Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.06.1924
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1924-06-06
- Erscheinungsdatum
- 06.06.1924
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19240606
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192406068
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19240606
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1924
- Monat1924-06
- Tag1924-06-06
- Monat1924-06
- Jahr1924
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
80S2«rImI>KU! I. d. DUchn. Redaktionell«: Teil. >l- 132, k. Juni 1924, suchte nur noch mit der Anerkennung ein Geschäft insofern zu machen, als er von England dafür das längst erstrebte Bündnis erkaufen wollte. Auch in diesem Rückzugsgefecht hat er sich aber eine Schlapp« geholt. England lehnt das Bündnis ab und will den Frieden Europas allein durch den Völlerbund sichern. Di« Ver handlungen darüber werden naturgemäß noch einige Zeit in An- spruch nehmen. Man wird sich dabei vor allem über die Räumung des Ruhrgebietes streiten. So lange wird auch das endgültig« Schick sal des Gutachtens noch in der Schwebe bleiben. Seinen Zweck hat es aber im Grund« schon heute durchaus erfüllt. Frankreich beherrscht die Lage nicht mehr. Der Ausfall der französischen Wahlen hat das Ergebnis noch bestärkt, zumal da Herriot den englischen Völker- bundsabsichten zuzustimmen scheint. Der Weg zur Lösung des ganzen Reparatiönsproblems ist frei gemacht, wenn die Lösung selbst naturgemäß auch noch nicht erreicht ist. Unsere Stellungnahme zu dem Gutachten ist danach Wohl von selbst gegeben. Daß eine einfache Ablehnung nicht in Frage kom- men kann, ist gerade bei Berücksichtigung der politisch-diplomatischen Lag« Wohl einleuchtend. Trotz aller berechtigten Bedenken müssen auch wir das politisch« Instrument klug benutzen. Durch sofortiges Eingehen auf die Anregungen des Gutachtens, wie es auch durch die Entsendung der Sachverständigen jetzt nach Paris geschehen ist, müssen wir den Angelsachsen helfen, Frankreich endgültig schachmatt zu setzen. Freilich sollte vermieden werden, uns vorzeitig unnöti gerweise und zu weitgehend zu binden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die materiellen Bestimmungen des Gutachtens an Bedeutung auch für sein« Urheber verlieren, sobald das Instrument seine poli tisch-diplomatischen Zwecke, für die es geschaffen ist, erfüllt hat. Auch in dieser Hinsicht hat jo der Wahlausgang in Frankreich eine lvesentlich verändert« Lage herbeigeführt. Das Gutachten war noch auf Poincars abgestellt. Wie große sachlich« Schwächen dem Be richt und seinen Vorschlägen anhaften, kann keinem ernsthaften Kri tiker entgehen. Auch seine Väter werden daher sicherlich mit sich darüber reden lassen. Wenn wir nur die Zeit abwarten können, sollte es unseren Unterhändlern nicht schwer fallen, in den wich tigsten Punkten noch wesentliche Abänderungen zu erreichen. Zu nächst aber ist, wie gesagt, grundsätzliches Eingehen darauf nötig. Denn das dabei verfolgte politisch-diplomatische Ziel ist auch uns genehm. Ist erst der Starrsinn Frankreichs ganz gebrochen und, vermutlich auf dem Umweg über den Völkerbund, überhaupt eine neu« Lage geschaffen, so wird vielleicht auch eine beschränkt« Re vision des Versailler Diktats, auf dem ja letzten Endes auch das Gutachten ruht, möglich, was mehr wert wäre als eine Korrektur der Sachverständigenvorschläge. Jedenfalls aber geht aus alledem wohl hervor, daß diese nicht das Letzte sind. Der ganz« Sachver ständigenbericht ist nur Mittel zum Zweck. Das Politisch«, nicht das Wirtschaftliche steht dabei an erster Stelle. II. Eine solch« Betrachtung des Sachverständigen-Gutachtens rein von der politischen Seite her, so wichtig sie ist, um im ganzen den richtigen Standpunkt zu gewinnen, könnte dazu verleiten, es nicht ganz ernst zu nehmen und in der Arbeit überhaupt nur eine Lösung von vorübergehendem Wert, wenn nicht gar lediglich einen gütlich bedingten Lösungsversuch zu sehen. Das wäre jedoch eine zu ein seitige Beurteilung. Auch wenn das Gutachten, nachdem es seinen politischen Zweck erfüllt hat, gänzlich verworfen würde, behielte es doch als erster Versuch einer wirklich wirtschaftlichen Lösung des Reparatiönsproblems seine Bedeutung. Auch wenn die darin ent haltenen Vorschläge im Laufe der weiteren Verhandlungen wesent lich umgestaltet oder mehr oder weniger durch völlig neue Formu lierungen ersetzt werden sollten, wird doch die nun einmal gelegte wirtschaftliche Grundlage nicht mehr ganz verlassen werden können. Insofern verdienen die Bestimmungen auch im einzelnen genauere Beachtung. Bei dieser Beurteilung der wirtschaftlichen Tragweite des Dawes-Planes wird man nicht vergessen dürfen, daß er keine an sich neuen Bestimmungen und Grundlagen bringt. Er fußt vielmehr durchaus aus dem Versailler Diktat, ist dadurch gebunden und sucht nun lediglich das dort grundsätzlich bereits Festgelegte und von uns leider auch längst Unterschriebene so zu formulieren, daß es noch für durchführbar gehalten werden kann und möglich erscheint. Wenn das Versailler Diktat erfüllt werden soll, dann kann — darin darf man den Sachverständigen in der Tat wohl zustimmen, und dieser hypothetische Charakter des Ganzen ist festzuhalten — höchstens so Verfahren werden, wie sie es Vor schlägen. Das gilt insbesondere für die unsrerseits mit Befriedi gung zu unterstreichenden Feststellungen, daß erste Voraussetzung für jede Reparationsleistung di« Wiederherstellung der vollen Sou veränität Deutschlands in seinem gesamten Staatsbereich und grund sätzliche Abkehr von dem Gedanken der besonderen Reparations- Provinz an Rhein und Ruhr ist, daß ferner nur der Staat als Gan zes, nicht der einzelne Bürger unmittelbar reparationspslichtig ist und >daß die gesamte Reparationsleistung in einer Summ« zusam menzufassen ist unter Aufhebung jeder Sonderlast daneben, daß weiter Deutschland neben der Reparationspslicht die nötigen Le bens- und Arbeitsmöglichkeiten behalten muß, also Reparationen nur aus Überschüssen leisten kann und daß endlich nur so viel aus Deutschland herausgezogen werden darf, als ohne Störung seines eigenen wirtschaftlichen Gleichgewichts wie des der gesamten Welt wirtschaft möglich ist. In diesem Rahmen werden dann zum Teil unter Zurückgreisen auf frühere deutsche Angebote aus der Zeit der Regierung Cuno be- stimmt« Einzelvorschläge gemacht. Deutschland soll ein beschränk tes Moratorium erhalten, um sich auf die Reparationsleistungen umstellen zu können. Ein Teil der Schuld wird zunächst durch eine international« Anleihe mobilisiert. Auf diesem Wege wird auch die Reorganisierung der deutschen Währung gesichert. Die dazu zu schaffende Bank wird zugleich Reparationshauptkasse und -treuhänder. Für di« laufenden, nach und nach zu steigernden Zahlungen werden in einer Sonderbelastung der deutschen In dustrie, in der Verselbständigung der Reichsbahn und durch unmit telbaren Zugriff auf gewisse Reichssteuern unter internationaler Kontrolle die nötigen Grundlagen geschaffen. Auf die technischen Einzelheiten einzugehen, würde hier zu weit führen. Die Gesamt belastung sieht sich demnach so an: 1. Jahr: Gesamtleistung 1000 Millionen Goldmark, nämlich a> auswärtige Anleihe Ml Millionen, l>> aus de» insgesamt SM Mil lionen Zinsen der Eisenbahnobligationen 200 Millionen. jBou dieser Gesamtzahlung müssen 800 Millionen innerhalb Deutschlands verwen det werden.) 2. Jahr: Gesamtleistung 1220 Millionen, nämlich n> Restbetrag der Zinsen der Eisenbahnobligationen vom Vorjahr IM Millionen, d> diesjährige Zinse» der Eisenbahnobligationen 405 Millionen, c> Transportsteuer 250 Millionen, -i> 2t4prozentige Zinsen der Jndustris- obligationen 125 Millionen, o) 250 Millionen aus dem Verkauf von 500 Millionen Eisenbahnvorzugsaktien, eventuell Ergebnis einer inneren Anleihe. S. Jahr: Gesamtleistung 1200 Millionen, nämlich »> 550 Mil lionen Verzinsung der Eisenbahnobligationen, d> 250 Millionen 5pro- zentige Verzinsung der Jndustrieobligationen, o> 110 Millionen aus dem Staatshaushalt, <I> 200 Millionen aus der Transportsteuer. 4. Jahr: Gesamtleistung 1750 Millionen, nämlich a> 660 Mil lionen aus den Eijenbahnobligationen, d) S00 Millionen 5prozentige Verzinsung und Iprozentige Tilgung der Jndustrieobligationen, c> 500 Millionen aus dem Staatshaushalt, ä> 280 Millionen Transportsteuer. 5. und folgende Jahr«: Gesamtleistung 2500 Millionen, nämlich s> 660 Millionen aus Eijenbahnobligationen, b> 300 Millionen aus Jndustrieobligationen, c> 1250 Millionen aus dem Staatshaus halt, ci) 280 Millionen Transportsteuer. Daß dies eine überaus schwere Belastung ist, die vom deut- fchen Voll unerhörte Opfer verlangt, bedarf keiner näheren Erläu terung. Es kommt noch hinzu, daß die Kontrollorgan«, die im Falle nicht vollständiger Erfüllung der vorgeschriebenen Leistungen einzugreifen haben, mit so weitgehenden Vollmachten ausgestattet sein sollen, daß an der völligen Versklavung Deutschlands, wie sie das Versailler Diktat gebracht hat, nun Zweifel nicht mehr werden bestehen können. Ob Deutschland wird erfüllen können, was hier von ihm gefordert wird, darüber Erörterungen anzustellen ist meines Er achtens völlig müßig. Man kann weder das Ja noch das Nein be weisen. Das geben die Sachverständigen zwischen den Zeilen selber zu. Sie geben zu verstehen, daß sie nach bestem Wissen und Ge wissen nur eben glauben, so könnte man die Erfüllung des Ver sailler Jrrsinnsdiklats einmal versuchen. Für den Fall, daß Deutschland mehr leisten könnt«, haben sie sich gesichert und entspre-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder