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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 23.10.1924
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- 1924-10-23
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- 23.10.1924
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250, 23. Oktober 1824 Fertige »Scher. WrsmtlE I. d. »ttchu. Buchdaudet. 14589 Diplomatische Schriftwechsel Jswolskis 19111814 Oie neue Aktenpublikation des Deutschen Auswärtigen Amtes*) Bon Wilhelm Echaer, Abteilungsleiter Im Arbeitsausschutz Deutscher Verbände VV8. Mit der Herausgabe dieses aus den Geheimaktcn der russi schen Staatsarchive ausgegrabcncu Schriftwechsels hat das Deutsche Auswärtige Amt die Reihe seiuer zahlreichen Dokumenten-Publikatio- nen zur Vorgeschichte des Weltkrieges um eine neue besonders bedeut same bereichert, um eine Urkundensammlung, die uns einen tiefen Einblick in die politische Werkstatt gewährt, in deren geheimnisvollem Dunkel, unberührt vom Licht des Tages, mit unerschütterlicher Ruhe und Kaltblütigtcit, mit zielbewusster Sicherheit die diplomatischen Fä den gesponnen und gezogen wurden, deren immer enger werdendes Netz sich unheildrohend über den Völkern Europas, insbesondere den- ienigen Mitteleuropas zusammenzog und schliesslich von diesen, um der immer fürchterlicher und erstickender sich gestaltenden Umklamme rung zu entgehen, nur noch mit dem Schwerte zerrissen werden konnte. Von der Werkstatt Jswolskis aus, dieses überragenden, wett blickenden russischen Diplomaten und Botschafters in Paris, wurde nicht nur die russische Außenpolitik bestimmend geleitet, sonder» gleich falls die mit ihr durch den franko-rufsischen Zweibund vom Jahre 1892 engvcrbundenc französische Politik in den wichtigsten politischen Ereignissen entscheidend beeinflusst. Die Telegramme Jswolskis an den russischen Außenminister Sasonow und dessen Antworten und An weisungen hieraus geben aber, angesichts der engen, aus der sranko- britischen Entente von 1994 sich ergebenden englisch-sranzösischen Zu sammenarbeit darüber hinaus manchen wertvollen Aufschluß über dis Ziele der britischen Außenpolitik, Uber die Ablenkung Italiens vom Dreibund. Sie bieten so eine unendlichwichtige Ergänzung und Vermehrung des bereits vorliegenden ürkun- denmaterialL aus diesen für die düstere und verhängnisvolle Tätigkeit der Eutentediplomatsn und Staatsmänner in ihrer Hin arbeit aus den Weltkrieg entscheidenden Jahren. Sie bieten vor allem eine nicht mehr zucrschütternüeWiderlegung der These von der deutschen Kriegsschuld, wie sie im Artikel 231 des Versailler Diktats und seiner Begründung im Ultimatum vom 1k. Juni 1919 und der Mantelnotc hierzu enthalten ist. Um den Schriftwechsel richtig zu verstehen, ist ein kurzer Abriß über die Ziele der russischen Außenpolitik aus der Vorkriegszeit erforderlich. Diese läßt sich nach zwei Richtungen zusammensafscn: nach Oft- und Mittelasien sowie nach dem europäi schen Balkan, beide Male mit dem Drang »ach Erwerb von Landge bieten und Einflußzoncn sowie nach einem Zugang zu einem offenen, eisfreien Meere. Zwischen diesen beiden Problemen, dem asiatischen und dem europäischen, pendelt die Außenpolitik des russischen Impe rialismus hin und her, je nachdem sich die Hindernisse ihrer Lösung nach der einen oder der anderen Seite mehr oder weniger unüber windlich austllrmcn. Bei den Versuche» einer Verwirklichung des asiatischen Programms stößt Rußland in erster Linie mit Großbritan nien, später auch mit Japan zusammen, die sich beide am 39. Januar 1992 lose, am 12. August 1995 zu etnein Schutz- und Trutzbitndnts zu- sammenfchließen. Nach Beendigung des unglücklichen Krieges mit Japan durch den Frieden von Portsmouth 1994 wird Rußland aus dieser Bahn gedrängt und wendet sich nunmehr wieder dem Balkan- und Mittelmeerprogramm zu. Dessen Ziele lassen sich unter zwei Gesichtspunkten zusammensafscn: einmal unter dem geo- und wirt- schaftspolitischen wie strategischen, bestimmt in dem Drang nach dem Mittelmeer durch Gewinnung der Meerengen, der Dardanellen und des Bosporus, dem sogenannten Meercngcnproblem, dann unter dem ethnographischen, lasse-, kultur- und vcrsassuugspolitischcn, bestimmt durch die Befreiung der christlichen Balkauvölker vom türkische» Joch und die Vereinigung aller slawischen Völker sauch der unter öster reichisch-ungarischer Herrschaft stehenden) unter russischer Führung mit einem russischen Konstantinopel als Mittelpunkt und Bollwerk gegen das Germanentum. Beide Zielsetzungen bilden aber vom rus sischen politischen Standpunkt t» letzter Linie weiter nichts als den Deckmantel für einen ausgesprochenen Imperia lismus, mit dem sich bas slawische Gemeinschaftsgefühl verwebt. Die kleinen slawischen Völker sind der russischen Politik nur Figuren aus dem politischen Schachbrett, die je nach Lage und Bedarf einge setzt, wenn nötig, auch geopfert werden. Die Verwirklichung dieses europäischen Programms ist für jeden Einsichtigen gleichbedeutend mit *) »D er D i p l o in a N s Schriftwechsel ^Jswolskis ^1911^19 der Zertrümmerung der Türkei und üsterreich- Ungarns. Jswolski, schon mit jungen Jahren in den diplomatischen Dienst Rußlands beruse», ist nicht nur ein glühender Anhänger des Bündnisses mit Frankreich und demnach auch unversöhnlicher Gegner der Anbahnung engerer Kreundschas ts v e r- hält nisse mit Deutschland, sondern außerdem der hart näckige Verfechter des europäischen Expansionsprogramms. Voraus setzung sür dessen Verwirklichung ist aber die vorherige Vereinigung der Gegensätze mit Großbritannien und Japan. Fast unmittelbar nach seiner Berusung zum Außenminister im Mai 1998 nimmt er daher die Bereinigung in Angriff und führt sie ein Jahr später auch einem er folgreichen Ende zu in dem Vertrag mit Japan vom 39. Juli 1997 und in dem Abkommen mit England vom 31. August 1997, dessen Charakter noch enger gestaltet wurde durch die Zusammenkunft des englischen Königs mit dem russischen Zaren in Reval im Juni 1998. Der Ring der Triple-Entente ist unter der Leitung Eduards VII. und Jswolskis swic sich dieser in seine» Memoiren selbst rühmt) nun mehr geschlossen. Ihre europäischen Mitglieder sind gegenseitig durch eine Reihe von Verträge» und Abkommen aneinander gebunden. Mit dem neuen Bundesgenossen Rußland und seiner aggressiven Meer engen- und Balkanpolitik beginnt sich die bisher noch immer llberbrtick- bar gewesene Kluft zwischen den beiden europäischen Bündnissystemen mehr und mehr zu vergrößern, die gefährlichen Spannungen mehr und mehr zu verdichten. Noch versucht Jswolski die Verwirklichung dieser Politik mit diplomatischen Mitteln. Er bietet zunächst Ssterreich- Ungarn für seine Zustimmung im Abkommen von Buchlau am 15. September 1998 als Gegenleistung die Einverleibung Bosniens, der Herzegowina und des Sandschak Novibazar an. Er gewinnt Italien am 24. Oktober 1999 im Abkommen von Racconigt gegen Überlassung freier Hand in Tripolis. Unerwarteten Widerstand sindet er jedoch bei seinen Verbündete», in erster Linie bei England. Öster reich löst den Wechsel aus Bosnien und die Herzegowina am k. Okto ber 1998 ein, ebenso Italien den auf Tripolis 1911. Rußland geht leer aus. Die Lösung der Meerengensragc durch internationale Abmachun gen war mißglückt, und Jswolski ergreift nun das Mittel der srtedensgesährdenden Politik, auf dem Wege über die Balkanstaaten die russische Vorherrschaft in der Siidostecke Europas zu begründen und daran anschließend die Gewalt über die Meerengen zu erlangen, b. h. eine gewaltsame Lösung herbeizuführen, die, wie bereits hervorgchoben, nur aus den Trümmern der Türkei und Österreich-Ungarns, des einzigen Bundes genosse» Deutschlands, und dadurch weiterhin nur mit einer Bedrohung dieses letzteren selbst seitens des festzusammengeschlossenen, an Menschen und Kriegsmaterial übermächtigen Dreiverbandes er reicht werde» konnte. »Der Weg »ach Konstantinopcl geht durch das Brandenburger Tor«- wird erneut bas Losungs wort. Deutschland wird mehr und mehr als bas furchtbarste Hinder nis sür die russischen Ziele erkannt. Seine Beseitigung und damit die Freilegung jenes Weges ist von Petersburg aus nicht durchzufllhren. »Um die heilsame Krisis auszulösen und die europäische Politik zum Punkte des Bruches zu führen, ist es wirkungsvoller, in Paris als in Petersburg zu arbeiten«-, schreibt Ernst Judct in der Humanttä vom 17. Januar 1924 über eine Äußerung des russischen Botschafters tn Rom, Mnrawtew. Darum tritt Jswolski am 28. Sepien,ber 1919 von seinem Amte als Außenminister zurück und begibt sich als russischer Botschafter nach dem Zentrum pulsierender europäischer Politik, nach Paris, um, wie Judct weiter schreibt, »den französischen Boden zu sondieren, dis franko-russische Allianz zu ändern, ihren ursprünglichen Charakter zu entstellen und aus einem reinen defensiven Vertrag eine Angriffs Maschine zu machen«-. Nachfolger als russischer Außenminister wird sei» ehemaliger Ge hilfe Sasonow. Über seine Tätigkeit und seine Ersolge in Paris geben die neuen vom Deutschen Auswärtigen Amte herausgcgebenen Dokumente Ausschluß. t- Nus tun Gchciniuktcn der Russischen Stnntsarchivc. Im Aufträge des Deutschen Neue. Deutsche Verlagsgescllschast für Politik und Geschichte in Berlin. 4 Bände und 4 Ergänzungsband , Ladenpreis: in Pappe SO Mark, in Halbleinen 60 Mark, in Halbleder 70 Mark Börsenblatt f. den Deutschen Buchhandel. 91. Jahrgang. 1912
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