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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 08.12.1927
- Strukturtyp
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- 1927-12-08
- Erscheinungsdatum
- 08.12.1927
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- Deutsch
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285, 8, Dezember 1927, Redaktioneller Teil. überwunden werden, wenn nicht Trug und Lug sich im ganzen Handel so breituiachten, daß sie fast herrschend geworden sind. Jeder sucht auf Kosten des anderen, ob ehrlich oder unehrlich, zu leben. Das Gewissen der Menschen ist so weit geworden, daß man das Unehrliche fast ehrlich nennt. Angebote von den Firmen, welche dem Buchhandel nicht angeschlossen sind, sowie von Mitgliedern des Börsenvereins mit hohem Rabatt nehmen überhand. Dazu kommen das Heer der Reisenden, das wie Mückenschwärme die Häuser aufsucht und das Sortiment als Berteurer hinstellt, und die direkten Angebote seitens des Ver lags weit unter dem Ladenpreis, ohne dem Sortiment Mit teilung zu machen! Alles das hat den Glauben an die Ehrlich keit des Sortimentsbuchhandels stark erschüttert. Es muß doch die Lehrer stutzig machen und den Glauben an die Aufrichtigkeit des Sortiments erschüttern, wenn dieses bei einem Bezüge von größeren Posten eines Buches dem Besteller nach Rücksrage beim Verlag entweder ein Freiexemplar oder geringen Rabatt an bieten darf, ein anderer Verleger sich aber sofort bereitsindet, mit 507L Rabatt zu liefern. Es muß die BchRden stutzig machen, wenn Verleger den Prüfungsausschüssen die Bücher bei Sammelbestellungen, ohne auch nur die Höhe der Zahl an zugeben, mit 20—50?L Rabatt Offerte machen, ohne das Sorti ment von solchen Angeboten zu unterrichten. Es muß das Sorti ment mit Bitterkeit erfüllen, wenn immer wieder angesehene Verleger Firmen, welche die Ordnungen nicht einhalten, nach wie vor beliefern und sich ein Kommissionär in Leipzig findet, welcher Bestellungen dieser Firmen ausführt. Mußten wir es doch in Bremen noch jetzt erfahren, daß eine Reisefirma, die nichts besitzt, aus ihrem Briefbogen aber einen großspurigen Briefkopf hat, beim Verlag Entgegenkommen gesunden hat, wie es die Sortimenter so leicht nicht finden. Dieselbe Firma bietet überall mit 15—20^ Rabatt an. Der Verlag aber erkundigt sich nicht über dieses Haus, sondern liefert und gibt Kredit. Noch in den letzten Tagen mußten wir erfahren, daß eine Kasseler Firnia dem Finanzamt hier Bilderbücher und Jugendschriften zugesandt hat mit dem Angebot, bei einer größeren Bestellung mit 15?S zu liefern. Muß man sich nicht wundern, wenn auch in den Reihen des Sortiments die Ehrlichkeit nicht mehr herrscht?, wenn auch das Sortiment, um leben zu können, gleiche Angebote macht? Nein! Wundern muß man sich, daß bis heute noch das Sortiment in seiner größten Anzahl fest am Ladenpreis hält, denn allzusehr ist noch in ihm der alte Idealismus wach, allzu stark der Glaube, daß Ehrlichkeit auf die Dauer doch stärker ist als Lüge. Wehe aber, wenn dieser Glaube zuschanden wird! Der feste Ladenpreis, der in der letzten Zeit im Bbl. des öfteren behandelt worden ist, ist für das Sortiment ein Nolime- tangerc, darum kann auch kein Sortimenter darüber schreiben, denn jeder weiß, daß mit Aufhebung dieses festen Ladenpreises ein Chaos kommen würde, aus dein eine Evolution kaum wieder möglich sein wird. Man sehe doch unsere Nachbarländer, wie mau sich dort Mühe gibt und wie gering das Vorwärtskommcn issi man sehe doch in der Industrie, wie überall dort der feste Ladenpreis mit den stärksten Mitteln verfochten wird. Die pharmazeutischen Artikel, die Süßwaren bis hinauf zu den Autos bekommen mehr und mehr, soweit sie eben gleiche Arbeit sind, die sich in Qualität und Quantität durch nichts unterscheidet, den festen, vom Produzenten gegebenen Preis. Der Kunde will eben — und mit Recht — wissen, daß die gleiche Ware zu gleichem Preise überall zu haben ist. In all diesen Marken artikeln darf nur die Tüchtigkeit des Verkäufers, seinen Umsatz zu heben, maßgebend sein, aber nicht Unterbietung. Gewiß hat die Wirtschaft ihre ehernen Gesetze, aber wer aufmerksam die Zeitungen liest und die Berichte der Wirtschafts führer, fühlt doch heraus, daß diese Gesetze nicht mehr so fest sind wie früher. Für die Industrie, die Produzierenden, gilt selbstverständlich der Satz, und daran ist nicht zu rütteln: unter möglichst geringem Spesen- und Kostenaufwand die Ware her zustellen und in den Handel zu bringen. — Die Industrie kann durch Verbesserung ihrer Maschinen, durch Rationalisierung der Arbeit ihre Produktion verbilligen und dadurch den Kampf mit einander führen, der Kleinhandel aber, der sich dem Diktat des Produzenten bei Markenartikeln fügen muß, hat das Recht, zu verlangen, daß das erste und grundlegende Gesetz sein mutz: -Fester Ladenpreis schließt in sich die sittliche Forderung des genügenden, für das Leben notwendigen Rabatts«. Daher mutz einem Verein wie dem Börsenvcrein der Deutschen Buchhändler das Recht zustehen, diesen Grundrabatt scstzusetzen; darüber hinauszugehen, muß aber seine Macht aushören. Die wirtschastliche Lage ist in diesem Jahre so unklar wie nie. Trotz aller Beschwichtigungsversuche seitens der berufensten Stellen —: An der Börse herrscht Panik! Überall fühlt man ein nahendes Gewitter. Die Mictserhöhungen sind in solchem Umfange eingetceten, daß ein Eingriff des Staates bald wieder erfolgen muß, solchem Wucher zu steuern. Gerade hier hat sich wieder erwiesen, wie die Sucht nach Geld den einzelnen be herrscht und man völlig vergißt, daß ein verlorener Krieg von allen Opfer fordert und es nicht erlaubt sein dürste, daß die Lasten von den Besitzenden abgewälzt werden aus die, die da arbeiten müssen. Eine dankbare Ausgabe wäre es für den Börsenverein, ein mal unter seinen Mitgliedern durch Fragebogen festzustellen, wie die Ladenmieten seit l014 gesteigert worden sind. Solch ein Material, der Regierung cingereicht, wird und muß Wandel schaffen. Mehren sich doch schon die Stimmen, die das Unrecht einsehen, welches die Regierung den Mietern durch Aufhebung des Mieterschutzes zugefügt hat. — Die Wirtschaftsberichte des Herrn vr. Menz, die wohl mit das Beste sind, was wir im Börsenblatt lesen können, predigen zwar keinen Pessimismus, warnen aber vor Optimismus, und in den letzten Tagen haben uns ja die Wirtschaftsberichte von den verschiedenen Verhand lungen, die im Reiche stattfanden, die Augen geöffnet. Es- wetterleuchtet stark, und Vorsicht ist am Platze. Unser Dank gegen die Gilde ist derselbe wie jedes Jahr. Was dort geleistet wird, vermögen wir kaum zu sagen, denn das, was wir sehen, ist nur ein Bruchteil dessen, was geschieht. Wir dürfen nicht Nachlassen, für die Gilde zu werben, dürfen auch nicht mäkeln an dem Beitrag, denn es ist nicht möglich, dem Verlag gegenüber die Rechte des Sortiments zu wahren, wenn die Mittel zum Kampf nicht bewilligt werden. Die Werbung für das Buch liegt noch immer im argen. Der rechte Weg ist noch nicht gefunden. Mir scheint, daß man viel zu viel sür das einzelne Buch wirbt, anstatt für das Buch als solches die Liebe zu wecken. Man muß dem Buch den Nimbus nehmen, daß es etwas ungemein Wertvolles ist, sondern klipp- und klar sagen: »Das Buch ist eine Freude wie jede andere Freude, und wie Du nicht darüber nachsinnst, wenn Du mit einem Freunde ausgewesen bist, ob die Kosten gerade der Freude entsprochen haben, sondern Dich freust, Freude gemacht und Freude gehabt zu haben, so ist es auch mit dem Buche. Das Buch kann Dir mehr werden, wenn Deine Seele mit der Seele des Dichters zusammenschwingt, aber es braucht es nicht und soll es auch nicht immer. Kaufe Bücher und verschenke sie, be^ halte sie nicht im Bücherschrank, wenn sie Dir nichts mehr zu sagen haben, und ärgere Dich auch nicht darüber«. Erst dann, wenn wir so in das Volk das Bewußtsein gebracht haben, daß allein schon das Lesen eine Helle Freude sein muß und für jeden^ der seine Zeit nicht verplempern will, Vorteil bringt, so ist viel gewonnen. Alles übrige muß die Persönlichkeit des Sortimen ters wirken. Merkwürdig ist ja, wie wenig Verständnis ein Teil der Presse für das Buch besitzt. Selbst Verleger, die eine große Zeitung ihr Eigen nennen, erübrigen wenig Raum sür Bücher, im Gegensatz zu dem vielen Platz, den sie dem Sport einräumen. — Ganz im argen liegt die Kritik. H^r märe eine Kritik zur Kritik sehr notwendig, denn es muß aus die Dauer unhaltbar sein, daß Kritiker zugleich Schriftsteller sind und natürlich nicht so offen ihre Meinung sagen, weil sie fürchten können, daß die jenigen, die sie heute richten, morgen in einer anderen Presse ihre Richter sind. — Ist es richtig, daß der Büchermarkt ein Spiegel der geistigen Kultur eines Volkes ist, so sehen wir darin das trübe Bild eines schwerkranken Volkes. 1427
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