Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.04.1884
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- 1884-04-07
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- 07.04.1884
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stände (sie! soll heißen: stehe) zu der von Jahr zu Jahr sich steigernden Anzahl von Ausgaben. So finde ich (— es ist ein Gymnasiallehrer Limpert in Lindau, der in der „Frants. Ztg." das Wort sührt —) folgende Druckfehler oder Fehler Lessing's (?) in allen mir zugänglichen gangbaren Ausgaben: Cotta (auch in der neuen), Göschen, Grote, Hempel, Reclam, selbst in der neuesten kritischen Ausgabe der Kürschner'schen National- Literatur." — In ähnlicher Weise macht Wilh. Büchner im „Berl. Tagebl." aus zwei hundertjährige Druckfehler im Texte Lessing'scher Dramen aufmerksam. Auf diese sogenannten Druck fehler komme ich weiter unten zurück. Gestatten Sie mir, einem langjährigen Mitarbeiter des sel. Gustav Hempel, welcher sich gegen solche ungerechtfertigte An griffe nicht mehr vcrtheidigen kann, diese Ausfälle, soweit sie die Verleger angehen, etwas zu beleuchten. Ich glaube nämlich in diesem Falle im Namen aller Herren Verleger sprechen zu können, die ja den Autoren gegenüber in Bezug aus deren Text die gleichen Rechte und Pflichten haben. Wenn ich hier hauptsächlich von G. Hempel spreche, so geschieht dies nur, weil ich dessen Grund sätze bei Herausgabe der Classiker am besten kenne. Ich bin aber überzeugt, daß alle oben genannten Verleger nicht anders gedacht haben und denken. Wie sorgfältig G. Hempel bei seiner Ausgabe der Classiker, und zwar ganz besonders Lessing's und Goethe's, zu Werke ging, um sie von den im Lause der Zeit durch Nachlässigkeit ein geschlichenen Druckfehlern zu reinigen, ist längst, — nicht erst aus meiner biographischen Skizze dieses großen Verlegers*) — bekannt, sondern auch von allen deutschen Literarhistorikern an erkannt und gewürdigt. Seine Ausgaben zählen daher mit Recht (auch ohne Bilder und Bildchen, diese Krankheit unserer Zeit) zu den geschätztesten und verbreitetsten, und zwar gerade wegen ihrer Correctheit. Hempel hat nicht allein zu alle» Werken unserer Clas siker sämmtliche ersten Ausgaben, welche die Verfasser selbst ge lesen und corrigirt haben, zum Zwecke sorglichster Textvergleichung angeschafft und zu Rathe gezogen; er hat auch sich alle Mühe gegeben, wo dies irgend möglich war, die Urschriften derselben für kurze Zeit in seine Hände zu bekommen und mit den gedruckten Texten zu vergleichen. Für Lessing insbesondere wurden so die eigenen Manuscripte desselben, so weit sie sich entweder in den Biblio theken zu Berlin und Wolsenbüttel oder im Besitze der für Hempel's Bitten stets zugänglichen und entgegenkommenden Herren Land- gerichtsdirector Lessing und Bankier E. Mendelssohn-Bar- tholdy (Enkel Moses Mendelssohn's), beide in Berlin, befinden, Seite für Seite und Wort für Wort durchgegangen und benutzt. An diesen Arbeiten nahm Gustav Hempel selbst, oft bis in die Nacht hinein und zum großen Schaden seiner Gesundheit, den lebhaftesten Antheil. Wenn heute irgend ein Literarhistoriker die Mühe und Kraft aufwenden wollte und könnte, darüber Forschungen anznstellen, so würde sich ihm die so gewonnene Ausbeute in dem heutigen Texte fast aus jeder Seite Herausstellen. Das ist ein unvergängliches Verdienst G. Hempel's und sein ewiger Ruhm, den ihm kein Gymnasiallehrer nehmen kann. Er allein hat hierin mehr geleistet als alle Literarhistoriker vor ihm, und es ist heute keine Kunst, wenn man die Hempel'schen Ausgaben zu Grunde legt, mit einiger Aufmerksamkeit des Correctors gute Abdrücke herzustellen. Man sieht jetzt nicht mehr, — um ein Wort Luther's zu gebrauchen, — „welche Steine und Klötze da gelegen haben!" Aber — wenn G. Hempel auch aus's Eisrigste bestrebt war, *) Vgl. Börs.-Bl. s. d. dtsch. Bllchh. 1877, Nr. 2g u. St; — in demselben Jahre, vermehrt, als „Manuscript für Freunde" in Buchform erschienen. aus seiner Ausgabe die vom Verfasser selbst gewiß nicht gewollten Druckfehler auszumerzen, so hat er doch niemals daran gedacht, unsere Classiker selber corrigiren zu wollen, eine ändernde Hand an den Text selbst zu legen, der durch Handschrift und erste Ausgaben unzweifelhaft als der des Autors beglaubigt war. „Es kann nicht Sache des Verlegers sein", sagte er, „den Ver fasser nach subjectiver Ansicht zu verbessern. Viel Kopse, viel Sinne! Es wird selten einen Leser geben, dem die Ausdrucks- Weise eines Schriftstellers in jedem Worte oder Satze ganz gefiele, oder der nicht beim Lesen etwas von dem Seinigen Hinzuthun möchte. Wohin käme man da?" Hempel's Instruction lautete daher in allen solchen Fällen: Es ist immer auf Grund der Manuscripte und Original-Ausgaben genau zu constatiren: Wie hat der Verfasser geschrieben? Alle Hypothesen aber, wie derselbe geschrieben haben könnte oder sollte, sind aus's Strengste zu vermeiden. DaHempel selbst von jedem druckfertig gestellten Bogen die letzte Revision vor nahm, so konnte auch kein Corrector wagen, solche verpönte Will- kürlichkeiten eigenmächtig einzuschmuggeln. Einige derartige Fälle sind mir noch erinnerlich. In der Vossischen Uebersetzung der Odyssee wurde ein siebenfüßiger Vers (Heptameter) gesunden, der leicht zu verbessern gewesen wäre. Der Vers stand aber so in allen Ausgaben, und so wurde er auch wieder gedruckt. Hempel gestattete keine Aendcrung. In Lessing's Minna von Barnhelm (2. Aufz., gegen Ende des 2. Auftritts, Thl. 2, S. 27 der Hempel'schen Ansg.) sagt das Fräulein zum Wirth: „Er (Tellheim) hat Ihnen diesen Ring versetzt? Er ist Ihnen schuldig? Wem ist er mehr schuldig? Bringen Sie mir alle seine Schuldner!" — Offenbar müßte hier statt Schuldner stehen: Gläubiger, und es ist zu verwundern, daß die neuesten Lessing-Verbesserer, die Herren Limpert und Büchner, die doch ihren Lessing so genau durchforscht haben wollen, nicht auch diesen Fehler gesunden haben. Nun stand aber nicht bloß in allen Original-Ausgaben, sondern auch in Lessing's Hand schrift, die Herr Landgerichtsdirector Lessing mit großer Freund lichkeit Gustav Hempel zur Textvergleichung verwilligt hatte, und die mir ebenfalls vorlag, deutlich das Wort: Schuldner. Hempel ließ es daher ebenfalls abdrucken. Später hat Professor Dan. Sanders, der erste deutsche Sprachgelehrte, gefunden, daß die Verwechslung von Schuldner und Gläubiger im vorigen Jahr hundert eine sächsische Eigenthümlichkeit war; denn auch Lessing's Landsmann Gcllert (man sehe dessen Erzählung Amynt, Hem- pel'sche Ansg., I. S. 88) braucht das Wort Schuldner in der selben Bedeutung: „Die Schuldner werden mich ans meiner Hütte jagen" rc. Statt Gläubiger braucht Geliert ebenda das Wort: Schuldherr. Welche sonderbare Zumuthungen, Textänderungen in den Werken unserer Classiker betreffend, damals aus dem Publicum an Hempel gestellt wurden, davon nur ein Beispiel: Daß der zweite Theil des Goethe'schen Faust der großen Menge unverständ lich ist, wissen wir aus einer großen Anzahl sogen. Erläuterungs schriften, — zum Theil auch, wie manche Versuche gemacht wurden, ihn dem Verständnisse näher zu bringen. Eines Tages brachte mir Hempel einen Brief, in welchem der Schreiber die Schlußverse des 2. Theils: „Alles Vergängliche Ist nur ein Gleichniß; Das Unzulängliche Hier wird s Ereigniß rc." durch andere Schreibung klarer machen wollte und Hempel dringend bat, im Interesse größerer Deutlichkeit in seiner neuen Ausgabe statt „Ereigniß" drucken zu lassen: „Erreichniß". So geschrieben, harmonire das Wort nicht blos als Reim besser mit dem Worte „Gleichniß", sondern der Leser verstehe auch, was Goethe hahe sagen wollen, nämlich — etwas, was erreicht werden kann. „Ereig-
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