Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.03.1925
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- 1925-03-26
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- 26.03.1925
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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72. 26. Marz 1925. Redaktioneller Teil. ruug au das Publikum oder durch Einrichtung von Sortimentsvuch- handlungen als Filialen seines Geschäftes den Vertrieb seiner Werre zu fordern. Andrerseits errichten Sortimentsbuchyandtungen, indem sie dein Fremdenverkehr oder dem Trieb des Menschen, aus den g.osjslädtiichen Geschäjtsvierteln heraus in die Vororte zu ziehen, nachgehe», Filialen in Bädern, Bororten oder ans Bahnhöfen. Eine weitere Entwicklung in dieser Richtung mühte unbedingt im Gesamt organismus des Buchhandels eine Rolle spielen und darf nicht un beachtet bleiben. Der Zusammenschluß verwandter Berlage, oft in nicht völliger Fusion, sondern nur teilweise durch gemeinsame Aus lieferung, gemeinsame Reisen, gemeinsame Herstellung, gehört auch hierher. Die Absicht, die allen diesen Konzentrativnsbestrebungcn zu grunde liegt, ist möglichste Herabminderung der Konturrenzgesahr. Der Schleier, der die Absicht deckt: Berbilligung der Herstellung des Buches. Zu starker Konzentration mit allmählichem Unübersichtlich werden eines Betriebes sind allerdings gerade im Buchhandel mit seiner eigentümlichen Struktur Grenzen gesetzt. Gefahr für den Zu sammenhalt des Buchhandels dürfte von hier aus nicht zu befürch ten sein. Zur Zeit des politischen Absolutismus ist für die allgemeine Wirt schaftsgeschichte und so auch für den Buchhandel die Zeit des »Mer kantilismus« anzusetzen. 1704 ist das Geburtsjahr des modernen Buchhandels, denn in diesem Jahre gab man die Frankfurter Messe auf und behielt nur Leipzig als Meßplatz bei. Gleichzeitig ging mau vom Tauschverkchr zum Nettobuchhandel über. Die Massikerzeit mit Ihrer stark anwachsenden literarischen Produktion begünstigte ganz besonders den jetzt auskommcnden Merkantilismus, der sich zum Teil ans das damals wild einsctzende Nachdruckunwesen stützte. Der Leip ziger Buchhändler Philipp Erasmus Reich, der »Fürst der deutschen Buchhändler«, stellte sich an die Spitze einer Bewegung, die sich den Mrmpf gegen den Nachdruck zur Ausgabe machte. Mit Reich zusammen arbeitete an der Entwicklung der buchhändlerischen Organisation, deren Anfänge hier zweifellos liegen. Johann Gottlob Immanuel Breitkopf, dessen >drnckcrisch-e Leistungen gut neben denen- von Bodoni, Baskervillc, Didot und llnger bestehen können. Nicht mit Unrecht bezeichnet Menz an dieser Stelle Breitkopf als den Erneuerer des nationalen Fraktur- drnckes, den er als erster auch auf Landkarten angewandt sehen wollte. Gegenspieler gegen die Leipziger und dementsprechend Nachdrncker im großen Stile war der Österreicher Johann Thomas Trattner, dessen Betrieb auch für heutige Begriffe einen nie gesehenen Umfang erreichte. Doch auch hier trug alles den Stempel der Persönlichkeit Trattners; nach seinem Tode zerfiel sein Werk. In Preußen wirkte gegen Leipzig Joachim Pauli und der Freund Lessings Christoph Friedrich Nicolai, letzterer stimmte allerdings im Klampfe gegen den Nachdruck mit Leip zig überein. Besonderes Interesse in dieser Zeit erfordert noch die Dessauer Gelehrtenbuchhandlung, ein genossenschaftlicher Selbstverlag der Schriftsteller. Auch in neuester Zeit sind ähnliche Gedanken in den deutschen Schriststellerkreisen erwogen und propagiert worden. Lehrhaft ist die Geschichte der Gelehrtenbuchhandlung, die meldet, das; nach sechsjährigem Bestehen auch ein Göschen das Unternehmen nicht mehr halten konnte. »Die Fundierung des modernen B u ch Handel s« ist nach Perthes im Jahre 1790 begonnen worden. Es beginnt hier die Epoche des Buchhandels, aus der die meisten Idealbilder deutscher Buchhändler genommen sind. Neben Friedrich Christoph Perthes sind es Carl Christian Horvath, Paul Gotthelf Kummer, Georg Vosz, Georg Joachim Göschen, Freiherr Johann Friedrich von Cotta und andere, die alle in der Buchhandelsgeschichte bedeutende Rollen ge spielt haben, und die alle Persönlichkeiten waren, zu denen wir heute noch ehrfurchtsvoll emporblicken, und die wir dem jungen Buchhandel als Vorbilder hinzustcllcn pflegen. Neben dem immer noch fortge setzten Kampf gegen den Nachdruck war es besonders die Aufgabe dieser Männer, gegen die sich als Nachwirkung des Merkantilismus breit machende Schleuderei vorzugehen. Ter Nettobuchhandel war inzwischen zur Regel geworden. Es entwickelte sich ein Konditionsverkehr, der Leipzig zum Meßplatz mit regelmäßigen Abrechnnngstermincn hatte. Horvath war es, der in Fortführung von Kummer angeregter Pläne im Panlinnm zu Leipzig eine Börse errichtete, die bis zum Jahre 1825 bestand. Das Unternehmen fand vollen Anklang, und als es zur Messe 1824 hieß, daß -Horvath die Börse aufgeben wolle, trat, damit seinen Nexus erneut beweisend, der Gcsamtbuchhandcl ans den Plan. Ein von Kummer gebildeter Wahlausschuß entwickelte sich im Jahre 1825 zum Börsenverein der Deutschen Buchhändler. Die neue Oraani- sation übernahm als ihre erste Ausgabe den Kampf gegen den Nach druck, den sie ihren Mitgliedern untersagte. Einen Schutz des Laden preises, was Verhinderung des blühenden Schleuberhandels bedeutet hätte, wollte der neugegriindete Börsenverein noch nicht durch seine Satzungen verbürgen. »Der industrielle Fortschritt des 19. Jahrhun derts« veryalf dem nunmehr in einer Organisation zusammenge- Ichlvssenen Buchhandel zu einer neuen Blüte. Im Jahre 1818 wurde in Berlin die erste Papiermaschine mit Dampsvetrieb ausgestellt, im gleichen Jahre hatte Friedrich König durch Erfindung seiner Schnell- presje dem Dructgewerbe ungeahnte Erweiterungsmögtichkeiten er öffnet. Man kann kaum entscheiden, ob durch diese zur Massenher stellung berufenen Erjindungen die literarische Produktion, oder um gekehrt durch die Blüte der Wissenschaft und Literatur die Erfinder zur Schaffung geeigneter Vervielsaltigungsmoglichkeiten angespornt wurden. Ter deutsche Buchhandel nutzte jedenfalls die neuen Er findungen aus, und es schien eine neue Zeit des Merkantilismus, der in seinem tieferen Grunde dem Zusammenhalt des Buchhandels feind lich ist, anzubrechen. Es fehlte nicht an Warnungen vor dem Speku lationsgeist, aber der Zug der Zeit war nicht aujzuhaltcn. Friedrich Arnold Brockhaus schuf das Konversationslexikon zu einem Preise, der bis dahin für ein so umfassendes Werk unmöglich gewesen wäre. Karl Josef Meher gab eine Miniaturbibliothek der deutschen Klassiker heraus und begab sich damit auf den verrufenen Pfad des Nach drucks. Der zünftige Buchhandel machte mobil gegen ihn und erreichte auch, daß sein Gothaischer Verlag von Amts wegen geschlossen wurde, aber Meher zog in das privilegienfreie Hildbnrghausen, gründete dort das Bibliographische Institut und setzte nunmehr seine Unterneh mungen ungestört fort. Die Klassikerverleger Cotta und Göschen mußten, um ihre autorisierten Ausgaben verkaufen zu können, sich entschließen, billige Ausgaben zu Veranstalter'.. Besonderen Anklang im Publikum fanden auch die Unternehmungen des Franckh'schcn Ver lages in Stuttgart, der billige Volksausgaben übersetzter ausländischer Literatur auf den Markt brachte. Durch ihn dürste di» Kenntnis Scottschcr Romane im deutschen Volke in erster Linie vermittelt wor den sein. Die Jllustrationstechnik erfuhr zu jener Zeit ebenfalls Verbesserung und Vervollkommnung. Tic großen illustrierten Zeit schriften haben damals ihre Wiege gesunden. Namentlich die Litho graphie begünstigte eine billige und gute Herstellung von Illustra tionen. Die Entwicklung der Holzschnittkunst machte sich besonders I. I. Weber für seine »Jllustrirte Zeitung« nutzbar. Cs war eine Zeit, die auf allen Gebieten ungeahnte Neuerungen brachte, die eine ruhige Stetigkeit nicht gewährleistet, die eben nur Übergangszeit blei ben konnte. »Die letzte N e f o r m b e w e g u n g« im deutschen Buchhandel bereitete sich aber bereits vor. Nicht der egoistische Vorteil, sondern die Leistungsfähigkeit des Ganzen mußte für den Buchhandel das Ziel bleiben. Die Durchsetzung dieser vornehmen Aufgabe des Buch handels gelang Adolf Krvncr. Der Stuttgarter Buchhandel gab unter seiner Führung im Börsenblatt vom 9. Juli 1878 eine Erklärung ab, die den Anfang der jetzt cinsetzenden Reform bedeutet. Der feste Ladenpreis, die Unterbindung aller Schleudcxci mußte kommen, um dem Buchhandel die notwendige Stetigkeit wiederzugeben. Die in zwischen eingetretene politische Einigung Deutschlands half Kröner und ebenso Albert Brockhaus, der des ersteren Werk vollendete, bei der Erreichung der erstrebten Ziele. Auch der Urheberrechtsschntz wurde im Jahre 1886 durch die Berner Übereinkunft weitgehende Wirklichkeit. Im letzten Kapitel seines Buches, blickt Menz noch aus die neuesten Strömungen« im Buchhandel. Mit Recht sagt er. daß wir noch zu sehr im Getriebe selbst stehen, um hier objektiv urteilen zu können. Der besondere Nexus des Buchhandels, in allen Standesfragen fest zusammenzuhaltcn, bleibt auch für die Gegenwart immer erkennbar. Darüber können auch Fakultätsstreitigkeiten, wie sie zwischen Sortiment und Verlag heute vielleicht allzu sehr an der Tagesordnung sind, nicht hinwegtäuschen. Der Drang zur Konzen tration, ein Problem, das oben bereits betrachtet wurde, das aber Menz wichtig genug erscheint, an dieser Stelle nochmals zu erörtern, hat der neusten Zeit ihre Eigentümlichkeit gegeben. Ein neues Vcr- triebsproblem ist damit für den Buchhandel erstanden. Die Zukunft wird lehren, ob es genügend Persönlichkeiten geben wird, die dieser Frage Antwort geben können. Eine Fülle von Material hat uns Menz in seinem Buche vor Augen geführt. In vorstehenden Abschnitten habe ich versucht, den Inhalt des Buches in möglichster Kürze, oft mit den eigenen Worten des Verfassers, wiedcrzngeben. Es ist schwer, einen Auszug, der den gesamten Inhalt des Werkes erfaßt, zu geben, denn die zehn Bogen Text enthalten kaum einen Sah, der nicht wichtig genug wäre, angcmerkt zu werden. In einem neuen Gesichtswinkel bat uns der Verfasser die Geschichte des deutschen Buchhandels, sein Ab und Aus gezeigt, man kann ihm für die Arbeit nur dankbar sein. Gerade in diesem Jahre, in dem der Börsenvcrein der Deutschen Buchhändler sein hundertjähriges Bestehen feiern kann, ist dieses Buch recht er' schienen. Wir finden hier vieles wieder, was uns der Verfasser be reits in seinem vorher erschienenen Buche »Deutsche Buchhändler« er- 687
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