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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.12.1926
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1926-12-30
- Erscheinungsdatum
- 30.12.1926
- Sprache
- Deutsch
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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X- 303, 3«. Dezember 1926. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. slowenische, italienische, holländische, russische und rumänische. Der Absatz deutscher Literatur ist deutlich im Rückgang begrif fen. Eine der beiden Sortimentshandlungen hat eine gutgehende Leihbücherei angegliedert, welche deutsche, ferner französische, italienische, englische, ungarische und polnische Werke umfaßt. Mujikalien werden viel gekauft. Sehr lebhaft ist das deutsche Zeitungsgeschäft in den Abbazianer Buchhandlungen. »Neues Wiener Journal», »Neue Freie Presse», »Neues Wiener Tagblatt» und dessen beliebte Wochcnausgabe, »Der Morgen», Wien, »Ber liner Tageblatt», »Kölnische Zeitung-, »Frankfurter Zeitung», »Münchner Neueste Nachrichten» und andere deutsche Blätter werden während der Saison in großer Zahl verkauft, daneben auch mehrere ungarische Blätter. Ein ganz erfreuliches Geschäft entwickelt sich mit den deutschen Zeitschriften, vor allem den ver schiedenen großen und kleinen Magazinen, ebenso mit den Wiener Zeitschriften »Die Bühne», »Das Weltbild», »Das interessante Blatt» und »Wiener Bilder«. Auch zwei ungarische illustrierte Wochenschriften finden ständig Abnehmer. Der zum Teil vom Buchhandel organisierte Straßenverkauf der deutschen Blätter durch Zeitungsstände und Kolporteure ist derart lebhaft, daß man manchmal vergessen kann, daß wir hier in Italien und nicht in Deutschland oder Österreich sind. Bleibt noch als ruhiger Pol in der Erscheinungen Flucht die Feststellung, daß auch hier die Buchhändler über die Goldmark preise klagen und angcben, das deutsche Buch werde viel verlangt, aber nur, wenn cs sehr billig ist, gekauft. Während ich in der stillen mittelalterlichen Hafenstadt A n - cona keine wesentlichen Beobachtungen über den Buchhandel machen konnte, mußte mir in der durchaus südlich anmutenden Stadt Bari die äußere Form des Geschäftsbetriebs nuffallcn. Von I Uhr mittags bis b Uhr abends herrscht Stille, erst nachher erwacht das lärmende Straßenleben. Die Geschäftszeiten der Buchhandlungen sind von V-9—1 und 5—8 Uhr. Man liebt es, die Waren auf offener Straße auszulegen. Die Buchhandlungen, die zumeist auch Schreibwaren führen, erhalten durch den Straßcn- handel eine scharfe Einbuße. Die Straßenbuchhändler Hausen in Verschlügen und Kiosken. Oder sie benutzen Wagen, ähnlich wie die fliegenden Buchantiquare in Deutschland. Bleibenden Eindruck machte auf mich der Geschäftsbetrieb eines Antiquars: Der findige Mann, dem sein Büchergeschäft trotz beträchtlichen Umfangs allem An schein nach nicht die Miete eines Ladens eintrug, hatte in einer Querstraße an der Ecke des liorso Viktoria Lmsuusls, der Haupt straße, einen beispiellos großen mehrteiligen Bücherschrank auf gestellt. Me Bauart dieses Ungetüms ließ mich aber vermuten, daß dieser Schrank einmal ein Speisezimmer-Anrichtetisch, aller dings von unbegreiflich gigantischen Ausmaßen, gewesen sein dürfte. Vor diesem »Magazin» stand aus dem Fahrweg eine ganze Reihe von Tischen, alle mit antiquarischen Büchern belegt. Die verschiedenen fliegenden Buch- und Zeitungshändler be schränken sich hier aber nicht auf den Vertrieb geistiger Güter, sie führen auch andere Waren. Irgendeine uns Fremden noch unbekannte Seelenverwandtschaft zwischen Druckerschwärze und Schuhwichse scheint die Ursache dafür zu sein, daß die Straßen buchhändler in Bari als Nebenartikel hauptsächlich Schuhpaste verkaufen. Sehr zahlreich sind hier die Kolporteure mit Tageszeitungen und Zeitschriften. An Schnüren und Klammern werden die Blät ter über die Fronten mehrerer Häuser einzeln ausgehängt. Das Warenlager dieser Kolporteure kann beinahe schon in Kilometern gemessen werden. Ein Großteil der Passanten befriedigt hier das Lesebedürsnis ambulant und kostenlos. Der Buchhandel besaßt sich mit neuen und antiquarischen Werken in italienischer Sprache. Einerseits überwiegt patriotische, andrerseits Kolportagelite ratur. Fremdsprachige Werke findet man höchst selten. Ich habe im gesamten Buchhandel von Bari nur ein einziges deutsches Buch gefunden. Um seines Seltenheitswertes willen sei es er wähnt: ein antiquarischer Band von Grimms Kinder- und Haus- märchcn. 1S38 Ein Querschnitt, von Bari durch die allbekannte Stiefelform der Apenninenhalbinsel gezogen, trifft an der Westküste Italiens das Sehnsuchtsziel der deutschen Südlandreiscndcn, Neapel. Auch die Buchhandlungen, in denen man kein deutsches Wort versteht, haben hier reihenweise deutsche Werke im Schaufenster. Aber da der Neapolitaner, wenn er Bücher und gar fremdsprachige liest, der französischen Literatur den Vorrang gibt, ist das deutsche Buch hier in bescheidenerer Zahl vertreten als das französische. Der Buchhändler nimmt in der Regel, was ihm sein Importeur vor schlägt, also nur die Werke einiger wenigen deutschen Verleger und nur wenige, erfolgsichere Namen. Sizilien bietet für den Buchhandel keinen sonderlich gün stigen Boden. Der Sizilianer ist noch weniger büchcrfrcundlich als der Italiener des Festlandes. Die reiche Großstadt Palermo besitzt nur drei größere Buchhandlungen. Die wenigen ganz kleinen Schreibwarenhandlungen, die auch Bro schüren und Antiquaria führen, sind wohl kaum als Buchhand lungen anzusprcchen. Selbst diese geringe Zahl der Sortimenter scheint hier für den Bedarf eher zu groß als zu klein zu sein. Die Ge schäfte gehen nicht glänzend. Der Italiener kauft — von Luxus ausgaben für besondere Zwecke abgesehen — nur Broschüren. Nicht nur Belletristik, auch wissenschaftliche Literatur wird in der Regel ausschließlich geheftet erworben. Daher führt der Sortimenter wissenschaftliche Werke, seien es nun italienische oder französische, im großen und ganzen immer nur broschiert. Die Buchbinder arbeiten hier sehr billig. Hat der Käufer Inter esse, das Werk in haltbare Form zu kleiden, so übergibt er es dem Buchbinder zum Einbinden. Auf die Art der Ausstattung, sofern es sich nicht um große Kunstpublikationen handelt, auf Papicrqualität, Einband, Beschaffenheit des Satzes usw., legt der italienische Käufer im allgemeinen gar keinen Wert. »Das deutsche Buch, vor allem Belletristik, wird durch den Einband zu sehr verteuert«, ist hier die ständige Redensart. Der Einfluß des deut schen Fremdenpublikums aus das Buchhandelsgeschäft in Palermo ist aber so groß, daß trotz allem — wenn ich mir eine Verall gemeinerung erlauben darf — mehr deutsche als französische Belle tristik gekauft wird. Man kaust hier, kurz gesagt, nur Gutes und nur Billiges. Die Lektüre für Touristen umfaßt unterhaltsame, nicht allzu schwere Belletristik und Werke der Kunst li tera- tur. Auf dem letztgenannten Gebiete liefert Frankreich für den Bedarf des sizilianischen Sortiments so gut wie nichts. Die wohl feilen deutschen kunstgeschichtlichen Publikationen finden sehr viele Käufer. Der Buchhändler legt sich diese Werke unbesorgt auf Lager. Er findet immer Abnehmer dafür. Auch in Palermo nimmt Tauchnitz eine Sonderstellung ein. Ich berufe mich auf gründliche Kenner der Verhältnisse, wenn ich behaupte, daß kein ausländischer Verleger hier in Sizilien und in Italien überhaupt so eingedrungen ist wie Tauchnitz; der bescheidene Preis bei guter, schlichter Ausstattung und die vorbildliche Organisation haben zu diesem Erfolg geführt. In allen übrigen Orten Siziliens, die ich besuchte, sah ich einerseits überhaupt nur eine sehr geringe Entwicklung des Buch handels, so in Monreale, Mondello und Trapani, andrerseits vermißte ich völlig das deutsche Buch, so in Catania, wo man leichteste französische Literatur in reicher Auswahl findet, und in Taormina, wo die Geschäfte nichts anderes als englische Sortimentsbuchhandlungen sind. Wenn man, wie ich es diesmal getan habe, nur einige Städte des Landes, und nicht einmal die für den Buchhandel wichtigsten, besucht, darf man sich nicht unterfangen, die Beobachtungen in eine systematische Form zu gießen. Ich denke um so weniger daran, als ja im »Börsenblatt» zu wiederholten Malen von Per sönlichkeiten, die mit den italienischen Verhältnissen gründlich vertraut sind, über den Buchhandel in Italien berichtet worden isst Trotzdem aber möchte ich im Anschluß an meine vorstehenden Beobachtungen lokaler Art noch einige Bemerkungen allgemeiner Natur machen, die vielleicht doch in einem oder dem anderen Punkte eine Ergänzung dessen bilden können, was den Lesern des »Bör senblattes» über den italienischen Buchhandel und insbesondere über seine Beziehung zu unserem deutschen Buchhandel bekannt ist.
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