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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.02.1927
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- 1927-02-12
- Erscheinungsdatum
- 12.02.1927
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36. 12. Februar 1927. Redaktioneller Teil. sich noch nicht genügend durchzusetzen. Das sind die wirtschaftlich kulturellen Gründe, welche die Krise auf dem rumänischen Büchermarkt bestimmen. Aber es gibt auch Gründe literarischer Art. Hierher gehört das Fehlen von beständigen Bücherbesprechungen in der Tages preise. Die Zeitungen bringen Spalten über Kino, Turf, Börse und Theater, die wenigsten notieren ein neues Buch. Die Zeitschrift »dliseorerr literara« (Die literarische Bewegung) konnte keinen Ver leger finden. Cs wären auch einige Worte über die literarischen Sitten in Rumänien zu sagen, die imstande sind, den Leser abspenstig zu machen. Eine unbefangene Kritik ist kaum denkbar. Der be sprochene oder etwa auch angegriffene Verfasser findet immer eine Zeitung, die ihm Raum zur Abwehr und zur Polemik gibt. Dabei geht es nicht immer vornehm zu. So entspann sich unlängst eine wüste Zeitungspolemik zwischen zwei Übersetzern von Goethes »Faust«, die jeden Leser unangenehm berühren mußte. Es kommt so weit, daß sogar die Freunde des besprochenen Autors sich über dessen Kritiker hermachen dürfen. Diese Art Polemik ist nicht dazu angetan, den literarischen Geschmack des Lesers zu fördern. Rumänien ist ein vielsprachiges Land, und außer dem rumänischen gibt es daher hier auch einen deutschen, ungarischen und russischen Büchermarkt. Die Deutschen und die Ungarn lesen mehr als die Rumänen. Eine zuverlässige Statistik des Büchermarktes gibt es nicht, aber nach der Zahl der Zeitungen kann man ungefähr auf die prozentuelle Verteilung der Leser schließen. Von den etwa 200 Blät tern, die im vorigen Fahr in Rumänien erschienen, waren 50A in der Landessprache, 24 A in ungarischer, 19^ in deutscher, 3?8 in russischer und 4°/« in sonstigen Sprachen. Während die Rumänen 75 v. H. der Bevölkerung ausmachen, liefern sie nur die Hälfte der Zeitungen. Der russische Büchermarkt in Bessarabien ist tot. Da die Einfuhr von neuen Büchern nicht gestattet ist, finden nur Antiquariats und Ansverkaufsgeschäfte statt. Viele wertvolle Lager und Biblio theken sind in die Länder der russischen Emigration verkauft worden. Rede des Oberstudiendirektors Paul Renner bei der Eröffnung der Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker in München. Die Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker, die wir heute eröffnen, erfüllt einen schon lange allenthalben gehegten Wunsch. Sie hat eine vielfach verzweigte Vorgeschichte, die man stromaufwärts über zahlreiche Nebenflüsse in weit auseinanderliegende Ouellengebiete zurück verfolgen kann. Ich weiß nicht, ob die beiden Herren, welche die erfolgreichen Vorverhandlungen mit dem Deutschen Buchdrucker- Verein geführt haben, sich mit solcher Leidenschaft und Zähigkeit für den Plan eingesetzt hätten, wenn nicht der eine von ihnen, Herr Alexander Oldenbourg, damit einen Herzenswunsch seines verstorbenen Herrn Vaters erfüllen wollte und wenn sich der andere, Herr Direktor Mielcke, nicht vor Jahren schon selbst wiederholt um das Zustande kommen eines Technikums bemüht hätte. Doch wußte ich nichts von diesen älteren Projekten, als ich vor Jahr und Tag noch in Frank furt den Plan zu dieser Schule faßte. Daß er heute, genau neun Monate nach meiner Amtseinführung als Leiter der graphischen Be rufsschulen, schon verwirklicht werden konnte, liegt daran, daß die Zeit reis dafür war und daß sich der Plan einfttgt in den großen von Herrn Oberstadtschulrat Baier geplanten Ausbau der Münchener Be rufsschulen. Das letzte Projekt des Herrn Direktors Mielcke hatte eine An lehnung des Technikums an die hiesige Kunstgewerbeschule vorgesehen. Mir ist nun aber gerade als Lehrer an der Frankfurter Kunstgewerbe- schule aufs neue klar geworden, daß von den beiden Fronten, an denen der Kampf um die Durchgeistigung der Arbeit geführt werden muß, die eine Front, welche die Werktätigen selbst gewinnen will, nur durch die Gewerl>eschulen gehen kann. Alle Kunst- und Kuustgewerbe- schulen müssen hier versagen. Ihre Front verläuft in einer anderen Ebene: in der geistigen Sphäre des Kampfes um Neuland, des Ringens um den Stil unserer Zeit. Ich glaube deshalb, daß unsere Meisterschule, die doch vorwiegend dem praktischen Berufsleben dienen will, in der Verbindung mit einer Kunstschule entweder von ihrer Aufgabe abgedrängt worden wäre oder aber sich wie ein Fremdkörper vom übrigen Schulbetrieb hätte absondern müssen. Es ist nicht allein die akademische Freiheit der Kunstschulen, die einen auf drei Semester zusammengcdrängtcn Ausbildungsgang unausführbar machen würde. Der Heidelberger Philosoph Glöckner hat einmal drei Formungsförmlichkeiten unter schieden: die illustrative, die dekorative und die konstruktive Formung. In tieferen Schichten der künstlerischen Leistung sind wohl immer alle drei Formungen am Werk: oder man kann vielleicht sagen: der kon struktive Kern ist überall von den dekorativen und illustrativen Schalen umhüllt. Aber es gibt oberflächliche Kunstauffassungen, die im Illu strativen oder Dekorativen allein schon den Kern zu Hallen meinen. So haben wir es noch erlebt, daß Erziehung zur Kunst mit Erziehung zum akademischen Naturzeichnen verwechselt wurde. Man glaubte den lungen Setzern und Truckern keine bessere künstlerische Ausbildung geben zu können als durch Abzeichnen nach Vorlagen, nach Gips oder nach der Natur. Wer es darin zu einer gewissen Geschicklichkeit brachte, lief Gefahr, für begabt zu gelten. Dann war es mit seiner Berufs freude aus. Der Unglückliche verlor den Boden unter den Füßen und entglitt in die Lebenslüge des verkannten Genies. Dann kam die Herrschaft der dekorativen Formung. Es war die Blütezeit der Kunstgemerbeschulen. Man sah nun die Kunst des Setzers in der Verwendung des Ornaments, im Buchschmuck, im Zeich nen und Schneiden von Vignetten, Initialen und Zierleisten. Auch dadurch ist mancher Setzer, der auf eigene Kosten oder auf Kosten des Prinzipals eine Kunstgewerbeschule besucht hat, seinem Berufe ent fremdet. Im besten Falle wurde er ein tüchtiger Gebrauchsgraphiker. Auch das ist eine Kunst; aber es ist nicht die Kunst des Setzers. Unsere Zeit sieht in der konstruktiven Formung die eigentliche Ge staltung. Alle Künste besinnen sich auf die ihnen eigentümlichen Mittel. Typographie selbst ist wieder als Kunst entdeckt. Die Kunstschulen aber messen auch heute noch ihre Schüler mit einem auf die dekorative oder illustrative Formung zugeschnittenen Begabungsbcgriff. Wo soll sich aber dann eine Mcisterschule für Buchdrucker an schließen? Denn für sich allein wäre sie nicht lebensfähig. Die könnte niemals Direktorgehalt, eigene Verwaltung und Miete verdienen, wenn sie den Schillern intensive Ausbildung in kürzester Zeit durch allerbeste Lehrkräfte und Lehrmittel ermöglichen will. Da bietet sich als der natürlichste Unterbau für eine Schule der zukünftigen Meister die Schule, in der auch die Lehrlinge und Ge hilfen unterrichtet werden. Nun hat keine Stadt Deutschlands ein sorgfältiger ausgebautes Lehrlingsschulwesen als München. Sie können es mir glauben, da ich mich nicht scheuen würde, das Gegen teil zu sagen, wenn ich es für wahr hielte. Hch spreche nur von der äußeren Organisation. Eine innere Erneuerung unseres ganzen Er ziehungswesens ist hier genau so nötig wie im ganzen übrigen Europa. Die Pranckhschule, in der Sie heute weilen, ist n-ur eins von den neun großen städtischen Gewerbeschulgebäuden. Viele Berufsschulen sind noch einzeln in Volksschulen und anderen Gebäuden untergebracht. Etwa 18 000 männliche und 9000 weibliche Lehrlinge werden von 338 hauptamtlichen und 246 nebenamtlichen Lehrkräften unterrichtet. Während der ganzen in vielen Berufen vierjährigen Lehrzeit erfährt jeder Schüler an einem ganzen Wochentage oder an zwei halben außer dem theoretischen Unterricht, der Volksschulbildung und Berufs kenntnisse ergänzen soll, in den Schiilcrwerkstätten die methodische Vertiefung seines technischen Könnens und damit eine Ergänzung der Meisterlehre. Nach beendigter Lehrzeit findet er dann in Gehilfen- knrsen und Vortragsabenden weitere Gelegenheit zu seiner Fort bildung. Die Schulen sind nicht durch den goldenen Nahmen, das Snmbol einer älteren Kunst- und Lebensauffassung, vom Leben ab geschlossen. Jeder Schule ist eine Berufsschulbehörbe beigegeben, in der Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein gewichtiges Wort mitzusprechen haben. Wir sind es gewöhnt, mit dem Gewerbe für das Gewerbe zu arbeiten, und die Rechte, welche die Stadt, die Trägerin der Meister- schule, dem Deutschen Buchdruckerverein eingeräumt hat, haben ihr Vorbild in der Organisation aller andern Berufsschulen. Möchte des halb der Deutsche Buchdruckerverein mit demselben Stolz von seiner Metsterschule sprechen, wie hier in München jedes Gewerbe von seiner Berufsschule, von seiner Fachschule spricht. Doch wir wollen in der festlichen Stimmung des heutigen Tages auch daran denken, daß dieses blühende Berufsschulwesen nicht eigent lich der Ausdruck eines besonders blühenden Gewerbes ist. Diese Schulen, und auch die Meisterschule verdanken ihr Dasein einer bitteren Not und Notwendigkeit. Man brauchte sie nicht, als die Meister ihr Handwerk noch übten und verstanden. Erst als der Mensch den Sinn der Arbeit vergessen batte, als er Giitererzeugung um ihrer selbst willen trieb, als er in der Produktion nur das Mittel sah. Geld zu verdienen, wurde durch Arbeitsteilung und Maschinentempo die Arbeit entmenschlicht: so können wir wohl sagen, wenn unser Münchener Paläontologe Dacqu6 recht hat, der in den Tieren die durch besondere Spezialisierung der Organe abgezweiatcn Nebenäste des menschlichen Hauptstammes siebt. Wir können nicht zum .Handwerk zurück: wir können auch nicht warten, bis eine kommende Gesellschaft die sich bente im anarchischen Konkurrenzkampf immer sinnloser steigernde Pro duktion gemeistert bat. Da versuchen wir nun. den in hundert Einzel- arisfe zerlegten Arbeitsprozeß in seinem ganzen Zusammenhang ver ständlich zu machen, sodaß sich jeder Werktätige als Mitwirkender an einer Gemeinschaftsarbeit zu erleben vermag. Nur so kann mechani- 179
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