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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.09.1924
- Strukturtyp
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- 1924-09-03
- Erscheinungsdatum
- 03.09.1924
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Xr 207, 3, September 1024, Redaktioneller Teil. (Nr. 138.) Karl W. Hiersemann. Zu feinem 70. Geburtstag am 3. September 1924. Der 70. Geburtstag des in der ganzen Welt als Antiquar und Verleger rühmlichst bekannten Leipziger Buchhändlers Dr.-Jng. E. h. K a r l W. H > e r s e m a n n fällt mit dem 40. Gedenktag der Gründung seines Geschäftes zusammen. Es liegt also für das Börsenblatt doppelte Veranlassung vor, der bewunderswerten und in vieler Hinsicht bahnbrechenden Tätigkeit des in allen Kreisen des deutschen Buchhandels hochgeschätzten und allgemein beliebten Jubilars zu gedenken. Der Gewohnheit entspricht es, zunächst mit den äutzeren Lebensumständen des Gefeierten be- kanntzumachen, und das könnte selbst die beste Feder nicht unter haltender, humorvoller und charakteristischer gestalten, als es seine Freunde Fedor von Zobeltiy und der Berliner Antiquar Martin Breslauer in der Einführung zu einer H i e r s e m ann - F e sts ch r i ft, die zum Festlage erschei nen wird (siehe heutige Nummer Seite 11408), getan haben. Mit Genehmigung der Herausgeber bringen wir dieses launige varriculam vüao mit einigen Kürzungen hier zum Abdruck, da es nicht leicht sein dürste, eine gleich treffende und dabei erschöp fende Lebensbeschreibung des Siebzigjährigen zu geben: Wer im Buchhandel das Glück hat, einem alten buchhänd lerischen Geschlecht anzugehören, findet immerhin die Wege vor gezeichnet, die er zu wandeln hat. Vater und Großvater, viel leicht schon der Urahn haben in rastloser Arbeit ihr Feld beackert, sodatz es nur Sache des Erben ist, dafür zu sorgen, daß der Boden auch weiterhin Früchte trägt — in Erfüllung des Dichterwortes: »Was Du ererbt von Deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen». Schwerer schon ist es für den Anfänger, der aus Kraft tiefst- innerer Neigung sich von dem Beruf der Väter trennt und daher auch kein gut bestelltes Ernlefeld vorfindet, auf dem er weiter bauen kann, der also aus dem Eigensten durch unermüdliches Fleiß und zähe Ausdauer sich erst eins Stellung schassen muß! in einem Dienst »von der Pike an» und durch Jahre, die auch i an Mißerfolgen und harten Schicksalsschlägen reich sein können.! Es ist bemerkenswert, wie sich in derlei Fällen die Wege des! Schriftstellers und des Buchhändlers kreuzen und begegnen: des Schassenden und des ManNes, aus den er angewiesen ist, um für ! sein Schassen Raum zu gewinnen in der geistigen Welt. Die: innerliche Verwandtschaft beider Berufe ergibt sich aus den gleichartigen Zielen, sie liegt auf der Verbindungsbrücke zwischen Buch und Schriftsteller und Buch und Buchhändler. Geistige! Arbeiter sind beide. Denn ist für den Buchhändler das Buch auch ! ein Gegenstand des Handels, so doch immer im Sinne dessen, der! es schuf oder der es für seine Arbeit bedarf, also in geistigem. So! soll es jedenfalls sein, und diese ideale Auffassung seines Be-1 rufs war von Anbeginn seiner Tätigkeit an auch tief im See-! lischen des hervorragenden Mannes verankert, dem unsere Fest-! schrifl gilt. Der deutsche Buchhandel ist reich an Erscheinungen, in deren vollsaftigen Persönlichkeiten sich jene vornehmen Eigen schaften verkörpern, denen wir es verdanken, daß selbst in Zqiten äußerster Gefährdung und schwerster Not unser Geistesleben nicht verarmen konnte. — Karl W. Hiersemann war insofern nicht zum Buch händler »geboren«, als seine Familie sich von alters her mit der Landwirtschaft beschäftigte. Sie ist urkundlich bis zum Jahre 1037 in der Döbelner Gegend kn Sachsen nachweisbar, und zwar wird als ältester bekannter Ahn Hieronymus Hiersemann in diesem Jahr als in Pomlitz und Reudorf wohnend im Döbelner Kirchenbuch erwähnt, wonach anzunehmen, daß das Geschlecht schon vorher in jener Landschaft sässig gewesen ist. Der Anbau der eigenen Scholle war gewissermaßen Familienberuf. Auch der Vater unseres Jubilars Johann Wilhelm war Gutsbesitzer in Bortewitz bei Dahlen, und dort wurde ihm von seiner Gattin Johanna Christiane, geborenen Pöntzsch, am 3. September 1854 ein Sohn geschenkt, der in der Tause die Vornamen Karl Wil helm erhielt. Es folgten dem Ältesten noch ein zweiter Sohn Hermann, später Brauercibesitzcr in Dahlen, und eine Tochter Auguste, die nach kurzer Ehe in Oschatz in jugendlichem Alter verstarb. Johann Wilhelm Hiersemann erlebte dagegen noch in voller geistiger Frische seinen sünfundachtzigsten Geburtstag in Dahlen, wohin er sich nach Verlaus seines Gutes zurückgezogen hatte. Denn es lag in diesem Falle so, daß sein Ältester keine Lust verspürte, den Landbesitz zu übernehmen, und da der zweite Sohn Brauer wurde, so trat in dem Herkommen eine »Ent artung« ein, über die der alte Herr sich lange nicht zu trösten wußte. Joses Meder, der Direktor der Albertina in Wien, der einer Baucrnfamilie entstammt, setzt seinen reizenden Jugcnd- erinnerungen die schönen Worte vor: »Halte Dir vor Augen, daß Du von der Scholle stammst . . . Sei stolz auf einen Stand, der der Menschheit stetig das Brot zur Kraft und den Wein zur Freude bringt, der stumm und ergeben den Pflug führt und die Launen von Wind und Weiter erträgt . . .«. Das hätte auch Vater Hiersemann seinem Ältesten sagen können, und Karl Wil helm würde andächtig zugehört haben. Denn in übertragener Bedeutung hat er sich in dem selbstgewählten Beruf genügend »Wind und Wetter« um die Ohren wehen lassen, wenn er an der Arbeit war, das geistige Brot der Menschheit »zur Kraft« zu reichen. Daß er dabei den Wein der Freude nicht unbenützt stehen ließ, läßt sich vermuten. Den ersten Unterricht genoß Karl Wilhelm (»Karl W.» nannte er sich erst unter der Gloriole der eigenen Firma) in der Dorfschule zu Luppa. Er war ein aufgeweckter und fleißiger Junge, und da es für gute Zensuren keine besonderen Prämien gab, so erlaubte man ihm wenigstens, als Belohnung und Aus zeichnung des Sonntags zuweilen die Kirchenglocken zu läuten. Daß er gewissenhaft und mit Muskelkraft geläutet hat, um die Gemeinde ins Gotteshaus zusammenzurusen, dessen weiß er sich heute noch zu erinnern — es ist ihm eine liebe Angewohnheit, fast jahraus und jahrein die Stätten seiner Kinderzeit zu be suchen. Im Programm der Dorfschule war natürlich der Sprach unterricht nicht vorgesehen. Um Englisch und Französisch zu erlernen, mußte er ein paar Schritte weitergehen, in das Lup- paer Pfarrhaus, wo der Pastor Fraustadt sich mühte, ihn gemein sam mit den eigenen Söhnen in die Geheimnisse des Wortschatzes jenseits des Kanals und der Vogesen einzuweihen. So wuchs er denn in fröhlicher Kameradschaft mit den Pastorsöhnen und den Dorfkindern kräftig heran, bis in seinem dreizehnten Jahr der Zeitpunkt gekommen war, an dem er sich für einen Beruf entscheiden mußte. Natürlich wünschte der Vater, er solle bei der Scholle bleiben, beim Pflug der Ahnen, aber sein Karl hatte doch schon zu tief und angeregt in die Bücher geguckt, um sich von ihnen trennen zu können. Zweierlei schwebte ihm vor: er konnte studieren oder Buchhändler werden. Es mag ihm damals ähnlich ergangen sein wie Otto Harrässo- witz bei der Frage der Berufswahl: das Studium als Vorberei tung für irgendeine Beamtenlausbahn bot ihm nicht die Unab hängigkeit, die ihm der Buchhandel gewährleistete, der zudem auch ein umfassendes Studium verlangte und seiner Neigung für Wissenschaft, Literatur und Kunst mehr entsprach. Schließlich gab der Vater, wenn auch schweren Herzens, nach, und so kam Karl denn auf die Buchhändlerlehranstalt in Leipzig. Direktor der Anstalt war vr. Bräutigam, ein kenntnisreicher Pädagoge und eine ausgezeichnete Lehrkraft. Unter ihm erhielt Karl Wilhelm in den Jahren 1868—1871 die Grund lagen für die Laufbahn, die er einschlagen wollte, jene Vereinigung von kaufmännischer Vorkenntnis und geistiger Diszi-
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