Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1925
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- 1925-01-02
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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L^eruf, auf seine Arbeit und auf seine Leistungen, die ihm die Mög lichkeit geben, sein Dasein zu gestalten. Fast zaghaft kommt ein Ge spräch in Gang. Wir erzählen aus unserm Leben. Keinem von uns ist es leicht gemacht. Der Student: Wieviel Nächte opferte er seinem Studium, wieviel kostbares Wissen muß er an andere Menschen ab- gaben, um dafür sein Studiengeld aufzubringen! Noch zwei Semester, so erzählt er voll Zuversicht, dann bin ich fertig. Was dann weiter wird, weiß er noch nicht, das Geschick wird schon weiter helfen. Er ist noch jung, und wir freuen uns seiner Zuversicht. Der Beamte: Er hat sein Studium hinter sich. Ter graue Alltag faßte ihn, trockene Arbeitsräume und staubige Aktenbündel sind das Feld seiner Tätig keit geworden. Nach außen hin ist er beinahe der typische verknöcherte Bürokrat geworden. Und doch brennt im Innern die Flamme der Arbeitslust und Schaffensfreudigkeit. Vielleicht rückt er später ein mal — auf dem vorgefchriebenen Instanzenwege — auf, zu einer Stellung, die ihn fein Talent entfalten läßt. Dann erst wird er zeigen können, was er kann und will. Ter Sorgloseste in unserm Kreise ist wohl der Künstler. Ein kleiner Spritzer Boheme steckt ja in seinem Blut. Er hat erst kürzlich ein Bild verkauft, das reicht wieder einige Zeit. Vielleicht gibt es inzwischen kleinere Arbeiten: Buch illustrationen, Exlibris, Titelentwürse usw., so wird er sich schon helfen. Nun werde ich aufgesordert, aus meinem Beruf etwas zu erzählen. Sie haben doch wirklich den leichtesten und angenehmsten Beruf, den man sich denken kann, meint der Künstler. Sie stehen hinterm Laden tisch, haben schöne Bücher und warten, bis ein Kunde kommt und sie Ihnen abnimmt. Oder Sie lassen irgendein neues Buch drucken und verkaufen es mit großem Gewinn weiter. Schnell ist er mit seinem Urteil fertig. Ich versuche mich zu verteidigen, erzähle von meinen Lehrjahren, die wirklich keine Herrenjahre waren. Als Buch händler der alten Schule biente man eben von der Pike auf. Welch herrlicher Geist wehte doch damals in unserm lieben Beruf und wie wurde man als Lehrling herangenommen! Staubwischen, BUcheraus- tragen, Packen, Briefe und Fakturen ordnen, dann durfte man schon hier und da eine Rechnung oder kleine Korrespondenz selbständig er ledigen, kam ab und zu zum Bedienen, lernte den Begriff »Buch« und das Buch selbst kennen, wälzte den beliebten »Barsortimenter« und all die anderen Kataloge von vorn bis hinten durch, bekam nach und nach einen Begriff vou Ostermesse, Nemittenden, Disponenden, Saldo, Kontensühruug usw. usw. Dann war man vom Sortiment zum Ver lag übergesprungen. Neue Gebiete taten sich auf. Der Werdegang des Buches wurde einem klar. Man lernte Herstellung, Papier, Schrift, Satz, Druck, Prospektherstellung, Propaganda usw. usw. Nicht ohne Mühe wurde man nach und nach Buchhändler und lernt immer noch dazu. Kein Buchhändler der alten Schule wird wohl auch heute behaupten, er hätte ausgelernt. Wie vielseitig und vielgestaltig sind doch die Interessen unseres Berufs! Ter Buchhandel ist die Zentrale, von welcher aus die geistigen Bedürfnisse des ganzen Volkes gedeckt werden sollen. Mit Recht beurteilt man die Kultur eines Volkes nach den Werken seiner Dichter und Denker. Und erst wer imstande ist, ans den Geschmack und die Bedürfnisse eines kulturell nicht niedrig stehenden Volkes, wie es das deutsche ist, einzuwirken, der hat das Recht, den Titel »Buchhändler« zu führen. Ich hatte mich bei meinen Ausführungen in Eifer geredet und mußte nun erstaunt feststellen, daß ungläubige Gesichter meinen Eifer belohnten. Lieber Freund, ließ sich dann der Künstler vernehmen, Ihre Er zählung war sehr schön und macht Ihrem Beruf alle Ehre, aber haben Sie nicht ein wenig zn wichtig getan? Ich kann Ihnen einen Fall er zählen, der Ihren Beruf betrifft. Sie kennen doch Herrn L?! Auch er ist »Verlagsbuchhändler«. Und wie ist er dazu gekommen? Seine Tätigkeit auf verschiedenen kaufmännischen Gebieten war von wenig Erfolg begleitet, da ihm überall Fachkenntnisse fehlten. Er ent schloß sich daher, ohne weiteres Buchhändler zu werden. Das ging sehr einfach. Er gab eine kleine Broschüre heraus, die inzwischen längst . in den Fluten des Papiermeeres verschwunden ist. D. h. er kaufte sich einige Bogen Papier, ließ die Broschüre drucken, ich glaube Auflage 599, Umfang 16 Seiten. Er legte sich ein pompöses Verlagssignet zu und war der Herr »Vcrlagsbuchhändlcr«. Wie er es anfing, weiß ich nicht, jedenfalls flogen ihm Bücher, Zeitschriften, kurz alle Erzeugnisse des Buchhandels ins Haus, für billiges Geld oder umsonst. Heute hat er ein Versandgeschäft, ohne viele Mühe und Arbeit. Sehen Sie, so schloß der Künstler, der hat's schlauer angefangen als Sie. Aus der Runde tönte ihm allseitige Zustimmung entgegen, und ich mußte bestürzt zugebcn, daß er recht hätte. Beschämt schlich ich Mich nach Hause. Auch mir ist Herr L. bekannt. Er ist übrigens in jedem noch so kleinen Ort in mehreren Exemplaren vertreten. Es ist leider so furchtbar einfach, heute Buchhändler zu werden. Was hatte L. getan nach Erscheinen seiner Broschüre? Er hatte sich einen Kommissionär genommen und war dadurch an der »Zentrale« Leipzig vertreten. Er ließ ein tönendes Inserat im Börsenblatt los, ließ sich Bestellzettel drucken und bekam so anstandslos überall mit Rabatt geliefert. Er war ferner als »zünftig« anerkannt. Da er sah, wie leicht er alles zum Bar-netto-Preis geliefert bekam, machte er große Reklame für seine »Versandbuchhandlung« und seinen »Verlag«, und das Geschäft gedieh und dltthte. Die alten Kunden des Sortimenters, der so dumm war, seine Jugend mit langer Lehr- und Studienzeit zu »vertrödeln«, sprangen ab und gingen zu dem neuen Buchhändler, weil der zu Namschpreisen alles weggab. Und der alte, arme Buchhändler stand traurig daneben und sah voll Entsetzen, wie sein Herr Kollege »in Büchern machte«! Was soll ich meinen Ausführungen noch hinzusügen? Leider ist es bittere Wahrheit, was ich schreibe. So sieht es heute in unserm lieben Beruf aus. Jeder »Kramhändler« ist »Buchhändler«. Ist denn hier keine Abhilfe möglich? In jedem Handwerkerberuf müssen Gesellen- und Meisterprüfungen abgelegt werden, jeder Beamte und Student hat seine Prüfungen zu absolvieren, nur bei uns ist alles so einfach und klar. Ist denn der deutsche Buchhandel der Schittt- abladeplatz für alles, was sich sonst nicht durchbringen kann? Wo soll der Anfang zur Abänderung gemacht werden und wer muß an fangen? Das sollte eine der brennendsten Fragen des Buchhandels sein. Die Idee der Säuberung liegt in der Luft; mit Freude kann man jetzt zuweilen im Bbl. lesen, daß auch andere Buchhändler sich gegen den Unfug zu wehren beginnen. Die Eindringlinge von außen werden uns Brot und Existenz nehmen, wenn wir uns nicht recht zeitig wehren und das Loch vermauern. Wenn es fo weiter geht, kommt die Zeit, wo man bei seinem Schneider oder Schuster die neuesten Erzeugnisse auf dem Büchermarkt zu Vorzugspreisen ange- boten bekommt. Es liegt in der Hand der maßgebenden Stellen, hier Abhilfe zu schaffen, und es wäre mit Freude zu begrüßen, wenn sich eine Form finden ließe, die dieser Verschandelung des deutschen Buchhandels ein Ende bereitete. Vielleicht ist es schon zu spät, und der Begriff »Buch händler« hat heute keinen Klang mehr, vielleicht aber finden sich doch Männer, die den Buchhandel aus seiner Lethargie Herausreißen und Ordnung schaffen von Grund aus. Dann würde sich der alte Geist des Buchhändlers wieder erheben und man könnte wieder stolz darauf sein, ein Buchhändler zu sein. Frei bürg, im Dezember 1924. Hans Lasotta i. H. Fr. Paul Lorenz Verlag. Harxkso, k'ritr: Dkl* Liuo Ltuäio übor ckis Lnt- artuvA äor Lunr-t. ^lit 34 ^bbilckun^en. 80. 106 8. unä ^.bb. Hamburg 1925, ^Voltbunck-Vsilao;. in Iwivsli Asbunäsn lVI. 5.—. Die Angelegenheit, die in diesem Buche behandelt wird, ist von großer Wichtigkeit. Der Verfasser setzt sich in geistvoller Weise mit denjenigen Erscheinungen der Kunst auseinander, die wir allgemein unter dem Begriff »Kitsch« zusammenfassen. Was ist Kitsch?, Demo lierung des Kitsches, Der alte Kitsch, Der religiöse Kitsch, Der exotische Kitsch, Der Kitsch der Stube, Der Hurra-Kitsch, Der Kitsch im Kunst- gewerbc. Der Plakat-Kitsch, Der architektonische Kitsch, Der moderne Kitsch lauten die Überschriften der Kapitel der ersten Abteilung des Buches: Kritik des Kitsches. Die zweite Abteilung »P s ycho - logie des Kitsches« umfaßt die Kapitel: Der Kitsch als Faktor, Der Kitsch im Genie und Der Kitsch als Stil. Diese Kapitel, so hübsch systematisch sie eingeteilt erscheinen, sind keine trockenen Abhandlungen, sondern geistsprühende Essays, die dem Leser oft mit wahrhaft lnther- scher Derbheit und Aufrichtigkeit den Text lesen. Die Existenzberech tigung des Kitsches wird nicht verneint. Auch das Unkraut hat ein Recht auf Leben. Aber es darf die Frucht nicht überwuchern. Ter Verfasser ist der Meinung, daß diese Gefahr besteht, und daß es Zeit sei, gegen sie gehörig vom Leder zu ziehen. Und er besorgt dies gründlich. »So rasant, so epidemisch breitet sich der Kitsch in der Welt aus, daß er zur bösen Seuche wird und mit allen Mitteln der geistigen Hygiene, präventiv und injektiv bekämpft werden muß. Denn, wie schon einmal erwähnt, seine Lichter verdunkeln die lodernde Fackel der Kunst. Der Kitsch wirft sich zum Herrscher ans; ans seinen sympathi schen Erscheinungen werden unsympathisch-gefährliche Folgeerscheinun gen. Wir sehen, daß die Kunst keine Kompromisse mit Künsteleien duldet und zugrunde geht, wenn nicht immer wieder einmal zum Kampfe bis aufs Messer vorgcgangen wird wider den Kitsch.«
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