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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.09.1925
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1925-09-19
- Erscheinungsdatum
- 19.09.1925
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- Deutsch
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Redaktioneller Teil» Allgemeine Werbung. Bericht in der Hauptversammlung des Buchhändler-Verbandes »Kreis Norden» am Sonntag, dem 30. August 1925, in Oldesloe, erstattet von Alfred Janssen. Der Buchhändler sträubt sich im allgemeinen gegen die all gemeine Werbung. »Die Kosten!» Und er hat geradezu Angst, von seiner Werbung könnten andere auch Nutzen haben. Von dieser Furcht kann ihn allein die allgemeine Werbung erlösen, die er mit Bewußtsein und Kraft durchführt. Was allgemeine Werbung ist, brauche ich hier wohl kaum auszuführen. Wenn Stalling in Oldenburg das Buch »Der Mensch und die Schlacht der Zukunft» als eine Sensation anzeigt, oder wenn eine Buchhandlung in Hamburg bekanntmacht: »Keiner liefert, auch die Oberschulbehörde nicht, Schulbücher besser als die Buchhandlung C. Boysen, Hamburg, Heuberg 9», so ist das keine allgemeine Werbung. Aber wenn an einem Orte in jedem Laden ein Plakat hängt, an jeder Mauer dasselbe Bild, dieselben Worte zu sehen sind, auf Fahnen vom Dach herab das Gleiche zu lesen ist und des Nachts in tausend Farben und an tausend Plätzen die Worte dich anblitzcn: »Kauft Bücher! Lest Bücher! Schenkt Bücher! Bücher sind freundlich, Bücher sind gefährlich!» usw., wenn Zettelverteiler auf der Straße das Lob des guten Buches verkünden, wenn Pferde, Kamele und Elefanten schöne Frauen durch die Stadt tragen, die in einem Buche selbstvergessen lesen: so oder in anderer Form, das ist allgemeine Werbung. Wenn sich die Buchhändler eines Ortes zusammentun und das Plakat »Schenkt Bücher zu jedem Fest!» ins Schaufenster hängen, wenn sie einen Artikel in die Zeitung bringen über den Nutzen 'des guten Jugendbuches und den Schaden, den der Schund in jugendlichen Gemütern anrichtet, wenn sie eine Ausstellung guter Jugendschriften in vielen Schulen oder öffentlichen Sälen ver anstalten, so ist das allgemeine Werbung. Die allgemeine Werbung ist seit einiger Zeit Mode, und die Werbestelle in Leipzig sorgt dafür, daß die Mode lebendig wird und bleibt. Aber ist die allgemeine Werbung nicht höchst über flüssig und ganz unpassend in der heutigen Zeit? Das würde sie sein, wenn die Zeit dem Buche günstig wäre, wenn Literatur, Kunst und Wissenschaft allem andern in der Welt vorangingen. Aber das wissen wir ja, daß das ganz und gar nicht der Fall ist. Die Zeitungen sind der beste Gradmesser dafür. Wieviel Raum ist dort für die geistigen Dinge vorhanden? Ganz anderes steht im Vordergrund. Der Sport z. B. füllt täglich mehrere Seiten. Der Sport ist ja eine gute Sache für den, der ihn mäßig betreibt. Aber die Mehrzahl der Sportinteressenten sind nicht die Sport treibenden, sondern die Zuschauer, dis Sensationslüsternen, die Wettenden. Der Sport ist Modesache, Geschäft geworden. Der edle Kern ist für die meisten Nebensache. Aber alle werden vom Buche abgelenkt. Und dann denken wir an die vielen Seuchen, die unser Volk durchdringen und beherrschen. Neben den alten Teufeln, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit wieder lebendiger geworden sind, dem Sauf- und Rauchteufel, wüten die neuen Pestilenzen, die Kinopest, die Radiopest, die Autopest und die Zei tungspest. Wo bleibt da noch eine Stunde der Ruhe, des Sich- besinnens, der Sammlung, der Möglichkeit, ein Buch zur Hand Börsenblatt f. den Deutschen Buchhandel. 92. Jahrgang. zu nehmen und sich in seinen Inhalt zu versenken? Wo besteht da noch die Fähigkeit, in einem lyrischen Gedichte seelisch zu baden, nach den Worten Geibels: »Ein gut Gedicht ist wie ein schöner Traum. Es zieht dich in sich und du merkst es kaum. Es trägt dich miihlos fort durch Raum und Zeit. Du schaust und trinkst im Schaun Vergessenheit. Und gleich, als hättest du im Schlaf geruht, Steigst du erfrischt aus feiner klaren Uut.» Die Oberflächlichkeit, und das ist das Verhängnisvolle, greift selbst in die literarischen Organe ein und zerstört die letzte Mög lichkeit, sich geistig und seelisch zu erheben. Die Buchgcmein- schaften mit ihrer Bevormundung, die Magazine mit ihrem quallenhasten Inhalt machen den Leser unfähig, ernste Bücher zu studieren. Wohin geht diese Entwicklung? Sind wir dem Ver derben unrettbar ausgesetzt? Nein, ein Retter ist da, die allgemeine Werbung. Mit Donnerschlägcn pocht sie an das Gewissen der Menschen und ruft die guten Geister im Innern wach, daß sie sich erheben, sich regen, nach Leben und Nahrung verlangen. Der geistige Hunger muß geweckt werden. Wer ist dazu berufen? Kein anderer als der Buchhändler. Darum, ihr Buchhändler, erkennt eure Ausgabe, treibt allgemeine Werbung, schließt euch zusammen zu gemein samer Arbeit. Verteilt die Arbeit unter euch, beauftragt die ge eigneten Männer mit den nötigen Maßnahmen. Auf die verschiedenste Weise muß die allgemeine Werbung betrieben werden, je nach dem Publikum, nach der Zeitströmung und nach den vorhandenen Mitteln. Der Buchhändler muß volks tümlich wirken, und er muß die geistigen Kreise mit vornehmeren Mitteln bearbeiten. Für die volkstümliche Werbung sind auch derbe und drastische Mittel und amerikanische Methoden nicht zu verachten. Der Hamburg-Altonaer Buchhändler-Verein hat meh rere große Buchmodelle aus die Straße geschickt. Solche und ähn liche Mittel muß man anwenden, wenn es gilt, auf die große Masse zu wirken, die im allgemeinen nicht an ein Buch denkt, dis selten ein Buch kaust und meist nicht weiß, wo sie ein Buch kaufen soll. Einer hat so ein Buchmodell gestohlen. Er dachte wohl, daran hätte er genug bis an sein Lebensende zu lesen. Als er aber entdeckte, daß der Holzkastcn hohl war, hat er das Buch auf der Straße liegen lassen. Die Polizei hat es dem Verein wieder zugestellt. Um ein Bild der populären Werbung zu geben, will ich einen Mummenschanz ausmalen, den der Buchhandel durch die Straßen der Stadt schicken kann. Voran werden Schafe, Schweine, Kälber und Kamele geführt. Plakatträger begleiten die Herde. Auf dem Plakat steht: »Das sind die, die keine Bücher lesen.» Dann folgt ein mit vier Ziegen bespannter kleiner Wagen, auf dem Kinderchen sich an bunten Bilderbüchern erfreuen. Dahinter gehen bunt bemützte Schüler, das Schulbuch unterm Arm. Ihnen folgt ein blumengcschmücklcr Wagen, darauf muntere Mädchen singen, spielen und im Jugendbuch lesen. Daun folgen hoch zu Roß, auf geflügelten Pferden, die Dichter, die Verfasser von epischen, lyrischen und dramatischen Dichtungen. Hinterher rasselt auf einem Auto-Dreirad, die Schreibmaschine vor sich, ein Roman schriftsteller, der auf dem Weg zum Verlag seinen neuesten Roman t8S0
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