Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.08.1925
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1925-08-06
- Erscheinungsdatum
- 06.08.1925
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19250806
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-192508066
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19250806
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1925
- Monat1925-08
- Tag1925-08-06
- Monat1925-08
- Jahr1925
-
11999
-
12000
-
12001
-
12002
-
12003
-
12004
-
-
-
-
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
12002 V«r1-i,ri»tt s. b. Dkschn. «Libb-nd-l. Redaktioneller Tell. — Sprechsaat. >5 182, 6, August 1925. PersoiillInllAiMen. Gestorben: am 1. August in einer Heidelberger Klinik während einer Ope ration der Zeitungsverlcger und Buchdruckereibesitzer Herr Walter Richters aus Erfurt. Der Verstorbene war Mitinhaber von Gebr. Richters Verlags anstalt in Erfurt, die er zusammen mit seinem Bruder Otto im Jahre 1907 gegründet hatte. Seit dem Bestehen des Verlages erschien in ihm die Thüringer Allgemeine Zeitung. Aus dem ursprünglich au Erfurt gebundenen Geschäft wurde im Laufe der Jahre ein weitverzweigter Verlag, der in fast allen größeren Städten Deutschlands durch Zweig geschäfte vertreten ist. Zahlreiche wirtschaftliche und technische Fach zeitschriften und Adreßbücher, die im In- und Ausland großen Absatz haben, werden jetzt von Gebr. Richters Verlagsanstalt herausgegeben. Der Verstorbene, ein äußerst tüchtiger Geschäftsmann, wurde im Alter von noch nicht 50 Jahren aus seinem an Arbeit und Erfolgen reichen Leben abberufen. öpreWal. Buchhändler oder Buchwucherer? Unter dieser Spitzmarke brachte die Berliner Zeitung »Der Mon tag Morgen« in ihrer Nr. 29 vom 20. Juli 1925 einen mit Arnold Hahn Unterzeichneten Artikel, der schwere Angriffe gegen den deut schen Buchhandel richtet. Um allen Buchhändlern zu zeigen, in welch gehässiger und tendenziöser Weise gegen den deutschen Buchhandel ge arbeitet wird, dürfte cs ratsam sein, auch diesen Aufsatz (vergl. auch Bbl. Nr. 176) hier n i e d r i g e r z u h ä u g e n. Er lautet (die vielen Hervorhebungen einzelner Sätze durch Sperrungen im Originaldruck sind wcggelassen): »Es ist kein Geheimnis mehr, von dem in den Privatkontoren der Verlagshäuser und der Buchhandlungen geflüstert wird: Der deutsche Buchhandel ist schwer krank. Der Export schönwissenschaftlicher Bücher in das Ausland ist fast vollkommen erloschen. Aber — was noch tausendmal schlimmer ist: der innere Konsum an Büchern in Deutsch land selbst schrumpft bedrohlich ein. Der deutsche Bücherkäufer ist im Aussterben. Das mag übertrieben klingen. Aber Zahlen sprechen. 40 v. H. der deutschen Verleger befinden sich hart am Rande des Nichts. Und 75 v. H. der deutschen Buchhändler — buchhändlerisch Sortimenter genannt — sind nicht mehr lebensfähig. Die erste Zahl nannte uns einer unserer ersten Verleger, die zweite Zahl wurde in einer Ver sammlung von Verlegern und Sortimentern, die vor kurzem stattfand, errechnet. Trostlose Zahlen! Wo liegen die Ursachen dieser bösen Erscheinung? Hat das Lese bedürfnis des deutschen Publikums abgenommen? Nein. Man kann getrost behaupten, daß das Gegenteil der Fall ist. Hat die Kaufkraft abgenommeu? Fa. Aber auch das ist nur eine Nebenursache. Der wahre Grund ist. daß das deutsche Buch über alles Maß hinaus teuer geworden ist. Selbst bei ungcschwächter Kauf kraft des Publikums wäre das deutsche Buch viel zu teuer. Es ist aus einem Massenartikel eine Luxusware geworden. Der wahre Sinn des Buches als Ware ist damit aufgehoben. Es ist zu untersuchen, ob dieser hohe Buchpreis ein durch unab wendbare wirtschaftliche Gewalten verursachtes Verhängnis ist. oder ob ihm eine Sünde, ein kurzsichtiges Verschulden des deutschen Buch handels zugrundcliegt. Der Preis des Buches setzt sich in groben Um rissen aus folgenden Faktoren zusammen: aus den Herstellungskosten (Druck, Papier, Einbaud), aus dem Autorenhonorar, aus dem Vcr- lcgergewinu und aus dem Rabatt, den der Sortimenter erhält. Es erhält also seinen Anteil: der Manu, der das Papier liefert, der Mann, der das Buch druckt und einbindct. der Manu, der das Buch schreibt, der Mann, der das Risiko, die Propagierung, den Vertrieb auf sich nimmt, und schließlich der Manu, der das fertige Buch aus dem Schrank nimmt, cs dem Käufer reicht und das Geld einkassiert. Von diesen fünf Leuten bekommt der Letzte — der das Buch aus dem Schrank holt und dem Käufer reicht — gerade so viel als alle übrigen vier zusammen. Der Sortimenter erhält im Durchschnitt 50 v. H. des Verkaufs preises! Gewiß gibt cs einige große Verleger, die dem Sortimenter bloß 40 oder 35 v. H. Rabatt einränmen. Aber sie sind eine kleine Minorität. Viele auch von ihnen geben bei Barzahlung noch 5 bis 10 v. H. Extrarabatt, denn die Geldknappheit zwingt zu Konzessionen. Das Geheimnis des teuren Buches ist enthüllt! Weil der Sortimenter am einzelnen Stück zu viel verdient, geht er an zu geringem Verdienst durch den Gesamtumsatz zugrunde. Dieses auf den Kopf gestellte kaufmännische Gesetz ist für den gesamten Einzel handel Deutschlands, welcher Branche auch immer, charakteristisch. Es ist eine Folgeerscheinung der Inflationszeit, und vielleicht werden ge rade die 75 v. H. lebensunfähiger Sortimenter das erste Signal zur allgemeinen Umkehr geben. Die Inflationszeit hat die Zahl der Buch händler um 100 v. H. vermehrt. In Berlin gab es vor dem Kriege etwa 80 Buchhandlungen, jetzt etwa 160. Die verminderte Kaufkraft des Publikums soll also jetzt doppelt so viel buchhändlerische Existenzen erhalten. Das Publikum müßte bei bestehenden alten niedrigen Preisen doppelt so viel kaufen. Ta es dies nicht tut, erhöht man einfach, klug und weise, den Buchpreis um das Doppelte. Jetzt braucht ja das Publikum nur so viel Bücher zu kaufen wie früher. Am Papier stimmt cs. Aber in Wirklichkeit bleibt das Publikum jetzt überhaupt den Läden fern. Die guten Leute hatten vergessen, daß ein Buch nicht wie Fleisch, Brot und Käse ge kauft werden muß, und das; es zwar keine Fleisch-, Brot- und Käse- Leihanstalten. wohl aber Leihbibliotheken gibt. Das ganze ungesunde Nabattwesen im Buchhandel wäre schon längst gefallen, vielen Sorti mentern wären die Qualen des Todeskampfes erspart worden, wenn nicht auf ihnen der Fluch der Organisation lastete. Gerade hier zeigt cs sich, wie eine mißverstandene Organisation einen ganzen Berus unterhöhlen und der Allgemeinheit den größten — hier geistigen — Schaden zufügen kann. Die Organisation hat nicht mehr den Zweck, einen Beruf kräftig und wachsend zu erhalten, sie hat sich langsam zu einem Siechenhaus für die Schwachen und Lebensunfähigen gewandelt. Nur um die 100 Prozent Überflüssigen und Sterbenden bei ihrem kümmerlichen Umsatz am Leben zu erhalten, fordert sie die exorbitanten Rabatte. Wie kann der Weg heilsam sein, wenn der Schwache die Richtung bestimmt? Also diese schwachen Sortimenter sind es. die dem deutschen Volke den Lesekorb höher hängen. Aber auch ihre eigenen Berufsgcnossen verproletarisieren sie. Es ist eine Tatsache, daß die Angestellten im Buchhandel die kümmerlichsten Gehälter erhalten, die überhaupt in Deutschland gezahlt werden. Wie könnte bei dem Wahnsinn des teuern Buches mehr gezahlt werden? Und welches ist die Folge? Daß es so gut wie keinen guten buchhändlerischen Nachwuchs gibt. Daß sich zu dem Berufe nur Desperados melden, Mcikschen ohne buchhändlerische Vorbildung, ohne buchhändlerische Traditionen, oft ohne jedes Ver ständnis für Buch und Buchkäufcr. Und damit schließt sich dieser böse Zirkel. Denn nun haben die Sortimenter bei geringem Umsatz nicht einmal die geeigneten Werkzeuge, um ihn zu erhöhen oder auch nur zu erhalten. Der Buchhandel ist endgültig erwürgt. Es gibt Leute, die glauben, daß der mangelnde Buchverkauf durch erhöhten Zcitschrifteu- verkauf ausgeglichen wird. Aber auch bei den Zeitschriften grassiert die 50prozentige Rabattwut und — sehen wir es nicht fast täglich, wie eine nach der anderen dahinsinkt? Diese Zustände sind von den großen Verlegern wohl erkannt, und es ertönt immer mehr der Ruf zur Bildung einer gemeinsamen Front, um die Sortimenter zu ihrem eigenen Frommen wieder zur Vernunft zu bringen. Ein jeder weiß, daß es Heller Wahnsinn ist, daß z. B. bei einer Erhöhung der Papier- und Druckkosten sofort auch der Sorti menter eine Erhöhung seines Verdienstes erhält, weil ja die Druck- und Papierkosten im Ladenpreis enthalten sind. Aber trotzdem haben sich die Verleger noch nicht zusammcngefunden. Wohl aber ist man auf anderem Wege bemüht, dem Volke wieder ein billiges Buch zu schaffen. Dieser Weg ist der Weg der B u ch g e m e t n s ch a f t e n.« Nun folgt eine rcklamehaste Lobhudelei der Buchgemeiuschafteu^ auf deren Kenntnis unsere Leser gern verzichten werden. Gegen diesen Aussatz sind der Redaktion des Bbl. von verschiedenen Seiten Abwehr- Ausführungen zugcgangen. von denen wir nachstehend einige im Wort laut wiedcrgeben. Herr Paul Nitschmaun in B c r l i n schreibt: Herr Hahn hat in seinem zwei Spalten langen Artikel eigent lich nur insofern recht, als er den deutschen Buchhandel als krank be zeichnet. Diese Krankheit ist jedoch, was nicht übersehen werden darf, nichts dem Buchhandel Eigentümliches, sondern sie zeigt sich beim ge samten Handel, bei Industrie und Handwerk in gleich bedrohlichem Maße. Auf die tieferen Gründe dieser Verelendung der deutschen Wirtschaft hier cinzugeheu. erübrigt sich, da sie allgemein bekannt sind und die Presse sie regelmäßig behandelt. Nur der falschen Diagnostik also des Herrn Hahn, soweit sie den Buchhandel angcht, seien ein paar Worte gewidmet. Herr Hahn behauptet, daß das deutsche Blich über alle Maßen hinaus teuer geworden sei, und behauptet ferner, daß diese Verteue rung in erster Linie au den hohen Gewinnen des Zwischenhandels liege. Auf diesem doppelten Gruudirrtum baut er seiueu ganzen Ar tikel auf und schädigt damit nicht nur einen der deutschen Presse nahe verwandten Beruf, sondern auch den deutschen Handel im ganzen.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Keine Volltexte in der Vorschau-Ansicht.
- Einzelseitenansicht
- Ansicht nach links drehen Ansicht nach rechts drehen Drehung zurücksetzen
- Ansicht vergrößern Ansicht verkleinern Vollansicht