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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.08.1925
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- 1925-08-06
- Erscheinungsdatum
- 06.08.1925
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>>! 182, 8. August 1925. Redaktioneller Teil. VSrl-nblatt I. d. Dtl«n. II9K7 müsse »u» bald zurllckkommen; um ihm seine schwere Arbeit nach Mög lichkeit zu erleichtern, geht man ihm ein Stück entgegen und sindct auch seinen Wagen; da der Junge während einer Viertelstunde nicht erscheint, sucht man die benachbarten Häuser nach ihm ab und findet, wenn man vom Treppensteigen erschöpft eine kleine Pause macht und aus dem Flursenster auf de» Hos blickt, ein Idyll: dle wtssens- dnrstigen Mitschüler des Jungen sitzen auf den Stufen, jeder eine Mappe ans den Knieen. durchblättern mit mehr oder meist minder einwandfreien Fingern die Hefte und versuchen, durch Betrachten der Bilder und Lesen aller Witzblätter ihren Bildungsgrad zu erhöhen. Nach einer liebevollen Ermahnung, die aber nicht in Hanbgretslich- keiten ausarte» darf, rollt die Equipage weiter. Es folgt dann das Ausfahren der weiteren Touren, welches sich manchmal reibungslos vollzieht. Endlich sinkt der Abend hernieder, und man denkt an den Ladenschluß, um »och ein Stündchen ins Freie zu wandern: aber da fehlt noch die »nglückskarre und man muß warten, bis der Träger der Wissenschaft erscheint, um ihm zu helfen, dieses Biest von Karre die Stufen hinaufzuwürgen, eine Beschäftigung, die dem Wunsche des Vereines für Leibesübungen sehr entspricht, da sie den Körper vielseitig ausbilbet; ein Anstoßen an die Steinstusen muß mit kräf tigem Gegenstoß pariert werden, und wenn der Handgriff des Wagens eine falsche Richtung bekommt und einem gegen das Kinn haut, daß man denkt, Breitensträter lande einen wohlgezielte» Kinnhaken, der einen Goliath glatt aus den Rücken legen würde, nun, bei solchen kleinen Abwechslungen muß man sich nichts denken! Dies sind die einzelnen Phasen, die sich jede Woche an einem Tage abrollen, wenn man aber infolge einer besonderen Werbetätigkeit viele Abnehmer hat, so genießt man einen Teil der geschilderten Vorzüge mehrere Male wöchentlich. Nun kommt der zweite Abschnitt, der von den lieben Abnehmern, meist Abonnenten genannt, handelt. Jeder Abnehmer, er mag auch nur Mk. 1.75 sllr das ganze Vierteljahr zahlen, rechnet sich zu den sogenannten guten Kunden des Geschäftes und verlangt mit Recht die ihm Anstehende entgegenkommende Behandlung. Wenn er seine Tätig keit zur Hebung des Geschäftes beginnen will, betritt er de» Laden und läßt sich ein Verzeichnis — meist wünscht er einen »Prospekt» — der aufgenommcncn Zeitschriften geben, in welchem „ach flüchtiger Durch sicht natürlich die Sachen schien, die ihn besonders interessieren; ist er rasch entschlossen, was zuweilen vorkommt, so trtsst er gleich die Aus wahl, andernfalls beruft er einen Familientag ein, bet Adligen einen Gcschlechtstag derer . . . und dort wird beschlossen, welche Hefte man nehmen will. Nach reiflicher Überlegung erfolgt ein neuer Besuch des Ladens, und zuerst fragt der Aspirant, wieviel 8 Heste kosten würden; der Antwort, drei Mark, folgt umgehend die Krage, ob dieser Preis für das Jahr gilt; man wendet schüchtern ein, dies sei der Betrag für ein Viertelsahr, was meist mit einem mißmutigen »Ach so» quittiert wird; daraus folgt fast regelmäßig die Fortsetzung in folgen dem Wortlaut: Ich kann aber nur neue Hefte brauchen, da ich immer mit allem ans dem laufenden sein will, auch setze ich voraus, daß die Heste immer sehr sauber sind. Dann sind zwei Zeitschriften dabei, welche monatlich nur einmal erscheinen, da müssen Sie in den drei Wochen, in denen sie nicht fällig sind, natürlich Ersatz geben, denn ich muß immer 8 Hefte haben, da ich mit zwei Familien zusammen lese. Natürlich wird dieser neue Abnehmer mit Freuden begrüßt und der sorgsamsten Bedienung versichert. — Manche Inhaber von Lesezirkeln drucken aus dem weißen Schild, welches die Hefte verziert, den Satz auf: »Um Schonung der Hefte wird höslichst gebeten«. Dieser an und sllr sich bescheidene Satz wirkt ans manche Menschen geradezu auf reizend: wie kann der Mann dem Abnehmer so etwas zumuten; dieser sagt sich, er zahlt den vereinbarten Preis oder bleibt ihn schul dig. aber er kann doch mit den Heften umgehen, wie er es sür richtig hält. Er nimmt zunächst die Heste, am liebsten die ganz neuen, und benutzt sie als Schreibunterlage, und bald ziert ein hübsches rundes Kleckschen den jungfräulichen Deckel. Beim Schreiben tritt eine kleine Denkpause ein, die er dazu benutzt, als Zeitvertreib den eben frisch gemachten Klecks mit einer nett ornamentierten, manchmal auch sezessionistisch-kubistischen Zierleiste zu versehen, eine Beschäftigung die Immer zu neuen Taten begeistert; manchmal kommt auch eines der lieben Kinderchen hinzu, welches das vom Vater oder der Mutter geschaffene Kunstwerk in recht ausgiebiger Weise vervollständigt. — Im trauten Helm naht die Mittagszeit, und die immer sehr bcschüs- tigte Hausfrau nimmt ein Hcst, meist »Fürs Haus«, mit in die Küche, um zwischen dem Kochen den neuen Roman von Courths-Mahler weiter zu verfolgen: da aus einmal — die Stelle ist gerade von atemraubcn- der Spannung — ein Prutzeln, die Milch kocht über, wohin schnell mit dem dampsenden Tops? Ha, ein Blick genügt, natürlich auf bas Heft Fürs tzausl Die geringen Spuren, die sich zwar über das halbe Heft hlnziehcn, aber in den Augen der Hausfrau kaum sichtbar sind, sind ja nicht der Rede wert. — Wenn der Abend sich neigt, muß die Treppe beleuchtet werben. Da das Gas zu hoch im Preise, meist auch der Glüh strumpf entzwei ist, nimmt man eine Petroleumlampe, die natürlich meist undicht ist oder, wie man zu sagen pslegt, leckt: also diese Lampe nimmt man vom Brett, wo sie in einem kleine» See von Petroleum steht, um sie anzuziinden; ans dem Tisch oder gar der Decke macht cs so einen häßlichen Fleck, aber wozu hat man die Hefte? Tie Lampe wird daraus abgesetzt und veredelt dasselbe nicht allein durch de» netten Rand, der meist durch das ganze Buch geht, sondern auch durch den anhaltenden guten Geruch, der sich den anderen Hesten mlttellt und der Motte» und sogar Wanzen, wenn sie nicht sehr hartnäckig sind, vertreiben soll. In manchen Häuser» läßt man, da ja bekanntlich kein Wirt etwas machen läßt, nach etwa Ll> Jahren den Fußboden streichen; manche der Farbe» sind zwar billig, aber der Lack ist tückisch und trocknet schwer. Ilm nun den frische» Anstrich zu schonen, ebenfalls seine Stiesel- oder Tüsfel-Sohlen, legt man eins der Heste neben das andere das Zimmer entlang und kommt dann mit elegantem Hüpfen von einer Tür zur andern, ohne de» Lack zu beschädigen; der Inhaber des mit Recht beliebten Lesezirkels kann dann an de» Spuren genau aus- messcn, welche Schuh-Nummer die Dame ober der Herr des Hauses tragen. Wehe aber, dreimal wehe, wenn in Abwesenheit der Eltern die liebe Kinderschar über die Mappe hersällt; cs ist gar nicht zu glauben, mit welchen Bosheiten so ein liebes Kind geladen sein kann und in welch geradezu rasftnierier Weise sich die kindliche Zerstörungs wut kennbar macht. Diese kleinen Unannehmlichkeiten sind sa nicht so sehr in die Wagschake sollend, und man sagt sich, man muß sich nicht über jeden Quark ärgern. Da hat man aber eine Anzahl Ab nehmer, besonders die Dame», die nicht allein die Stickschere, sondern auch die Papierschere meisterhaft handhaben; da ist im Bazar ein hübsches neues Kleid, dessen Anfertigung zwar viele Emmchen kostet, aber das Muster ist doch umsonst, ebenso der Schnitt, der sonst bei Ull stein doch mindestens kg Pfennig kostet; also flugs die Schere zur Hand und das Muster herausgeschnitten, was sich »ach mehrwöchiger Übung ganz leicht machen läßt; der Schnittmusterbogen ist zwar Hinte» im Heft sestgeklebt, aber bei Anwendung ein wenig roher Gewalt weicht auch er der weißen, weichen Franenhand. Andere wieder lieben aus den illustrierten Heften Landschaften, Seestticke u. a., haben einen Wechselrahmen; wie neit-nnd billig lassen sich jede Woche die frisch gestohlenen Bilder einstige»! Kommen Sic aber einmal einem solchen Aasgeier aus die Spur und gehen zu ihm hin, um ihn aus das wenig Angebrachte seiner Handlungsweise aufmerksam zu machen, dann hören Sie meist von ihm, daß auch er sich bodenlos über diese Gemeinheit ärgere, denn er habe die Hefte schon ohne dle Bilder be kommen, natürlich auch solche Hefte, die kein anderer vor ihm gehabt hat; es bleibt einem dann natürlich nur übrig, sich unter vielen Ent schuldigungen mit heiler Haut zurückzuziehen zu versuchen. Manche der wohlhabenderen Abnehmer machen im Sommer eine Badereise, meist ins Seebad, möchten auch dort die lieb geworbene Mappe der Geschichten wegen nicht entbehren und verlangen pünkt liche Nachsendung; ohne mehrmalige Aufforderungen zur Rücksendung zu beachten, bringen sie nach vier Wochen den ganzen Krempel aus einmal zurück — die paar fehlenden Hefte sind beim letzten hohe» Seegang weggesplllt worden — und man hat nun die angenehme Be schäftigung, die Hefte zunächst von Secsand, Muscheln, Tang und Klunderpellen sowie anderen appetitlichen Resten der Mahlzeiten zu befreien; wen» diese Sommcrrelsen beginnen, bann wünscht wohl jeder Inhaber eines gutgehenden Zirkels: ach, wenn dich Himmelsziege doch ei» Walfisch anffressen möchte, aber — er würde dich ja wieder aus- spuckcn! Also, meine lieben Zunftgcnossen, wenn Sie wieder einen Lese zirkel eröffnen wollen, so machen Sie mit der Handhabung desselben auch Ihre liebe Gattin vertraut, und dann wirken Sie gemeinsam, denn geteilter Schmerz ist halber Schmerz; und wenn Sie nach einem Jahr Ihren Verdienst hcrauszurechnen fleißig, aber bestimmt ver geblich versuchen, dann singen Sie als Duett das Lied: Mach End', o Herr, mach Ende. Amen! Der deutsche Buchhandel der Gegenwart in Sclbstdarstcllungen. Herausgegeben von vr. Gerhard Menz. Erich Ehler mann, Alexander Koch, die Brüder Langewiesche, Wilhelm Ruprecht, Robert Voigtländcr, Ernst Bollert. Leipzig: Felix Meiner. IgLS. 2SK S. mit 7 Bildnissen. Halbleinen Mk. 10.—. In der Reihe der Selbstbiographien, die der Verlag Felix Meiner mit steigendem Erfolge aus de» verschiedensten Zweigen der Wissen schaft vcrössentltcht, folgt jetzt der »Deutsche Buchhandel«, dessen Band I der um die Geschichte des Buchhandels und seiner prominenten Persön lichkeiten so verdienstvolle vr. Gerhard Menz herausgibt und cinleitet, 1578«
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