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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.12.1927
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- 1927-12-13
- Erscheinungsdatum
- 13.12.1927
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- Deutsch
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Ein Seitenbeispiel ist Mommsens Literatur einseitigkeit. Der geistig einseitig Arbeitende verkümmert hinsichtlich der Ausnutzung seiner Muße und scheidet dann als Kunde für den Buchhändler aus. Neue, sehr persönliche Samm lertypen tauchen im 18. Jahrhundert auf, wie z. B. Hirzel. Sie gibt es heute kaum mehr. Heute werden derartige Sammlungen meist aus vorwiegend kapitalistischen Motiven angelegt. Fast alles Material ist schon ersaßt. Also ist der Sammler mehr Händler als Entdecker, und Sammeln wird immer mehr zu einer Sache des Geldbeutels statt des Herzens. Grundlegender Wan del des Antiquariats. Ein letztes Beispiel stammt aus Schleichs »Be sonnter Vergangenheit«: Schleichs Vater verehrte Goethe über alles. Er hätte eine Reise um die Welt geinacht, um zwei Stun den mit Goethe zusammen zu sein. Gilt das noch für heute? Die Neuzeit arbeitet mit einer sich ständig wandeln den, immer wieder nach Originalität haschenden Neuigkeiten hetze. Die Beharrung ist viel geringer. Zeitweise tritt ein vollkommener Bruch mit aller Vergangenheit ein. Die Lehrzeit hört heutzutage nicht mehr auf. Die Bewältigung der Aufgabe ist unendlich schwerer als früher. Auch für den Bücherkäufer. Er weiß nicht, was er lesen soll. Der Buchhändler muß die Ratlosen orientieren, darf sie aber nicht beeinflussen wollen. Auch ihm frommt kein ziel- und planloses Hinundherlesen. Wir müssen wieder zu einem feststehenden Literaturbesitz kommen. Ganz ist die Kontinuität des Literaturbuches noch nicht ge schwunden. Unsere Jugend z. B. begeistert noch immer Defoe, Cooper usw. Die alte Zeit kannte kein eigentliches Jugendbuch. Daß ein- und dasselbe Buch einen Menschen von der Jugend bis ins Alter begleitet, war damals häufig, kommt heute nur noch vereinzelt vor. Immerhin sollte der Buchhändler Wert darauf legen, das Interesse der Jugend am guten Buch (nicht nur am Jugendbuch) zu wecken, um sich spätere Bücherkäuser zu erziehen. Die Neigung, vom bruchstückhaften Realienbuch als Schullektüre zu vollständigen Einzelwerken zu gelangen, wirkt dabei förderlich. Wir haben heute keine Klarheit über das Wesentliche unseres letzten Literaturerbes. Das erinnert an das Preisausschreiben. Einzelerhebungen, die der Vortragende daraus ansührt, lassen die Frage austauchen: Liegt hier kein Trugschluß vor-? Ist nicht der Buchhändler vom Käufer beeinflußt durch den unbewußt ge zogenen Schluß: das meistverlangte Buch ist das beste? (Natür lich innerhalb der Grenze des Literatursähigen.) Wir müssen suchen, im Vergangenen die Wurzeln der Gegen wart aufzusinden, die Gegenwart zu beobachten und zu schließen, was davon wirklich Gegenwart und was Erbe ist, wohin die Entwicklung geht. Die praktische Frage für den Sortimenter lautet dann: Welche Typen von Bücherinteressenten gibt es in meinem Arbeitsbezirk? Wie komme ich an diese Typen heran? Der Verleger wird zu fragen haben: Mit welchen Typen habe ich für die Produktion, die ich in meinem Verlag Pflege, zu rechnen? Welche Eigenart haben sie und wie muß ich mich deshalb bei der Autorenwahl einstellen? Orientierung an der Wirklichkeit tut allen not. Aus Erfahrungen Folgerungen ziehen und die lebendige Umwelt untersuchen. Doch mutz eindringlich gemahnt werden, daß darüber die Entschlußfähigkeit nicht ge lähmt werden darf. Der praktisch Arbeitende darf nicht zu rezep tiv werden, damit er nicht die Freude am Wirken, die Tatkraft einbüßt. II. Sonntag vormittag, Theodor Marcus: Vertrieb schöngeistiger Bücher. Der Vortragende konstruiert eingangs eine Familie Müller als Typen: Adam Müller, bücherfremd, Frau Müller, schmökernd, Sohn, 11 Jahre alt, durch Kameraden zum Lesen gebracht, Tochter, 16 Jahre, moderne höhere Tochter. Die Frage lautet: Wie kommt Adam Müller in einen Buch laden und wie ist er zu behandeln, daß er dauernder Bücher käufer wird. Nach lebhafter Diskussion über vorwiegend praktische Rat schläge warnt Professor Menz vor zu starker Jndividualbchand- lung. Man soll suchen, zu Typen zu kommen, und dadurch seine Arbeit rationalisieren. Nicht isolierte Individualität, sondern Zusammenfassung, Konzentration der Arbeit auf typische Fälle. Das Gesicht des Lagers muß sich entsprechend der Käuser- schicht wandeln, darf sich nicht nach dem Urteil des Sortimenters allein prägen. Die Möglichkeit der Differenzierung bei der schönwissenschaftlichen Literatur nach Verlagen wird erörtert, anschließend auch das Beispiel von Hamburg und Elberseld. Wie weit liegt im Verlagsnamen heutzutage ein Werturteil? Die Kurzlebigkeit des heutigen Buches ist nicht mehr zu überbieten. Dadurch kommt es zu einer dauernden stärksten Lagerentwertung. Prinzip muß bleiben: das richtige Buch in die Hand des richtigen Lesers. Früher konnte man von einer vertikalen Kontinuität sprechen; die kleine Schichk der Gebildeten besaß eine Verbunden heit mit der Literatur von Jahrtausenden. Heute ist die Wir kung horizontal, geht in die Breite. Ein Buch soll möglichst schnell viele Menschen erreichen. Ein Beispiel ist der Verlag Rowohlt und seine Propagierung der Werke Emil Ludwigs. Ratsam ist, 'in Katalogen Lebenskreise zusammenzufassen. Daran schließen sich Beispiele (Walter Hofmann, vorbildlich für den Sortimenter und für die Zusammenarbeit zwischen Büche reien und Buchhandel). Buchreklame und Buchwerbung sind zwei grundverschiedene Angelegenheiten. Das Buch ist als eine Erscheinung zu werten, die für die Masse des Volkes wesentlich ist. Zeit und Geld zum Lesen schaffen. Der geistige Inhalt des Buches muß wieder in den Mittelpunkt gelangen. III. Sonntag nachmittag, Theodor Marcus: Vertrieb wissenschaftlicher Werke. Der Buchhan del kommt für Fachberatung beim wissenschaftlichen Buch über haupt nicht mehr in Frage; er kann keine Auswahl von sich aus treffen. Wichtig ist, ob die Fachgelehrten überzeugt sind, daß das betreffende wissenschaftliche Werk notwendig ist. Wenn ja, ist es Aufgabe des Sortimenters, das Buch überall da be kannt zu machen, wo es irgend Interesse finden kann. Die Frage, wieweit das Sortiment beim Vertrieb von Fachliteratur notwendiges Zwischenglied sei, wurde ausführlich erörtert. Mit Ausnahme einiger Spezialfälle wurde seine Existenznotwendig keit unbedingt bejaht. Die Bibliotheken wie die Wissenschaftler selbst müssen die Möglichkeit haben, das Buch selbst einzusehen. Auch brauchen sie den Sortimenter in anderer Hinsicht. Man muß nämlich unterscheiden zwischen dem Bedarf an Neuerschei nungen — hierfür sind die Mittel oft gering, da die notwendigen Zeitschriften größere Ausgaben erfordern — und der Literatur, die ein Wissenschaftler braucht, wenn er ein Gebiet neu bearbei ten will. Hierzu hat er oft den bibliographischen Rat des Sorti menters nötig. Wenn ihm dieser hierin wirklich gefällig ist, andererseits sich in der Besorgung der Neuerscheinungen zuver lässig und rasch zeigt, gewinnt er sicher einen guten Kunden, der dann auch seinen Bedarf an schöner Literatur, Geschenkbüchcrn usw. bei ihm deckt. So erhält der Sortimenter ein Äquivalent für den geringeren Rabatt bei der wissenschaftlichen Literatur. Eine mehrfache Zusendung des gleichen Prospekts ist immer noch das kleinere Übel gegenüber der Prospektverteilung durch eine neutrale Stelle. Der Sortimenter muß sich durch eine persönliche Note zu unterscheiden versuchen. Der wissenschaftliche Verlag muß die Interessenten von dem Erscheinen seiner Neuigkeiten informieren. Lebhafte Diskussion über den direkten Vertrieb. Professor Menz spricht von der wissenschaftlichen Produk tion innerhalb seines speziellen Arbeitsgebietes, der Betriebs lehre. Der Wissenschaftler weiß oft besser als der Verleger, was kommen wird und kommen muß. Bei seinem Buchhändler ist ihm Präzision in der Erledigung der Aufträge die Hauptsache. Werbemittel: Streusysteme sind überflüssig. Die Buch karte ist ein sachliches Werbemittel, nicht immer ein voller Pro spektersatz. Sie ist die Visitenkarte, die der Autor durch den Verleger beim Sortiment abgeben soll. Ein Käufer wird zu sehr mit ein- und demselben Prospekt von den verschiedensten Seiten überschüttet. Beispiel Marcus: Kant-Gesellschaft! Der Sortimenter muß die llberschneidungsgebiete des jeweiligen
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