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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.12.1922
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1922-12-21
- Erscheinungsdatum
- 21.12.1922
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil. ldL 296, 21. Dezember 1922. Hausen-Ausgabe gestellt werden können, sind hier be friedigt worden, ohne daß doch der Leser, an den sich diese Aus gabe wendet, abgeschreckt wird dnrch einen Apparat und eine Orthographie, die der endgültigen historisch-kritischen Ausgabe unentbehrlich sein werden, freilich auch sehr vielen Lesern den Zu gang zu ihr versperren werden. Daß dieser Ausgleich gelang, ist als ein Hauptverdienst der neuen Ausgabe zu rührnen, die ihre Vorgänger Kurz <1888) und Ttttmann <1877) erheblich hinter sich zurückläßt. Sie bietet ein gereinigtes Textbild, das dank der Durchführung des phonetischen Prinzips einerseits nicht auf die philologische Treue zu verzichten brauchte, andrerseits dem Gegen- wartsleser ohne weiteres verständlich wird; die Einleitung faßt geschickt und knapp zusammen, was wir heute von dem großen deutschen Realisten Grimmelshausen und seinen Schriften wissen, dessen Simplizissimus-Schöpsung nicht allein ein Kunstwerk hohen Ranges, sondern auch ein Kulturbild ist, dem sich nur wenige andere in deutscher Sprache vergleichen lassen; die Anmerkungen drängen die gewaltige Stoffülle, die in geduldiger Kleinarbeit seit Kurz und Ttttmann ausgehäuft worden ist, auf das Wesent liche zusammen, die Bildbeilagen heben das Wichtigste hervor, von den anderen Grimmelshausenschen Schriften, die sich an das Haichtwerk anschließen, wird eine reiche Auswahl geboten. Kurz, eine Grimmelshausen-Ausgabe, wie wir sie uns schon lange wünschten. Sie wird hoffentlich Grimmelshausen und die Leser miteinander vertrauter werden lassen. Ist doch das Zeitbild aus den Simplizissimustagen, in denen in Deutschland der »Bolsche wismus» herrschte <wie man heute sagen würde), zu Gegenwarts vergleichungen leider verlockend genug. Die Geschichte einer Seele, die Grimmelshausen, ein meisterhafter Psycholog, mit kunstloser Kunstfertigkeit geschrieben hat, läßt sich, in weiterem Abstande von den Ausmessungen seines Werkes, auch aus den Dichtungen der Karoline von Gllnderode hcrauslesen, die in einer hübschen dreibändigen Ausgabe von Leopold Hirschberg gesam melt worden sind. (Gesamprelte Werke der Karoline von Günderode. Bibliophiler Verlag O. Gol Ir sch midt-Gabrielli, Berlin.Wilmersdorf, 1920 — 1 922.) Die schöne Günderode hätte als Dichterin sich mit eineni bescheidenen Platz in der Geschichte der deutschen Klassik und Romantik <obschon sie dem Heidelberger Romantikerkreise zu gerechnet zu werden Pflegt, war sie doch vielleicht weniger nach ihrem Wesen romantisch, als nach ihrem Schicksal) begnügen müs sen, wenn sie nicht ihr Freitod, der Dolchstoß, mit dem sie sich von ihrer unglücklichen Liebe zu dem pedantischen Professor Creuzer erlöste, und das ihrem Andenken gewidmete Buch ihrer Jugend freundin Bettina von Arnim: Die Günderode <1840) zu einer Berühmtheit der Romantik gemacht hätten. Und da außer ihren beiden, von ihr selbst heransgegebenen, jetzt recht seltenen »Tian -- büchern und der schon 1906 von L. Hirschberg veröffentlichten Jon-Fragmente nur eine wenig ausreichende, längst vergriffene Gesamtausgabe der Dichtungen und Lebensurkunden dieser merk würdigen Persönlichkeit vorhanden war, ist die neue, Vollständig keit erstrebende Ausgabe ihrer Werke gern zu begrüßen. Sie bietet, in reinlicher Ordnung, außer den Tianbüchern und dem Jon-Frag- ment, den gesamten handschriftlichen Nachlaß einschließlich der Briefe und wird in ihrer anmntenden Ausstattung in der Nähe derjenigen Bände das Bllcherfach zieren, denen sie recht eigentlich als eine notwendige Ergänzung zugehört, in der Nähe jener drei Bettina-Schriften <Briefwechsel mit einem Kinde — Die Grinde- rode — Frühlingskranz), die das Erlebnis in der Romantik Ver sinnlichen. Ein literarischer Ahne der Günderode war auch Wei ther, ihr Wertherinschicksal wiederholte ein Menschenalter später Charlotte Sieglitz, der Theodor Mundt ihr Buchdenkmal setzte. In der Liebestragödie der beiden unglücklichen Frauen tritt selt sam das Schöngeistige hervor, es ist weniger ihr Liebestod selbst als die literarischen Erinnerungen an ihn, die ihn unvergeßlich werden ließen. Das gibt ihren Bildnissen einen papiernen Zug. Beide waren in ihrer inneren Haltlosigkeit Weither ähnlich, nur Töchter der Generationen einer Übergangszeit, in der die Frauen aus den Bedrängnissen ihrer Gefllhlskonflikte nicht den Ausweg in das eigene Willenslebcn finden konnten, den ihnen die Ver künderinnen ihrer Emanzipation um 1830 wiesen. Reicher und reiner, weil befreit von allem literarischen Schwergewichte, spie- >770 gelt sich jene für die Geschichte der deutschen Frauenseele bedeut same Übergangszeit in den Aufzeichnungen der Adele Schopen hauer wieder, die der Vernichtung ihrer Liebe nicht entflohen ist. Ein Seelengemälde aus dem Goethekreise lassen sich die von 1823 bis 1826 reichenden Tagebuchblätter nennen, in denen die Ge schichte der Leiden von Goethes Schützling, Arthurs Schwester, steht. Der Band, in dem diese Blätter zum erstenmal gedruckt worden sind <Adele Schopenhauer. Tagebuch einer Einsamen. Herausgegeben von Pros. vr. H. H. Hauben. Leipzig, Klinkhardt L Biermann, 1921), ist vom Herausgeber und vom Verlage geschmackvoll und gut aus gestattet worden, der Herausgeber hat mit Recht darauf verzich tet, durch die Aufdeckung der zahllosen »Beziehungen«, die sich aus dem Inhalte der Tagebuchblätter ableiten ließen, den Kern, das Tagebuch selbst, in einer Kommentarverkapselnng zu verstecken. Ein Verweisen aus die Zusammenhänge zwischen dem Urbild und seiner dichterischen Verklärung ist zu jener Art von Biogra phik einer literarhistorischen Mode geworden, die in der Bezeich- nung der »Beziehungen», die zwischen eines Dichters Leben und seinen Dichtungen gefunden werden sollen, ihr eigentliches Ziel sieht. Eine Übung, die uns zu nicht wenigen Büchern über Bücher verholfen hat und die, anstatt Wege in des Dichters Lande zu bahnen, von seinen Dichtungen entfernt, weil sie aus jedem Kunstwerk eine Schlüsselschrift machen möchte, dessen Gerüste, nicht seine Seele sucht. England hat so seinen Shakespeare-Sport, der mit dem Sbarsspesisaa iatkrest die wunderbarsten biblio graphischen und philologischen Kunststücke vollführt. Daß sich der bedeutendste italienische Kritiker, Benedetto Croce, gegen dergleichen unnatürliche Verrenkungen mit einiger Schärfe wen det, kann nicht wundernehmen, da seine Absicht darin besteht, Dichtungen als Kunstwerke aufzunehmen, unabhängig und unge stört von aller Kommentarliteratur. Es ist letzten Endes die For derung sauf eine bequeme Formel gebracht), Literatur aus der Literatur selbst und nicht aus der Literaturgeschichte verstehen zu wollen. Nicht etwa daß Croce über die Forschungen der Litera turwissenschaft nicht unterrichtet wäre. Ganz im Gegenteil, er übersieht sie in einem sehr weiten Ausmaß« und nicht der geringste Reiz seiner jetzt teilweise auch ins Deutsch« <von Julius von Schlosser) übersetzten Schriften <Goethe; Dantes Di ch-, tung; Ariosi; Shakespeare; Corneille. Wien, A m a l t he a - V e r l a g) ist, wie er sie in ihrem Verhältnis zu den dichterischen Persönlichkeiten und Schöpfungen, die ihren Anlaß bestimmten, wertet. Darin liegt etwas von der literar historischen Voreingenommenheit Befreiendes. Mag man ihm widersprechen, mag man ihm zustimmen wollen, immer bleibt die Lektüre seiner Bücher so anregungs- und genußreich, daß, wer eins von ihnen kennen gelernt hat, sich gern auch den anderen zn- wenden wird. Der Deutsche, der Benedetto Croce noch nicht kennt, möge ihn aus den Randbemerkungen eines Philosophen zum Weltkriege 191 4—1920. über setzt von Julius vonSch lasse r. Wien, Amalthea- Verlag, 1 982, kennen lernen. Er wird eine fesselnde Bekannt schaft machen mit einem Manne und mit einem Buche, das zu lesen und nachzudenken lohnt. Es ist keine Sammlung partei politischer Leitartikel; dieser Kritiker steht auf einer höheren Warte als auf der Zinne der Partei, und trotzdem müßten wir uns wün schen, daß recht viele Wortführer der öffentlichen Meinung in den Zeitungen nur ihre Leitartikel zu sammeln brauchten, um ein gleich konsequentes Buch zustandezubringen. Benedetto Croce ist in Italien während des Weltkrieges als Deutschenfreund ange griffen worden. Er hat nur den Deutschen ebensowenig seine be gründete Meinung verhehlt wie deg» Italienern. Bücher wie diejenigen Croces haben das Recht aus eine lange Aus einandersetzung mit ihnen, sie sind mit einigen allgemeinen Lob sprüchen oder einigen allgemeinen Tadelworten nicht zu beurtei len. Das gilt ebenso für die Abhandlungsreihe zur Geistesge schichte, die in einem ansehnlichen Bande Verfasser und Verlag eben erneuerten: Vom Geistesleben alter und neuer Zeit. Aufsätze von Oskar Walze l. Insel-Ver lag, L e i p z i g, 1 9 2 2. <Wenn man ihn zur Hand nimmt, kann man ein Kompliment für den Verlag nicht unterdrücken: er ver steht es wie selten einer, seinen Büchern ihr Gewand zumefsen
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