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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.08.1922
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- 1922-08-19
- Erscheinungsdatum
- 19.08.1922
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Redaktioneller Teil. X- 193, IS. August 1922. an Baden vorüber. Die kluge Politik des alten, welterfahrenen Fürsten verstand es, bas Wohlwollen des Korsen für sich zu ge winnen und es gelang ihm sogar im Oktober 1805') von Napoleon die Zusicherung besonderen Schutzes sür die Universität zu er langen. So konnte sich die Hochschule gedeihlich weiter ent- Wickeln, man konnte dort ruhiger und sicherer leben als anderswo, und der Umstand, daß Göttingen seit 1807 zum Königreich West falen gehörte, also ganz unter französischem Einfluß stand, be wirkte, daß viel norddeutsche Studenten an den Neckar zogen und daß infolge der Wohlfeilheit des Lebens viel Fremde sich in Hei delberg niederließen, die sich des angenehmen, geselligen und frohen Tones freuten, der in der Neckarstadt herrschte und dem ganzen Leben seinen besonderen Stempel ausdrückte**). So konnte es bei der vortrefflichen Leitung des Unternehmens kein Wunder nehmen, daß die Handlung sich erfreulich entwickelte und schon bald an eine Vergrößerung der Geschäftsräume denken mußte. Schon im Herbst 1805 konnte Zimmer einen Lagerkatalog herausgeben und eine Reise nach Baden-Baden unternehmen, auf der es ihm gelang, weitere geschäftliche Verbindungen anzu knüpfen. Von Jahr zu Jahr wurden die Beziehungen nach aus wärts umfangreicher, und bald wurde die Mohr L Zimmersche Handlung die Hauptlieferantin für Baden und die Pfalz. Das innige, freundschaftliche Verhältnis, in dem Zimmer zu den meisten seiner Autoren stand, geht aus den Briefen an und von Arnim, Brentano, Görres, Schlegel, Tieck u. a. hervor, sie ge währen uns Einblick in den Freundschaftsbund und zeigen uns, wie der junge Buchhändler ein Herz und eine Seele war mit diesen Vertretern der Romantik, die die Schönheit sozusagen von neuem entdeckten, mit jenen Männern, von denen es heißt: »Es ist uns bei den Schriften von Görres, Arnim, Brentano u. a. bis weilen, als hörten wir den Neckar rauschen und sähen die Trüm mer des alten Schlosses über die prachtvollen Bäume herab« blicken«. Daß sich der lebhaft empfindend«, für alles Hohe und Hehre empfängliche Zimmer zu den fast gleichalterigen jungen Dichtern hingezogen fühlen mutzte, ist erklärlich. Vaterlandsliebe, Glaube, das Sichversenken in alte, anscheinend bessere Zeiten hatte er mit ihnen gemeinsam! dadurch, daß er seine Autoren verstehen, sich ganz in den Geist ihrer Schriften versenken konnte, innigsten Anteil nahm an dem Entstehen ihrer Werke, sich selbst daran betei- ligte, und so wurde seine Persönlichkeit bedeutsam für die ganze Entwicklung der Heidelberger Romantik. »Mein Leben in Heidel berg hatte besonders in den ersten Jahren etwas ungemein Frisches und Angenehmes«, schreibt Zimmer einmal*—). »Mit den meisten jüngeren Professoren stand ich in einem freundschaftlichen Ver hältnis und fühlte mich ihnen angehörig. Ein neues Band um schloß uns durch die Heidelberger Jahrbücher, an deren Redak tion viele unter ihnen teilnahmen, und deren gemeinschaftlichen Sitzungen ich ebenfalls regelmäßig beiwohnte«. Auch Vorlesun gen hörte er, und wir wissen, daß er dem Kreise angehörte, der sich abends bei Görres oder Brentano versammelte und in dem Brentano Shakespearesche Stücke vorlas oder die Gesell schaft durch Gesang unterhielt. Brentano vor allem trat ihm näher. Görres und Zimmer waren um ihn, als er seine heiß geliebte Sophie verlor; Zimmer besorgte den Kauf des Grabes und nahm sich der Stieftochter Brentanos an, die bei der Rudolphi in Pension war. Brentano war ihm stets dankbar und erkennt in seinen Briefen stets an, was er Zimmer verdankt; er suchte ihm zu nützen, wo er konnte und bedauerte nur, »daß er einer von den Leuten sei, die die Buchhändler zugrunde richten«. Sein Urteil über Zimmer faßt er in einem Briefe an Arnim in den Worten zusammen: »Ich habe eine der schönsten Seelen in ihm kennen gelernt». Innig war auch das Verhältnis zu Arnim, der ihm beson ders in der Zeit, als er sich in Heidelberg aufhielt und die Zeitung für Einsiedler (später Trösteinsamkeit) herausgab, nahe trat. *1 Levin, Herbert, DK Heidelberger Romantik. München 1WL. S. IS. **> Ebendaselbst. —"ft Zimmer, Johann Georg Zimmer uni die Romantiker. Jrank- jurt a. M. 1888. S. 265. IIS« Auch Arnim ist dem trefflichen Zimmer mit ganzer Seele zu getan; er ist besorgt, daß bei dem Streit mit Joh. Heinr. Votz, in den Zimmer mit hineingezogen wurde, der Buchhändler Scha- ! den leiden könne. Ein anderes Mal warnte er Zimmer, allzuviel !zu drucken. »Nehmen Sie sich in acht», schrieb er 1809*), »mit allen ' neuen Verlagen; so wenig ich es glauben möchte, so gewiß ist es '.doch, daß wenig Leute mehr imstande sind, Bücher zu kaufen. ^Sie werden den Unterschied hart genug auf der Messe sühlsn». ^An einer anderen Stelle des Briefes heißt es: »Ich wünschte chloß, darum ein beliebter Schriftsteller zu sein, Sie reich zu schreiben» und 1811 heißt es: »Wäre ich Goethe, so schrieb ich .Sie in einem halben Jahre reich-**). An der »Zeitung für Einsiedler», sowie an den weiteren : Teilen des »Wunderhorn» hat Zimmer einen größeren Anteil als man allgemein annimmt. Das »Wunderhorn» und die »Zeitung .für Einsiedler» sind die hehrsten Dokumente des Zusammen wirkens zwischen den Jungromantikern und ihrem Verleger. Von ! allen denen, die damals ihre dichterischen Erzeugnisse bei Mohr § L Zimmer erscheinen ließen, von Görres, dessen »Mythengeschichte ^ der asiatischen Welt», abgesehen von kleineren Sachen (wie Uhr- !macher Bogs), dort herauskam, A. W. Schlegel, von dem die Schrift »Über dramatische Kunst und Literatur«, sowie poetische Werke in 2 Bänden erschienen; Fr. Schlegel, dessen Schrift »Über die Sprache und Weisheit der Inder», Tieck, der ein eifriger Mitarbeiter an der Einsiedlerzeitung und Herausgeber der Werke des Malers Müller bei Mohr L Zimmer war, Jean Paul, von dem »Katzenbergers Badereise« und die »Fricdenspredigt» im Heidelberger Verlage erschienen, aber auch von vielen Gelehrten, wie Böckh, Savigny u. a. sind uns Briefe erhalten, die dieses bestätigen. Es würde aber zu weit führen, näher auf diesen Briefwechsel hier einzugehcn. Es genügt, daß kein Verlag seiner Zeit so viel Dichtungen und Schriften von Romantikern verlegt hat wie der von Mohr L Zimmer, und daran hat Zimmer 'den größten Anteil. Daneben erschienen auch streng wissenschaftliche Werke und Zeitschriften, wie die »Etnsiodlerzeitung» und die von Schreiber herausgegebene »Wochenschrift für die Badischen Lande-, in der das bekannte Brentanosche Gedicht »Lied von eines Stud.nten Ankunft in Heidelberg« abgedruckt war, eine der schönsten poeti schen Verherrlichungen der Neckarsladt. Die »Einsiedlerfehde», welche die Heidelberger Gelehrten und Schriftsteller in zwei Lager brachte, zog auch Zimmer in ihre Kreise; wir wissen, daß junge Studenten den Mittagstisch bei ihm ausgabcn oder auf« geben mußten, weil sie nicht mit Brentano, Arnim und anderen Zusammenkommen dursten, und wenn Zimmer auch seine Freunde nie im Zweisel gelassen hat, daß er innerlich mit ihnen auf glei chem Boden stand, so war er doch schließlich Geschäftsmann und mußte vor allem auch die Interessen seines Teilhabers wahren. Auch auf ihn und seinen Verlag erfolgten seitens des Stutt garter Morgenblattes und aus dem Voßschen Kreise heftige Angriffe. Zimmer konnte und durfte natürlich als »Akademischer Buchhändler» nicht einzig sich in den Dienst der Romantik stellen, waren doch auch von Votz 1806 und 1807 Werke bei ihm verlegt; er mußte neutral bleiben und den Schein der Unparteilichkeit aufrechterhalten. Trotzdem hatte Zimmer unter den gehässigen Angriffen der Gruppe um Voß, zumal von Voß selbst zu leiden, der schließlich Zimmers kaufmännische Unternehmungen dadurch zu untergraben suchte, daß er sich Bekannten gegenüber scheinbar gulmeinend äußerte, »Zimmer werde das Geschäft durch die Ver bindung mit den Romantikern und Mystikern ruinieren». Solch« Bemerkungen mutzten den Kredit der Handlung schädigen und vermutlich werden diese Angriffe gegen Zimmer auch die Ursache gewesen sein, daß Mohr 1811 endgültig nach Heidelberg über- siedelte, zumal da auch die geschäftliche Lage an und sür sich 1809 und 1810 eine sehr schlechte geworden war, wie wir später sehen werden. Schon im Oktober 1808 hatte Voß dem Buchhändler in einem Briefe scharf vorgeworfen, die Einsiedlerzeitung mit den schwe ren Angriffen gegen ihn — »diese moralische Unwürdigkeil der- *) Ummer und die Romantiker. **) Ebendaselbst. E. 152. L. 148 u. f.
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