Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 15.01.1927
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- 1927-01-15
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- 15.01.1927
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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X- 12, IS. Januar 1927. Sprechsaal. Eschstruih, und bcr arme Buchhändler war wahrscheinlich so unvor sichtig gewesen, ihr«!» Manu den »Demian» oder -den »Freund Hein» zu «mpsehkn und zu verknusen, daher der Arger und die Wut aus den bösen Buchhändler, der so »unreelle Ware» lieferte. Solange aber nicht sestzustellen ist, welchen »Dreck» der Zigarrenreisende »ins. Feuer gesteckt» hat, ist ein Verschulden des Buchhändlers nicht erwiese». ö. Wen» ein Kunde oder eine Kundin ein bestimmtes Buch be stellt, so ist der Buchhändler nicht berechtigt, dessen Besorgung ckb- zulchnen. Dafür, bnß der Besteller das gewünschte Buch später »dumm» findet, ist der Buchhändler nicht verantwortlich. Ich erinnere nur an Lichtcnbcrgs Wort: Wenn ein Kops und ein Buch zusainnren- stößt und es klingt hohl, so braucht die Schuld hierfür nicht lminer am Buch zu liegenl V. Ob die »Verleger fo wenig kritische Lektoren haben, oder nicht aus diese hören», wie Herr Parazelsus ann-im-ini, weih ich nicht. Eins aber weih ich bestimmt: daß sich manchmal erst nach Jahrzehnten herausstellt, ob ein Buch eines bekannten Dichters, mit den: die Mit welt nichts anzusangen weih, gut ist. Ich möchte ln meiner Goethe- Ausgabe den »Ctavigo» nicht missen, obwohl beim Erscheinen dieses Dramas Goethes geistvoller Freund Merck im Einverständnis mit seiner Zeit dieses Schauspiel ärgerlich als »Quark» bez-eichnete. Wenn Friedrich der Große das Nibelungenlied verdammt und Bismarck sich über Hölderlins »Hypcrion» bald totgclacht hat, so sind das gewiß beides große Kritiker, und doch sind die Bücher, um die es sich hier handelt, kein« »Schmarren» und keine »Entgleisungen«. 7. Zwei Fragen: Was ist der Unterschied zwischen einem literarisch gebildeten« und einem »literarisch ungebildeten Menschen»? Und was ist der Unterschied zwischen einem »guten« und einem »schlechte»« Buche? Solange Herr Parazelsus die uralte Menschheitssrage nach den. Wese» des Guten und Bösen oder Schlechten unbeantwortet läßt, ist auch mit seinem Rückzug ans den »Instinkt des ungebildeten Biichcr- lesers« gar nichts getan. Da Herr Parazelsus selbst verschiedene Bei spiele ansührt, darf ich schließlich zur Erhellung der Sachlage dasselbe tun. Nehmen wir doch einmal eine Buchreihe zur Hand, di« un bestreitbar und unbestritten bei allen gebildeten Menschen als kllust- icrtschc und buchtechuischc Höchstleistung anerkannt ist, di« Sammlung »Epikon«, ln der also kein einziger »Schmarren- enthalten ist, und geben wir Bände dieser Sammlung dem Biichcrlcser, der sein«» Gang- Hofer liebt und verdaut, ln die Hand. Solle» wir nun aus der Tat sache, daß dieser diese Bänd« ablehnl, den Schluß ziehen, daß es sich hier uni schlechte Bücher handelt, weil beim Leser di« »gefühlsmäßige Einstellung«, von der Herr Parazelsus spricht, nicht vorhanden ist, mit andern Worten, weil der »kleine Aigarrenreiscnde» einen schlechten Geschmack hat? Gut ist nicht das Buch, das den: Leser und Käufer nach du» Maul redet und seinem »Instinkt» schmeichelt, ihn, »warmes menschliches Behagen» verschafft nnd ihn einschiäfert, sondern das jenige, das ihn aus feinem armseligen menschlichen Behagen heraus- relßt und ihn zwingt, größere, höhere und weitere Gedanken zu denken, als die seinen sind. Ob er das vermag, jst eine ander« Frage, aus jeden Kall sind aber die Bücher, die nun gerade er nicht »ersteht und faßt, nicht schlecht. 8. Wenn wir Buchhändler solch letztgenannte Bücher verkaufen, so kann allerdings der obengenannte Aigarrenreiscnde kommen und sagen: »Ich bi» hereingefallen nnd lause keine Bücher mehr!» Oder die auch schon erwähnte Dame wird uns in ihrem Kaffeekränzchen anschwärzen und schlecht machen, weil wir ihr ein »dummes» Buch be sorgt haben. Wir werben uns über solche Vorkommnisse durch die unserer Kunden und Geschäftsfreunde getröstet wissen, die uns still die Hand drücken und uns sagen: Sie haben mir neulich das und das Buch empfohlen, das ich noch nicht kannte, das aber außerordent lich gut und bedeutend ist und dem ich reichsten Gewinn verdanke! Haben Sie noch etwas ebenso Gnies? 9. Wo bleiben nun aber die Verleger? Was sagen sie zu ber Behauptung, von 100 Büchern seien 99*) nicht wert, daß man auch nur fünf Minuten in ihnen blättere? Weiß Herr Parazelsus nicht, wieviel Angebote der ernste Verleger heute allchnt, und wie er sich beinahe zu sehr aus seinen alten Autoreustamm beschränkt, um ja dem Sortimenter nicht nur »reelle», sondern auch »gangbare« Ware zu liefern? Weiß Herr Parazelsus nicht, wie sehr der Verleger darunter *> Wir haben nicht angenommen, daß dieses Zahlenrcrhältnis buchstäblich ernst gemeint sein sollte, haben darin vielmehr eine »dich terische Freiheit« gesehen, um drastischer zu wirke». Der Eimvand hier ist selbstverständlich richtig. D. Red. leidet, daß der Sortimenter immer nur das »Neueste« kaufen und vcr-I kaufen möchte und gerade dadurch den Verleger zur Überproduktion! zwingt? Als ich vor nun 25 Jahren lernte, herrschte noch die schöne! Sitte, daß man dem Bücherkäuser zuerst das gute Alte rorlegte, den! »Grünen Heinrich«, den »Hungerpastor» und den »Jllrg Jcnatsch», und! erst dann zum Neueren und Neusten des Jahres griff. Das Sortiment! schläft ebensowcntg wie der Verlag, aber durch die Auflösung und! Zersetzung des Bürgertums und die dadurch eiugetretenc Krise der! bürgerlichen Kultur leidet eben der Buchhandel unter allen Bernsen! am meisten. Jedes weitere Wort zur allgemeinen Weltlage ist llber-I flüssig, das hat Herr Direktor Bäuerle in Wien ein für alle MaH endgültig erkannt und .dargestellt. 1V. Zum Schluß »och ein bescheidener Vorschlag zur Güte. Hain-! su», Galsworthtz und Undset in allen Ehren, ich schätze und bewundere! sie als Repräsentanten besten europäischen Geistes ganz nach Gebühr,! wenn ich aber um Rat gefragt werde und ein gutes Buch nennen! soll, so empfehle ich nicht Hamsu», sondern z. B. Hermann Stehr und! Joseph Witttg, nicht Galsworthtz, sondern Thomas Mann und Ricarda! Huch, nicht Undset, sondern Wilhelm von Scholz und Alfred Nenmann,! denn mein Herz sagt mir, daß diese deutschen Dichter! unserm deutschen Volke mehr zu sagen und zu geben haben als diel klügsten und selnsten Ausländer, und daß ich als d e u t s ch e r Buch händler durch mein Gewissen verpflichtet bin, de! gleich hoher! künstlerischer Leistung i» erster Lin!« den deutschen Dichtern! auch wirtschaftlich dadurch zu Helsen, daß ich ihre Werke und Schüp-b sunge» zu verknusen und zu verbreite» mich ernstlich bemühe. Wen»! ich auch das meist« von dem, was ich selbst gern verkaufe und besonders! empfehle, selbst gelesen habe und mir sogar unbescheidenerweise die iml Lauf von Jahrzehnten erworbene Fähigleit zutraue, nach dreißig! Seiten ausmerksamer Lektüre eines neuen Buches sagen zu können,! ob e» sich lohnt, weiter zu lesen, so habe ich doch zu einer größeren! Unzahl von deutschen Verlagen, die ein ausgeprägtes Gesicht haben! und in denen sich ein lebendiger Kultnrwille auswirkt, das unbedingte! Vertrauen, daß bei ihnen ein Buch, welches nicht lesenswert ist, kaum! erscheinen wird. Vor Lektoren und Verleger» vom Schlage des »kleine. Zigarrcnreisenden mit seinem Leib- und Magcnbiait» möge uns der! Himmel bewahren, denn wenn es nach ihm ginge, würden wohl »Diel Belt als Wille und Vorstellung«, »Also sprach Zarathustra», »Terl Untergang des Abendlandes» und »Die Stunde der deutschen Musik» nicht erschienen sein! Dresden. Germanicus. Noch einmal Parazelsus. Ein Verleger schreibt uns: Ich möchte Hie Anregung geben, Heu Parazelsus-Artikel, ver-I öfsentlicht im Börsenblatt Nr. 292 vom 16. Dezember 1926, nochmals ^ dem Buchhandel als Sonder-Abdruck anzudieten. Auf alle Fälle würde ich darum bitten, mir 10 oder 20 Stück,! auch 30, znzusenden. Es gibt nichts Besseres, was man als Verleger! den Autoren, die liederlich arbeiten, zusenden kann, als einen solchen! Artikel. Wir sind bereit, der Anregung Folge zu leisten, falls Entsprechen-! der Bedarf vorhanden ist. Wir bitten also um Bestellungen. D. Red. Wochenendarbeitsgemeinschaft Potsdam am 19. 20. Sebruar 1927. Die für den 12./13. Februar nach Potsdam angesetzte W.-Ar- beitsgemeinschaft muß aus technischen Gründen aus den 19./20. Fe bruar verlegt werden. Das Thema »Geisteslage der Gegenwart und! Buchhandel« wird die in Torgau angebahnten Gedankengänge wieder-s aufnehmen und sie dahin erweitern, daß ein Aares Bild über die! soziale Struktur der Zeit und über die volklich-religiösen Kräfte in! ihr gegeben wird. Aus solcher Grundlage werden die Bemühungen! dahin gehen, die Beziehungen zum Buchhandel nnd die sich für uns! nnd für ihn ergebenden Aufgalen heranszuarbeiten. Das Programm! geht in den nächsten Tagen heraus; es enthält auch die Regelung aller! technischen Fragen. Um möglichst vielen das Treffen zu ermöglichen, wird Fahrten-1 ansgleich gewährt. Anfragen, Zuschriften und Anmeldungen an: K a r l H e i d k a m p,I Potsdam, Humboldtstraße 1; Alfred Protte, Potsdam, Bahnhof. Verantw. Redakteur: i. V. Franz Warner. — Verlas,: Der Börsen verein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, Deutsches Buchhändlerhaus. Druck: E. Hedrich Nachf. sAbt. Ramm L Seemann). Sämtlich iu Leipzig. — Adresse der Redaktion u. Expedition: Leipzig, Gerichtsweg 26 (Buchhändlerhaus) 64
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