie Baedeker in Essen, an seine Heimatwelt anknüpft: also Königsberg i. Pr. die ost- preußischen Dichter von schöpferischem Werte, Breslau die schlesischen, Freiburg i. Br. die badischen usw. zusammeuruft, dcu Zusammen tritt der heimatlich verbundenen Gelehrten, Dichter, Schriftsteller belebt durch Hinzuziehung führender Persönlichkeiten aus anderen Landestcilen, die Repräsentation erhöht durch die Mithilfe offizieller Körperschaften u. a. m. Kurzum: es ist sicher möglich, daß die Buch wochen zu den Sammelpunkten aller Liebe zum Buche, aller Kämpfe um das gute Buch, aller Bejahungen des schöpferischen Geistes in der Gegenwart werden. Haben die Bibliophilen in ihren alljähr lichen Vcreinstagungen, die Goethe-, die Jean Paul-, die Kleist- gesellschasteu an ihren Generalversammlungen für ihre besonderen bibliophilen, Goethe-, Jean Paul-, Kleist-Zwecke nicht selbst Ähnliches stets durchgesührt und dadurch die Liebe zu ihren Einzelzielen lebendig erhalten, über alle Krisen hinweg vertieft? Warum soll also das lebendige Buch der Gegenwart nicht dasselbe vermögen? Es bedarf nur des tatkräftigen Willens, durch die M e n s ch c n, die das Buch schaffen, das Herz der Menschen, die das Buch liebeu und lesen sollen, zu gewinnen: gehört das Herz nur einiger Menschen erst wieder voll und ganz mit der Glut der menschlichen Liebe dem guten Buche, dann ist uns um dcu Weg des guten Buches nicht mehr bange, denn die Liebe setzt sich immer durch. Darum möchte ich zur Nachfolge aufrusen: schafft Buchwochen nach dem Beispiel, das in Essen mit so reichem Erfolge gegeben wurde, freilich nicht schematisch, sondern aus der innigen Liebe zum Buche, zu seinen Schöpfern und zu dem heimatlichen Menschentum, gewinnt so dem Buche neu des Menschen Herz, — dann ist das Schicksal des guten Buches wieder das Schicksal eines Volkes im Ausstieg. Neue Musenkinder der Zunft. Von Kurt Loele. Wieder hat sich auf meinem Schreibtisch ein Häuslein Bücher an gesammelt, verschieden in Größe, Aussehen und Umfang, noch ver schiedener im Inhalt. Nur das eine haben sie gemeinsam: sic sind entweder Geistesschöpfungen von Buchhändlern, oder die geistige Schöpferkraft eines Buchhändlers war bei ihnen am Werke. Un willkürlich überkommt einen das Verlangen, über das, was hier an Gesichtern herausschaut, hinauszugreifen und die Verfasser wirklich kennen zu lernen. Eine solche Bekanntschaft könnte dem Beurteiler iu mancher Beziehung dienlich werden. Man könnte vielerlei aus dem Lebens- und Entwicklungsgang der Verfasser, vielerlei auch aus ihrer Umgebung erklären und würde an Verständnis für das Werk gewinnen. Dem Lyriker könnte man auf den verschlungenen Pfaden seiner Impressionen besser folgen, dem Dichter der Legende in den Garten seiner Phantasien nachschleichen. Die Erlebnisse des Forschungsreiscnden aus dessen: eigenen Munde zu vernehmen oder den Führer der Jugendbewegung über seine Bestrebungen reden zu Hören, müßte besonders reizvoll sein. Mit dem Humo risten möchte man sich in einer gemütlichen Wirtsstubc beim Glase Wein zusammenfinden oder auch mit dem Mcnschheitsvcrbesserer, der die soziale Frage lösen will oder gelöst hat (vorausgesetzt, daß er kein Antialkoholiker ist). Mit den Freimaurern, Sammlern und Kompilatoren möchte man ihr Steckenpferd reiten. Da aber Zeit und Raum dazwischenstehen, muß mau sich mit dem wenigen Per sönlichen begnügen, was einem der Zufall in die Hände gespielt hat, oder dem, was das Werk selbst offenbart.
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