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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1923
- Strukturtyp
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- 1923-06-21
- Erscheinungsdatum
- 21.06.1923
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- Deutsch
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X- 142, 21. Juni 1923. Redaktioneller Teil. BllrikNblaü I. d. Mich», «uchhand». lern und Bandeisen gepackt und verschnürt. Zeitungspapier wird größtenteils aus besonderen Umrollmaschinen umgerollt, mit leichten Packbrettern in Faßpackung gepackt und in diesem Zu- stanb« versandt. Die großen Bibliophilen. Von Prof. vr. Julius Z e i t l e r. Tos Wort, Lab Bücher ihre Schicksale haben, wird zwar oft zitirrt, aber von allen, die mit Büchern zu tun haben, denken sicher die wenigsten darüber nach. Soviel Glück von den Büchern ausgeht, es konnte einen melancholisch machen, wenn man erwägt, wieviele zerstört wurden, wieviele verderben und wie schnell auch der Bestand größerer Samm lungen wieder in alle Winde verweht wird. Immerhin scheint sich im Lauf der Büchergcschichte ein Auslescprvzcß zu vollziehen, denn irgend wo und irgendwann mündet jeder bibliophile Fluß oder Strom in das Meer einer öffentlichen Sammlung, oder wenigstens ein Teil davon, dem dadurch größere Tauer verliehen ist. Vieles freilich zer streut sich wer weiß in welche Wüsten. Immer aber zeigt sich, daß die äußere Form, die größere oder geringere buchkünstlerische Gestal tung, die Tauer des Geisteserzeugnisses unterstützt. In diesem Punkte hat die Buchp siege etwas Kunstgewerbliches. Die Bücher werden repräsentativ, gewinnen an Besitzwert, und dann ist es eine Ironie für die reichen ungebildeten Erwerber, die Büchergecken, daß gerade sie dazu auserlesen sind, das kostbare Gut zu bewahren. So sind es nicht selten zur Melancholie stimmende Betrachtungen, die das bedeutende Werk von G. A. E. Bo geng: »Die großen Bibliophilen« (Verlag E. A. Seemann, Leipzig, Or. 64) durchziehen. In seinen drei Biblivtheksbändcn enthält es eine Welt geschichte des Büchersammelwesens; einer von ihnen gibt das Vildcr- corpus i.n nicht weniger als 329 Tafeln. Die Kapitel fassen unge zwungen die Bibliophilie-Entwicklung zusammen; Altertum und Mittel- alter bilden die Einleitung zur europäischen Büchergeschichte seit dem Beginn der Renaissance; Italien hat die Spitze, es folgen Frankreich, Deutschland, England, dazwischen wird auch das spanische, belgische, holländische, skandinavische, russische VUchersammclweseu behandelt. Zwei kurze, aber sehr interessante Abschnitte über Autographophilie und Bibliomanie bilden den Beschluß. Die österreichischen Sammler sind bei Deutschland, die amerikanischen bei England ausgiebig mit berücksichtigt. Ein dritter Band gibt die Anmerkungen zu diesem bibliophilen Gesamttext, und man staunt über die Masse von Kata logen, die Vogcng hier aufmarschieren läßt. Es ist des Guten hierin fast etwas zuviel getan, besonders wenn man inne wird, daß eine selbständige Registrierung -dieser unendlichen Fülle von Namen nicht vorhanden ist; um so mehr nützen die sonstigen leicht auffindbaren biographischen oder bibliographischen Hinweise, zwischen, die auch manche Go-ldstnse von höchstem bibliophilen Interesse hinein gesprengt ist. Bogcng hat überhaupt eine bewundernswerte Spür nase im Aufstöbern amüsanter bibliophiler Details oder Charakter- ziige. Wer ein solches Corpus verfassen kann, -der verfügt auch über weltanschauliche und weltgeschichtliche Zusammenhänge erster Ordnung, aber cs ist hübsch von Bogeng, daß er dem von ihm meisterlich be herrschten bibliophilen Gerüst nie das blühende Fleisch vorcnthält: lebendige biographische Züge unL Belichtung derselben durch -die bibliophile Anekdote. Anekdoten können sich zu Symbolen für eine Persönlichkeit erweitern, und so wird Bogeng selbst ein Sammler solcher menschlich-allznmenschlichen Raritäten und physiognomischen Kuriositäten, nie wird man müde, diesem Liebhaber bibliophiler Menschlichkeiten zuzuhörcn; man wünschte sich nur noch viel mehr; denn bei so manchem dieser Sammler verschwindet sein Gesicht hinter seinem Büchermagazin, und man erhält aus diesem kaum einen Auf schluß über seinen Charakter. Bogeng faßte seine Aufgabe im wesentlichen geschichtlich an; aber weiterhin verhalf ihm die Geschichte selbst in den Knltnrepochen zu Gruppen; anderseits aber ist Bogcng ein so starker Systematiker, ja ein Bibliv-Philasoph, wie man ihn in Konsequenz seiner eigenen Namcn-Ncubildnngen nennen könnte, daß ihm auch andere geistigere Zusammenfassungen am Herzen liegen. Die literarische Struktur, wenn man so sagen kann, ist freilich häufig etwas kompliziert, man muß sie sich erst etwas vereinfach««. Dazu übt Bogeng eine Methode von Über leitungen, die einen doch an der einen oder anderen Stelle nervös machen muß. Die Verpackung, in der einem die Gedanken gereicht werden (deren Wert und Gewicht dadurch nicht angetastet wird), ist zuweilen eine so widerstandsfähige, daß die Zähne gehörig gebraucht werden müssen, um den Kern herauszubeißen. Es könnte sogar ein originelles Ergebnis haben, Bogengschen Überleitungen, seiner Kunst der »Emballage« literarisch-psychologisch nachzuforschen. Wie schlicht bürgerlich, klar und einfach sind daneben Mühlbrccht und Grisebach, wenn es auch nur solche Äußerlichkeiten sind-, in denen des erstercn »Büchcrliebhabcrei« und des letzteren »Weltliteraturkatalog« mit Bogeng verglichen werden können. Gerade die Nennung dieser Namen erfordert die Feststellung, daß Bogengs Werk ein eigenes selbständiges Kaliber hat, es ist völlig einzigartig und ist von einem solchen literarischen und wissenschaftlichen Gewicht, daß es bei der bekannten schweren Zugänglichkeit des europäischen Materials nur aus einem wahren Fanatismus für die Bibliophilie erwachsen sein kann. Wenn die Lektüre zuweilen Anforderungen stellt, so ist sie doch immer lohnend. Tie bibliophilen Daten sind hier erschöpfend gesammelt (nur die Schweiz wünschte man stärker hervorgehoben als es hier ge schieht, besonders im Text, wo fast nur von den Wirkungen des Kon- stanzer Konzils, von St. Gallen und von den Basler Humanisten die Rede ist, aber von einem Amerbach, Froben und Cratander aus wären noch mehr Anknüpfungspunkte gegeben gewesen, ganz zu schweigen vom Zürich des 18. Jahrhunderts). Wenn denn hier etwas gcbeckmcssert werden soll, mag es auch davon sein, daß selbst der bibliophile Bogeng ein Beweis dafür ist, daß es kaum ein Buch ohne Drnckschler gibt. Ja, es hatte schon sein Gutes, daß Etienne seine Bogen hinaushing. Bogengs »Große Bibliophilen« sind, und das überwiegt alles andere, ein Werk aus einem Guß, ein Werk von dokumentarischer Bedeutung, das Spiegelbild eines echten bibliophilen Charakters, das Zeugnis einer kaum verweichlichen Kennerschaft, und zwar einer solchen nach allen Richtungen hin, die vom Buch ausströmend gedacht werden können, Zeugnis vor allem aber auch einer kaum übertreff baren Liebe zum Buche und zur Welt der Bücher. Hier ist wahrhaft das Buch höchste Leidenschaft, wie beim ganz alten Fr.itz, hier ist es Frau, Kind, Geliebte und Familie in einem, die Welt ge sehen im Prisma der zusammengebundenen, geheimnisvoll verwobenen Lettern, und nicht nur die Welt an sich, in zwei Deckel eingespannt, sondern ihr gesamter geistiger Wert. In dieser Sphäre wird das Buch zum Äquivalent -der Welt, und das sonst dem Menschen mög liche Glück erhebt sich zu Paradicseswonne, wie überhaupt Bogeng beneidet werden muß um die Ekstasen, die er beim Durchwandern der Ge-istesschätze der Erde durchlebt haben muß. In alledem verliert er nie den Überblick, er registriert die Entwicklungssta-dicn von der Buch rolle zum Codex, vom Jnkunabeldruck zur Generalpächterausgabe in gründlichen philosophischen Darlegungen. Er charakterisiert darin die Zeiten wie die Nationen, die Athener und Römer wie die humanisti schen Italiener, die formbesessenen Franzosen wie die germanistisch- literarhistorischen Deutschen, wie die individualitütssüchtigen Engländer. Jedes Volk hat seine klassische Zeit des Büchcrsammclns. Bedeutet Bogeng schon ein Zurückschen, so wie er von einer Büchcrdämmerung spricht? Jedenfalls sagt er auch, daß wir den uns vor 100 Jahren beschied-enen bibliophilen Augenblick nicht genützt haben. Das Wesen des Bibliophilen tritt uns eigentlich ganz rein nur im Sinne des uneigennützigen, nur seinem Objekt hingcgcbenen Privat sammlers entgegen. Van hier ans, vom Vergnügen und von der Weis heit des persönlichen Buchgenießers, setzt Bogeng zu mehreren Definit tioucn an, Lie sich von der Buchpflege über die Auchschönheit zur Bibliotheksgrüudung erstrecken. Jedenfalls, einseitig ist die Biblio philie nicht; die verschiedensten Typen der Menschengattnng können sich ihr weihen, Fürsten und Tyrannen, Gelehrte und Kaufleute, Diplo maten nnd Gastwirte. Von allen diesen Spielarten erhalten wir Porträts, vor allem von deck berufsmäßig dem Buch nahestehenden: Druckern, Vuchbin-dern, Buchhändlern, Antiquaren, Schriftstellern, Philologen. Es wäre ja verlockend, dem Neigen der Aristokraten der Bibliophilie na-chzugehen, von Pisistratus bis zu Prinz Eugen und zum Duc d'Aumale, verlockend, die Medici, Mazarin, Brühl, Biinan, Friedrich den Großen in der Beleuchtung Bogengs zu zeichnen, näher liegen hier Hinweise mehr bnchhändlerischer Natur, wie auf berühmte Antiquare wie Ncnouard, Quaritch, T. O. Weigel, Sotheby, -daun auf Druckersammlcr wie Plautin, Didot, Breilkopf, auf Verlcger- sammler wie Hirzel. Der erste Leipziger Bibliophile war Tamianus vou Pflug aus dem Hause Knauthayn, der um 1540 das Sammeln wohl in Bologna lernte, und neben Hirzel findet sich in verdienter Auszeichnung Anton Kippenberg gestellt, dessen Goethcsammlnng auch im Bilde bewundert werden kann. Ein Buchhändler muß auch von seinen ältesten Vorgängern wissen, von Pomponius Atticns, dem Freund Ciceros, von Diebold Lauber, von Vespasiano da Bisticci in Florenz, der Len Papst Nikolaus V., -den eigentlichen Gründer der Vaticana, ebenso beriet wie Cosimo de Medici in seinen Biicher- anschassnngcn für die Marciana. Hvchberühmtc Cammlernamen leuchten auf: erlauchte Namen von gekrönten Bücherfreunden nnd ihren gleichbegeistcrten Damen, Namen von hochkultivierten Einbandfreum den, die als Besteller des Stils diesem ihren Namen gaben, während 847
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