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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.05.1923
- Strukturtyp
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- 1923-05-19
- Erscheinungsdatum
- 19.05.1923
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Redaktioneller Teil. IIS, lg. Mai 1823. tischem Bau, doch es schätzt diese Begriffe nicht als Endwerts«. — Seine Ausführungen galten weniger dem Gelderwerb, als dem Dienst am Buche. Auch der Buchhandel muß wie die anderen Stände sein Kapi- ial sich zu erhalten suchen, sowohl aus Selbsterhaltungstrieb als auch um der allgemeinen Kultur halber. Die Gründe dafür, daß das dem Verlag nur zu einem gewissen Teile gelungen sei, sah der Vor tragende darin, daß erstens der Buchhändler diel zu wenig au rein wirtschaftliches Denken gewöhnt ist, zweitens, daß bei einer allgemeinen Volksverarmung diejenigen Zweige, die Kultur bedürfnisse befriedige», stärker verarmen als die, die für unbedingte Lebensbedürfnisse sorgen, und drittens konnte der Buchhändler sich länger über Scheingewinne täusche», weil seine Lagerbestände aus längere Absatzzeit als sonstige Jndustrieprodukte bemessen sind. Erst die Einführung der Grundzahl gab die Möglichkeit, sich das Kapital annähernd zu erhalten. In den Zeiten regelmäßig fortschreitender Geldentwertung, der Inflation, ist das Bestreben jedes Kaufmanns auf mög lichste Festlegung seiner Mittel in Waren, Effekten, Gebäuden, Ma schinen, Devisen ufw. gerichtet; er besitzt am besten kein bares Geld. In den Zeiten der Geldstabiiisierung dagegen, der Deflation, wo notwendig der Absatz stockt, ist es umgekehrt nötig, flüssige Mittel zu haben, die laufenden Ausgaben zu decken. Dann erhebt sich zu gleich die Frage des Preisabbaus. Wir haben jetzt ein Vorspiel der einst kommenden, unerbittlich grausamen Kontraltionsperiode in der versuchten Markstabilisierung unserer Regierung gehabt. Wie nun jeder einzelne seine wirtschaftliche Politik für die nächsten Mo nate einzurichten hat, hängt ganz von seiner Ausfassung der poli tischen Lage ab. Von entscheidender Bedeutung ist für uns der Ausgang der Ruhraktion. Wer auf einen vollen Sieg der deutschen Sache rechnet, wird sür die allernächste Zeit schwere wirtschaftliche Schädigungen des Einzelbetriebes borauszusehen haben; wer auf eine Niederlage rechnet, kann eine nochmalige kurze Scheinblüte erwarten. Das klingt paradox, aber auf längere Sicht ge dacht, führt uns allein ein voller Sieg, verbunden mit endgül tiger, vernünftiger Lösung der Rsparationsfrage, zur Gesundung unserer wirtschaftlichen Verhältnisse. In der Aussprache wurden zuerst die Kontraktionserscheinun- gen behandelt, die, sei es mit oder ohne nochmalige vorhergehende kurze Scheinblüte (letzte Morphiumspritze wurde sie von Schiele ge nannt), uns sicher bevmstehen, teils analog der Geschichte der fran zösischen Revolution, teils entsprechend den Erfahrungen der Ge- genwart. Österreich und die skandinavischen Länder z. B. befinden sich jetzt mitten drin. Wie lassen sich nun wertbeständige flüssige Anlagen für di« einst kommende endgültige Deslationszeit beschaf fen? Ist z. B. Roggenanleihe wertbeständig, sind es Devisen? Die Schaffung einer Buchhändlermark als Lösung dieser Frage tauchte zum ersten Male gedanklich-theoretisch in der Diskussion auf, aber die anwesenden Wissenschaftler konnten noch keine rechte Stellung zu ihr finden. Der Gedanke war noch zu neu. Ferner wurde zuni Problem Stinnes eingehend Stellring genommen und die Tragik unseres deutschen Schicksals dahin bestimmt: Rein wirtschaftlich gedacht, konnte die Regierung den Abwehrkampf an der Ruhr nicht verantworten, vom Lebensinstinkt aus gesehen, handelte sie aber ohne allen Zweifel richtig. Auch wenn ivir uns wirtschaftlich dabei ruinieren sollten, ist vielleicht dieser Kampf der einzige Weg zum Vertrauen, das nötig ist, um später wieder Weltkredit zu bekommen. Wie wird aber nach der endgültigen Kontraktionsperiode der Buchhandel auf dem wirtschaftlichen Schlachtfeld dastehen? Rein wirtschaftlich gesehen, steht dann jeder Verleger vor der entschei denden Frage, ob er noch selbständig bleiben kann und will. Will er seine alten Verlagsrechts sämtlich verwerten, wird er sich ver gesellschaften müssen, will er aber sein eigener Herr bleiben, so wird er seine alten Verlagsrechts sicher nicht ausnllyen können. Er muß dann wieder Kleinbetrieb werden. Das Sortiment aber wird da mit rechnen müssen, daß man dann kein Buch mehr leichthin kauft, daß das Buch eine kostbare Ware ist, die es gilt sachverständig und mit Liebe zu vertreiben. Geistig gesehen aber wird aus der deut schen Armut wirkliche deutsche Kultur heranwachsen, die seelischen Bedürfnisse werden wieder eine viel stärkere Rolle spielen wie einst 702 zu der klassischen Zeit. Es kommt nur darauf an, daß wir demütig und ehrfürchtig genug sind, um aus unserer Schicksalslage zu lernen. Vom Schicksal des Buchhandels innerhalb des Volksganzen ivandte sich die Aussprache nachmittags zu der Frage: wie weit läßt sich durch Genossenschasts« bzw. Gruppenbil dung der kommenden wirtschaftlichen Krise begegnen? Referat« und Aussprache bildeten die Wetterführung eines Stoffgebietes, das schon in den beiden vorhergehenden Tagungen des längeren be handelt wurde. An eine allgemeine Einführung eines Kollegen, der über das Genossenschaftswesen im Buchhandel promoviert hatte, schloß sich ein Referat über die Münchener Kommis sion s b u chh an d tun g, die in gleicher Weise den Interessen des dortigen Sortiments und Verlags dient. Fast noch mehr wie als Bestellanstalt hat sie sich bei der Auslieferung der zusammen geschlossenen Verlage bewährt. Spesen und Gewinn deckten sich. Ein weiteres eingehendes Referat über die wirtschaftliche Vereinigung schlesischer Verleger legte deren Orga nisation dar, es konnten wesentliche Ersparnisse bei Druck- und Papieraufträgen sestgestellt werden. Eine gemeinsame Buchpro duktion war noch nicht begonnen worden. Die Vereinigung be schränkte sich bisher dabei auf die Rolle einer neutralen Vermitt lungsstelle. Zum Schluß referierte der Leiter der wirtschaft lichen Vereinigung in Leipzig über deren aufblühende Entwicklung durch Mitteilung von Zahlen. In der anschließenden Aussprache kam die Hoffnung zum Ausdruck, daß die wirtschaft liche Vereinigung in die Lage komme, an der Preispolitik des Pa piermarktes mitzuwirken, indem sie die Aufträge des Gesamwer- lages vergibt. Zwar umfaßt der Verlagsbedars Wohl nur 15^ der gesamten Papierproduktion; aber es gibt eine große Anzahl Fabriken, die hauptsächlich nur auf den Werkdruckpapierbedarf des Verlages eingestellt sind. Übrigens, wo bleibt der Börsen- oder Verlegerberein bei Verhandlungen mit der Regierung wegen Er mäßigung der Papierpreise? Sind die Zeitungsverleger dis ein zigen, die etwas erreichen?") Die Wiener Berussgenossen wiesen auf die nach dem Krieg er richtete »Wiener Zentralgenossenschaft für Buch gewerbe« hin, die alle Gebiete des Buchhandels und der ver wandten graphischen Gewerbe umfaßt. Anscheinend ist sie mehr aus der Initiative eines Bankkonsortiums entstanden als aus dem Buchhandel direkt hervorgegangen. In der Aussprache wurde betont, daß der Buchhandel in ge nossenschaftlicher Beziehung weit hinter anderen Gewerben zurück steht, und als Haupthindernis wurde sein notwendig individualisti scher Charakter angesehen, der in seiner Verbindung des Materiellen mit dem Geistigen begründet ist. Genossenschaftliche Formen find nur da möglich, wo Opferwilligkeit der einzelnen Genossen besteht und die rechte Persönlichkeit zur Leitung (sehr schwierig) gefunden ist. Siehe die Erfahrung mit Zeitschrisienstellen. Die Genossen schaftsform wird sich wohl nur da durchsetzen, wo das wirtschaft liche Risiko ein Minimum ist. (Verlagsauslieferung, Vertriebs, gemeinschaften.) Auch die Frage, wie weit die Verleger bestrebt sein müßten, sich unabhängig von Leipzig zu machen, wurde be handelt. Der Abend schloß mit einen, temperamentvollen Vortrag Von Or. Georg Schiele über Markstabilisierung, und daran kniipfte sich wieder eine eingehend« Aussprache. Es wurde dabei sestgestellt, daß die vor dem Krieg bestehende Stetigkeit des Geldwertes, ge schichtlich gesehen, überhaupt ein unnormaler Zustand gewesen ist. Neun Stunden lang wurde am ersten Tag mit schlichten Wor ten um wirtschaftliche Fragen und Erkenntnisse gerungen. Wir sind weder im Wölkenkuckucksheim gewandert, noch wurden rhetorische Eiertänze nach berühmten Mustern aufgcführt. Schließlich sprach unser Robespierrc das entscheidende Wort: »Eigentlich soll man nicht alles zerdenken, sondern als Buchhändler habe man sich in seinen, auch wirtschaftlichen Erwägungen von seinem Fingerspitzen gefühl leiten zu lassen«. — Das will aber nicht heißen, im altge- ") Das, was die Zeitungsverleger »erreicht« haben, ist so be langlos, das; man es ihnen nicht zn neiden braucht. Im übrigen ist auch der Buchhandel nicht still gewesen. Aber nennenswerte Erfolge waren eben nicht erzielbar. Red.
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