Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.03.1921
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- 1921-03-04
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>6 53. 4. März 1921. Redaktioneller Teil. mengcfaßt sei. Man dürfe stolz sein auf dieses Tenkmal geistiger Ar beit und unabhängigen Denkens. Interessant sei auch die Gegenüber stellung der Sprache der ersten Bände mit der jetzt üblichen. Es wird ausgeführt, daß sich die Sprache von dem Zwang der Schachtelsätze be freit habe und zuweilen sogar einen Schwung annehme, der nicht nach jedermanns Geschmack sei. Durch die Einführung des Bürgerlichen Ge setzbuches haben die Entscheidungen der ersten fünfzig Bände wesentlich an Bedeutung verloren. Diese Feststellung wird mit der Note »glück licherweise« erwähnt und dabei darauf aufmerksam gemacht, daß das Reichsgericht einmal entschieden habe, daß bei jedem Juristen die Kennt nis der in der amtlichen Sammlung veröffentlichten Entscheidungen vor ausgesetzt werden müsse. Kein Verkauf der »Jllustrirten Zeitung«. Wie uns die Firma I. I. Weber, Jllustrirte Zeitung, in Leipzig mitteilt, ist sie absolut nicht von dem auf Stinnes hinführenden Konzern abhängig gewor den, wie in Nr. 25 des »Korrespondent für Deutschlands Buchdrucker « gerüchtweise gemeldet wird, sondern steht der Stinnes-Gründung ganz fern. Alle derartigen Gerüchte müssen als unwahres oder böswilliges Gerede bezeichnet werden. Vorauszahlungen auf die Körperschaftssteuer. — In einem Gesetz entwurf, der gegenwärtig der Beschlußfassung des Reichstages unter liegt, werden den Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften, G. m. b. H., Bcrggewerkschaftcn usw. vorläufige Zahlungen auf die Köipcrschaftssteuer zur Pflicht gemacht. Binnen einem Monat nach Feststellung der Bilanz oder sonstiger Geschäftsabschlüsse sind ohne besondere Aufforderung 10 Prozent des ausgewieseneu Reingewinns, d. i. des aus der Vergleichung sämtlicher Aktiva und sämtlicher Passiva sich ergebenden Gewinns, zu entrichten. Der Steuerpflichtige soll auf Grund der durch Beschluß der Mitgliederver sammlung fcstgcstellten Bilanz den zu zahlenden Betrag selbst fest stellen und an die Finanzkasse abführen. Für den Fall der Säumnis tritt ein Zuschlag von 20 Prozent der endgültig festgesetzten Steuer ein. Bis zum 1. Mai 1921 ist Zahlung zu leisten in den Fällen, in denen bei Inkrafttreten des Gesetzes bereits Geschäftsabschlüsse fest- stehen, die der Veranlagung zur Körperschaftssteuer unterliegen. Die Freigabe des deutschen Klcinbesißes in Italien. Die soeben erschienenen Ausflihrungsbestiinmungeu (Verordnung des italienischen Ministers für Handel und Industrie) zu der bereits bekannten Ver ordnung über die Freigabe des deutschen Kleinbesitzes in Italien be stimmen u. a., daß die deutschen Staatsangehörigen und Institute, die in Italien und den Kolonien kleines Eigentum besitzen, innerhalb einer angemessenen Frist ein Gesuch für die Rückgabe ihrer Güter ein zureichen haben. In dem Gesuch müssen neben den Gütern alle an deren Vermögcnsstücke im Gebiete des Königreichs Italien unter eidesstattlicher Versicherung der Nichtigkeit anfgezählt und notariell beglaubigt werden. Die Ausländsdeutschen können die eidliche Er klärung bei den zuständigen ausländischen Behörden abgeben. Bei Gütern, die einen Wert von 1 0 000 Lire nicht übersteigen, kann die Freigabe der Güter durch die Präfekten und Gouverneure erfolgen. Der Wert der Güter wird im Wege eines Sachverständigen-Gutachtens durch die technischen Finanzämter sestgestellt. Falls der Wert den Be trag von 10 000 Lire übersteigt, entscheidet der Minister über die Frei gabe. Vor Rückgabe der Güter müssen alle Kosten, zu denen die Zwangsverwaltung Anlaß gegeben hat, beglichen werden. Güter, mit denen Interessen allgemeinen Charakters verbunden sind, sollen vielter zurllckgchalten werden. Hilfe für die deutsche Anthropologie. Von Prof. Franz Boas hat die Berliner Gesellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urge schichte die Mitteilung erhalten, daß die ^merioan 8oeietz? kor Osramn sncl ^ustrian LmerZene^ 200 Dollar für die Ausgestaltung der Zeit schriften der Gesellschaft gestiftet hat, die ihr durch die Notgemeinschaft der deutschen Wissenschaft überwiesen werden sollen. Die Lage im Buchdruckgcwcrbc. (Bericht vom il. Febr. im Reichs- Arbeitsblatt.) - In der Buch- und Zeitnngsdruckerei ist gegen den Vormonat im allgemeinen wieder eine Verschlechterung der BeschäsLi- gungslagc zu verzeichnen. Das Weihnachtsgeschäft des Verlagsbuchhan- dels ist nicht ?N't aewesen, und die immer noch hohen Papierpreise hem men die Unternehmungslust. Vielfach mußte erneut die Arbeitszeit ver kürzt werden, und cs ist auch wieder zu Arbeiterentlassungen gekommen. Allerdings ist das Bild örtlich sehr verschieden. Besonders ungünstig ^ war die Lage in manchen Gegenden Süd- und Westdeutschlands, wo die Zahl der arbeitslosen Buchdrucker und Schriftsetzer nach wie vor sebr groß ist, dagegen berichten Nord- und Mitteldeutschland gröntenteils Über Belebung des Geschäftsganges und Rückgang der Arbettslosenzahs. Die neuen Gütertarife. — Wie wir bereits mitteiltcn, treten am 1. April d. I. im deutschen Güterverkehr neue Tarife in Kraft. Im Stückgutverkehr erhöhen sich die Sätze um 85 v. H., in den Güter klassen um 80, 8 um 75, 0 um 70, O um 60 und L um 50 v. H., während sich im Tiervcrkehr sämtliche Sätze einheitlich um 55 v. H. er höhen. Aus Anlaß der Erhöhungen werden neu herausgegeben: der Frachtsatzzeiger und eine Umrechnungstafel zum Tiersrachtanzeiger. Die Erhöhung der Ausnahmetarife wird durchschnittlich 55 v. H. der heutigen Sätze übersteigen. — Die neuen Erhöhungen der Personen- sahrpretse iverden voraussichtlich erst am 1. Juni eingefiihrt werden. Konkursnachricht. — Als Dividende steht zu erwarten im Konkurs des Verlagsbuchhändlers Bruno Hagenau, alleinigen Inhabers der Firma Theodor Lißner Verlag in Charlotten bürg (Verwalter Borchardt), auf 540 451 Passiven zurzeit 22 Prozent. Volksbibliotheken in Amerika. — In den Düsseldorfer Nachrichten schreibt Herr C. N.: Volksbücherei und wirtschaftliche Kraft — das sind zwei Begriffe, die anscheinend wenig miteinander zu tun haben; und doch sind sie in enge Beziehung gesetzt von einem schweizerischen Bibliothekar, der über seine Wahrnehmungen in den Vereinigten Staaten von Nordamerika berichtet. 1)r. Herman n Escher, Letter der Zürcherischen Zentralbibliothek, hat, wie der Schrei ber dieser Zeilen scchsundzwanzig Jahre vorher, die nordamerikanischcn Büchereien im Lande selbst studiert; er hat einen tiefen Eindruck davon mitgcbracht, welche Rolle dort die Bücherei im öffentlichen Leben spielt, wie verwachsen sie ist mit den Anschauungen des Volkes über Bildungs wesen, wie sie getragen wird von der Gunst aller Volksschichten, welch ungeheure Summen aus öffentlichen Mitteln für sie verwendet und wie gewaltige Stiftungen für sie aus privater Hand gemacht werden. Ter Grund ist einmal eine Hochschätzung derjenigen Bildung, die der einzelne sich frei, aus eigenem Antriebe, außerhalb des Schul zwanges, erwirbt, sodann aber die im ganzen Volke wurzelnde Über zeugung, daß solche geistige Sclbstschulung, solch sclbsterworbcncs Wissen den Einzelnen stärkt für den wirtschaftlichen Daseinskampf, daß es der ganzen Nation, die sich dieses Btldungsmittels bedient, einen Vorspr u n g gibt. »Nachdenklich«, schreibt Hermann Escher, »bin ich nach vierzehn wöchiger Reise aus der Union zurttckgckehrt: nachdenklich viel weni ger als Bibliothekar denn als Patriot, dem sich der enge Zusammenhang zwischen diesen Bibliothekleistungcn und der wirtschaftlichen Überlegen heit des Landes aufgedrängt hatte.« Der Schluß, den er zieht, ist der: das volkstümliche Büchereiwcsen der Schweiz muß eine große durchgreifende Neugestaltung und Förde rung erfahren. Schritte dahin sind inzwischen schon geschehen. Es ist für uns Deutsche lehrreich, von einem Schweizer bestätigt zu sehen, was wir deutschen Bibliothekare seit fast dreißig Jahren ver fochten haben, teils mit Erfolg, teils gegen eine lähmende passive Re sistenz der Behörden und der öffentlichen Meinung. Man hat die Bü chereien immer in erster Linie angesehen als Anstalten, die nur Bildung, nur Kultur fördern, also untergeordnete Dinge, die man nicht in Mark und Pfennig nmrechnen kann, obwohl wir Bibliothekare nie verfehlt haben, zu betonen, daß Bildung und Wissen sich nmsetzt in wirtschaftliche Kraft. Schon im Frieden konnten wir uns nicht das gleiche leisten wie 178-Amerika; der eine Staat Massachusetts mit etwa so viel Ein- wohnerir wie der Regierungsbezirk Düsseldorf enthält 414 öffentlich? Büchereien (davon nur ein halbes Dutzend wissenschaftliche); darunter sind 293 mit eigenen Gebäuden, fast alle von Privaten gestiftet. Meines Wissens gibt es im ganzen Regierungsbezirk Düsseldorf, hoch gerechnet, drei bis vier Büchereien mit eigenem Gebäude. Die Stadt Boston (700 000 Einwohner) hat ein großartig ausgebildetes Bttchereisystem mit einer Zentrale und rund 25 Zweigstellen und besck>äftiat darin 600 Personen? Das würde, ans Düsseldorf nmgerechnet, ein Personal von ungefähr 350 Personen bedeuten. Irre ich nicht, so kommen wir mit rund dem Zehntel ans! Diese Ziffern sollen ja auch nur sagen, wie die öffentliche Meinung der ganzen 88-amerikanischcn Nation die öf fentliche Bücherei, insbesondere die Volksbücherei, einschätzt: sie sollen uns lehren, wo wir nicht knanse r n dürfen, wenn es gilt, unserem Volke die geistigen Waffen in die Hand zu geben, deren es bedarf, wenn eS den furchtbaren Daseinskampf bestehen soll, den ihm das Schicksal auferlcgt hat. DaS typographische Urmaß. — Ter kürzlich verstorbene Professor W. Foerster, eine Koryphäe auf dem Gebiete für Maße und Ge wichte. war auch hervorragend tätig an der Schaffung eines genauen Nrmaßes für das typographische System. Bahnbrechend aus diesem Gebiete wirkte bis zu seinem Lebensende Hermann Smalian (gestorben 1917), der im Jahre 1878 ans die Wichtigkeit der Schaffung eines genauen und 263
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