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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 13.12.1927
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- 1927-12-13
- Erscheinungsdatum
- 13.12.1927
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289, 13. Dezember 1927. Redaktioneller Teil. Wissenschaftsgebietes erkennen und bei seiner Werbung mit er reichen. Der Verleger mutz auf möglichst schnellen Umschlag sehen. Daher seine Abneigung gegen Kommissionsbezug. IV. Montag morgen, Professor Menz: Geistige Lage der Gegenwart. Uber die geistige Lage der Gegen wart können wir uns von den verschiedensten Teilgebieten aus orientieren. Jede ernsthafte Betrachtung einer solchen Einzel erscheinung wird in die Tiese sichren; zur richtigen Erfassung der Gesamtlage, deren Strömungen und Hintergründe sich nicht so einfach zeigen, wie man oft annimmt, bedarf es aber der sorgfältigen Beobachtung zahlreicher Teilerschei nungen. Als ein auffälliges Merkmal wurde die Neigung zum Materiellen, später auch als Reaklionserscheinung der Sport genannt. Eine Untersuchung über den Begriff des Ma terialismus — nicht als die mit diesem Namen abgestempelte philosophische Richtung, sondern einfach als Gegensatz zu »geisti gem Interesse« oder »idealistischer Weltanschauung« — führte zu dem eindringlichen Ergebnis, datz praktische Erscheinungen des täglichen Lebens, auf den Begriff gebracht und verallgemeinert, nicht etwa geeignete Matzstäbe sind, um Sinn und Art unserer geistigen Lage einfach auszumessen. Im Gegenteil, gerade die Neigung, die so vielseitigen und beziehungsreichen Strömungen durch ein Schlagwort — durch einseitige Verallgemeinerung und durch den Einflutz eigener Wünsche und Ansichten gebildet — abzustempeln und damit für das eigene Nachdenken zu erledigen, ist eine der Ursachen unserer gegenwärtigen Verworrenheit. Wir sollten uns selbst vielmehr ganz zurückstellen und die Tatsachen objektiv betrachten, so wie sie an sich sind. Das saubere Denken — das noch ein Hegel hatte — ist uns verloren gegangen. Für die Generation des unerhörten technischen Ausstieges gab es keine »Welträtsel« mehr; man hielt sie für gelöst, indem man dem Unerforschbaren Namen gab. Erst in jüngster Zeit macht sich in dieser Beziehung eine Umwandlung geltend. Das Wesen unserer vieldeutigen Lage wurde im weitern Verlauf der gemeinsamen Untersuchung an einem Vergleich aus der Geologie weiter aufgehellt. Die Gesteins schichten, die ursprünglich Ring an Ring, wie die Schalen einer Zwiebel, die Erde umlagerten, wurden im Laufe der Entwick lung durch immer neue Erschütterungen und Umwälzungen völlig durcheinandergeworfen. So finden wir auch in der Gegen wart die verschiedensten Altersschichten seelischer Einstellung dicht nebeneinander. Eiszeit- und Bronzezeit-Menschen neben Ver tretern der heute herrschenden Stahlzeit (Bauer und Börsen spekulant!). Grundlegende Unterschiede ergaben sich ferner in der Art von Stadt- und Landbevölkerung, im Wesen der ver schiedenen deutschen Stämme. Dabei kamen wir erneut auf die Begriffe RaumundZeit und ihr Verhältnis zueinander. Die modernen Verkehrsmittel erweitern den Lebensraum des Menschen ungeheuer. Die Zeit bleibt in ihn hineingespannt: so muß sie zum Tempo, zum rasenden Rhythmus unserer Gegen wart werden, mutz der Verkehr die beherrschende Rolle spielen. Aber die Jahre werden kommen, in denen der Verkehr durch wirtschaftliche Umwälzungen an Bedeutung verliert, in denen wir bei manchem äußeren Verzicht wieder mehr Zeit für unsere inneren Bedürfnisse finden. Die Verworrenheit unserer geistigen Lage erweist sich im Grunde als ein Mangel an Führung. Es fehlen nicht nur einzelne Führcrpersönlichkeiten, sondern vor allem mangelt uns ein grotzes richtunggebendes Bildungsideal, wie es noch in der Zeit unserer deutschen Klassiker bestand. Damals war es der komo bumauus. Zu ihm erzogen wurde auf Universi täten, in denen die philosophische Schulung die Grundlage jeder Bildung, jeder Sonderkenntnisse der einzelnen Fakultäten bil dete. War die Universität im Mittelalter die einzige Bildungs stätte, erzog sie eine dünne Oberschicht über der ungebildeten Volksmasse, so gewann mit der Einführung von Vorschulen — zunächst der Gymnasien, später besonders der Volksschulen — ein sich stetig vergrößernder Kreis des Volkes eine gewisse Teil bildung. Das Gleichgewicht zwischen den wenigen mit voll kommener Bildung war aber nicht zu halten. Aus den Reihen der humanistisch gebildeten Oberschicht selbst wurde das alte Bildungsideal gestürzt, als die rein technischen Fächer gleich berechtigt neben die philosophischen traten und die Fakultäten nicht mehr philosophisch unterbaut wurden. So gewann daK Spezialistentum Raum; die große philosophische Zusammen schau — wie sie noch ein Kant, ein Hegel hatte — ging verloren. Bon ihnen müssen wir neu die Methoden des Denkens lernen, müssen durch theoretisches Denken die Grundzüge unserer ver änderten Lage neu zu fassen und aus ihnen heraus ein allgemein gültiges neues Bildungsideal aufzustellen versuchen. Gelingt dies dem Deutschen, so wird er auch ohne äußere Erfolge seine Weltgeltung neu erobern — die Welt wird wieder nach Weimar pilgern. Das Buch wird in dieser Entwicklung eine große Rolle zu spielen haben. Das rechte Buch zur rechten Zeit in die rechte Hand: dann braucht uns um den deutschen Buchhandel nicht bange zu sein. V. Montag nachmittag, Theodor Marcus, Produktionspolitik. Es wird zuerst eine Untersuchung des Wortes »Überproduktion« versucht. Wo steckt die Überpro duktion? Herr vr. Siebeck leugnet überhaupt Überproduktion beim wissenschaftlichen Buch. Für jedes Buch sei auch ein ge wisser Abnehmerkreis vorhanden. Die große Zahl der wissenschaft lichen Werke sei durch die große Zahl der wissenschaftlich Gebil deten zu erklären, eine Vermehrung des Kreises der Konsumenten wissenschaftlicher Literatur bringe stets auch eine Vermehrung der Produktion hervor und umgekehrt, da einerseits der Gelehrte, wenn er genug ausgenommen hat, selbst neue Bücher schreibt, an dererseits der Autor eines neuen wissenschaftlichen Werkes so viel Quellenwerke braucht, daß er selbst wieder beachtenswerter Kon sument wird. Die Zahl der Werke wird auch durch das Tempo des Fortschritts der Wissenschaft bestimmt, l? Kommentare zu einem Gesetz seien keine Überproduktion, da sie notwendige Vor stufen zur endgültigen, einwandfreien Bearbeitung seien, über dies jeder der Kommentare nach der Art der Bearbeitung, Aus stattung usw. für einen anderen Abnehmerkreis bestimmt ist. — Professor l)r. Menz stellt graphisch dar: 10 Werte, verschiedene Auflagen, Deckungsauflage überall ungefähr gleich. 4 Werke er geben rein kalkulatorisch einen kleinen Gewinn, 2 Werke ergeben eben Deckung, 3 enden mit Verlust, l erzielt große Auflage. Wo steckt der Fehler? Die Zahl der Werke ist nicht Überproduktion, sondern notwendiges Risiko; wenn man 10 Lose kauft, hat man mehr Gewinnwahrscheinlichkcit, als wenn man 2 kauft. Die große, rasch abgesetzte Auslage des einen »Treffers« muß die Verluste der Nieten decken. Auch beim belletristischen Buch ist in der großen Zahl der Werke keine Überproduktion schlechthin zu sehen, da säst für jedes irgendein Käuferkreis vorhanden ist. Die Überproduktion steckt in der zu großen Spannung zwischen Deckungsauflage und tatsächlicher Auslage; dies ist der eigent liche Schaden nicht für den einzelnen Verleger, sondern für die Volkswirtschaft. Zu große Auflagen kommen von der »Jnsla- tionsgewohnheit«, die Auflage darnach zu bestimmen, wie hoch der Preis sein darf. Herr Weitbrecht empfiehlt als Auskunfts mittel, den Preis nach einer höheren Auflage zu bestimmen, als tatsächlich gedruckt wird, also den Gewinn der zweiten Auslage der ersten zugute kommen zu lassen. Wieder Hinweis auf geistige Kreise; der Verlag soll sich danach spezialisieren, damit er seinen festen Abnehmerkreis hat. Im Schlußwort führt Professor Menz aus: Das einheitliche Bildungsideal ist der einzige Faktor, der Bücherproduzenten und -konsumenten eine genügend starke ein heitliche und dauernde Richtung geben kann, um gesunde Produk tion, d. h. Absatzfähigkeit der Auflagen, die die Preisbildung not wendig macht, zu gewährleisten. Ein persönliches Urteil. Gerne entspreche ich der Aufforderung, auch meinerseits zum Stuttgarter »Kursus Marcus-Menz« Stellung zu nehmen. Zweierlei möchte ich vorausschicken. Zum ersten: Der praktische wie ideelle Wert der in letzter Zeit mit besonderer Intensität gepflegten Bestrebungen, die be rufliche Fortbildung des Buchhändlers im weiteren Sinne zu fördern, ist Wohl unumstritten. Zum zweiten: Die Namen der beiden Vortragenden, die sich auch diesmal wieder in den Dienst der guten Sache stellten, sind bis in die entlegensten Winkel, in denen der deutsche Buchhandel vegetiert, rühmlichst bekannt. 1443
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