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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.01.1925
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- 1925-01-06
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- 06.01.1925
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Redaktioneller TeU. X« 4, 6. Januar 1925. lähmen bzw, zu gefährden; 3., ob man sie im Gegenteil für «ine Wohltat und ob man für ein gutes Buch jede Art der Ver- Weitung für gut hält, und schließlich 4., ob die literarische Re klame nicht geeignet ist, das Publikum abzuhalten, Bücher zu lesen, die ohne Anwendung von Mitteln, wie sie nur begüterten Unternehmungen möglich sind, sein« Aufmerksamkeit nicht er regen würden. Auf diese Fragen haben einige 40 Schriftsteller geantwortet und nur 2 Verleger, Gaston Picard wundert sich über ein solches Mißverhältnis, das er sich nicht recht erklären kann, »Warum haben sich die Verleger der Antwort enthalten?» fragt er; »kann die Debatte denn nur die Schriftsteller inter essieren? oder sind die Verleger so sehr mit der Abfassung ihrer Reklametexte beschäftigt, daß sie keine Zeit gefunden haben, uns zu antworten?» Es ist schon möglich, daß die Verleger, gute Geschäftsleute, die sie sind, in erster Linie den Grundsatz üni« is money im Auge hatten. Die Schriftsteller haben mehr Zeit, Beide erkennen übrigens, wie aus der Untersuchung des Herrn Gaston Picard hervorgeht, so ziemlich einstimmig die Berech tigung der literarischen Reklame an. Die Mehrzahl mißbilligt nur die unlautere Reklame, die Schund für gute Ware anpreist und schlechte Bücher für gute ausgibt, bestreitet aber nicht, daß für ein gutes jede Art der Verbreitung recht ist, hat auch Ver trauen in den Fortbestand der freien Kritik, die nur von einzelnen als gefährdet erachtet wird, Edmond Säe zum Bei spiel hält sie für geschwächt und gelähmt durch die Reklame. Andre Lichtenberger, der überhaupt sehr pessimistisch urteilt und in der literarischen Reklame eine Gefahr für das Publikum wie für den Schriftsteller, «ine Beleidigung der französischen Litera tur und ein Attentat auf deren Wert erblickt, sieht auch die Wirkung der Kritik dadurch vernichtet, während Jose Germain bemerkt, daß di« Reklame besonders seit dem Kriege der Wirkung der Kritik Schaden tut, und Jean de'Bonnefon an den Leichen der durch die Reklame getöteten Kritiker verzweifelt ausruft: »Gott allein kann die Toten auiferwecken!» Dagegen erklärt der bekannte Pariser Schauspieler und Dheaterdirektor Andre Antoine, den Gaston Picard ebenfalls um seine Meinung gefragt hatte, Kritik und Reklame könnten ganz gut nebeneinander loben. Habe ein Theaterstück oder sonst ein literarisches Werk eine Niederlage erlitten, so sprächen die Inter essierten freilich gleich von der Notwendigkeit der Beseitigung der Kritik, aber sie nähmen gern deren Wohltaten hin, wenn sie sich günstig gezeigt habe. Im übrigen habe selbst der be rühmte Dhealerkritiker Sareep sich außerstande gesehen, seine Löser in ein minderwertiges Stück zu schicken. Und was die' bezahlte Reklame betrifft, so wirke sie eigentlich erst, wenn das Stück gefalle. Die von ihr angelockten ersten Zuschauer seien es, die, wenn sie von dem Stücke befriedigt gewesen seien, das nächste Mal für ein volles Haus sorgten. Der schon erwähnte Marcel Barritzre antwortet auf die die Kritik betreffende Frage, nach seiner Meinung sei die literarische Kamerad- und Kliquenwirtschaft der freien Ausübung der Kritik unendlich gefährlicher als die Geschäftsreklame, Gerade einer unabhängigen Kritik komme die Pflicht zu, die unlauteren »Tricks» der Reklame aufzudecken und ihre Folgen zu bekämpfen. Und er sehe keinen Grund, warum sie gehindert werden könnte, diese Pflicht zu erfüllen. Aber manche Buchbeschreiber hätten selber so viel wertlose Werke angepriesen und sich so oft zu Mitschuldigen des literarischen »Bluff» gemacht, daß das Publi kum, well es nicht mehr zwischen den Aufrichtigen und den Schwindlern unterscheiden könne, eben niemandem mehr glaube. Bald werde übrigens das nämliche Publikum auch nicht mehr in die oft recht plumpen Reklamefallen der Verleger gehen. Was di« Beantwortung der dritten Frag« betrifft, so halte er es für notwendig, daß das Erscheinen eines Buchs reichlich verkündet werde und daß anständige Mittel zu seiner Verbreitung an gewendet würden. Sei das Buch schlecht, von wirklich minder wertiger Qualität, so werde es auch «ine Reklame As zum Äußersten dem Publikum nicht aufzwingen. Hätten die weiten Schichten des Publikums literarische Erziehung — di« freilich in den Demokratien, wie der französischen, wo die sozial« Ver flachung den guten Geschmack allmählich töte, nach seiner Mei nung unmöglich sei —, so würde dl« Geschäftsreklame sür di«! Bücher, und sei sie noch so findig, ihre Wirkung verfehlen, und die Verleger würden genötigt sein, sie aus die einfachsten Formen zurückzuführen. Betreffs der vierten Frage, ob das Leserpubli kum durch die Reklame abgehalten werden könne, Bücher zu lesen, um die keine Reklame gemacht werde, müßten noch andere Ursachen des Mißerfolgs oder des Mißverkaufs genannt werden, die weit gewichtiger seien alz die fehlende Reklame, Bücher bekannter Autoren brauchen fast keine Reklame. Gaston Picards Frage gilt also nur für die Anfänger und diejenigen Schrift steller, die trotz ihres Könnens noch nicht genügend aus dem Schatten herausgetrelen sind. Was diesen hauptsächlich schadet, ist nicht der Mangel an Lärm, der um ihre Person gemacht wird, sondern einerseits die übermäßige Fülle der literarischen Pro duktion, andrerseits die ungeschickte, unlogische Art, wie die Buchhändler die Auslagen ihrer Schaufenster anordnen, und die geringe Kenntnis, die sie von ihrem Geschäft haben. Ebenso wird die Vermehrung der literarischen Preise, die selten dem besten Werke oder dem besten Kandidaten des Wettbewerbs zugesprochen werden, künftig die Laufbahn der nicht prämiierten Talente in unglückseliger Weise beeinflussen — bis zu dem Zeitpunkt indes, wo es soviel Preise gibt, daß das Publikum, betäubt durch die lärmenden Auszeichnungen, die nur Anfängern unter 30 Jahren zuerkannt werden sollten, die viel zahlreicheren lorbeergekrönten Häupter von den unbekrän-zten nicht mehr unterscheiden kann, »Altes in allem, meine ich», schließt Marcel Barriere seine Ant wort, »daß die literarische Reklame, wenn sie in den Grenzen bleibt, wie sie die anständigen Verleger aufsaffen, «ine Wohltat -ist; daß es, wenn ja etwa eine schamlose Reklame die öffentliche Meinung über den Wert eines Buchs täuschen könnte, Sache der Kritik, die sich stets unabhängig machen kann, ist, den Irrtum richtigzustellen und seine Verbreitung zu verhindern». Ähnlich urteilen mehrere andere Schriftsteller, worunter Paul Souday, der Anhänger der literarischen Reklame und der Kritik ist. Erster« datiere nicht von gestern, sagt er, und erzählt einen drastischen Vorfall, der sich vor 40 Jahren in Paris er eignete. Im Jahre 1884 hatte die Gattin des streitbaren Poli tikers und radikalen Parlamentariers Clovis Hugues im Pariser Justlzpal-ast einen Agenten, namens Morin, den sie der Ver- teumdung beschuldigte, erschossen. Bald darauf sah man aus den großen Boulevards lange Reihen von Komm«« ssmiEvss -(Rekl-amemännern: Diönstmänner, die Plakate tragen) ihren Gänsemarsch machen, auf deren Janusschilderu stand: »Morin wird die lavbss ck'socro nicht Möhr lesen!» Das war di« litera rische Reklame des jungen Schriftstellers Maurice Barrss, der auf diese originelle Weise die von ihm herausgegeben« kleine Monatsschrift I-SS rackes ck'encrs (Die Tintenkleckse) bekannt zu machen sucht«. »Heute«, fährt Paul Souday fort, »wird der -Ruhm mancher jungen Schriftsteller durch den Film verbreitet, -der sie uns in ihren Beschäftigungen zeigt, wie sie Verträge mit ihren Verlegern unterschreiben, Honorare einkassieren, in den Salons beglückwünscht werden -usw, Gestehen wir, daß es für einen Schriftsteller ein wenig lächerlich ist, sich so dem öffent lichen Urteil auszusetzen, die Rolle des vooui gras zu spielen (des Mastochs-en, der zur Fastnacht in den Pariser Straßen herumgesahren wird) und seine Werke mit marktschreierischem Tamtam anzupreisen, Aber eine gewisse Reklame ist und bleibt nützlich und empfehlenswert. Wirklich veröffentlicht ist ein Buch erst, wenn das Publikum von seinem Erscheinen benachrichtigt ist, Soll man ein Buch kaufen, so muß man zunächst wissen, daß es existiert, aber auch daß es voraussichtlich interessant ist. Und hier setzt die Kritik -ein. Eine schmetternde Reklame be weist noch nicht, daß ein -Buch lesbar ist, und die Veröffent lichung über -ein preisgekröntes Buch sagt noch nichts über feine -Art und seinen Wert» usw. Auch Rens Bizet ist von der Nützlichkeit der literarischen Re klame überzeugt, ja er hält sie sogar für außerordentlich nützlich unter der Bedingung, daß sie mit Intelligenz und richtig ge schäftsmäßig betrieben wird, Binei-Valmer ist derselben Mei nung -wie Paul Souday, nämlich daß das Erscheinen eines Buches bekannt gemacht werden muß. Nur fragt sich, wie. Früher sei dies in den- Salons geschehen, dann durch die Kritik, Heute geschehe es durch die Literaturpreise und morgen werde
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