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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.01.1926
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- 1926-01-26
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- 26.01.1926
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kibliollieca meckii sevi manusci-jpla. kar8 prima. 100 Hsucl 336gu68 Ii086lltti3l. VIII, 106 8. XXI l'akelll. 1-61Q6U dlk. 15.—. Ein Katalog von hundert Handschriften vom 9. bis zum 15. Jahr hundert; ein Katalog von hundert Codices, die nicht bloß von Lieb haberwert, sondern zugleich von wissenschaftlichem, editionskritischem Werte und deren Texte großenteils ungedruckt oder gar unbekannt sind, und ein Katalog, der sie auch so, nicht nur vom bibliophilen, sondern auch vom wissenschaftlichen Gesichtspunkt ans beschreibt; ein Katalog, der dies in gewählter Ausstattung tut und Tafeln (F. Bruck mann, München) von vorzüglicher Wirkung beigibt; ein Katalog von hundert Codices vorwiegend der theologischen Gebiete, dem gleiche Kataloge für die übrigen Wissenschaftszweige folgen sollen, die in der vorliegenden ?ar3 prima nur beispielsweise vertreten sind. Dem Katalog selbst im Ganzen unserer eigenen Zeit wird seine Stellung durch zwei Punkte angewiesen: Mittelalter und Einzel forschung. Die Aufmerksamkeit auf das Mittelalter ist gegenwärtig stark. Was den Punkt »Einzelforschung« betrifft, so ist seit einigen Jahrzehnten gerade die Richtung auf Synthese mächtig (Literatur wissenschaft«, Kulturphilosophie), ihr gegenüber aber wird, und so vom Herausgeber, Ernst Schulz, die Notwendigkeit der Einzelforschung betont. Man kann vielleicht sagen, daß gerade die Linien: Synthese und Mittelalter jüngst in besonders naher Verbindung zu stehen scheinen: in der Richtung auf Erfassung des »mittelalterlichen Men schen«, gegründet in der Vorstellung der überwiegenden Bedeutung des religiösen Systems und von da aus die Geschlossenheit des mittel alterlichen Lebens betonend; Liese Vorstellung scheint der Heraus geber zu teilen, aber er betont gerade im Hinblick auf den gegen wärtigen Stand zuverlässiger textkritischer Bearbeitung mittelalter licher Literatur, insbesondere der lateinischen, die Uncrläßlichkeit »vor bereitender Einzelforschnng«. Ihr will der Katalog dienen. Er kann es mit hundert Hand schriften aus ssee. IX/XV, die ungedrnckte Versionen bekannter Texte und bisher durchaus Unbekanntes bringen, und mit einer fast aus schließlichen Beschränkung auf die theologischen Gebiete; sie sind mit Ausnahme der für die Bnchillustration allerdings in erster Linie wich tigen Stundenbücher fast sämtlich vertreten: Bibelhandschriften, Bibel- anslogung, Patristik, Liturgisches, Monastisches (liegulas wie Werke über den Ordensstand), spekulative Theologie, systematische Werke. Das Vorwort gibt eine systematische Übersicht der Handschriften, eine Übersicht über Proben aus den genannten theologischen Gebieten von der Frühzeit bis zum Ende des Mittelalters, die damit zu einem literaturgeschichtlichen Exkurs wird. Das beschreibende Verzeichnis ist alphabetisch geordnet. Es wird abgeschlossen durch Autoren- und Sachregister; Verzeichnis der Schrei ber und Vorbesitzer; Übersicht über das Alter der Handschriften; Ver zeichnis der Tafeln. Was für Gefühle den Bücherfreund und den Historiker bewegen, Gefühle des Entzückens und der Sehnsucht, wenn er den Katalog durchblättert, ließe sich kaum genügend ausdrücken. Führen wir wenigstens einige Nummern an. An die Spitze sind wohl zwei Ho- miliare und ein Lvaugeliar 8366. X/XI zu stellen. Das eine Homiliar (Nr. 52) ist aus 8366. IX iu., eine Sammlung patristischer Homilien, die mit keiner der bisher bekannten frühmittelalterlichen Handschriften sammlungen durchaus identisch ist und achtzehn bisher wohl unbe kannte Stücke enthält; eine wissenschaftlich wertvolle Handschrift, deren Rekonstruktion für Patristik und Liturgiegeschichte Gewinn verspricht. Das zweite Homiliar (Nr. 53), 8366. XIII in., enthält nicht weniger als 104 bisher ungedrnckte und, wie es scheint, unbekannte Homilien. Das kunstgeschichtliche Prachtstück des Katalogs (Nr. 40) ist ein Evan geliar der ottonischen Zeit, ein liturgisches Prunkbnch mit bisher un beachtet gebliebenem prächtigen Einband (silberbeschlagener Vorder decke! mit Perlfiligranornamenten und vier Elfenbeinreliefs, Vergol dung, Bergkrystall), den Tafel 1 in Originalgröße wiedergibt, ein hervorragendes Beispiel der Silberschmiede- und Elfenbeinschnitzerei- Arbeit, eine bedeutende Bereicherung des bisher bekannten Bestandes frühmittelalterlicher Prnnkbände. Beachtenswert auch der auf Tafel 10 wiedcrgegebene Buchdeckel, 8366. X/XI. — Die Ambrosianischcn Briefe, in einer durchaus vollständigen Handschrift, 8366. IX, die wohl un mittelbar auf eine sehr gute und alte Vorlage znrückführt. — Juris prudenz: kanonistische Schriften; ein Vokabular deutscher Herkunft; eine oberitalienische Handschrift der Justinianschen Institutionen mit bemerkenswerten Miniaturen. Klassiker: Lukan, Fulgentius. Medi zinisch-naturwissenschaftlich: eine Konkordanz 8366. XIV, die außer den naturwissenschaftlichen Schriften des Aristoteles 16 weitere Schrif ten der berufensten antiken und mittelalterlichen Autoren dieser Ge biete verarbeitet, ein ungedrncktes wisscnschaftsgeschichtliches Dokument von hohem Wert. Codd. aus Karthause Garegnano bei Mailand, dort als »^r3Zin6nt3 IZ1b1iotIi6036 ketrarekae« angesprochen. Eine wohl erhaltene Handschrift mit Traktaten des Nicolaus von Cues, die seine Originalsubskriptionen mit übernommen hat. (Diese auf S. 77 fak similiert.) Eine Sammelhandschrift, die u. a. den Cisio-Janus in einer Form enthält, die von der üblichen bei Grotesend abgedruckten ab weicht. Zwei vollständig neumierte Antiphonare des ausgehenden 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts. Eine Reihe teils ungedruckter Texte. Ungedruckte Versionen bekannter Texte, aber des öfteren mit unbekannten Zusätzen. Besonders frühe und gute Texte. 86pt6uarium pietum und eine ebenfalls schematisch-allegorische Lxpomtio d1i8836 per kigur38 (27 Figuren): weder dies Exemplar noch ähnliche Messe erklärungen scheinen der einschlägigen modernen Literatur bekannt zu sein. Albertus Magnus, Alcuin, Augustin, Beda, Boethius, Hrabanus Maurus, Jacobus de Voragine, Isidor, Abälard —. Mit welchem wohlgegründcten Rechte der Katalog sich als Bei trag zu vorbereitender Einzelforschung gibt, wird so deutlich sein. Aber es ist mehr hervorzuhcben: über die Darbietung des Materials hinaus einmal die literar- und wissenschaftsgeschichtliche und editions vergleichende Behandlung, sodann die sorgfältige Quellenbeschreibung, Bearbeitung der einzelnen Nummern, Beachtung des Paläographischen. Die Beschreibungen der einzelnen Nummern enthalten ausführ liche Literaturangaben, Skizzierung der literar- und wissenschafts geschichtlichen Stellung der Handschriften und Autoren, teils mit einem Eingehen auf Kontroversen und Vermutungen. Sie stellen fest, ob die Handschrift nngedruckt, unbekannt ist; sie stellen (wenn auch nicht überall) die gedruckten Ausgaben fest, unter Berücksichtigung ihres Verhältnisses zu den vorliegenden handschriftlichen Texten, und den Wert der Handschrift für Neuausgabcn. Besonders bei den Sammel- hanöschriften faßt sich die Quellenbeschreibung ctivas kurz; hier fehlt die Angabe, ob gedruckt oder nicht; in einigen wenigen Fällen steht die Angabe: »zahlreiche Drucke«, aber ohne daß diese bestimmt werden. Die Originaleinbände gelten als durch ihren Inhalt zeitlich be stimmt; sind die Einbände nicht als Originalbände festgestellt, so fehlt meist die zeitliche Bestimmung; sic wäre gewiß für viele ebenfalls er wünscht. Die örtlich-zeitliche Ansetzung der Codices selbst erscheint vielfach als eine vorläufige. Die örtliche Bestimmung fehlt vielfach; wo sie vorhanden ist, ist sie meist allgemein und nur nach Ländern, abgesehen von den Fällen, in denen aus inhaltlichen Merkmalen Näheres hervorgcht. Nun ist buchgeschichtlich Zeitbestimmung vielfach in besonderer Weise von Ortsbestimmung abhängig durch das Mittel glied von Schreibschulen und Schriftprovinzen; deshalb können, wenn es fehlt, rein paläographisch die zeitlichen Grenzen nur halbe bis ganze Jahrhunderte einschließen. Was Las Paläographische betrifft, so wird zwar nicht bei jeder Nummer die Schriftart gekennzeichnet, aber der Herausgeber antwortet nicht nur auf die Frage nach Sorgfalt und Leserlichkeit der Handschrift, sondern hebt auch Stücke, die kalligraphisch bedeutend sind, und vor allem besondere paläographische Erscheinungen hervor, auf die teils kurz hingewiesen wird, die aber teils auch ausführlicher behandelt werden. Hierher gehört die Geschichte des i-Strichs. Wir sind durch Wattenbach usw. an den Punkt gewöhnt: daß der Codex seit Anfang des 11. Jahrhunderts i-Striche bei Doppcl-i hat (>vas gelegentlich im Z. f. B. in Abrede gestellt wurde), die Übung aber dis Ende des 13. Jahrhunderts nicht konsequent war (vgl. Arndt-Tangl, Tas. 25); Ernst Schulz weist auf zwei Codd. aus 8366. XI in. und XII 6x. hin, die anffallen durch konsequente Anwendung des i-Strichs in Verbindung des i mit n, m, u. Mit besonderem Dank heben wir ferner hervor, daß der Herausgeber seine Aufmerksamkeit auf die Verschiedenheiten gleichzeitiger Hände in individuellem Duktus und zeitmäßiger Formgebung erstreckt hat, wie sie in einigen Codd. deutlich sind, und dies auch bei der Auswahl der Tafeln berücksichtigt, d. h. statt von zwei einschlägigen Codd. je eine Seite wicderzugeben, von jedem Cod. eine Tafel mit verschiedenen dafür bezeichnenden kleinen Stücken gibt (Taf. 7, 11, 12, 14, 21). Znm Teil werden auch die unterscheidenden Merkmale der Häpde angegeben, oft allerdings wird bloß ihre Zahl genannt. Vermissen könnte man dabei öfters zeitliche Bestimmung auch der Hände der Zusätze und Bemerkungen, ebenso vielleicht der rubrizierenden und foliierenden.
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