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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.06.1924
- Strukturtyp
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- 1924-06-02
- Erscheinungsdatum
- 02.06.1924
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X- 128, 2. Juni 1924. Redaktioneller Teil, Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 7803 Diese Grundsätze dürfen wir von Ford ohne weiteres über nehmen, und zwar sollte der Buchhandel sie nicht nur aus den eigentlichen Lohn, sondern auch auf die Honorare anwenden. Niedrige Löhne haben minderwertige Arbeit zur Folge, iund für niedrige Honorare kann man keine Qualitäts arbeit verlangen. Ist aber das geistige Rohmaterial an sich schon minderwertig, so ist das ungefähr so widersinnig, als wenn man andrerseits eine Ausgabe von Goethes »Wahrheit und Dich tung« auf schlechtestem Zeitungspapier Herstellen wollte, Qualitäts arbeit, durch di« wir allein -wieder leistungsfähig werden können, bedingt aus der anderen Seite auch Goldmarkpreise, nämlich bei der Erwerbung des Rohmaterials, der Manuskripte, Ich glaub«, es ist auch verlorene Liebesmüh, einem verarmten Volke, das sich heute jedes Buch, das es kauft, auch darauf ansieht, ob es es auch lesen wird, hoffnungslos veraltet« Dichter und Schriftsteller, wie den seligen Tieck, Brentano und andere Romantiker, oder auch die sehr verstorbenen Spielhagen, Hackländer u-sw, durch neue Ge samtausgaben dem Lesepublikum als sogenannte Klassiker der deut schen Literatur aufzurcden. Solchen alten Herrschaften soll man ihre Ruhe in den Bibliotheken gönnen und nicht Material und Arbeit an schließlich doch unverkäufliche Gesamtausgaben verschwenden. All« Ersparnisse, di« den Preisabbau erst wirtschaftlich recht- fertigen, erzielt Ford durch ein« Rationalisierung der Arbeit; auf maschinellem Gebiet durch die bekannte Normung und Typisierung, im Arbeitsgange selber durch Ersparnisse an Zeit, Kraft und sinnlosen Umwegen, Es ist sehr beherzigens wert, wenn er darauf hinweist, daß 36°/» aller Arbeiten in seinem Betriebe in einem bis 8 Tagen, 6?Z in ein bis zwei Wochen, 14?S in einem Monat bis zu einem Jahr zu erlernen -seien. Und nun bedenken wir einmal, welche unsinnige Verschwendung wir in Deutschland mit Arbeitskraft und Arbeitszeit in unserem ganzen kaufmännischen Leh r l i n g s w esen treiben, wie oft ein arbcitsfrischcr junger Mensch Jahre seines Lebens vertrödelt, bis er soweit kommt, daß er das Hauptbuch erst einmal von hinten ab stauben darf. Selbstverständlich ist das -Fordsche Thema keine Schablone, die sich einfach mechanisch übertragen läßt; aber es ist für jeden andern Wirtschaftszweig eine nachdenkliche Sache, wenn Ford erzählt, daß er es durch ein« rationelle Arbeitsmethode zuwege gebracht habe, daß eine Arbeitsgruppe von 7 Mann heute täglich 2606 Kolben stangen für Motoren Herstellen kann, während früher 28 Mann rund 175 Kolbenstangen fertig bekonunen haben. Hier ist Ford wirklich vorbildlich. Wir können nicht immer Maschinen an Stelle von Menschen anwenden, aber wir können doch darüber Nachdenken, ob sich nicht auch im Buchhandel ähnliche Möglichkeiten ergeben, auf die sich der Satz von Henry Ford anwenden läßt: Welch eine Verschwendung von Arbeitskraft und Zeit für einen Menschen, stunden- und tagelang hinter einein langsam dahinschleichcnden Gespann hcrzugehen und mit ihm das Feld zu pflügen, während ein Motorschlepper die sechsfache Arbeit in derselben Zeit leistet! Viel können wir auch von dem Amerikaner bei der Beseitigung von Hemmnissen und Umwegen im Betriebe selber lernen. Wie eine Erlösung von den Lcidcnsstationen eines deutschen Instanzen weges, von dieser schauerlichen Odyssee durch Amtsstuben klingt es, wenn er sagt: Experten und Leute mit Titeln gibt es bei uns nicht, «tzenso gibt es keine Konferenzen und Sitzrmgen, was wir Deut schen ganz besonders beherzigen dürsten, di« Wilhelm von Oechel- Häuser einmal sehr richtig dahin charakterisiert hat: Jeder dritte Mensch, der einem auf der Straße begegnet, hat jetzt eine Mappe unter dem Arm und kommt aus einer Sitzung oder geht in eine Sitzung, Von solchen schwerfälligen Organismen sagt Ford: »Will ein Gruppenführer das Ohr seines Direktors erreichen, so führt sein Weg über den Unterwcrkführer, den Werkführer, den Abteilungs- Vorsteher und über sämtliche Hilfsdirektoren, Bis er seinen Mann erreicht, gehört das, was er hat sagen wollen, oller Wahrschein lichkeit nach bereits der Geschichte an, und der eigentliche Zeitpunkt zu seiner Durchführung ist bereits verstrichen«. Die Schäden erkennen muß hier heißen sie abstellen. Und auch noch eine andere Mah nung Henry Fords ist angesichts des Zusammenbruches mancher Gründungen ans der Inflationszeit sehr ernst zu nehmen: Eine Reufinanzierung ist manchmal nur eine Folge schlechter Geschäfts führung und kommt daraus hinaus, daß man gutes Feld faulem Felde nachwirst. Der Tag des Gerichts ist lediglich damit h i n au s g e s ch o b e n. Wenn ich darauf Hinweise, daß es heute immer noch vorwie gend dem Zufall überlassen bleibt, ob ein Buch einem Interessenten zu Gesicht kommt, oder ob er von dessen Erscheinen überhaupt hört, so ist das für Sie alle eine Binsenwahrheit, Der Buchhandel glaubt in Rücksicht auf das Weihnachtsgeschäft daran festhalten zu müssen, Neuerscheinungen erst vorwiegend im letzten Drittel des Jahres herauszubringen, und so häufen sich in den letzten Wochen vor Weihnachten die Bücher zentnerweise auf den Zeitungsredaktionen an, und der unglückliche Redakteur, der im besten Falle in diesen Wochen 10 bis lö Bücher lesen und wirklich würdigen könnte, steht -hilflos vor Riesenhausen, in denen die entstandenen Lücken immer gleich wieder Zuwachsen, Dieser für beide Teile unmögliche Zustand sollte doch eigentlich nicht bestehen bleiben dürfen. Auch hier heißt es organisieren und — i n d iv id ua lisiere n , aus- lösen und wieder aufbauen, Ihr neues Organ »Nimm und lies!« ist ein beachtenswerter Versuch, hier den Zufall zu organisieren und jedem das Buch zugänglich zu machen, das für ihn patzt und das er braucht. Hier ist Ford geradezu vorbild lich, weil er immer neue und stets überraschende Wege findet und als W e rb ep r osp ekt f u r seine A u t o s «i ne s -de r i n te r« essantesten Bücher schreibt,- bas je auf dem deutschen' Büchermarkt erschienen ist. Und doch enthält es, wie gesagt, teilweise ganz alte Wahr heiten und Erfahrungssätze, die unseren deutschen Wirtschaftssiih- rcrn längst vertraut sind. Andrerseits hat der amerikanische Ni- bcllierungsdrang etwas -an sich, was de» deutschen Individualismus -zu Widerspruch reizt und was er ablehnt. In einer kleinen sehr lesenswerten Schrift von Peter Men nicken, die sich etwas an spruchsvoll -Anti-Ford« nennt, aus dem Verlage »Die Kuppel« in Aachen, und die das Fordsche Buch als -die »Bibel des zivilisato rischen Menschen« bezeichnet, heißt es in solcher Ablehnung, daß die Fordsche Schrift nur für den da sei, in dem schon alle Sehnsüchte und Hoffnungen erstorben seien. Das ist ungefähr dieselbe Ablehnung der angelsächsischen Gleichmacherei, die Victor Auburtin einmal in die grotesk« Schilderung des englischen Landhauses ge kleidet hat, »Ich sah», so schreibt er, »einmal eine Villenkoloni« im Süden der großbritannischen Insel, Ich sah sie von einer Anhöhe aus, und es war wie ein gräßlicher Ausblick in die Zukunft, Denn dies« Wohnstätte der Menschen sah genau so aus wie die Waben eines Bienenstaates, Über die Ebene und über di« Hügel hinweg zog sich eine Schicht Zellen, eine Zelle genau so gebaut wie die andere. In jeder Zelle saß ein Engländer, und jeder war mit demselben Kamm garn bekleidet wie der andere. Jeder aß zur selben Zeit denselben Hammelbraten; jeder hatte dieselben Geräte um sich wie der andere; jeder las dieselbe Sportzeitung und dachte zur selben Zeit genau dasselbe wie der nächste Engländer«, Wir Deutschen wollen das Fordsche Buch überhaupt nicht kritiklos hinnehmen. Wir wollen die Erfahrungen des Ameri kaners uns zu eigen machen, die wir für uns verwerten können, aber wir wollen auch nicht vergessen, daß Henry Ford als ein guter Geschäftsmann uns auch nur das erzählt, was er uns erzählen will, Gustav Ficnssen sagt in seinen »Briefen aus Amerika- beim Besuche von Pittsburg, also der Stätten, die Carnegie beherrscht: »Von den kümmerlichen, unfreundlichen Wohnungen der Arbeiter aus den Schutthalden steht kein Wort in Carnegies Buch«, Und noch ein anderes: Wir brauchen das Fernglas -gewissermaßen nm um-zudrehcn, um den großen Organi sator Henry Ford, zu dem manche bei uns wie zu einer unerreich baren Größe aufblicken zu müssen meinen, sehr klein im Verhältnis z» der Wirkung seines Lebcnswcrkez zu sehen, Henry Ford will, daß jeder Amerikaner ein Ford-A»to hat, und schickt sich an, auch die alte Welt mit derselben Segnung zu beglücken. Jeder zehnte Amerikaner bat heute schon sein Auto und vor jeder ameri kanischen Fabrik reihen sich die Autos der Arbeiter, Aber das hat auf der anderen Seite -die Folge, daß die Vereinigten Staaten -heut« schon mit diesem Riesenbenzinverbrauch ungefähr die Hälfte ihres -Vorrates an S l in dem IMS
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