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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.12.1922
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- 1922-12-09
- Erscheinungsdatum
- 09.12.1922
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Redaktioneller Teil. X- 286, 9. Dezember 1922. In Wahrheit gehe» indes die Meinungen zum Glück nicht so weit auseinander, wie es scheint. Auch die Staatsanwaltschaf ten', die die Interessen der Verbraucher wahrnehmen wollen, be mühen sich, berechtigte Bedürfnisse des Handels zu berücksich tigen. Der Meinungsgegensatz läuft zuweilen, wie so oft, ans eine bloße verschiedene Auslegung ein und desselben Begriffes hinaus. Es gibt eine radikale Wiederbeschaffungs- thcorie, die auch vom Handel in aller Schärfe bckämpst werden muß; doch darf in der Abwehr der Auswüchse nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden. Es fragt sich sonach, wel cher Wicderbeschaffungspreis gemeint ist. Denn viel fach handelt es sich nur um eine fiktive und ziffernmäßig über haupt nicht genau zu ermittelnde Größe. Gerade der Einzel- Handel aber, dem Produzent oder Großhandel einen bestimmten Preis verschreiben und der daher den Wiederbeschaffungspreis nicht selbst willkürlich wählt, sondern oft genug als eine unab änderliche Größe hinnehmen muß, ist am wenigsten in der Lage, hier den Bogen irgendwie zu überspannen. Es ist eine Ironie des Schicksals, daß sich trotzdem die Preisprüfungsstellen vor zugsweise gerade mit i h m beschäftigen. Die Voreingenom menheit einiger Behörden gegen die Wiederbeschaf- fungstheorie ist jedenfalls sachlich begründet, wenn der Wiederbe- schaffungspreis, der die Grundlage für den weiteren Verkaufspreis im Absatz an den Konsumenten bildet, irgendwie willkürlich gewählt wird, wenn sich nicht Nachweisen läßt, daß tatsächlich schon am Verkaufstage der für die Ware geforderte Geldbetrag dem Geldwert der Neuanschaffung entspricht, wenn sich also etwa bei der Errechnung des Wiederbeschasfungspreises ein Kosten element findet, das den Preis der fertigen Ware maßgeb lich beeinflußt, aber die zugrundegelegte Verteuerung tatsächlich noch nicht erfahren hat, wenn sonach irgendwie eine künftige Teuerung vorweggenommen wird. Denn das hieße dem Konsu menten in der Tat Unerträgliches aufbürden und den Währungs verfall beschleunigen. Geboten ist also unter allen Umständen, daß sich jeder, der sich auf einen Wiederbeschaffungspreis beruft, die Frage vor- lcgt: Besteht keine Möglichkeit, die Ware auf der Wirtschafts grundlage des Derkaufstages zu einem billigeren Preise neu z» beschaffen? Ist es unbedingt nötig, daß ein im Frieden üblicher, den Reingewinn darstellender Spesenanteil in seiner bis herigen prozentualen Höhe erhalten bleibt? Ist es nicht vielmehr angemessen und eine zeitgemäße Konzession an die Notlage der weitesten Volkskreise, daß auch dieser Gewinnanteil eine erheb liche Kürzung erfährt? — Freilich, auch diese Forderung kann billigerweise nur erhoben werden, wenn die Ware selbst ungefähr der allgemeinen Geldentwertung entsprechend im Preise gestiegen ist. Waltet nämlich ein Mißverhältnis zwischen der Kurve dieser Steigerung der Warenpreis« und der Kurve der Spesenfteigerung ob, so ergibt auch der gleichbleibende prozentuale Ge winnanteil kein der Geldentwertung entsprechendes Vielfaches, und der Kaufmann, der mit solcher Ware handelt, trägt auch dann der zunehmenden Volksverarmung Rechnung, wenn er die Prozentrechnung der Vorkriegszeit in ihrer ziffern mäßigen Höhe übernimmt. Es leuchtet z. B. ein, daß ein Holz händler, dessen War« auf dem Weltmarkt ein Mehrfaches des Friedenspreises erreicht hat, mit einem niedrigeren prozentualen Gewinnanteil zufrieden sein kann, als ein Buchhändler, dessen Ware -weit hinter der allgemeinen Geldentwertung zurückbleibt. Ist die Spesenfteigerung weit größer als die Warenpreissteige rung, so reicht unter Umständen der frühere prozentuale Gewinn anteil nicht einmal aus, um einen bescheidenen Reingewinn zu erzielen. Der Versuch, hier irgendein Schema aufzustellen, das die in tausend Strömen rasende Welt an ein einzelnes Flußbett bindet, ist hoffnungslos. Ist der Wiederbeschaffungspreis kein willkürlicher, sondern als ein tatsächlicher nachweisbar und wird bei der Bemessung des Gewinnes der allgemeinen Volksverarmung Rechnung ge tragen, so kann von einer strafbaren Handlung kein« Rede sein. Denn ein Staat, der anders Recht sprechen würde, gibt sich selber auf. Folgerichtig mutz der Staat die Summen, die er an seine Beamten an Gehältern verausgabt, auch in der Hand des selü- 171S ständigen Gewerbetreibenden als ein Minimum desjenigen be trachten, das der Kaufmann für seinen Lebensunterhalt bean spruchen darf. Wie wenig kleine Gewerbetreibende sind aber imstande, solche Summen ihrem Geschäft zu entziehen! Zn den vielen Fehlern, die bei der Ermittlung gerechter Ver kaufspreise gemacht werden, gehört auch der, daß ein einzelner Verkaufsakt aus dem gesamten Geschäftskonrplex herausgelöst wird und daß der Reingewinn nicht als das rechnerische Gesamt ergebnis einer Wirtschaftsperiode, sondern als ein dem einzelnen Verkaufsakt anhaftender Anteil behandelt wird, obwohl der Reingeivinn durch zahlreiche weniger günstige Verkäufe so aus gewogen werden kann, daß sich im Endergebnis statt des »über mäßigen» Gewinnes ein Verlust ergibt. Es heißt aber dem Rechtsempfinden viel zumuien, wenn ein Kaufmann, weil er etwa in einem Einzelfalle den Aufschlag über- schritt, den eine Behörde als »gerecht» empfindet, trotz seiner trost losen Wirtschaftslage noch wegen »Wuchers» verurteilt wird. Es ivird wirklich hohe Zeit, daß die Rücksicht aus die Masse der Ver braucher nicht zu einer schreienden Ungerechtigkeit gegenüber dem reellen Handel führt, und daß sich alle Vertretungen von Indu strie und Handel der unfruchtbaren, kostspieligen und zeitrauben den Ermittlungen energisch erwehren. Produktive Arbeit ist nötiger und jede Vergeudung von Volksvermögen strafbarer als je. Und nur wenn der Kampf der Behörden gegen den wirklichen Wucher auch vom reellen Handel selbst geführt und unter stützt wird, ist ein Erfolg denkbar. Das übel wird aber ver größert und der Rest unserer Volkswirtschaft vernichtet, wenn etiva gar auf obrigkeitlichem Wege unter Umgehung aller Sach verständigen verordnet werden soll, wie der Kaufmann bei der Normierung seiner Verkaufspreise zu Verfahren hat. Wo die Freiheit — das elementarste Gebot aller gesunden Wirtschaft — nnsnahmswcisc im Interesse des Volksganzen beschnitten wer den muß, müssen solch« Gebote und Verbote volkswirtschaftlicher Kritik standhalten, dürfen nur Forderungen gestellt werden, die auch der Handel selbst als praktisch durchführbar und erträglich anerkennt. Denn das Maß von gesunder Rücksichtslosigkeit, das er zu seiner eigenen Existenz braucht, kann ihm nur auf dem Friedhof unserer Wirtschaft entzogen werden. Der jetzige Zustand, wonach vielfach behördlicherseits Unmög liches begehrt Wird und kaum ein Kaufmann noch weiß, wie er sich verhalten soll, um kränkenden Inquisitionen von Behörden zu entgehen, ist unerträglich und lähmt den Rest unserer wirt schaftlichen Kraft. Die Tagesprcsse täte ein gutes Werk, wenn sie nicht nur den Gefühlen kritikloser Leser schmeicheln und jedem Eingesandt über den Wucher des Handels ihre Spalten bereit willigst öffnen würde, sondern wenn sie auch im weitesten Publi kum für ein Verständnis Volks- und weltwirtschaftlicher Zusam menhänge sorgen und der Mißstimmung gegen den schwer uin sein Dasein kämpfenden Gewerbetreibenden den Boden entziehen würde. Denn ein Volkskörper, dessen Glieder nicht unterein ander durch ein gewisses gegenseitiges Vertrauen zusammcngehal- ten werden, bricht zusammen. Auch der Buchhandel erlebt es, daß Tageszeitungen aus der Feststellung, daß einmal ein Sortimenter nachmittags einen höhe ren Preis fordert als vormittags, eine Haupt- und Staatsaktion machen, als ob es vermeidbar wäre, daß in der Zeit rapider Ent wertung unseres Geldes und hierauf beruhender Preis- sprünge aller Ur- und Rohstoffe Preisdifferenzen ein- treten, die durch den bloßen Fristablauf von einigen Stunden natürlich nicht gerechtfertigt find. Bernst sich solch ein Unglück licher gar noch auf dis »Dollarsprllnge», statt daß er sich des zu treffenderen Ausdruckes »Marksturz» bedient, so glaubt man den Schuldigen für alle Nöte der Zeit gefunden zu haben und einem schamlosen Dollarspekulanten auf der Spur zu sein! Im übrigen ist die Lage des Buchhandels der soge nannten Wuchergesetzgebung gegenüber ziemlich geklärt. Der Verleger erzielt auch bei Anwendung der jetzigen Schlüssel zahl leider nicht den vollen Preis, der nötig ist, um die Ware neu herzustellen. Rechnet er sich aus, wieviel das Buch am Ver- kaufstage kosten würde, wenn auf der Basis dieser Wirtschafts lage der gesamte Gestehungsprozeß des Buches beruhen würde, wenn sich also seine gesamte Herstellung aus den Verkaufstag
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