Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.01.1926
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x° 3, 5. Januar 1926. Redaktioneller Teil. Das »Kasperle« im Turnsaal der evangelischen Volksschule folgte nun. Begeistert sind die Berichte darüber. Ich selbst war in der Ausstellung durch Führung festgehalten und konnte mir kein Bild davon machen. Aber alt und jung versichert einmütig, noch n i e solch feines Kasperle-Theater gesehen zu haben. Dem Kollegen Korluß in Görlitz, der sich für diese Arbeit zur Verfügung stellte, also noch einen vielfachen Dank seiner Zuschauer. Das darauf folgende Mär chenerzählen im Saale des »Weißen Rosses« konnte ich mir anhören und gewann als erstes den Eindruck, daß die Kinder noch ein wenig durch das »Kasperle« außer Rand und Band waren und Frau Elstner- Oertel dadurch das Erzählen sehr erschwerten. Wie ich später fest- stcllen konnte, sind aber die Märchen nicht ohne Eindruck geblieben, und ganz besonders gut haben die Lichtbilder zu »Hans Wundersam« und zur »Häschenschule« gefallen. Das Kasperle-Theater zum Schluß wäre aber auf alle Fälle richtiger gewesen. Fein und stimmungsvoll verlief der Zlbend: »Für Eltern und Freunde der Jugend und des Märchens«, der überaus zahlreich besucht war. Der weihnachtliche Eindruck wurde nun noch durch die brennen den Kerzen der 3 Kronleuchter erhöht. Mit wenigen, aber überaus warmen Worten eröffncte Herr Landrat Schmiljan den Abend nnd dankte Köhler's Buchhandlung in Löwenberg (Schles.) für die der Kultur und dem Volke dienende, durchaus not wendige Arbeit und wünschte ihr den besten Verlauf. Herr Schulrat Schulz hielt nun einen Vortrag über »Kind und Buch«. Er wies darauf hin, wie wichtig es märe, daß diese beiden Freunde würden, ermahnte die Eltern sehr fein, nicht nur an das körperliche Wohl ihrer Kinder zu denken, sondern die Sorge um das geistige Wohl daneben zu stellen. Eine Auswahl der besten Bücher, die kinderliebe Menschen für Kinder geschaffen, sei in diesem Saal ausgebreitct. Hilflos brauche aber niemand vor dieser Menge Bücher zu stehen. Jeder wirkliche Buchhändler und jeder Erzieher würde sie gern beraten. Dann entnahm Herr Schulrät Schulz dem Aufsatz des Herrn Fritz Schnabel »Kind und Buch in Amerika«, der kürzlich in der »Frauenkultur« erschienen ist, einige Gedanken und Angaben und zeigte auch, wie vorbildlich in Amerika derartige Arbeiten und Be strebungen unterstützt würden. Finkensteiner Weisen für Gitarre und Flöte leiteten zum Märchenerzählen über. Frau Elstner-Oertel be gann mit Heines Abenddämmerung. Grimms Gänsemagd. Volkmann- Leander, Die künstliche Orgel, Andersen, Großmutter und eine eigene Legende der Frau Elstner-Oertel folgten. Die weiche Stimme der Frau Elstner-Oertel spann alle regungslos Lauschenden ein, sodaß sie sich unversehens im Märchenlande befanden, das — ach wieviele unter ihnen sicher seit ihren Kindertagen nicht mehr betreten hatten . . . Das Vorführen einer Auswahl Lichtbilder aus einigen der schönsten Bilder bücher füllte die Pause aus und bereitete viel Freude. Mit einigen lustigen Lautenliedern begann der zweite Teil. Frau Elstner-Oertel hatte nun auch lustige Märchen gewählt. Von Will Vesper: Des Herr gottes Stellvertreter, Manfred Kyber: Das Männchen mit dem Kohl kopf, Volkmann-Leander: Altweibermühle und das Kläppcrstorch- märchen kamen in prächtiger Weise zum Vortrag. Nur vergnügte Augen und Gesichter sah man am Ende des Abends. Ganz köstlich und eine Entspannung ohnegleichen war der Nach mittag mit den »Kleinsten und ihren Müttern« am folgenden Tage. Nach der Besichtigung der Ausstellung wurden die Kleinen vom »Rat tenfänger« zu köstlichen Lichtbildern aus Hahnschen Bilderbüchern ge führt. Mit freudigem Aaaaaah wurde jedes neu auf der Leinwand erscheinende Bild begrüßt. Kleine Privatunterhaltungen schlossen sich immer an, die aber von den Kindern selbst durch »Pst-Nufe« abge brochen wurden. Diese kindliche Freude muß unbedingt auf den Er wachsenen übergreisen. Hier spürte man es jedenfalls derttlich. Frau Elstner-Oertel übertraf sich beinah selbst, als sie die Verslein zu den Bildern sagte. Als nach einer reichlichen Stunde Schluß gemacht werden mußte, war die Enttäuschung groß. Nette bunte Prospekte der Hahnschen Bilderbücher, die der »Rattenfänger« jedem Kinde in die Hand drückte, ließ sie aber die Enttäuschung bald vergessen. Unmittelbar an diese Veranstaltung schloß sich eine für »größere Kinder und Schiller«. Wie ich es schon voraus geahnt hatte — die größeren Schüler des Gymnasiums glänzten durch Abwesenheit. Immerhin verständlich, daß man sich in diesem Zlltcr zu erhaben dünkt, um sich noch Märchen anzuhören. Sonst war aber die Ver anstaltung besser besucht, als ich erwartet hatte. Eine Anzahl kleiner Kinder, die wir schwer entfernen konnten, erschwerte das Zusammen stellen des Programms. Äußerst befriedigend für alle Teile verlief aber auch hier alles. Nun die Ausstellungstage. Ich sagte es schon vorhin, daß die Ausstellung sehr viel Anziehungskraft besaß, — soviel, daß ich ver zweifelt nach einem Auswege suchte, um allen Ansprüchen (den Büchern, die möglichst geschont werden sollten — den Kindern, deren Eifer ja durchaus erfreulich war — und den Erwachsenen, die schließlich auch I« einmal in Ruhe schauen wollten) gerecht zu werden. Am Bußtag war es ganz schlimm, und deshalb reifte ein Entschluß. Vormittags nur Klassen, die im Deutschunterricht die Ausstellung besuchten. — von 1.3V—2.30 Uhr Kinder, die an den Tischen in der Mitte des Saales lesen durften, — dann mit hartem Herzen Vertreibung aus dem Para diese und notdürftiger Aufbau der Ausstellung für die Erwachsenen, die allerdings weniger zahlreich erschienen als die Kinder. Da de, Abend für Erwachsene im Ausstellungssaal stattgefunden hatte, ist auch das erklärlich. Ungefähr 500—650 Erwachsene werden die Ausstellung gesehen haben. Bei 0300 Einwohnern eine ganz gute Leistung. Ganz verschieden verlief der Besuch der Klassen. Die große« Kinder sahen meist selbst an, es wurde nur scharf aufgepaßt. Dcu Kleineren zeigte ich meist Bücher mid erzählte kurz den Text dazu. Es war allerdings etwas lebensgefährlich, halb erdrückt wurde ich von den Geistern. Aber — noch eins und noch eins — ohne Ende. Wie die ausgehungerten Spatzen waren die Kinder. Die meisten, mit we nigen Ausnahmen, hatten gar keine Ahnung davon, daß es so schöne Bücher gibt. Ein Beweis dafür, wie nötig Büchertage sind. Was das Kind nicht kennt, kann es sich unmöglich wünschen. Die Bilderbücher besaßen unglaublich viel Anziehungskraft, selbst für 14jährige Kinder. Überhaupt konnte ich die interessantesten Beobachtungen machen. 13- jährige Mädchen wünschten sich oft ganz kindliche Bücher, die sehr fein illustriert waren, die ich aber niemals ihren Eltern für sie vorgelegt hätte. Von 1.30—2.30 Uhr Lesestunde! Mancher Kollege mag über diesen Leichtsinn den Kopf schütteln. Leichtsinn war es aber durchaus nicht. Die Umschläge der Bücher sahen die Kinder schon oft durch die Schaufensterscheibe, und es lockte sie wenig. Schon Schleich sagte als kleiner Junge: »Ein Jung muß doch wissen, was da inn is!« Dies bezog sich allerdings auf eine mysteriös tickende Uhr, kann aber mit ebensoviel Recht auf Bücher angewandt werden. Und nicht nrrr Jungen, auch kleine Mädchen sind wissensdurstig. Oder neugierig? Einerlei! Sie wollen alle wissen, was sich zwischen den Buchdeckeln befindet. — Ich hatte meine Bande (cs waren meist Stammgäste) gut im Zuge. Ein Umschlag um das für nähere Besichtigung auserkorene Buch und kritische Besichtigung des Buches vorher und bei der Ab gabe. So entstand kein Schaden; denn jedes Kind war haftbar. Aber — wenn über 100 Kinder im Saal sind, dann hält mau es nur eine Stunde aus. Der praktische Erfolg der Tage zum Schluß. Die Kosten für die Tage waren hoch, dagegen aber — niedrigste Eintrittspreise. Ich kalkulierte: 1200 Kinder müssen kommen und der Erwachsenen-Abend muß voll sein. 1000 Kinder waren für beide Tage vorher fest ge meldet. allerdings blieben 300 des Wetters wegen weg. 2lber andere aus der Stadt fanden sich noch ein — freilich nicht ganz soviel. Der br- wachsenen-Abend war bis auf den letzten Platz beseht. Trotzdem gingen die Jnseratkosten auf unsere Rechnung, und die Kosten für feine, mit Holzschnitt versehene Programme blieben ungedeckt. Beides kann an standslos als sicheren Erfolg versprechende Wcrbckosten vom Geschäft übernommen werden. Mit Drucksachen hätte ich freilich sparsamer sein können, sodaß — wenn uns auch noch der Wettergott günstig gewesen wäre, ein Uberschuß verblieben wäre, den ich gern an die Schulen für die Schlllerbibliotheken abgeführt hätte. Denn daß hier alles so gut gelang, verdanken wir unbedingt dem warmen Interesse, das Herr Schulrat Schulz, ebenso wie Schulleiter und Lehrer unserer Arbeit ent- gegenbrachten. Unsere Arbeit wird von diesen Seiten und auch von der Regierung als Erzieher-Arbeit bewertet, und deshalb ist uns schon für nächstes Jahr aktive Mitarbeit der Kinder in Aussicht gestellt. Die Kosten werden so wesentlich niedriger und das Interesse der Kinder wird in noch viel stärkerem Maße geweckt. Aber ein Jahr lang soll die Arbeit keinesfalls ruhen bleiben. Wir planen hier vorerst monat lich einmal einen Lese-Nachmittag, damit die Kinder Fühlung zum Buch behalten. Das Kreisbibliothekszimmer ist uns für diesen Zweck schon von Herrn Landrat Schmiljan in Aussicht gestellt. Die Kinder, die am letzten Nachmittag beinah weinend die Ausstellung verließen, strahlten, als ich ihnen Hoffnung auf eine baldige Fortsetzung machte. . . . Wichtiger noch als der materielle Erfolg, der sich aber auch schon ganz nett auszuwirken beginnt, ist mir jedoch der ideelle, der größer ist. als ich erhoffte. In Kleinstädten läßt sich alles gut l>e- obachten. Der Buchhandel sucht in den letzten Jahren fieberhaft nach neuen Abnahmegebieten. Ein Feld, das durch lange, liebevolle Bearbeitung auch guten Ertrag bringen wird, weiß ich nun — es ist »Das Kind«. Jeder verantwortungsbewußte Buchhändler (aber auch nur dieser!) sollte hier die Arbeit aufnehmen. Er wird Freude an der Arbeit nnd dem endlichen Erfolge haben. Und diese Arbeit muß gemacht werden? L
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